Protocol of the Session on May 6, 2010

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, es ist richtig, wir sind an einem Punkt, an dem wir uns grundsätzlich über die Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik nicht nur unterhalten, sondern sie auch vollziehen müssen, nicht nur, weil die wirtschaftliche und finanzpolitische Lage so ist, wie sie ist, sondern auch, weil die Grundstücke einfach ausgehen. Wir hatten in der letzten Zeit sicherlich den Schwerpunkt in der Liegenschaftspolitik auf Vermögensaktivierung gelegt, aber nicht nur. Es ist eine Unterstellung, dass wir das nur unter fiskalischen Aspekten betrieben haben. Gerade angesichts der weniger werdenden Grundstücke, die noch im Besitz des Landes sind, ist die Frage sehr wichtig zu stellen und zu beantworten, ob man nicht auch Grundstücke für etwas anderes als Vermögensaktivierung benötigt, eben für eine nachhaltige und langfristige Stadtpolitik im weitesten Sinne, nicht nur für Stadtentwicklung und Wohnungsbau, sondern – weil es die Vorrednerinnen und Vorredner bislang noch nicht so deutlich gesagt haben – auch unter wirtschaftspolitischen Aspekten. Auch das ist ein Bewertungskriterium. Lieber Herr Brauner! Deswegen haben wir auch in unserem Antrag die Ziele so definiert, wie Sie sie jetzt in Ihrem Änderungsantrag dargestellt haben. Wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie zugeben, dass die Ziele in unserem Antrag so definiert sind, wie sie in Ihrem Änderungsantrag definiert sind. Hier sehe ich einen großen Konsens die Ziele betreffend. Die Sicherung und der Erhalt von Arbeitsplätzen insbesondere in den Kompetenzfeldern der Berliner Wirtschaft, Standorterhaltung für soziale Infrastruktur, ein Beitrag über die Liegenschaftspolitik zur Umkehr von Suburbanisierungsprozessen zu leisten, Stärkung des Wohnortes Innenstadt, Förderung von klimaverbessernden Maßnahmen, das sind die Ziele, nach denen sich die Liegenschaftspolitik künftig ausrichten wird.

Was wurde bisher verkauft? – Es ist schon einiges gesagt worden. Ich will es nicht wiederholen. Man muss aber sagen, dass immer noch 4 800 Liegenschaften im Liegenschaftsfonds sind. Da ist das Portfolio vorhanden. Übrigens lagen bei den bisher verkauften Grundstücken und Liegenschaften 60 Prozent in den Ostberliner Bezirken. Wir haben nach wie vor trotz der auch angespannten Wirtschafts- und Finanzlage immer noch Begehrlichkeiten und entsprechende Verkaufserfolge und Verkaufsgeschehen in innerstädtischen Toplagen, gerade auch für Geschosswohnungsbauvorhaben im gehobenen Wohnungssegment insbesondere und bei den Baugruppengemeinschaften. Auch hier wird wiederum deutlich, dass sich unsere stadtentwicklungspolitische Ausrichtung auf die Sicherung des Wohnstandortes Innenstadt nicht nur auf das gehobene Wohnsegment, sondern auch auf andere Segmente bezieht.

Wir kommen dann zu dem Bereich der Baugruppen, wie wir sie verstehen. Es gibt eine unterschiedliche Ausrichtungen der Baugruppen, die sich durchaus an einem offenen Bieterverfahren oder einem beschränkten Bieterverfahren beteiligen können. Das sehen wir gern. Es hat auch

in Berlin Erfolg. Es gibt aber auch Baugruppen, die mit einem besonderen kulturellen oder sozialen Aspekt ein Projekt verfolgen, das nicht einem Preiswettbewerb ausgesetzt werden soll. Anhand eines Festpreisverfahrens, so wie wir es hier auch noch einmal definiert haben, soll in einem zweistufigen Verfahren nicht der Höchstbietende zum Zuge kommen, sondern derjenige, der das beste Konzept hat.

Wir haben in unserem Antrag deutlich Wert darauf gelegt, dass wir die vorhandenen Liegenschaften einer nachvollziehbaren und zielgerichteten Portfolioanalyse unterziehen müssen. Dies erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Liegenschaftsfond und den anderen beteiligten Senatsverwaltungen. Uns liegt diese Portfolioanalyse noch nicht vor, das ist richtig. Die Zielrichtung, wonach die Kriterien einer Analyse zu entwickeln sind, ist vorgegeben.

Ich möchte noch einen Satz sagen, wenn ich das in den letzten Sekunden noch schaffe, zu dem auch schon angesprochenen Sonderkapitel der notleidenden Finanzierungsobjekte. Das, was im Fanny-Hensel-Kiez passiert ist, kann uns nicht ruhig lassen. Darauf müssen wir eine Antwort finden, auch wenn wir sie im Moment nicht haben. Es ist in unserem Antrag bisher vorgegeben, dass zu überprüfen ist, ob diese Grundstücke veräußert oder gehalten werden sollen. Es ist vorgegeben, dass die städtischen Gesellschaften zum Zuge kommen sollen, möglicherweise solche Objekte aufzukaufen, damit das innerstädtische Wohnen gerade in solchen Objekten auch langfristig gesichert wird. Das ist vielleicht noch nicht die endgültige Antwort. Möglicherweise brauchen wir auch eine endgültige Antwort für die sonstigen Objekte des sozialen Wohnungsbaus.

Frau Matuschek!

Ich bin im letzten Satz. – Da sind wir noch miteinander im Gespräch. Bei der Antragsbehandlung ist das schon deutlich geworden. Wir werden noch miteinander diskutieren müssen. Aber in diesem Fall hier zur Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik ist die Koalition willens und in der Lage, auch tatsächlich Entscheidungen vorzubereiten und zu treffen. Wir haben in dieser Legislaturperiode noch eine Menge vor. – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Matuschek! – Für die Fraktion der Grünen hat jetzt der Abgeordnete Otto das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liegenschaftspolitik ist seit 2001, seitdem es den Liegenschaftsfond gibt, Verkaufspolitik gewesen. Stadtentwicklung kam viel zu kurz. Das muss geändert werden.

[Beifall bei den Grünen]

Wir wollen Stadtentwicklung betreiben. Deshalb müssen wir eben nicht nur fiskalisch herangehen, sondern uns überlegen, was wichtig für diese Stadt ist. Was ist wichtig für Ortsteile, und was ist wichtig für die wirtschaftlichen und sozialen Strukturen Berlins.

Die Koalition hat heute einen Antrag mit Vorschlägen eingebracht. Als ich die Kollegin Haußdörfer hier bei der Begründung hörte, dachte ich, die Kollegin hätte auch unseren Antrag, den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachennummer 16/2500, vor einem Jahr hier begründen können. Da haben wir einen Antrag eingebracht, der genau an der Linie, die uns hier heute präsentiert wird, argumentiert hat, der gesagt hat, wir müssen bei den Grundstücken Kategorien bilden, wir müssen genau überlegen, was Fachvermögen ist, wir müssen genau überlegen, was Vorrats- und was Gestaltungsvermögen ist, und wir müssen genau wissen, was wir ausschließlich unter den Bedingungen des Planungsrechts verkaufen.

Das haben wir hier vor einem Jahr auf den Tisch gelegt, und es freut die Opposition, es freut uns, dass sich das jetzt alles in einem Antrag der Koalition wiederfindet. Insofern Dank an die Koalition, dass Sie hierbei auf unsere Linie einschwenken – sage ich mal etwas unbescheiden.

Die Politik vor Ort – das ist uns sehr wichtig, und die Bezirke spielen da eine große Rolle – ist bei vielen Entscheidungen zu kurz gekommen. Es sind immer wieder Entscheidungen vom Liegenschaftsfonds und auch vom Steuerungsausschuss getroffen worden, wo die Bezirke überstimmt worden sind, obwohl manchmal vor Ort die Kenntnis darüber, was notwendig ist und welcher Investor dazu passt, viel größer ist. Das muss geändert werden. Wir brauchen den konkreten Bezug zu dem, was vor Ort gebraucht wird. Wir müssen genau gucken, wo eine Bevorratung wichtig ist, wo also z. B. in fünf oder zehn Jahren eine Schule, eine Kindereinrichtung, eine Kultureinrichtung oder ein Wirtschaftsunternehmen nötig sein kann. All das muss genau bedacht sein, und da sind wir unter dem Stichwort Grundstücksbevorratung ein ganzes Stück weitergekommen.

Sie haben in dem Koalitionsantrag Punkte ergänzt, die in unserem Papier noch nicht standen – zum Stichwort SILB, zum Stichwort Vermögen der Universitäten oder zum Stichwort Baugruppen. Letzteres haben wir immer unter Wohnpolitik gefasst. Bei den Baugruppen gibt es auch den Versuch der Senatsverwaltung, etwas im Festpreisverfahren zu machen. Aber – das muss man noch

einmal konstatieren – dieses Verfahren ist bisher nicht erfolgreich gewesen. Das muss geändert werden, das muss besser werden. Es muss vor allem für die Leute, die sich dort bewerben, einfacher werden. Die müssen mit weniger Aufwand eine Chance haben, an diesem Verfahren teilzunehmen und dann unter Umständen zum Zuge zu kommen. Das war bisher nicht erfolgreich. Das muss man kritisch beleuchten.

[Beifall bei den Grünen]

Frau Matuschek! Sie haben zum Stichwort sozialer Wohnungsbau gesprochen und den Fanny-Hensel-Kiez als Stichwort genannt. Das ist ein dramatischer Fall. Aber vielleicht hilft dieser Fall. Vielleicht hilft er dem Senat zu verstehen, dass man im Einzelfall in entsprechenden Lagen auch mal Immobilien erwerben muss – Wohnimmobilien, sozialer Wohnungsbau. Ich nenne auch das Stichwort IBA-Bauten.

[Zuruf]

Ja, Herr Wieland, Sie können dann auch noch! – Die sind in aller Regel in guter Lage. Da sind heute neue Investoren dran, und wenn die die Häuser erworben haben, dann erhöhen sie die Mieten Richtung Kostenmiete. Das haben wir jetzt im Fanny-Hensel-Kiez, und das haben wir auch in anderen Fällen. Ich gehe davon aus, dass das noch Einzelfälle sind. Aber da müssen wir eine Antwort finden. Unsere Fraktion hat schon mehrfach vorgeschlagen – wir haben auch vor ein paar Monaten einen entsprechenden Antrag eingebracht –: Bitte prüfen, sobald diese Insolvenzen bekannt werden! Bitte im Senat und bei der IBB prüfen, was man da machen kann und ob man diese Gebäude im Einzelfall erwerben muss!

[Beifall bei den Grünen]

Was haben wir davon? – Wir kriegen die Mieten heraus aus der Kostenmiete. Wir qualifizieren den landeseigenen Wohnungsbestand. Und als Drittes kann man sagen – bei den IBA-Bauten ist das so –: Wir retten vielleicht auch Gebäude vor Verunstaltung. Sie entsinnen sich sicherlich des Falles, wo eines dieser Gebäude, von einem interessanten und berühmten Architekten errichtet, jetzt radikal umgebaut werden sollte.

Herr Kollege, bitte kommen Sie zum Schlusssatz!

Komme ich, Herr Präsident! – So etwas kann man also verhindern. Meine Damen und Herren! Wir sind bereit, mit Ihnen zusammen einen Vorschlag zu formulieren. Auch die CDU hat Änderungen auf den Tisch gelegt. Das Ergebnis – das sei hier geäußert – sollte eine Beschlussvorlage des Senates an dieses Haus sein, damit wir wirklich einen Neustart machen und damit wir in Zukunft gemeinsam verantwortungsvoll Liegenschaftspolitik betreiben können. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Das Wort für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Meyer, der aber seine Rede zu Protokoll gegeben hat.

Ich möchte zunächst den für uns entscheidenden Satz aus der Begründung des vorliegenden Koalitionsantrags zitieren:

Seit 2001 hat der Liegenschaftsfonds mit Erlösabführungen von mehr als 1,5 Milliarden Euro einen maßgeblichen Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushaltes geleistet.

Dieser Schwerpunkt auf Vermögensaktivierung muss nach Ansicht der FDP auch weiterhin Bestand haben. Die bisherigen Probleme bei der Vermarktungsaktivität sind erstens, dass Bezirke, Fachvermögen und weitere Körperschaften sich weigern, nicht mehr benötigte Liegenschaften an den Liegenschaftsfonds zur Veräußerung abzugeben – z. B. letzte Vorlage des Senats zu den Bezirken an UA Vermögen – und zweitens die politisch gewollte Rückabwicklung von abgeschlossenen Geschäften und die damit verbundene Verunsicherung von Investoren – z. B. geplantes Messehotel am Hammarskjöldplatz, staatliche Münze in Mitte, Diskussion um das jetzige Grundstück des Mellowpark.

Der Koalitionsantrag zur Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik weist dabei von der Grundtendenz in die richtige Richtung, hat aber auch einige Schwächen, die ich gerne ansprechen möchte.

Offensichtlich aufgrund differierender Interessen in der Koalition fehlt die einheitliche Linie in diesem Antrag, der ja letztlich nur einen Berichtsauftrag bis Ende 2010 darstellt. Der Antrag vermischt zudem Liegenschaftspolitik und Probleme, die aus dem Ausstieg aus dem sozialen Wohnungsbau resultieren.

Vor allem aber die Kernziele in der Einleitung können alles und nichts bedeuten. Die Förderung klimaverbessernder Maßnahmen bedeutet für Frau Matuschek zum Beispiel neue Kleingärten in der ganzen Stadt – wie wir gestern erfahren haben. Bei der sozialen Infrastruktur werden die Meinungen in diesem Haus auch weit auseinandergehen.

Vorratsflächen für die Entwicklung der Berliner Wirtschaft und Industrie sind eindeutig zu begrüßen, jedoch konkreter zu definieren. Flächen als Vorhalteflächen für künftige Nutzungen der Daseinsvorsorge auszuweisen bedeutet hingegen wieder alles und nichts.

Beim Zwischenerwerb von sogenannten „Schlüsselflächen“ sieht es ähnlich aus Was soll das Land kaufen? – Die regelmäßige Portfolioanalyse des gesamten Portfolios inklusive Körperschaften, Stiftungen etc. unter 2. sollte seit langem eine Selbstverständlichkeit sein. Wir hoffen, dass diese nun endlich zügig umgesetzt wird.

Zu 3: Zum Umgang mit den Konsequenzen aus dem Ausstieg aus dem sozialen Wohnungsbau erwarten wir vom Senat insgesamt eine bessere und transparente ExitStrategie. Bisherige Vorgehen – Verkäufe von Grundstücken unter Verkehrswert, Stundung von IBB-Darlehen – dienten eher der Verschleierung. Zu den notleidenden Erbbaurechten hatten wir bereits eine „Aufkauf- und Abwicklungsgesellschaft“ als Lösung vorgeschlagen.

Zu 5 und 6: Nicht mehr benötigte Grundstücke aus dem SILB müssen ebenfalls an den Liegenschaftsfonds übertragen und von ihm veräußert werden. Die Rolle der BIM GmbH – vgl. Flughafen Tempelhof – müsste an dieser Stelle ausführlicher neu geregelt werden.

Zusammenfassend ist festzuhalten: Vernünftige Ansätze sind erkennbar, jedoch zu unpräzise definiert, und letztendlich darf die Vermögensaktivierung bei 66 Milliarden Euro Landesschulden nicht gänzlich aus dem Auge verloren werden. Vielleicht gelingt es in den Ausschussberatungen, den Antrag noch zu präzisieren.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Überweisung an den Hauptausschuss hatten Sie bereits beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.4:

Antrag

Wirtschaftlichkeit und Qualität bei Leistungsverträgen im Jugend- und Sozialbereich sicherstellen!

Antrag der CDU Drs 16/3165

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Das Wort hat Kollege Hoffmann. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Ich sehe gerade, dass die zuständige Senatorin nicht da ist. Das ist bedauerlich.

[Mieke Senftleben (FDP): Auch nicht schlimm! – Uwe Goetze (CDU): Die versteht es auch nicht!]

Kann sie vielleicht an unserer Debatte teilnehmen?

Wenn die ganze Aufregung um die Treberhilfe nicht nur heiße Luft bleiben soll, dann müssen daraus die richtigen Konsequenzen gezogen werden.

[Beifall bei der CDU – Ralf Wieland (SPD): Ein sehr kluger Satz!]