Protocol of the Session on January 28, 2010

Zu der Frage nach den Konsequenzen: Ich habe vorhin gesagt, dass die Bahn selbst angekündigt hat, dass sie am 23. Februar in der Lage ist, den von Externen und Internen erarbeiteten Bericht vorzulegen, und dann ihre Konsequenzen daraus ziehen will. Dies muss man abwarten, und dann kann man auch die Frage beantworten, wer gegebenenfalls dafür in Haftung genommen wird.

Jetzt geht es weiter mit eine Anfrage des Kollegen von Lüdeke. – Bitte schön, Herr von Lüdeke!

Meine Frage richtet sich an die Senatorin für Stadtentwicklung. – Wie bewertet der Senat den aktuellen Zustand der Berliner Straßen? Mit welchen kurzfristigen Maßnahmen werden akute, witterungsbedingte Straßenschäden und Beeinträchtigungen beseitigt?

Frau Senatorin Junge-Reyer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr von Lüdeke! Kurzfristig sehe ich die Situation der Berliner Straßen so, wie sich das heute Nacht dargestellt hat. Ich danke den Kolleginnen und Kollegen der Berliner Stadtreinigung, die es geschafft haben, sehr schnell den Schnee zu beseitigen,

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

morgens um fünf an den Ecken mit der Hand an der Schippe es möglich zu machen, dass man gut um die Kurven kommt. Da wird Erhebliches geleistet.

Sie meinen wahrscheinlich den unter dem Schnee sich befindenden Zustand des Asphalts, wenn ich das richtig interpretiere. Dort tun sich frostbedingt Schäden auf. Ich glaube, dass eine kurzfristige Lösung im Sinne von aktueller Bearbeitung nur dort möglich und allerdings erforderlich ist, wo es sich um Gefahrenstellen handelt. Die Frage der Sanierung des Straßenbelags, insbesondere der Schlaglöcher, ergibt sich dann, wenn die Frostperiode zuverlässig beendet ist. Das pure Zuschütten allein würde dazu führen, dass man glaubt, eine Gefahrenstelle sei beseitigt worden. Da, wo es gefährlich ist, wird etwas getan. Ich selbst habe in einem solchen Fall etwas veranlasst und habe festgestellt, dass man sich kümmert – sowohl das Bezirksamt als auch die Polizei. Aber Straßenschäden im Frühjahr zu beseitigen, das werden die Bezirke mit den Mitteln der Tiefbauunterhaltung tun.

Danke schön, Frau Senatorin! – Eine Nachfrage des Kollegen Lüdeke – bitte!

Ist Ihnen bekannt, dass andere Städte wie beispielsweise Frankfurt am Main mit dieser Situation ganz anders umgehen? Dort hat man eine Schnelleingreiftruppe, die in der Lage ist, kurzfristig Schlaglöcher zu beseitigen, ohne den Verkehr in großem Maße zu behindern, wie es beispielsweise am Schöneberger Ufer der Fall ist, wo seit Wochen nur irgendwelche Sperrungen stattfinden, statt dass Schlaglöcher beseitigt würden.

Frau Senatorin Junge-Reyer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr von Lüdeke! Die Situation am Schöneberger Ufer ist, wie das der Zufall so will, Gegenstand meiner Betrachtungen bereits vor einigen Wochen gewesen. Ich habe dabei festgestellt, dass es sich an der Stelle, die wir möglicherweise beide im Auge oder unter den Reifen hatten, nicht um die grundsätzliche Frage der Beseitigung von Schlag

löchern handelt, sondern dass hier Reparaturarbeiten in erheblichem Umfang erforderlich gewesen sind, die dazu geführt haben, dass es einer Zeit der Aushärtung an dieser Straßenbaustelle bedurfte. Das heißt im Klartext: Hier musste ein bisschen gewartet werden, bis der Asphalt wieder so hart war, dass man auch mit schweren Wagen darüber fahren konnte. Wenn es sich um dass eine oder andere Schlagloch am Schöneberger Ufer handelt, dann gilt das, was ich gerade gesagt habe: Das zuständige Bezirksamt kümmert sich dann darum, wenn es sinnvoll ist, eine Maßnahme zu ergreifen, die das Schlagloch dauerhaft schließt.

Die erste Runde nach der Stärke der Fraktionen ist damit beendet. Wir haben noch zwei Minuten für die weiteren Meldungen im freien Zugriff. Diese Runde eröffne ich mit dem Gong.

[Gongzeichen]

Herr Friederici von der CDU-Fraktion hat das Wort. – Bitte, Herr Friederici!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Wowereit! Da Sie uns vorhin in einem viertelstündigen Referat erklärt haben, was alles so schön und gut vorhin bei Herrn Bahnchef Grube war und was Sie erreicht oder nicht erreicht haben, frage ich Sie dezidiert: Wie sieht denn Ihre Strategie zukünftig aus? Wie oft werden Sie sich mit Herrn Grube treffen? Welche Maßnahmen streben Sie als nächste an? Wann werden Sie Ergebnisse, Fortschrittsberichte zu den Nachverhandlungen über den S-Bahn-Vertrag vorlegen? Wann wird möglicherweise ein normaler Verkehr so dargestellt sein, dass alle 600 Züge wieder fahren?

Danke schön! – Das waren drei Fragen, aber das macht ja nichts. – Bitte, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Sie beschweren sich darüber, dass ich ausführlich berichtet habe, und dann haben Sie noch nicht einmal zugehört.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Die letzte Frage habe ich ganz eindeutig mit dem Jahr 2011 beantwortet und auch deutlich gemacht, dass am Ende des Jahres leider der normale Betrieb noch nicht sichergestellt werden kann. Dazu fehlen dann noch erhebliche Viertelzüge, die können erst im Jahr 2011 zur Verfügung gestellt werden. Wir haben bewusst auf die Nennung – ob Mitte des Jahres oder drittes Quartal – verzichtet, weil Unsicherheiten dabei nur dazu führen, dass es wieder neue Enttäuschungen gibt. Im Jahr 2011 ist mit der Erfüllung des Vertrags, dem Voll- und Normalbetrieb wieder zu rechnen.

Wir haben die nächste Möglichkeit des Treffens ziemlich schnell. Ich hoffe allerdings, dass es dazu gar nicht kommt, weil Herr Homburg und Frau Junge-Reyer sich geeinigt haben bei der Neuverhandlung des bestehenden Vertrages. Wenn das scheitert, dann werden sich Herr Grube und ich sich wieder hinsetzen, und wir werden versuchen, die Differenzen auszugleichen. Das kann dann ziemlich schnell sein. Aber ich habe jetzt eher die Hoffnung, dass das schon einmal bilateral läuft. Aber wir sind auf jeden Fall jederzeit bereit, es zu tun. – Wir haben uns im Übrigen auch früher regelmäßig telefonisch ausgetauscht und uns getroffen, ohne das öffentlich zu machen, und werden das auch in Zukunft machen.

Selbstverständlich ist das, was wir heute bekommen haben, eine Ankündigung. Die Realisierung muss jetzt vorgenommen werden. Ich hatte den Eindruck, dass die Bahn nicht irgendwie auf Prinzip Hoffnung machen wollte, sondern durch die Analyse eines jeden Zuges aussagefähig war und sich die Daten, die genannt worden sind, wohl überlegt hat. Aber selbstverständlich werden wir das überprüfen, schon allein deshalb, weil auch unsere Zahlungen davon abhängig sind. Wir werden auch in Zukunft Minderungen vornehmen, und die müssen begründet werden. Die müssen dann entsprechend den Minderleistungen berechnet werden. Insofern wird das einer starken ständigen Kontrolle unterzogen sein.

Danke schön! – Herr Kollege, eine Nachfrage?

Darf ich noch mal zusammenfassend fragen, Herr Regierender Bürgermeister: Sie haben definitiv keinen neuen Termin mit Herrn Grube vereinbart?

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! – Da kann ich Ihnen nur recht geben.

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Damit hat die Spontane Fragestunde ihr Ende gefunden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3:

Aktuelle Stunde

Die Bertelsmann-Studie legt schonungslos offen: Rot-Rot macht arm!

Antrag der CDU

Für die gemeinsame Besprechung bzw. Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn

Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt Herr Hoffmann von der CDU-Fraktion. – Bitte schön, Herr Hoffmann, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die jüngste Studie der Bertelsmannstiftung hat nur bekräftigt, was alle hier eigentlich wissen müssten:

[Uwe Doering (Linksfraktion): Müssten oder sollten?]

Das Armutsrisiko ist deshalb in Berlin am größten, weil es an einer gezielten Familienbildungs- und Arbeitsmarktpolitik fehlt.

[Beifall bei der CDU]

Deshalb gibt es in Berlin eine Arbeitslosigkeit, die doppelt so hoch liegt wie im Bundesdurchschnitt. Sie bildet sogar seit Monaten das Schlusslicht der neuen Bundesländer, also hinter Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Aber vor Schleswig- Holstein! Sie haben die Studie nicht richtig gelesen!]

Deshalb gibt es in Berlin ein besonders niedriges Einkommensniveau. So liegt das mittlere Haushaltsnettoeinkommen nur bei 1 475 Euro. 2002 waren es noch 1 500 Euro. Deshalb wohnen in Berlin die meisten Transferleistungsempfänger. So bezieht jeder fünfte und in Problemgebieten sogar jeder vierte Berliner Transfereinkommen. Im Bundesdurchschnitt ist es jeder Zehnte. Des Weiteren ist Berlin seit Jahren durch eine besonders hohe Anzahl von Schulschwänzern und Schulabbrechern, fortschreitende Segregation von Menschen mit Migrationshintergrund sowie zunehmende soziale Entmischung in den Kiezen und von Armut ganzer Bevölkerungsteile gekennzeichnet.

Wer sagt, er müsse hier erst Lösungsansätze finden, wie Herr Wowereit unlängst in der „Welt am Sonntag“ äußerte, hat nicht nur zugegeben, dass seine jahrelange Politik gescheitert ist, sondern dass er auch die Entwicklung in den letzten Jahren verschlafen oder schlichtweg ignoriert hat.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Was dabei besonders erstaunt, ist die Tatsache, dass der Senat seine eigene Sozialberichterstattung nicht ernst zu nehmen scheint. Ein besonderes Bespiel dafür ist das jetzt jährlich erscheinende Sozialmonitoring von Prof. Häußermann, welches von Fachleuten und vom Senat selbst als Frühwarnsystem für die Sozialpolitik in Berlin bewertet wird. Wenn man sich einmal die Berichte chronologisch vornimmt, kommt man schon ins Grübeln, warum erst jetzt die Alarmglocken bei Herrn Wowereit und seiner Mannschaft schrillen. 2004, da hatte Rot-Rot schon drei Jahre regiert und einen noch nie da gewesenen Sozialabbau betrieben, sodass die Sozial- und Wohlfahrtsverbände auf die Straßen gingen, wurde unmissverständlich darauf hingewiesen, dass sich in den Innenstadtbezirken soziale

Brennpunkte entwickelt und auch in einigen Außenbezirken etabliert hätten.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Keinen Pfennig haben Sie in der Kasse gelassen!]

2006 wurde die weitere Verdichtung der Problemgebiete verdeutlicht und 2007 die traurige Botschaft vermittelt, dass sich trotz Quartiersmanagement dieser Trend nicht habe aufhalten lassen. Erinnern wir uns: Gerade auch in diesen Jahren wurden weitere Absenkungen der Regelleistungen durch Rot-Rot vollzogen, wie z. B. bei den Hilfen zur Erziehung, und zahlreiche Jugendeinrichtungen in den Bezirken mussten schließen. 2008 konnte trotz vieler Millionen für das Quartiersmanagement keine Entwarnung gegeben werden. Im Gegenteil waren sogar Quartiersmanagementgebiete weiter abgerutscht, ohne dass daraus jemals die richtige Schlussfolgerung gezogen worden wäre. Für 2009 erfolgte die Feststellung, dass die fünf Innenstadtbezirke endgültig zu Ballungszentren von Armut und Arbeitslosigkeit mit allen dazugehörigen Problemen geworden waren, ebenso die Außenbezirke, die bereits 2004 im Visier standen. Die bittere Wahrheit ist also, dass aus all diesen wirklich guten Analysen keine adäquaten Aktionen erfolgten.

[Beifall bei der CDU]

Rot-Rot blieb dabei, auf der einen Seite die Regelangebote bis zur Arbeitsunfähigkeit weiter auszudünnen und auf der anderen Seite Millionenbeträge für kurzfristige Aktionen, die nur wenige Menschen erreichen, regelrecht aus dem Fenster zu schmeißen. Dazu kommen die lahme Wirtschafts- und Ansiedlungspolitik, die mit zu hoher Arbeitslosigkeit und fehlender Wirtschaftskraft beiträgt, die unzureichende Berliner Arbeitsmarktpolitik, die diesen Namen eigentlich gar nicht verdient, die defizitäre Bildungspolitik, die zu viele junge Menschen ohne Abschluss oder Ausbildungsreife aus der Schule entlässt, und die armselige Familienpolitik der rot-roten Koalition, der es bis heute nicht gelungen ist, Berlin familien- und kinderfreundlich zu gestalten.

[Beifall bei der CDU]