Protocol of the Session on February 1, 2007

[Beifall und Gelächter bei der SPD und der Linksfraktion]

Letztes Mal hat mir Herr Dr. Albers vorgeworfen, ich hätte wahrheitswidrig behauptet, 95 Tonnen Gammelfleisch seien zwischen den Aktendeckeln der Verwaltung verschwunden. Sie seien aber gar nicht verschwunden, sie seien ja noch da. – Wie stellen Sie sich das vor? Haben Sie geglaubt, ich werfe dem Senat vor, da ist ein Aktendeckel, dann kommen 95 Tonnen Gammelfleisch, dann wieder ein Aktendeckel und – hopp! – lässt die Verwaltung die 95 Tonnen Gammelfleisch verschwinden?

[Beifall und Gelächter bei der SPD und der Linksfraktion – lebhafte Zurufe von der SPD und der Linksfraktion]

Herr Dr. Albers! Sprachliche Bilder sind ein Mittel der Kommunikation. Schade, dass Sie diese Bilder nicht verstehen wollen.

Frau Monteiro hat gesagt, die Senatorin habe unsere 23 Fragen beantwortet. Aber wie? Wir haben die Senatorin gefragt, wann überprüft worden sei, ob der italienische Hersteller der 310 Tonnen Putenfleisch auch an andere Berliner Firmen geliefert hat. Am 12. Dezember haben wir Grüne diese Frage gestellt, und am 18. Dezember hat das Fachreferat begonnen – nicht etwa mit der Beantwortung der Frage, sondern mit der Recherche der Lieferwege. Das Haus von Frau Lompscher muss erst durch die Opposition auf die Idee gebracht werden, einmal nachzusehen, ob der Ekelfleischgroßlieferant aus Italien auch noch andere Unternehmen in Berlin beliefert hat. Was bei dieser Recherche herausgekommen ist, hat Frau Lompscher übrigens bis heute nicht verraten.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Frau Monteiro möchte erwidern. – Dann haben Sie das Wort!

Meine Damen und Herren! Herr Schäfer! Sie mögen sich für sehr wichtig halten.

[Beifall und Heiterkeit bei der SPD und der Linksfraktion – lebhafte Zurufe von der SPD, der Linksfraktion und den Grünen]

Wenn Sie sich wieder beruhigt haben, empfehle ich Ihnen, meine Rede im Wortprotokoll nachzulesen. Im Zusammenhang mit Kofi Annan habe ich Ihren Namen nicht erwähnt.

[Beifall und Heiterkeit bei der SPD und der Linksfraktion]

Danke schön, Frau Monteiro! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Kollege Melzer das Wort. – Bitte schön, Herr Melzer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es gleich zu sagen und das Wort noch einmal in den Mund zu nehmen: Wir bleiben dabei, wir wollen und wir werden den Gammelfleischskandal aufklären.

[Beifall bei der CDU – Jawohl! von der CDU]

Es ist ein Skandal, und es bleibt ein Skandal. Und so, wie Sie sich dabei verhalten, verhalten Sie sich skandalös. Das ist traurig, aber wahr.

[Beifall bei der CDU und den Grünen]

Wir wollen, da sind wir einer Meinung mit Herrn Schäfer von den Grünen, inhaltliche und organisatorische Konsequenzen sehen. Was erleben wir in den letzten Wochen, in den letzten Monaten, man muss schon fast sagen im letzten halben Jahr? – Die Regierungsfraktionen haben sich mit ihrer Senatorin dazu entschieden, letztlich konsequent konsequenzenlos zu bleiben. Gesundheitlicher Verbraucherschutz? – Nicht so wichtig, nicht so interessant. Ich finde, nur weil man nichts tut, heißt das nicht automatisch, dass man auch nicht zuständig ist. Jeder, der zuständig ist, sollte etwas tun, damit dieses Problem gelöst wird.

Wenn ich mir Ihre Koalitionsvereinbarung ansehe, steht darin:

Die Koalition misst dem Verbraucherschutz eine große Bedeutung zu. Dabei ist insbesondere der gesundheitliche Verbraucherschutz zu verbessern.

Ich finde, Sie hätten eigentlich schreiben müssen: Die Koalition misst dem Verbraucherschutz keine große Bedeutung bei. Insbesondere der gesundheitliche Verbraucherschutz wäre zu verbessern. – Das hätte zumindest die Realität besser widergespiegelt und zukünftige Handlungsmöglichkeiten für Sie eröffnet. Aber mit ehrlicher Auseinandersetzung nehmen Sie es ja an der einen oder anderen Stelle und ganz offensichtlich nicht so genau.

Frau Lompscher, Sie haben in den letzten Wochen, seitdem Sie das Amt übernommen haben, das fortgesetzt, was

Frau Knake-Werner in den letzten fünf Jahren gemacht hat,

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Genau!]

in dem Bereich nämlich genauso wenig Initiative gezeigt, genauso wenig umgesetzt wie Ihre Vorgängerin. Seit mehreren Monaten beschäftigen wir uns mit dem Thema Gammelfleisch. Statt dass Sie aufklären, passiert Folgendes: Die Prüfergebnisse der Lebensmittelkontrollen werden heruntergespielt, Informationspannen im eigenen Haus werden verschleiert, Scheinausschüsse werden inszeniert, und die mehr als deutlichen Warnungen aus den Bezirken werden in den Wind geschlagen.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Und die Opposition kommt nicht zum Ausschuss!]

Die Fachleute aus der Berliner Verwaltung, nicht etwa die Kronzeugen, haben uns ins Stammbuch geschrieben, ich zitiere aus dem Ausschussprotokoll:

Insbesondere die finanziellen, personellen und materiell-technischen Bedingungen, unter denen die Berliner Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämter arbeiten müssen, sind in wesentlichen Teilen mit europäischen und bundesdeutschen Rechtsvorschriften nicht vereinbar.

Darauf muss doch ein Berliner Senat reagieren!

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Endlich mal mehr sparen!]

Sie verhindern gründliche Tiefenkontrollen im gesundheitlichen Verbraucherschutz. Auswirkungen und mögliche Folgen sind erstens eine nicht ausreichende Erfüllung ordnungsbehördlicher Pflichtaufgaben, und zweitens besteht die Möglichkeit eines Vertragsverletzungsverfahrens oder anderer Sanktionen. Aus meiner Sicht ist Handlungsbedarf geboten, und der müsste vom Berliner Senat in Angriff genommen werden, denn es ist eben kein Einzelproblem einzelner Berliner Bezirke. Hier geht es um eine gesamtstädtische Verantwortung des Berliner Senats. Hier geht es darum, dass aufgearbeitet wird und dass man dafür sorgt, dass sich etwas verbessert. Die Regierungsdevise lautet stattdessen: verharmlosen und vertuschen – Sie haben das heute wieder schön gemacht – statt aufklären und umsetzen.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Und die Berliner Wohnungsbaugesellschaften verkaufen!]

Aus dem Berliner Gammelfleischskandal müssen jetzt unverzüglich Konsequenzen gezogen werden. Das fordert auch der Antrag, der zur Abstimmung steht. Wir wollen für die Zukunft sicherstellen, dass die Öffentlichkeit in jedem Fall über große Mengen an Gammelfleischfunden in der Stadt kurzfristig informiert wird, ein Verfahren übrigens, das in nahezu jedem anderen Bundesland besser funktioniert als in Berlin. Wir wollen für die Zukunft sicherstellen, dass neue Strukturen, schnelle Information, direkte Informationswege zur politischen Leitungsebene und mehr Transparenz ermöglicht werden. Dazu erwarten wir das Gesamtkonzept des Berliner Senats, auf das wir leider auch schon wieder viel zu lange warten.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Verbraucherschutz- freunde in der CDU!]

Unerlässlich dafür ist aus meiner Sicht eine hinreichende personelle und materielle Ausstattung der Ämter vor Ort.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Mehr Geld!]

Der Berliner Senat ist dabei in der Pflicht, Mindestanforderungen zu definieren. Eine hinreichende Quantität und Qualität der Lebensmittelkontrolle ist notwendig und muss sichergestellt werden.

Frau Lompscher! Setzen Sie sich doch bei Ihrem Finanzsenator nicht nur ein, setzen Sie sich doch bitte auch durch, wenn es um mehr fachkundiges Personal für die Lebensmittelkontrolle geht!

[Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP]

Es ist an der Zeit, dass die Blockade von Außeneinstellungen endlich ad acta gelegt wird, sonst werden wir in den nächsten Jahren noch viel mehr Probleme bekommen.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Endlich mal viel Geld ausgeben!]

Insgesamt, das zeigt auch sehr deutlich Ihre nicht ganz angebrachte Reaktion, sind wir beim Gammelfleisch leider noch nicht am Ende der Diskussion angelangt. Wir stehen am Anfang, Konsequenzen müssen gezogen werden. Wir sind bereit, konstruktiv diese Konsequenzen mit zu diskutieren und mit zu erarbeiten. Für die Verharmlosungen und Vertuschungen, die Sie hier ins Feld führen, stehen wir allerdings nicht zur Verfügung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Melzer! – Für die Linksfraktion hat jetzt Dr. Albers das Wort. – Bitte schön!

[Daniel Buchholz (SPD): Heilen Sie die Opposition, Herr Doktor!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schäfer! Ich werde den Eindruck nicht los, Sie haben ein relativ eingetrübtes Verhältnis zur Wahrheit und ein ausgeprägt selektives Wahrnehmungsvermögen. Ich kann mir nicht helfen, wann immer Sie „guten Morgen!“ sagen, muss ich auf die Uhr gucken.

[Gelächter und Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Wenn Sie schon bei den Bildern sind: Nach Ihren Reden fällt mir immer nur das Bild der goldenen Zitrone ein. Machen Sie sich mal Gedanken, warum!

Die Debatte um diesen sogenannten Gammelfleischskandal hat ihr Haltbarkeitsdatum mittlerweile auch schon eine ganze Weile überschritten.

[Mario Czaja (CDU): Wie das Gammelfleisch auch!]

Herr Pflüger hat erst jüngst wieder in einem Interview herausgestellt, gerade in dieser Frage, bei der Aufklärung des Gammelfleischskandals habe sich die gute Zusammenarbeit der Opposition bewährt. Noch einmal: Es gab keinen Skandal, und Sie haben auch gar nichts aufgeklärt. Sie waren sich untereinander nicht einmal einig, worin denn dieser Skandal eigentlich bestand.

[Mario Czaja (CDU): Das ist die Rede vom letzten Mal!]