Protocol of the Session on January 28, 2010

[Zuruf von Martina Michels (Linksfraktion)]

bis zum Ende Ihrer Regierungsverantwortung, tun wollen, und fangen Sie dabei bei den sozialen Problemen an! Kümmern Sie sich endlich um die Menschen in unserer Stadt! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall von Volker Ratzmann (Grüne)]

Danke schön, Herr Kollege Henkel! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr Herr Kollege Ratzmann das Wort. – Bitte schön, Herr Ratzmann!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen haben mit ihrer Aktuellen Stunde ein ernsthaftes Thema aufgegriffen, das leider, muss man sagen, wieder zum Problem für die Stadt geworden ist. Herr Kleineidam hat recht, wenn er sagt, dass es sich nicht eignet, um es im kleinlichen Parteiengezänk zu zerreden. Ich glaube, dass ich im Namen des ganzen Hauses spreche, wenn ich auch nach draußen gerichtet sage: Wir werden alle alles tun, um die notwendige Sicherheit in dieser Stadt für unsere Kinder zu garantieren – im Rahmen unserer rechtsstaatlichen Grundsätze.

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der Linksfraktion – Beifall von Kurt Wansner (CDU), Dr. Michael Wegner (CDU) und Volker Thiel (FDP)]

Schaut man sich allerdings andere Probleme in dieser Stadt an, dann muss man schon den Eindruck haben, dass derzeit nicht alle alles tun, um Berlins Probleme zu meistern. Die Stadt driftet sozial immer weiter auseinander, das Gefälle zwischen Arm und Reich nimmt zu, und dem Senat fällt dazu nichts mehr ein. Man hat den Eindruck, dass diese Regierung gar nicht mehr in der Lage ist, gar keine Kraft mehr hat, die jetzt anstehenden Probleme der Stadt anzugehen oder sie gar zu lösen, Entscheidungen zu treffen oder auch nur vorzubereiten, die jetzt notwendig sind – das betrifft insbesondere die Infrastruktur in Berlin, unsere Lebensadern. Da müssen jetzt Weichen gestellt werden, die den Weg für die nächsten 20 bis 30 Jahre

vorzeichnen werden. Außer Ankündigungen hören wir von Rot-Rot nichts. Wasser, Verkehr, Energie, Krankenhauslandschaft – alles wird verschoben, weil Sie Angst vor Entscheidungen haben, schlimmer, weil Sie gar keine Kompetenz mehr in Ihren Reihen haben, um diese Probleme wirksam anzugehen. Sie sagen, Sie wollen rekommunalisieren, ich sage, es geht Ihnen einzig und allein darum, die Finger auf den Institutionen zu haben – wir dagegen wollen Qualität mit Zukunft für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Sie wollen die A 100, wir wollen sinnvolle und bezahlbare Mobilität für alle. Sie wollen die S-Bahn in die BVG eingliedern, wir wollen guten ÖPNV im Vertrieb, in der Infrastruktur und im Betrieb. Sie wollen sich einen Anteil an der GASAG sichern, wir wollen einen stadteigenen Energieversorger für mehr erneuerbare Energien und nachhaltige Energieversorgung in Berlin.

[Zuruf von der SPD]

Sie scheuen die Entscheidung über die Zukunft von Vivantes und Charité im Südwesten, wir arbeiten an einem Konzept für die Zukunft der gesamten Krankenhauslandschaft in Berlin mit einer starken Universitätsmedizin und einem kommunalen Krankenversorger.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Lassen Sie mal sehen!]

Rot-Rot geht es um die Macht, uns geht es um Berlin!

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP – Gelächter bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von der SPD und der Linksfraktion]

Die SPD, die sich gerade so freut, regiert seit 21 Jahren in dieser Stadt mit. Sie sind an allen Fehlentscheidungen beteiligt, die dieses Land in die Bredouille gebracht haben – von der Wohnungsbauförderung über die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe und der Bankgesellschaft. Das sollten Sie nicht vergessen, bevor Sie in Heiterkeit ausbrechen! Sie regieren konsequent an der Stadt vorbei, weil Sie gar nicht mehr in der Lage sind, die Kompetenz und Kreativität der Stadt aufzunehmen, sie zu bündeln und Berlin anders zu regieren.

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren von Rot-Rot: Berlin lässt sich nicht mehr täuschen. Alle wissen mittlerweile, der Kaiser ist nackt. Ihre Regierungsbeteiligung, meine Damen und Herren von der SPD, ist kein Erbhof, seien Sie sich da nicht zu sicher. Ich sage Ihnen: Wir werden sie stellen, und wir werden uns nicht mehr mit der Rolle des Juniorpartners begnügen. Dessen können Sie sich gewiss sein!

[Gelächter bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe]

Die Stadt ist reif für den Wechsel. Wir wollen es wissen, und wir haben die Chance. Wir werden die Chance nutzen!

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Ratzmann! – Für die FDPFraktion hat der Fraktionsvorsitzende Herr Meyer das Wort. – Bitte schön, Herr Meyer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Regierungsprogramm der letzten rot-roten Koalition Berlins steht unter dem Motto „Für eine soziale Stadt“. Nach acht Jahren rot-roter Politik unter Klaus Wowereit hat Berlin einen Geschmack davon bekommen, was Sozialdemokraten und Sozialisten unter einer sozialen Stadt verstehen: 450 000 Berlinerinnen und Berliner leben in Armut; das sind 140 000 mehr als vor Rot-Rot, und die Tendenz ist nach wie vor steigend. Über 20 Prozent der Berliner sind auf Alg-II-Leistungen angewiesen. 16 Prozent der Familien mit Kindern in Berlin leben in Armut. Die Langzeitarbeitslosenquote in Berlin steigt, entgegen dem Trend in allen anderen Bundesländern, weiter an. In einigen Bezirken leben über 70 Prozent der Kinder von Hartz IV. In großen Teilen unserer Stadt wächst die Resignation. Es herrschen Versagensängste und Perspektivlosigkeit. Seit acht Jahren hagelt es Studien, die das soziale Abrutschen Berlins in dramatischer Weise dokumentieren, etwa die letzte Studie der Bertelsmann-Stiftung, der Sozialstrukturatlas und der Bericht über das Sozialmonitoring. Berlin ist arm; die Menschen dieser Stadt verarmen weiter; immer mehr Kietze rutschen ab. Das ist Ihre Bilanz, Herr Wowereit!

[Beifall bei der FDP]

Gleichzeitig fällt dieser Koalition nichts anderes ein, als ihre Politik, die nun schon seit acht Jahren nicht funktioniert, einfach fortzusetzen. Sie pumpen einfach immer mehr Geld in Sozialprogramme, die offensichtlich lediglich auf Ihren Parteitagen Wirkung zeigen und Ihre Parteibasis besänftigen.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Den Betroffenen bringen sie aber nichts, rein gar nichts. Sie machen Politik für Ihre Klientel und gegen die Bedürftigen in unserer Stadt, und das merken die Bürger.

Meine Damen und Herren von der Koalition! Kümmern Sie sich endlich um die Ursachen statt um die Symptome von Armut und sozialem Abstieg!

[Beifall bei der FDP]

Deshalb müssen wir heute besprechen, wie die Sozialpolitik Berlins wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden kann. Lassen Sie uns endlich umsteuern, weg von ausufernden, unbezahlbaren Sozialprogrammen! Die beste soziale Sicherung ist ein Arbeitsplatz.

[Beifall bei der FDP]

Sorgen wir endlich dafür, dass sich durch klare Rahmenprogramme Investitionen in Berlin wieder lohnen und Unternehmerinnen und Unternehmen, die Arbeit in dieser Stadt schaffen wollen, in Berlin willkommen sind! Der

Wirtschaftsstandort Berlin hat großartige Potenziale. Es fehlt nur ein Senat, der sie zu nutzen weiß.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Berlin braucht echte Jobs statt Jobattrappen des öffentlichen Beschäftigungssektors. Das wäre gute Arbeitsmarktpolitik. Kümmern Sie sich endlich darum, Herr Wowereit!

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Nirgendwo ist der Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungserfolg so stark ausgeprägt wie in Berlin – und in Rumänien. Auf Deutsch: Kinder aus armen Elternhäusern haben in Berlin die schlechtesten Chancen. Gute, gerade frühkindliche Bildung ist aber der Schlüssel, um eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Die Schuleingangstests belegen Jahr für Jahr, dass all Ihre Maßnahmen in diesem Bereich nichts nutzen. Die Quote derjenigen Schulbeginner, die mit unzureichenden Deutschkenntnissen eingeschult werden, liegt nach wie vor bei 25 Prozent, in Lichtenberg in diesem Jahr sogar bei 40 Prozent. Diese Zahlen belegen: Die Programme und die Fokussierung auf die „Aktionsgebiete plus“ sind lediglich blanker Aktionismus. Strukturieren Sie endlich die vorschulische Bildung neu, damit alle Kinder in allen Bezirken mit Schulbeginn die deutsche Sprache sprechen und verstehen können! Das wäre gute Sozialpolitik, kümmern Sie sich darum!

[Beifall bei der FDP]

Machen Sie auch Schluss mit der mittelalterlichen Objektförderung im sozialen Wohnungsbau und fördern Sie endlich zielgenau die Bedürftigen statt die Wohnungen. So ermöglichen Sie Investitionen in den Wohnungsbestand in Berlin. Das wäre eine gute Sozialpolitik, und auch darum könnten Sie sich kümmern!

[Beifall bei der FDP]

Diese Koalition versagt bei den wichtigsten sozialpolitischen Aufgaben und Herausforderungen in unserer Stadt. Sie verschwenden das Geld der Berliner für sinnlose Projekte, anstatt sich um die Ursachen für Wohlstandsverlust, Armut und sozialer Verelendung in unserer Stadt zu kümmern. Darüber müssen wir heute reden! Das sind wir den vielen armen und perspektivlosen Menschen in dieser Stadt schuldig.

[Beifall bei der FDP]

Schönen Dank, Herr Kollege Meyer! – Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU abstimmen, weil sich dafür eine Mehrheit abzeichnet. Wer dem Antrag der CDU für die Aktuelle Stunde den Vorzug geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Das ist die CDU, die SPD und Die Linke. Danke! Die Gegenprobe! – Das ist Bündnis 90. Enthaltung? – FDP. Das Erste war die Mehrheit. Damit ist also als Punkt 3 der Tagesordnung die Aktuelle Stunde mit dem Thema „Die Bertelsmann-Studie

legt schonungslos offen: Rot-Rot macht arm!“ beschlossen worden.

Die anderen Themen haben ihre Erledigung gefunden.

Dann möchte ich Sie auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, so bitte ich um entsprechende Mitteilung.

Folgende Senatsmitglieder sind für heute entschuldigt: Herr Senator Wolf ist ganztägig abwesend wegen einer Dienstreise nach Dubai. Senator Prof. Dr. Zöllner ist ganztägig abwesend wegen einer Sitzung des Wissenschaftsrats.

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 1:

Fragestunde – Mündliche Anfragen

Ich schlage vor, die Fragen 2 und 9 zum Thema Mieterhöhungen bei der HOWOGE sowie die Fragen 6 und 7 zum Thema Schnee und Eis auf Gehwegen jeweils zusammen aufzurufen und zu behandeln. – Widerspruch höre ich dazu nicht. Dann verfahren wir so.

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat Frau Kollegin Scheeres von der Fraktion der SPD zum Thema