Protocol of the Session on November 26, 2009

Vielen Dank! – Herr Kollege Zimmer erhält das Wort zu einer Kurzintervision.

Meine Damen und Herren! Herr Oberg! Wie Ihre Form von Dialog aussieht, das haben wir gerade feststellen dürfen. Sie haben es wieder nicht fertiggebracht, die Kurve zu kriegen, statt dessen treten Sie noch einmal in Richtung Lenzen nach – das ist wirklich peinlich!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Genauso peinlich sind allerdings auch weitere Aussagen von Ihnen, die man an dieser Stelle klarstellen muss: Die Hochschulverträge sind wahrlich nicht Ihr Werk, sie gehen auf die Union zurück, auf den CDU-Senator Erhardt, das vergessen Sie offensichtlich gerne.

[Beifall bei der CDU]

Diese haben als deutschlandweit einmalige Finanzierungsinstrumente den Hochschulen erst die Autonomie ermöglicht, auf deren Grundlage sie sich weiterentwickeln konnten. Wenn Sie sich die Haushaltsbeschlüsse zum Jahr 2001 anschauen, dann werden Sie feststellen, dass in den Hochschulverträgen 1,1 Milliarden Euro enthalten waren. Sie haben die gekürzt, Sie haben die Hochschulverträge gebrochen, und Sie haben den Hochschulen die Mittel entzogen, nicht wir!

Und im Übrigen, wenn ich Ihnen hier noch auf die Sprünge helfen darf – es mag vielleicht dem Umstand geschul

det sein, dass Sie noch nicht so lange dabei sind, Herr Oberg, vielleicht haben Sie es aber auch vergessen –, bis 2001 haben wir in einer großen Koalition regiert. Sie haben die Beschlüsse allesamt mitgefasst, wenn es darum ging, in schwierigen Zeiten von den Hochschulen Einsparungen zu verlangen. Wir haben den Hochschulen aber nicht das Geld gekürzt, das sie zum Überleben brauchten, sondern wir haben die notwendigen Strukturveränderungen eingeleitet, die Sie heute zunichte machen.

[Beifall bei der CDU]

Wenn Sie mir unterstellen, Herr Oberg – und das ist ein wörtliches Zitat von Ihnen –, es sei verlogen, dass ich der Einstein-Stiftung Tränen nachweinen würde, dann schauen Sie mir tief in die Augen: Ich weine dieser Stiftung keine einzige Träne nach, warum sollte ich das auch tun? – Ich weine hingegen den 30 Millionen Euro Tränen nach, die der Wissenschaft entzogen wurden, das ist doch das Problem!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Sie sind mit Ihrer Einstein-Stiftung angetreten, weil Sie der Auffassung waren, dass Ihnen die anderen Länder im Rahmen der Exzellenzinitiative nicht über den Weg getraut haben, dass Sie willens und in der Lage wären, die notwendige Finanzierung für Exzellenzprojekte sicherzustellen. Deswegen, sagten Sie, hätten Sie unter anderem die Einstein-Stiftung ins Leben gerufen, damit das Geld fein säuberlich zur Seite gepackt wird und dort für die Zukunft warm, sicher und trocken liegt. Und was ist passiert? – Es hat, nach Ihrer Aussage im Wissenschaftsausschuss, nicht einmal eine Woche gedauert, da waren 30 Millionen Euro futsch. Sie waren weg. – So viel zu Ihrer Verlässlichkeit, was die Förderung von Exzellenzen angeht.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Dazu muss ich Ihnen eins sagen, Herr Oberg: Am Anfang habe ich wirklich gedacht, diese Einstein-Stiftung würde in die Gänge kommen. Aber Sie sind ja nicht einmal in der Lage, Ihre eigenen Prestigeprojekte in die Spur zu setzen. Wenn das nicht Inkompetenz beweist, dann weiß ich nicht, was sonst.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank! – Zur Erwiderung Herr Kollege Oberg!

Herr Kollege Zimmer! Mit dem Nachtreten haben Sie nicht so unrecht. Aber dann wollen wir einmal die Kirche im Dorf lassen. Wer hat eigentlich der „Morgenpost“ ein Interview gegeben, in dem er Behauptungen aufgestellt hat, die kein Mensch, der bei Verstand und halbwegs nüchtern ist, für richtig halten kann? Wer glaubt eigentlich ernsthaft, dass die Wissenschaftsfreiheit in Berlin auf dem Niveau Chinas angesiedelt und sonst überall in der Welt besser sei? Das mag polemisch sein. Aber das ist

unangemessen, und das ist falsch. Ein Senat und eine Koalition, die auf diesem Niveau angegriffen werden, stellen sich ja wohl nicht hin und sagen: Dazu sage ich kein Wort! Soll der uns doch beleidigen und freche Behauptungen aufstellen! Wenn man das dann zurückweist, dann ist das nicht nur ein Gebot des eigenen Schutzes, sondern auch des öffentlichen Diskurses, um eben deutlich zu machen, dass das, was Herr Lenzen dort behauptet hat, falsch ist. Auch Sie würden sich nicht hier hinstellen und sagen, dass die Wissenschaftsfreiheit in Berlin irgendwo zwischen dem Nirwana und China angesiedelt sei, sondern Sie wissen sehr genau, wie die Berliner Verhältnisse sind: Die Wissenschaft ist hier nicht weniger frei als sonst irgendwo in der Bundesrepublik.

Ich sage ja gar nicht, dass wir die Hochschulverträge erfunden haben. Es ist aller Ehren und Anerkennung wert, dass die CDU einmal eine Idee hatte, die gar nicht so schlecht und einigermaßen tragfähig war. Aber dann stellen Sie sich bitte jetzt nicht hier hin und fordern einfach immer nur mehr, wenn Sie selbst früher immer weniger gegeben haben! Es ist zwar einfach für die Opposition, sich hinzustellen und mehr zu fordern. Das reicht aber nicht aus, und das ist das, was ich beklage. Ich möchte gerne Antworten von Ihnen haben, die über zwei Sätze hinausgehen. Ihr erster Satz ist immer: Wir brauchen mehr Geld! Und der zweite Satz ist: Die Hochschulen sollen es alleine machen! – Das ist nicht mein Verständnis von Hochschulautonomie, und das ist für einen Wissenschaftspolitiker auch ein Anspruch, der ein bisschen zu wenig ist.

Jetzt zur Einstein-Stiftung: Herr Zimmer! Wir nehmen der Einstein-Stiftung das Geld weg, das sie nicht ausgegeben hat. Das ist richtig. Wir nehmen also nichtgebundene Mittel weg. Wir nehmen nichts weg, was in der Zukunft zur Verfügung gestellt werden soll, und wir nehmen nichts weg, was in Projekten gebunden ist. Ich habe ganz klar gesagt: Das ist kein Erfolg, und das ist bedauerlich. Aber auch Sie stehen in einer Gesamtverantwortung und müssen erklären, ob Sie lieber Neuverschuldung aufnehmen möchten, wenn Sie eine wichtige Aufgabe wie die Kitas finanzieren wollen, oder ob Sie lieber Restmittel nehmen würden. Ich kann mich als Parlamentarier mit Gesamtverantwortung für diese Stadt nicht hinstellen und die Restmittel für die Einstein-Stiftung – von denen ich mir gewünscht hätte, dass wir sie nicht haben; aber wir haben sie – beiseite schaffen und stattdessen Neuverschuldung eingehen. Das verträgt sich nicht mit der Philosophie der Politik dieser Koalition.

Das mag eine Niederlage der Einstein-Stiftung sein, das mag kein positives Ergebnis sein. Das räumen wir ein. An dem Ziel halten wir fest. Dass die Einstein-Stiftung nicht so schnell ins Laufen gekommen ist, wie wir uns das gewünscht haben –,

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen!

Herzlichen Dank für den Hinweis! – ist das Ergebnis eines dialogorientierten Verfahrens. Wir haben nicht dekretiert, sondern wir haben diskutiert. Ein Diskussionsprozess mit den Hochschulen dauert manchmal eben länger, und diesmal hat er besonders lange gedauert. Aber das ist eher ein Zugewinn als ein Problem. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort für die Fraktion der Grünen hat die Kollegin Schillhaneck.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Freude habe ich den Appell der SPD-Fraktion an den eigenen Wissenschaftssenator gehört, jetzt endlich einen „Runden Tisch Studierbarkeit“ einzurichten. Bravo! Ich beglückwünsche von hier aus die Studierenden, denen es anscheinend endlich gelungen ist, Sie aufzuwecken. Danke!

[Beifall bei den Grünen]

Ich frage trotzdem: Warum jetzt erst? Nach der Studierbarkeitsstudie der Studierenden von der HumboldtUniversität haben wir Ihnen bereits 2007 einen Antrag mit nicht genau den Worten, aber ziemlich genau diesem Inhalt vorgelegt, exakt das zu machen: endlich einmal Bilanz zu ziehen, die Kritikpunkte festzustellen und zu fragen, wo es hakt. Das haben Sie damals noch in Bausch und Bogen abgelehnt. Schön, dass Sie sich da endlich bewegt haben!

Aber kommen wir zum Thema der Aktuellen Stunde! Da sind zunächst einmal die Hochschulverträge. Eine kurze Bilanz dessen, was bisher gelaufen ist, sieht so aus: Es war nichts mit kürzer, klarer, schneller, wie einmal die Intention bei Ihnen in der Koalition war. Ich kann nur feststellen: Es war ein langwieriger Prozess, alle Beteiligten sind gründlich vor den Kopf geschlagen, das Kommunikationsklima ist ernsthaft beschädigt, und das auch durch ein unnötiges Hineinwursteln des Finanzsenators in letzter Minute, was das Ganze endgültig zum Politikum machte. Sehr schön! Das passt alles ganz hervorragend zu einer Tradition, die Sie bereits in Ihrer ersten rot-roten Koalitionsrunde etabliert haben. Damals kam es nämlich wirklich zum Wort- und Vertragsbruch. Ich rufe in Erinnerung: Als das Land Berlin damals zum Zweck der Haushaltskonsolidierung – das ist ein Zweck, den wir durchaus immer teilen – einen sogenannten Solidarpakt mit seinen Beschäftigten geschlossen hat, wurde auch den Hochschulen ganz automatisch das Geld weggenommen. Das mögen Sie moralisch für richtig und geboten halten – ein Vertragsbruch war es trotzdem.

So beschädigt man ganz prophylaktisch jegliches Vertrauensverhältnis und Kommunikationsverhalten, und

Lars Oberg

entsprechend sind die Verhandlungen ja auch dieses Mal gelaufen. Als Sie dann auch noch versucht haben, die wissenschaftspolitisch interessierte Öffentlichkeit wie immer mit Ihrer Einstein-Stiftung abzulenken und Ihr sogenanntes Leistungsmodell, das völlig unklar ist, immer noch Grundlage jeglicher Verhandlung war, da haben die Hochschulen die Verhandlungen unterbrochen, was ich zu diesem Zeitpunkt verstehen konnte. Und nun? – Jetzt ist Ihnen eingefallen, dass wir bald 2010 haben und eine Vertragsgrundlage hermuss.

Viele Bedenken der Hochschulen, zum Beispiel die Anmeldungen über den finanziellen Bedarf, sind von Ihnen leider ignoriert worden. Das Kernstück Ihres Konzepts, das sogenannte Leistungsmodell ab 2012, ist bislang nur ein Eckpunktepapier. Dabei soll es Ihrer Meinung nach alle Probleme lösen und mehr Studienplätze, bessere Studienverhältnisse und so weiter schaffen. Das wird es nicht tun, das können wir Ihnen gleich sagen. Dass das das alleinseligmachende Modell ist, das glauben Sie doch selber nicht – vor allem dann nicht, wenn man den Hochschulen damit droht, dass man ihnen die nun vereinbarte finanzielle Minimalversorgung auch noch kürzt.

Das wird nicht aufgehen. Wissen Sie, was man dann bei den Hochschulen im Haushaltsvollzug macht? – Man verschiebt Berufungen, besetzt Stellen im wissenschaftlichen Mittelbau nicht mehr und spart an Bibliotheken und Laboren. Damit treffen Sie direkt die Studierenden und Studienanwärter und -anwärterinnen, den wissenschaftlichen Nachwuchs und vor allem die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der Berliner Hochschullandschaft.

Jetzt können Sie darauf verweisen, dass die Hochschulleitungen bereit sind, das zu unterschreiben. Aber glücklich werden sie damit nicht werden. Planungssicherheit und auskömmliche Finanzierung sehen anders aus. Für uns ist klar: Eine Überholung des Systems der Hochschulverträge hin zu einem zukunftsfähigen Steuerungs- und Controllinginstrument wird auch weiterhin auf unserer To-doListe stehen.

[Beifall bei den Grünen]

Dann ist da die Einstein-Stiftung. Einmal ganz ehrlich: Die jeweiligen Positionen sind ausgetauscht, und wir können unsere Argumente wahrscheinlich mittlerweile alle im Chor mitsprechen. Trotzdem: Der Kardinalfehler Ihrer rot-roten Wissenschaftspolitik hier war nicht, das Geld wegzunehmen, sondern die Einrichtung Ihres Schattenhaushalts, der eigentlich nur dem Zweck dient, irgendwem hier ein Denkmal zu setzen. Alles andere könnte man nämlich mit anderen Modellen besser, schneller und transparenter hinbekommen. Aber für Transparenz ist bei Ihnen in der Koalition ohnehin herzlich wenig Interesse zu entdecken, auch dafür, die Arbeit Ihrer eigenen Leute parlamentarisch zu kontrollieren. Das ist fatal. Sonst hätten Sie auch in den Hochschulverträgen die angesprochenen Punkte von Schiedsklärungen und Ähnliches anders geregelt. Das Wort Obstruktionsgefahr ist hier viel zu oft gefallen. Aber nur deswegen, weil es län

ger dauert oder beschwerlicher ist, seinen parlamentarischen Kontrollauftrag abzulehnen, ist beschämend.

Damit kommen wir zum dritten Punkt in der Anmeldung der Aktuellen Stunde: die Personalie Lenzen. Herr Lenzen hat sich unzweifelhaft Verdienste um die Wissenschaft in dieser Stadt erworben. Das wollen wir überhaupt nicht wegdiskutieren. Das ist positiv. Die FU stünde nicht so international beachtet dar, wie sie jetzt dasteht, wenn das Wirken von Herrn Lenzen nicht gewesen wäre. Aber wir stellen die Frage: Zu welchem Preis? Herr Steffel hat in seiner Begründung der Aktualität den bemerkenswerten Satz gesagt, dass sich erst im Umgang mit der Opposition zeige, wie es um eine Demokratie bestellt sei. Ich wage zu bezweifeln, dass das ein Kommentar zum real praktizierten Führungs- und Mitbestimmungsstil an der FU war.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Seit der Einführung der sogenannten Experimentierklausel hat die FU – wie auch andere Hochschulen – deutliche Schritte weg von der Idee einer demokratisch verfassten Hochschule getan. Gerade an der FU richten sich die Proteste der Studierenden deswegen zum ganz überwiegenden Teil gegen die Abschaffung ihrer Mitbestimmungsmöglichkeiten.

Unser Bild von Hochschule ist ein anderes! Sie von der Koalition hätten es übrigens in der Hand. Seit dem Jahr 2001 herrscht Einigkeit darüber, dass wir eine große Novelle des Hochschulgesetzes brauchen. Die wird es nun nicht geben, wie wir alle wissen. Eine kleine Novelle werden Sie sicherlich auf den Weg bringen, aber auch dabei werden Sie sich wieder um die strittigen Punkte der Verfasstheit der Hochschulen, dem Wahlrecht und den Mitbestimmungsmöglichkeiten herumdrücken.

Genauso nötig wäre auch eine Anpassung des Hochschulgesetzes, um die Kritik an der Art der Umsetzung der Bologna-Reform aufzunehmen. Bei diesem Thema wird jetzt wieder wunderbar mit dem Finger aufeinander gezeigt. Die Hochschulrektorenkonferenz meint, die Länder seien schuld, zu viele Regelungen, zu wenig Geld. Das mit den zu vielen Regelungen kann ich nicht erkennen, zu wenig Geld ist richtig. Die Länder meinen wiederum, die Hochschulen seien schuld, man habe die Reform doch in ihre Hände gegeben. Für die Studierenden ist dies völlig egal, für die ist wichtig, wie wir aus diesem Schlamassel wieder herauskommen. Das fordern sie ein – völlig zu recht. Sie fordern, dass die Studiengänge wieder studierbar werden, weg von diesen infantilen Anwesenheitskontrollen und dieser Unwissenschaftlichkeit und dem, was der Kollege Albers vorhin so schön als Lernbulimie bezeichnet hat: Rein in den Kopf, bloß nicht durchdenken, bloß nicht kauen, dann zur Klausur wieder hochwürgen und möglichst schnell Platz schaffen für den nächsten großen Brocken. – Das hat mit einem Hochschulstudium herzlich wenig zu tun. Wenn dies als didaktisches Konzept an einer Schule praktiziert würde, würde man Sie zu Recht mit Schimpf und Schande vom Hof jagen.

[Beifall bei den Grünen]

Die Bologna-Reform ist als Projekt der Wissenschaftsminister gestartet und im Zuständigkeitsnirwana gelandet. Das ist uns von der Fraktion der Grünen spätestens seit einem Werkstattgespräch klar, das wir vor anderthalb Jahren veranstaltet und alle Ebenen an einen Tisch gesetzt haben: Hochschulleitung, Studierende, Verwaltung, auch die Hochschulforschung. – Das wäre eigentlich Ihre Aufgabe gewesen, aber vielleicht machen Sie es jetzt mit ihrem Runden Tisch. – Klar ist geworden: Es krankt an vielen Enden. Die Proteste der Studierenden heute sind im Vergleich zu dem, was wir vor anderthalb Jahren gehört haben, total zahm und harmlos. Niemand ist zuständig, alle sind überfordert, ist die Generalbilanz der Bachelorreform. Sehr schön, dass wir in Berlin vorn mit dabei sind, wenn es um den Anteil der umgestellten Studiengänge geht. Aber jetzt muss der strukturellen Reform endlich auch eine inhaltliche und quantitative folgen. Es kann doch nicht sein, dass die Studierenden heute immer noch mit denselben Forderungen auf die Straße gehen, mit denen zum Beispiel ich auch schon auf die Straße gegangen bin, und eine Studienreform einfordern müssen, die das Selberdenken und die kritische Auseinandersetzung mit dem Fach überhaupt erst ermöglicht. Die Forderung aus den 90er-Jahren des vorigen Jahrhunderts lassen sich direkt recyceln. Das ist aberwitzig.

Früher war längst nicht alles gut, das ist richtig. Ich warne davor, den rückwärtsgewandten, sehnsuchtsvollen Statements von gestandenen Professoren naiv Glauben zu schenken, es wäre anders gewesen. Denn genau die Gruppe der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer hat mit ihren Mehrheiten genau die jetzt inkriminierten Studienprüfungsordnungen erst beschlossen.

[Beifall von Anja Kofbinger (Grüne) und Lars Oberg (SDP)]

Aber sie wollten es auch nicht anders machen, auch sie sind schlichtweg überfordert gewesen. Wir müssen da irgendwie herauskommen, das wird eine gemeinsame Kraftanstrengung erfordern: von Professoren, von Hochschulleitungen, von Politik.

Schön, dass die Koalition jetzt verstanden hat, dass man den Dialog suchen muss. Das darf aber nicht davon ablenken, dass – wie bereits angesprochen – Politik auch gegenüber autonomen Hochschulen wie in Berlin Verantwortung trägt, und zwar in dreierlei Hinsicht: erstens dem rechtlichen Rahmen – damit wären wir wieder bei der Hochschulgesetznovelle –, zweitens der finanziellen Absicherung. Sie können es noch hundert Mal herunterbeten, dass die Finanzierung absolut sicher ist, aber wenn eine Hochschule bis zu 5 Prozent ihrer konsumtiven Zuschüsse weniger bekommen könnte,

[Lars Oberg (SPD): Wenn sie entsprechende Leistungen bringen!]