Protocol of the Session on November 26, 2009

dann ist das mehr als derzeit flexible Mittel in unserem Hochschulhaushalt vorhanden sind, dann verstehe ich die Verunsicherung der Hochschulen.

[Lars Oberg (SPD): Sie haben es selbst in der Hand!]

Die Hochschulen sind verunsichert, auch wenn Sie sich hinstellen und dreimal behaupten, die Finanzierung sei sicher. Wenn die Hochschulen Ihnen das nicht glauben, haben Sie ein Problem, Punkt.

Drittens nimmt Politik auch eine gewisse Aufsichtspflicht im Auftrag der Öffentlichkeit wahr. Wie kontrollieren wir denn zum Beispiel die Umsetzung der Bologna-Reform? Ich weise nur auf eines hin: Ein ganz großer Fehler war das Outsourcen der Qualitätskontrolle an die Akkreditierungsagenturen. Das kostet viel Geld, das die Hochschulen auch anders einsetzen könnten. Die Akkreditierungsagenturen kümmern sich überhaupt nicht um landesgesetzliche Vorgaben wie zum Beispiel ein Wahldrittel innerhalb eines Studienplans, das bei uns eigentlich im Hochschulgesetz steht. Hierzu erwarten wir von Ihnen von der Koalition konkrete Vorschläge. – –

Entschuldigung! Ich habe Ihnen das Mikrofon nicht weggenommen. Aber trotzdem sind Sie leider am Ende.

Moment, die drei Sätze habe ich noch. Sie haben mir das Mikrofon vorher abgedreht.

Ich habe Ihnen das Mikrofon nicht abgedreht.

Sie setzen als rot-rote Koalition in vielen Punkten eine schlechte Tradition der großen Koalition fort, die diesen Unfug mit der Entdemokratisierung und dem Abbau von ehemals 150 000 Studienplätzen erst begonnen hat. Ganz ehrlich, die CDU hat Sie, Herr Zöllner, als permanenten Störfall bezeichnet. Der Begriff stammt eher aus der Atomenergiedebatte, damit kennen wir uns als Grüne aus.

Frau Schillhaneck! Sie müssen jetzt zum Schluss kommen!

Das ist wahrlich mein letzter Satz, Herr Präsident! Danke schön, dass Sie mich ausreden lassen. – Der Begriff geht von einem wünschenswerten Regelbetrieb aus, der gewisse Aussetzer hat. Ganz ehrlich, ich bin froh, dass Sie maximal eine Restlaufzeit von zwei Jahren haben. – Danke!

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Florian Graf (CDU), Nicolas Zimmer (CDU) und Mirco Dragowski (FDP)]

Vielen Dank! – Das Wort für die Linksfraktion hat Herr Dr. Albers.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Eine Vorbemerkung kann ich mir nicht verkeifen: Herr Steffel begründet die Aktuelle Stunde, hat aber offensichtlich kein Interesse an ihrer Durchführung, denn er ist schon die ganze Zeit nicht im Saal.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Ich finde das einfach ungebührlich.

Ich weiß auch nicht, woher Sie in der CDU-Fraktion die Überschriften für Ihre Aktuellen Stunden bekommen. Sie müssen so eine Art Lyrik-Arbeitskreis in Ihrer Fraktion haben. Offensichtlich hat der wieder einmal zusammengesessen und legt uns nun das Ergebnis seines Strebens vor: „Wortbruch bei den Hochschulverträgen, EinsteinStiftung ausgeplündert, FU-Präsident Lenzen will nach Hamburg – Senator Zöllner als permanenter Störfall im Wissenschaftsbetrieb“.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von der CDU: Jawohl!]

Vorweg zur Einstimmung ein Zitat aus dem „Tagesspiegel“ von heute:

Seit die CDU in der Opposition ist, gibt sie sich wissenschaftsfreundlich. In den 90er-Jahren hatte der Diepgen-Senat umgerechnet fast 500 Millionen Euro bei den Unis eingespart. TU und FU verloren die Hälfte ihrer Professoren.

So weit die Prosa, zurück zur Lyrik.

Vers 1, Wortbruch bei den Hochschulverträgen: Den Berliner Hochschulen sind in den aktuellen Hochschulverträgen nach schwierigen und – zugegeben, Frau Schillhaneck – langen Verhandlungen für die kommenden Jahre jeweils rund 950 Millionen Euro zugesichert worden. Die Hochschulen werden wie in den Verträgen gemeinsam vereinbart, dieses Geld bekommen. 334 Millionen Euro fließen insgesamt in den Jahren bis 2013 zusätzlich in die Berliner Hochschulen. Der Haushaltsaufwuchs dafür beträgt 3,5 Prozent und übertrifft damit deutlich die Steigerungsrate aller anderen Ressorts. Dazu gibt es aus dem Konjunktur-II-Paket für 143 Einzelprojekte insgesamt 131 Millionen Euro zusätzlich für die Hochschulen. Wir haben es politisch gewollt, trotz der heiklen Haushaltssituation, die sich absehbar auch aufgrund der Steuerpläne von Schwarz-Gelb eher noch zuspitzen wird. Wir haben in der haushälterischen Debatte deutlich gemacht, dass wir nicht über Ausgaben diskutieren, sondern über Investitionen in die Zukunft. Damit haben wir nicht nur begrifflich eine Trendwende eingeleitet, wie haben es auch materiell untersetzt, auch wenn nicht alle Forderungen erfüllt werden können. Ich hätte mir zum Beispiel – ich habe es mehrfach gesagt – eine Gleitklausel für die absehbar

ansteigenden Kosten gewünscht, die von den Hochschulen nicht beeinflussbar sind. Ich halte dies nach wie vor für notwendig. Nichtsdestotrotz: Nach Jahren der Kürzungen gibt es unter dem Strich wieder mehr Geld für die Berliner Hochschulen. Ein Verdienst dieses Hochschulsenators, ein Verdienst rot-roter Hochschulpolitik.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Dieser Erfolg wird auch nicht dadurch geschmälert, dass es zum Schluss tatsächlich völlig überflüssige Irritationen durch die in der Tat einseitig vorgenommenen Textänderung gegeben hat. Das hätte man auch anders machen können, zumal es in der Substanz attestiert bedeutungslos ist. Der Unmut darüber war berechtigt, die Irritationen wurden ausgeräumt. Es trifft einfach nicht zu, was der scheidende Präsident der Freien Universität in seinem heiligen Zorn in der „Morgenpost“ am 22. November verkündet hat: Es habe den Versuch gegeben, die Vereinbarung einseitig zu ändern. – Es gibt hier auch keine Hintertür, wie er behauptet, es gibt klare Vereinbarungen und klare Bedingungen, die einzuhalten sind, und damit auch die notwendige Planungssicherheit.

In diesem Zusammenhang ein Satz zur Kritik am neuen Finanzierungssystem. Man kann es kritisch sehen, Frau Schillhaneck und Herr Zimmer, aber im Rahmen des alten Systems gab es nach dem Gesetz der kommunizierenden Röhren Gewinner und Verlierer. Das wird es künftig nicht mehr geben. Aufwuchs für alle, nicht auf Kosten der anderen, ist in Zukunft möglich. Die Kritik, die Hochschulen gerieten durch dieses System unter einen irrsinnigen Produktionsdruck, ist unzutreffend. Sie haben es in der Hand, dieses Prinzip auszugestalten.

Kommen wir zu Vers 2, Einstein-Stiftung ausgeplündert: Hier wird es nun skurril. Sie, Herr Henkel, bezeichnen im „Tagesspiegel“ vom Dienstag die Einstein-Stiftung als überflüssige Prestigeeinrichtung. Im Wissenschaftsausschuss – Lars Oberg hat es gesagt – beantragt Ihre Fraktion die Auslösung und will ihr die Mittel streichen und hier stellen Sie sich hin und prangern die vermeintliche Ausplünderung der Einstein-Stiftung durch Rot-Rot an. Wer soll Ihnen die gespielte Empörung abnehmen? Ja, die nicht verbrauchten Gelder aus dem Jahr 2008/2009 fließen jetzt in die Gegenfinanzierung der notwendigen und hoffentlich auch von Ihnen nicht in Frage gestellten Verbesserungen im Kitabereich. Sowohl für 2010 als auch für 2011 sind die vorgesehenen Gelder für die EinsteinStiftung in voller Höhe vorhanden. Die Mittel, die jetzt entnommen wurden, gehen nicht zulasten zukünftiger Forschungsvorhaben und Aufgaben der sinnvollen und für Berlin dringend notwendigen Einstein-Stiftung.

Und auch hier sei die bewusste öffentliche Falschdarstellung des Herrn Lenzen richtiggestellt. In seinem Interview mit der „Berliner Morgenpost“ vom 20. November 2009 behauptet er wider besseren Wissens, zum Zwecke der sogenannten Einstein-Stiftung seien 40 Millionen Euro aus den Universitätshaushalten herausgestrichen worden. Noch einmal die schlichte Kunde: Diese Mittel für die

Einstein-Stiftung sind aus dem Masterplan zusätzlich in die Berliner Wissenschaft geflossen. Das ist ein Verdienst unseres Wissenschaftssenators Zöllner, ein Verdienst rotroter zukunftsorientierter Wissenschaftspolitik.

[Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion – Beifall von Lars Oberg (SPD)]

Sie haben diese Einrichtung, deren vermeintliche Ausplünderung Sie plakativ so beklagen, nie gewollt. Ich will hier nur an das von Ihnen angeforderte WPD-Gutachten über die juristische Zulässigkeit der Stiftung und des Stiftungsverfahrens erinnern und daran, mit wie viel Getöse Sie auf einer dramatisch inszenierten gemeinsamen Pressekonferenz mit grün und gelb die Klage gegen die Einstein-Stiftung angekündigt haben.

[Ramona Pop (Grüne): Die Einstein-Stiftung ist und bleibt ein Schattenhaushalt!]

Das ist alles Schall und alles Rauch. Es kam Ihnen nur auf die Pressekonferenz an. Es gibt nur Ankündigungen, keine Konsequenz. Das ist politische Kapaunerie, Frau Schillhaneck.

Nun komme ich zum Schluss, Vers 3: FU-Präsident Lenzen will nach Hamburg. Wir werden zu dieser Personalie nichts mehr sagen, aber zu der Art und Weise, wie damit umgegangen wird, schon. Ich habe meine Zweifel, ob eine solche inszenierte Instrumentalisierung einer Personalie professoraler Reputation dient. Es ist zudem noch nicht einmal der Vertrag unterschrieben, da werden potenzielle Nachfolger schon namentlich behandelt. Was soll das? Daran muss man sich nicht beteiligen.

Nun gehen wir auf den Bolzplatz, Herr Zimmer! Sie sollten mehr lesen als nur die Überschrift. „Rot-Rot weint Lenzen keine Träne nach.“ Dagegen machen Vertreter von SPD und Linken deutlich, dass sie dem Präsidenten keine Träne nachweinen. Darauf folgt ein Zitat, der wissenschaftspolitische Sprecher der Linken, Wolfgang Albers sagt: „Sicherlich hat er um die Freie Universität Verdienste, aber er hat wohl vergessen“ usw. Ich bin angerufen worden mit dem ersten Satz: Herr Albers! Weinen Sie Herrn Lenzen eine Träne nach? – Daraufhin habe ich geantwortet: „Nach dem Interview in der ‚Berliner Morgenpost’ von vorgestern hätten Sie mich genauso gut fragen können, ob ich ihm beim Kofferpacken helfen wolle.“ So viel, nicht mehr und nicht weniger, kann ich dazu sagen. Das ist kein Nachtreten, aber das Ganze ist doch durchschaubar: die gewollte Indiskretion über den geplanten Arbeitsplatzwechsel, noch bevor die zuständigen Gremien der Hamburger Universität überhaupt eine Entscheidung gefällt haben.

Parallel dazu gab es die medialen Angriffe, bei denen der Professor offensichtlich kalkuliert die Contenance verloren hat; von einer gegen die Wissenschaften zerstörerischen und fahrlässigen Politik von Sozialisten und Sozialdemokraten, deren Ende nicht absehbar ist, war die Rede. Da blitzt doch manchmal der Ideologe durch. Das hilft der FU nicht, wie heute im „Tagesspiegel“ zu lesen. Da hat jemand überzogen. Darauf muss man auch antwor

ten können. Deshalb: Wir beseitigen als Rot-Rot immer noch die Folgen Ihrer unverantwortlichen und fahrlässigen und für die Wirtschaftsstrukturen dieser Stadt zerstörerischen Dienstleistungsmetropolenträumerei und AufPump-Leben-Politik der 90er-Jahre.

[Gelächter des Nicolas Zimmer (CDU)]

Ja, Herr Zimmer, immer noch! So nachhaltig ist Ihr Vermächtnis, das Sie hinterlassen haben. Das ist das Problem dieser Stadt. Das ist der defizitäre Sockel, auf dem Sie standen, bevor Sie aus Ihren Ämtern katapultiert wurden.

[Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Umso größer ist die Leistung einzuschätzen, die wir mit diesem Haushalt gerade auch angesichts der zusätzlichen Belastungen durch die Finanzkrise und der zu erwartenden Belastungen durch Ihre gelb-schwarze Steuerpolitik vollbracht haben, in Bildung, Wissenschaft und Forschung überproportional zu investieren. Nicht der Senator ist der Störfall in diesem Wissenschaftsbetrieb. Sie benutzen das Feld der Wissenschaften in dieser Stadt als Schlachtfeld Ihrer Frontalopposition. Sie tun das aus Kalkül, und Sie nehmen die potenziellen Flurschäden dieser Auseinandersetzung für Forschung und Wissenschaft in dieser Stadt bewusst in Kauf. Sie tun damit der Wissenschaftsstadt Berlin ganz sicher keinen Gefallen. – Danke!

Vielen Dank! – Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Kollege Dragowski.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Albers! Sie hätten heute gern – das haben Sie in der Begründung zur Aktuellen Stunde angesprochen – über den Reformbedarf von Bologna diskutiert. Sie haben zu Recht die Verantwortung der Hochschulen angesprochen. Über den Anteil des Senats, in dieser rot- roten Koalition, an der Verantwortung für den jetzigen Stand der BolognaReform, haben Sie noch nichts gesagt. Wir möchten aber betonen, dass auch Sie hier Verantwortung tragen.

[Lars Oberg (SPD): Die nehmen wir auch an!]

Ja, Herr Kollege Oberg, ich hoffe, Sie gehen sie auch an. Ob Ihr Runder Tisch hier groß weiterhilft, möchte ich hinterfragen. Zumindest bin ich erfreut, dass wir uns einig sind, dass wir alle den Wissenschaftssenator Zöllner auffordern, endlich etwas zu tun.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Ich möchte noch einige Worte zum Thema Bachelor und Master verlieren. Durch die neu eingeführten Studiengänge ist ein deutlich besseres Betreuungsverhältnis von Dozenten zu Studenten notwendig, damit diese Studienprogramme funktionieren. In Zeiten steigenden Studentenzahlen muss bei sinkender Personal- und Finan

Dr. Wolfgang Albers

zausstattung das ursprünglich mit der Bologna-Reform verbundene Versprechen, die Qualität der Lehre zu erhöhen, auf der Strecke bleiben. Die Unterfinanzierung der Berliner Hochschulen wird mit den Hochschulverträgen lediglich fortgeschrieben. Ohne zusätzliche finanzielle Mittel kann der Bologna-Prozess nicht erfolgreich verlaufen.

Rot-Rot interessiert sich in dieser Stadt eher für die Zahl der Studienplätze als für echte Qualitätsverbesserungen in der Lehre.

[Beifall bei der FDP]

Die notwendigen Mittel für bessere Lehrbedingungen werden den Hochschulen vom Berliner Senat und von der rot-roten Regierungskoalition nicht zur Verfügung gestellt. Hier sollten Sie sich klar zu Ihrer Verantwortung bekennen, Herr Senator Zöllner.