1. Gibt es in Berlin angesichts der anhaltenden Kälte genügend Plätze zur Unterbringung Bedürftiger, und wie werden diese Möglichkeiten genutzt?
Danke schön, Frau Dott! – Es folgt der Kollege Lehmann von der Fraktion der FDP mit einer Frage zum Thema
1. Wie beurteilt der Senat vor dem Hintergrund der Witterungsbedingungen der letzten Wochen die Kältehilfe in diesem Winter?
2. Wo sieht der Senat aus den Erfahrungen dieses Winters Optimierungsbedarf in der Berliner Kältehilfe?
Danke schön, Herr Kollege Lehmann! – Für den Senat antwortet Frau Senatorin Bluhm. – Bitte schön, Frau Bluhm!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Radziwill! Frau Abgeordnete Dott! Herr Abgeordneter Lehmann! Vielen Dank, dass ich die Möglichkeit habe, die Fragen im Zusammenhang zu beantworten.
Zur ersten Frage von Frau Radziwill, Frau Dott und Herrn Lehmann: Zu Beginn der Kältehilfe haben uns die beteiligten Wohlfahrtsverbände anlässlich der Pressekonferenz am 29. Oktober 2009 informiert, dass im Winter 2009/2010 voraussichtlich täglich zwischen 300 und
400 Übernachtungsplätze in Notübernachtungen und Nachtcafés zur Verfügung stehen. Hierzu kommen Wärmestuben, Suppenküchen, ärztliche Versorgungen und andere Anlaufstellen. Im gesamten Stadtgebiet sind wieder 70 Kirchengemeinden und Einrichtungen in das Netz der Wohlfahrtsverbände eingebunden. Inzwischen ist ein Angebot von 258 Notübernachtungsplätzen sowie zusätzlichen 359 Plätzen in Nachtcafés gemeldet worden.
Angesichts der anhaltenden Kälte wird uns eine zunehmende Inanspruchnahme der Notübernachtungen gemeldet. Im Dezember 2009 haben 14 Prozent mehr Besucher als im Vorjahr die Notübernachtungsmöglichkeiten aufgesucht. Im Dezember 2008 wurden 9 587 Übernachtungen, im Dezember 2009 10 943 Übernachtungen verzeichnet. Das sind 1 347 Übernachtungen mehr als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Eine Einrichtung der Berliner Stadtmission – die in der Lehrter Straße in Berlin-Mitte – ist besonders stark frequentiert, sodass wir im innerstädtischen Bereich intensiv nach einer Entlastung suchen. Ganz aktuell informiert uns das Diakonische Werk, dass die Berliner Stadtmission beabsichtigt, ab nächster Woche 30 zusätzliche Plätze in Berlin-Mitte einzurichten.
Darüber hinaus liegt uns ein konkretes Angebot der Berliner Wasserbetriebe vor – zentral gelegen, was sehr wichtig ist, in der Oberbaum City – in einem ehemaligen, beheizten Pumpwerk, selbstverständlich mit den Grundvoraussetzungen abgetrennte Räume, sanitäre Anlagen und Duschen ausgestattet. Meine Verwaltung prüft derzeit, ob dieses Objekt geeignet ist; demzufolge kann ich über die Kapazität, die dadurch zusätzlich zur Verfügung steht, derzeit nichts sagen. Das würde allerdings zu einer Entlastung der Notunterkunft Lehrter Straße führen.
Weiterhin fahren in diesem Winter zwei Kältebusse – der Bus der Berliner Stadtmission, der seit vielen Jahren in Betrieb ist, und ein Bus des Deutschen Roten Kreuzes, der seit Beginn dieses Winters betrieben wird. Beide Busse fahren bei Bedarf – sofern es die Betroffenen wünschen – Menschen in Notübernachtungen mit freien Plätzen. Es ist verabredet, dass die Busse telefonisch über das Kältehilfe-Telefon freie Kapazitäten erfragen und wohnungslose Menschen in die Einrichtungen mit freien Plätzen fahren.
Zur zweiten Frage von Frau Radziwill: Auf die Bitte der Verbraucherschutz- und Sozialsenatorinnen an die Berliner Energieversorger, bei Zahlungsrückständen die Energiezufuhr nicht zu stoppen, haben die Unternehmen erklärt, die Abschaltungen auszusetzen bzw. bei gesperrten Zählern den Kunden Kulanzlösungen anzubieten. So sagt z. B. Werner Süss, Geschäftsführer von Vattenfall:
Vattenfall hat als Grundversorger Berlins eine besondere Verantwortung, die wir natürlich wahrnehmen. Niemand will bei dieser Witterung Kunden den Strom sperren.
Zur zweiten Frage von Frau Dott: Frau Dott, ich versichere Ihnen, dass wir alles in unseren Möglichkeiten Ste
hende veranlassen und selbstverständlich auch mit den Bezirken kooperieren – Sie wissen ja, dass seit 1995 die Kältehilfe bezirkliche Aufgabe ist und in der Verantwortung der Bezirke liegt. Trotzdem haben wir versucht, alle Informationen zusammenzutragen und über eine Ausweitung von Übernachtungskapazitäten gerade im innerstädtischen Bereich hinzuwirken. Wie ich dargestellt habe, wird das auch erfolgreich sein.
Danke schön, Frau Senatorin! – Es folgt eine Nachfrage von Frau Kollegin Radziwill. – Bitte schön, Frau Radziwill!
Vielen Dank für die Antworten! Ich möchte gerne wissen, ob Sie angesichts der Kälte noch mit einem weiteren Anstieg des Übernachtungsbedarfs rechnen, insbesondere durch kurzzeitige Besuche von Betroffenen aus den Nachbarländern, ich denke da in Richtung Polen, wo im Moment auch eine sehr starke Kälte herrscht.
Das Problem liegt darin, dass besonders nachgefragte, da bekannte Notübernachtungsunterkünfte – wie z. B. jene in der Lehrter Straße, die sehr zentral am Hauptbahnhof liegt – Überlastungsanzeigen starten und wir darauf verweisen können, dass wir z. B. im Bezirk Lichtenberg oder im Bezirk Spandau noch freie Kapazitäten haben. Selbstverständlich haben wir hier das logistische Problem des Transportes zu lösen; man muss auf weitere Angebote verweisen, um eine gleichverteilte Auslastung der Ressourcen zu erreichen. Dazu gehört, wie schon dargelegt, den Kältebus dazu zu befähigen, nicht zu überbelegten Standorten zu fahren, sondern zu nicht ausgelasteten. Er tut dies bereits schon, wie dargestellt. Das Servicetelefon der Kältehilfe wird dazu genutzt, die zwei Kältebusse sind im Einsatz, und in den nächsten Tagen soll die innerstädtische Kapazitätserweiterung unbürokratisch realisiert werden, um den gestiegenen Anforderungen nachzukommen – der Anstieg von Notübernachtungen ist ja gerade in den letzten Tagen zu verzeichnen.
Danke, Herr Präsident! – Frau Senatorin! Sind Ihnen Fälle bekannt geworden, wo Bedürftige abgewiesen werden mussten? Gibt es noch weitere Möglichkeiten der Mobilitätshilfe außer den Bussen?
Die Bezirke und meine Verwaltung haben sich intensiv bemüht, damit es nicht zum Zustand der Abweisung kommt. Wir haben tatsächlich eine Auslastung von deutlich über 100 Prozent in der Lehrter Straße und sind deshalb bemüht, weitere Notübernachtungsmöglichkeiten bereitzustellen. Ich habe das für die Diakonie und die Stadtmission schon beschrieben und das Angebot der Wasserbetriebe deshalb noch einmal so ausführlich dargestellt, damit es einen Informationscharakter erhält.
Darüber hinaus bin ich auf sehr unbürokratische Unterstützung der BVG bei dem Versuch gestoßen, über die Kältebusse hinaus die Möglichkeit, dass Menschen, die in der Lehrter Straße um Unterkunft bitten, dann aber in die Oberbaum-City geschickt werden, unbürokratisch mit der BVG dorthin gelangen können. Ich gehe davon aus, dass das funktioniert.
Ich will mich an dieser Stelle bei BVG, GASAG, Vattenfall und den Wasserbetrieben bedanken, die in den letzten 14 Tagen jeweils einen Beitrag geleistet haben. Das betrifft die Energieversorgung, die Zurverfügungstellung von zusätzlichen innerstädtischen Kapazitäten für die Notübernachtung und ganz aktuell die Mobilität von wohnungslosen Unterkunftsuchenden durch die BVG. Das ist eine sehr schnelle, unbürokratische Hilfe gewesen, und dafür will ich mich ganz ausdrücklich bedanken.
Danke schön, Frau Senatorin! – Es geht weiter mit einer Nachfrage des Kollegen Lehmann von der FDP. – Bitte schön, Herr Lehmann!
Danke schön! – Frau Senatorin! Wie kann aus Ihrer Sicht für die Berliner Kältehilfe noch besser geworben werden? Ich denke dabei vor allem daran, wie man wohnungslose Menschen, die psychische Erkrankungen aufweisen, noch besser erreichen kann.
Ich habe selbst angesichts der tiefen Temperaturen und der Schneemassen dazu aufgefordert, dass wohnungslose Menschen, die sich auf der Straße aufhalten, die Mög
lichkeit in Anspruch nehmen, den Schutz der Wärme zu suchen. Tatsächlich geht es darum, dass alle Betroffenen in sozialen Einrichtungen auf die Hilfsstruktur, auf die Angebotsstruktur, die über die Stadt verteilt ist, aufmerksam machen und dass wir die Möglichkeiten von Transparenz und Kommunikation, die uns zur Verfügung stehen, intensiv nutzen. Auch Sie haben mit Ihren Anfragen dazu beigetragen, dass wir über das Netz von Angeboten, die von Übernachtungsplätzen bis zu Nachtcafés und Suppenküchen gehen – ich habe es schon im Einzelnen dargestellt –, und einer geplanten und schnell zu realisierenden Kapazitätsausweitung im innerstädtischen Bereich so ausführlich gesprochen haben.
Danke schön, Frau Senatorin! – Jetzt geht es weiter mit dem Kollegen Hoffmann von der CDU-Fraktion. – Bitte schön, Herr Hoffmann!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Senatorin! Haben Sie auch zusätzliche finanzielle Unterstützung für die Anbieter der Leistungen zugesagt? Haben Sie darüber hinaus geprüft, ob nicht möglicherweise Maßnahmen des Katastrophenschutzes, der Polizei oder der Bundeswehr, die wir in Berlin vorhalten, hier mit dazu beitragen können, in diesen harten Zeiten unterstützend tätig zu sein? Es ist ja immer nur in der Spitze des Frostes ein starker Bedarf vorhanden.
Ich bin einen Schritt weitergegangen, indem ich nicht über zusätzliche finanzielle Notwendigkeiten gesprochen habe, sondern über die Ausweitung der Kapazitäten und über die Möglichkeit, Mobilität zwischen neu geschaffenen Kapazitäten in der Innenstadt zu ermöglichen. Sie wissen, dass das bezirkliche Aufgabe ist und wir keine steuernde Funktion haben. Wir haben über die Ausweitung der Diakonie gesprochen, die natürlich nur mit zusätzlichen finanziellen Mitteln über die Stadtmission möglich war.
Darüber hinaus werden auch die Wasserbetriebe zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen, nicht nur für Räumlichkeiten, sondern auch für eine Anschubfinanzierung der Betreuung und Begleitung des neuen Objekts der Wasserbetriebe in der Innenstadt.
1. Wie viele rechtsextremistisch motivierte Straftaten – aufgeschlüsselt nach der „PMK-rechts“ und unterteilt in einzelne Deliktsbereiche – hat es in Berlin in den ersten drei Quartalen des Jahres 2009 gegeben?
2. Wie viele linksextremistisch motivierte Straftaten – aufgeschlüsselt nach der „PMK-links“ und unterteilt in einzelne Deliktsbereiche – hat es in Berlin in den ersten drei Quartalen des Jahres 2009 gegeben?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Trapp! Ich beantworte die Frage nach den Fallzahlen, weil eine Differenzierung, etwa bei mehreren Tätern, statistisch noch nicht erfolgt ist. Grob gesprochen haben wir bei rechtsextremistisch motivierten Straftaten 41 Gewaltdelikte in den ersten drei Quartalen 2009 gehabt, 703 Propagandadelikte und 258 sonstige Delikte. Das sind insgesamt 1 002 Delikte. Dabei verteilen sich die Deliktzahlen unterschiedlich auf die einzelnen Straftatbestände. Bei den Gewalttaten handelt es sich mit 33 wesentlich um Körperverletzung. Bei den Propagandadelikten ist es klar. Bei den sonstigen Straftaten sind es 36 Fälle von Beleidigung, übler Nachrede oder Verleumdung, 67 Fälle Sachbeschädigung und 133 Fälle von Volksverhetzung. Dann gibt es noch eine ganze Reihe von kleineren Delikten wie öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Verstöße gegen das Kunsturheberrecht und Ähnliches. Ich glaube, ich brauche das hier nicht im Einzelnen darzulegen.
Bei den linksextremistisch motivierten Straftaten sieht es in den ersten drei Quartalen 2009 so aus, dass wir 304 Gewaltdelikte haben. Der Großteil davon, 120, entfällt auf Brandstiftung, 56 auf Körperverletzung und 87 auf Landfriedensbruch. Bei den Propagandadelikten haben wir null Fälle, und unter sonstige Delikte fallen 643 Fälle. Hier sind 32 Fälle von Hausfriedensbruch, 402 Fälle von Sachbeschädigung und 119 Verstöße gegen das Versammlungsgesetz zu verzeichnen. Daneben gibt es wieder eine Reihe von kleineren Delikten, die ich hier nicht im Einzelnen aufführen will. Das sind die Zahlen für die ersten drei Quartale.