Es geht dabei aber auch darum, dass wir das ganze Thema „mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer“ in der Schule attraktiver machen und hier verstärkt Interesse schaffen.
Eine weitere wichtige Ressource ist die Erwerbstätigkeit von Frauen. Sie wissen, dass sich Frauen gegenwärtig in ihrer Berufswahl überwiegend nach wie vor auf die sogenannten typischen Frauenberufe konzentrieren. Auch hier ist ein Potenzial für Fachkräfte, das noch nicht wirklich erschlossen worden ist. Hier geht es um Verhaltenseinstellung und um die Veränderung von Rollenklischees.
Last but not least ist es auch wichtig, dass in der Region anständige Löhne und Gehälter gezahlt werden, das heißt, dass wir hier kein Gefälle gegenüber anderen Regionen haben, das dazu führt, dass dann allein aufgrund des Gehaltsunterschieds Fachkräfte an andere Standorte und in andere Regionen abwandern. Das ist ein Thema, das sich sowohl an die Bundespolitik – sprich: Mindeststandards einziehen – als auch an die Unternehmen selbst richtet, hier eine attraktive Politik für Beschäftigte zu machen, die dann auch Fachkräfte hier in Berlin hält.
Auftragserteilung nach dem Prinzip „Man kennt sich eben!“ endlich beenden, Vergabepraxis der landeseigenen Unternehmen konsequent überprüfen!
Dieser Antrag, welcher ursprünglich als Tagesordnungspunkt 31 A vorgesehen war, liegt Ihnen als Tischvorlage vor. Für die gemeinsame Besprechung bzw. Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. – Zuerst hat das Wort der Kollege Meyer, der Vorsitzende der FDP-Fraktion. – Bitte schön, Herr Meyer, Sie haben das Wort!
Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Seit Wochen steht der Verdacht im Raum, dass dem Planungsbüro eines SPD-Abgeordneten nach dem Motto „Man kennt sich eben!“ Planungsleistungen von Landesunternehmen zugeschanzt wurden. Mittlerweile ist bekannt, dass fünf von sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Planungs- und Ingenieurleistungen an das Büro des Abgeordneten Hillenberg vergeben haben. In mindestens einem Fall wissen wir mittlerweile, dass diese Vergaben wohl vergaberechtswidrig durch eine Direktvergabe erfolgt sind. Es ist nach wie vor unklar, wie viele Vergaben unterhalb der Schwelle von 193 000 Euro in den letzten Jahren an Herrn Hillenbergs Büro vergeben wurden. Es steht im Raum, dass der Abgeordnete Hillenberg oder das Büro des Abgeordneten Hillenberg zumindest maßgeblich wirtschaftlich abhängig ist von Aufträgen von Landesbeteiligungen. Es steht ebenfalls der Verdacht im Raum, dass der persönliche Vorteil eines Abgeordneten über seine Neutralität und Objektivität geht.
Wir sehen ebenfalls oder haben in den letzten Wochen zufällig erfahren, dass es den Versuch der direkten politischen Einflussnahme des Abgeordneten Hillenberg auf eine bezirkliche Baumaßnahme bzw. auf die Vergabe von Konjunkturpaket-II-Mitteln gab.
Außerdem äußert sich der Abgeordneten Hillenberg in Zeitungsartikeln ganz unumwunden, dass er der Auffassung ist, dass die Umgehung von verbindlichem Preisrecht nach HOAI durchaus sinnvoll und im Sinne des Landes Berlin sei. Es besteht der Verdacht, dass es ein systematisches Lohndumping im Planungsbereich bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zulasten von Architekten und Ingenieuren gibt.
Nach neun Jahren Rot-Rot ist vom angekündigten Mentalitätswechsel gerade auch in der Beteiligungsverwaltung nichts mehr zu spüren.
Nach dem schwarz-roten Filz haben wir offensichtlich einen direkten Übergang in den rot-roten Filz zu erleben.
Der moralische Kompass ist der SPD nach 21 Jahren Regierungsbeteiligung mittlerweile vollkommen abhanden gekommen. Schamgrenzen gibt es keine mehr.
Wo ist die versprochene Transparenz bei der Besetzung von öffentlichen Ämtern und Vorstandspositionen? Wo ist das versprochene leistungsfähige Controlling bei Landesbeteiligungen? Wo sind die versprochenen fairen und leistungsorientierten Wettbewerbsbedingungen beim Vergabeverfahren des Landes Berlin? – Seit Jahren nur noch Ankündigungen! Stattdessen kommt langsam der urechte, miefige SPD-Baufilz scheibchenweise ans Licht.
Diese Art von Abhängigkeit von Mandat oder Amt und Bereicherung mit öffentlichen Aufträgen zulasten des Landes Berlin scheint bei der SPD Prinzip zu sein. Nach den Skandalen des sozialen Wohnungsbaus der 70er- und 80er-Jahre, dem Bankenskandal der 90er-Jahre, an dem auch die SPD beteiligt war, hier nur noch mal exemplarisch einige Fälle aus den letzten Jahren.
Der Fall Bielka: Ein Finanzstaatssekretär der SPD erhöht erst der Geschäftsführung eines Landesunternehmens die Bezüge, um anschließend selbst in diese Nachfolge einzutreten.
Herr Bielka ist bis heute Chef der DEGEWO, und auch die DEGEWO hat an Herrn Hillenberg Aufträge vergeben.
Oder der Fall Strieder: Wir haben, glaube ich, bei keinem anderen SPD-Senator in den letzten Jahren eine so massive Einflussnahme in Verwaltungsentscheidungen – nicht nur seiner eigenen Verwaltung, sondern auch den Versuch, in anderen Verwaltungen Einfluss zu nehmen – gesehen wie bei Herrn Strieder.
Oder jüngstes Beispiel, Frau Dunger-Löper, Ende 2009: Trotz jahrelanger Tätigkeit bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sollte Frau Dunger-Löper Nachfolgerin des Rechnungshofpräsidenten werden, wo sie sich dann hätte selbst prüfen müssen.
Auch das zweite aktuelle Beispiel passt irgendwie ins Bild: das Schmierenstück unter dem Titel „Genosse Harald, hol doch mal den Maserati!“
Wieder ein SPD-Mitglied, diesmal ein ehemaliger, Abgeordneter, ehemaliger BVV-Verordneter der SPD in Tempelhof-Schöneberg, wohl nach wie vor im Jugendhilfeausschuss aktiv. Die Treberhilfe, das Unternehmen, um das es geht, steht im Verdacht, dass hier wieder öffentliche Mittel verschwendet wurden, eine Verschwendung von Steuergeldern. Eine persönliche Bereicherung steht ebenfalls im Raum. Wieder geht es um die Förderung von selbsternannten „Sozialkapitalisten“ ohne ausreichende Kontrolle durch den Senat und die Regierungsfraktionen SPD und Linke. Vollkommen egal, was uns eben von Frau Bluhm erklärt wurde, was jetzt passiert: Es zeigt, mit welcher Mentalität SPD-Abgeordnete und SPDFunktions- und -Mandatsträger in den letzten Jahren hier durch die Stadt ziehen.
All diese Geschäfte scheinen mit dem Parteibuch der SPD öffentlich abgesichert und damit vollkommen ohne Risi
Was macht nun der Senat in Sachen Hillenberg? – Statt sich zunächst auf den offensichtlich problematischen Fall Hillenberg zu konzentrieren und dem Parlament oder der Öffentlichkeit schnell alle Vergaben an den SPD-Abgeordneten mitzuteilen, bekommen wir wieder nur Ankündigungen und den Versuch der Verschleppung. Bei der HOWOGE werden 4 000 Vergaben der letzten Jahre in einer Sonderprüfung untersucht. Nach fünf Wochen soll ein Zwischenbericht vorgelegt werden, der aber dem Parlament vorenthalten werden soll. Ferner sollen die übrigen Landesbeteiligungen, wie wir gestern im Hauptausschuss erfahren haben, gebeten werden, für das letzte Geschäftsjahr eine wohl möglichst unkonkrete Tiefenprüfung vorzunehmen. Transparenz und Aufklärungswillen sehen anders aus, werter Genosse Gaebler!
Da Sie nicht handeln wollen, redet heute vermutlich auch der Ankündigungssenator Nußbaum zu diesem Thema. Wir sind gespannt, ob wir heute vom Senat irgendetwas an Substanz hören, was uns bei der Aufklärung des ganzen Vorgangs hilft.
Die offensichtlich permanent überforderte und hilflose Senatorin Junge-Reyer – ich denke nur an den S-Bahnvertrag oder an den Vertrag zur Vergabe der öffentlichen Beleuchtung – erklärte uns in der letzten Plenarsitzung noch, der Senat habe den Wohnungsbaugesellschaften immer wieder sehr deutlich gemacht, dass sie sich an die Vergabevorgaben des Landes halten sollten. Der Wirtschaftssenator Wolf fordert Aufklärung, und bei schwerwiegenden Verfehlungen müssten auch personelle Konsequenzen gezogen werden. Des Weiteren hält er es für sinnvoll, dass die Aufsichtsräte und die Vertreter des Landes Berlin als Gesellschafter in Zukunft bei den Wohnungsunternehmen genauer hinschauen. Herr Wolf, ich frage Sie, was haben Sie denn in den letzten Jahren gemacht? – Sie scheinen systematisch weggeschaut zu haben!
Die Vergabepraxis der städtischen Wohnungsunternehmen … muss genauso wie das Agieren des Abgeordneten Hillenberg dringend hinterfragt werden.
Recht haben Sie ja, ich frage mich nur, warum sich Ihre Kollegen in den zuständigen Ausschüssen vor die Aufklärung stellen und letztlich eher und stärker noch als die SPD-Fraktion – zum Beispiel gestern im Hauptausschuss – zur Verteidigung des SPD-Abgeordneten Hillenberg ansetzen.
Das ist genau die Doppelmoral, die wir in den letzten Jahren immer wieder von den Linken erlebt haben.
[Beifall bei der FDP und der CDU – Uwe Doering (Linksfraktion): Wir haben doch der Aktuellen Stunde zugestimmt!]
Von der SPD-Fraktion fehlt dagegen bis heute jegliche öffentliche Kritik oder kritische Distanzierung, sowohl bezüglich der landeseigenen Wohnungsunternehmen als auch bezogen auf den Abgeordneten Hillenberg. Deswegen kann Herr Hillenberg sich am Montag im Interview mit der „Berliner Zeitung“ auch freuen: