Protocol of the Session on November 26, 2009

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Der Kollege Oberg von der SPD sekundiert koalitionspflichtbewusst. Meine Herren von der Koalition! Das stellt intellektuelles Bolzplatzniveau dar, das selbst gemessen an den Maßstäben, die Sie hier normalerweise vorgeben, unter Ihren Möglichkeiten liegt.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Haben Sie sich einmal eine Sekunde darüber Gedanken gemacht, wie ein solches verbales Nachtreten auf Leistungsträger in dieser Stadt wirken muss?

[Lars Oberg (SPD): Wer hat eigentlich nachgetreten?]

Dies heißt doch: Ihr seid hier nicht nur nicht willkommen, wir sind sogar noch froh, wenn ihr geht! – Meine Damen und Herren! Das ist doch verkehrte Welt, die Sie hier aufführen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Herr Albers! Herr Oberg! Wenn Sie schon jemandem bei Kofferpacken helfen wollen, dann sollten Sie das vielleicht bei Ihrem Problemsenator Zöllner tun, denn der trägt für die Misere der Wissenschaftslandschaft in Berlin die Verantwortung.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Und, meine Damen und Herren, wenn Sie dieser Stadt einen Gefallen tun wollen, dann packen Sie Ihre eigenen Koffer am besten gleich mit. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege Oberg!

[Dr. Sebastian Kluckert (FDP): Der Oberg ist ja immer noch da!]

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Wenn wir heute über Wissenschaft und Hochschule sprechen, dann können wir zu den Protesten tatsächlich nicht schweigen. Mehrere Zehntausend Studierende fordern – mittlerweile das zweite Mal in diesem Jahr – laut und vernehmlich bessere Studienbedingungen und ein Abstellen der Mängel des Bologna-Prozesses, die für uns alle offensichtlich sind.

An politischer Unterstützung mangelt es den Studierenden dabei nicht. Bundes- und Landespolitiker und auch die Hochschulpräsidenten haben Verständnis geäußert. Von diesem Verständnis können sich die Studierenden jedoch nichts kaufen, denn die Unterstützung geht einher mit einem ziemlich unwürdigen Verantwortungspingpong. Alle sagen, es müsse sich etwas ändern, weisen dann aber die Aufgabe einem anderen zu. Der Bund zeigt auf die Länder, etliche Landesministerien zeigen auf die Hochschulen, und die Hochschulen ihrerseits zeigen dann wie

der zurück auf die Länder. Damit muss Schluss sein. Deshalb will ich heute keine Solidaritätsadresse an die Studenten richten, sondern mich zu meiner Verantwortung bekennen. Ja, wir, das Abgeordnetenhaus von Berlin, haben Verantwortung, unseren Teil dazu zu leisten, dass die Studienbedingungen in Berlin besser und die negativen Effekte des Bologna-Prozesses abgestellt werden.

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Dies kann etwa durch Anpassungen des Berliner Hochschulgesetzes und durch andere Maßnahmen passieren.

Selbstverständlich können wir das nicht allein leisten, und auch die übrigen Akteure in dieser Stadt müssen sich zu ihrer Verantwortung bekennen. Deshalb fordere ich den Wissenschaftssenator auf: Herr Zöllner! Richten Sie einen „Runden Tisch Studierbarkeit“ ein, zusammen mit den Hochschulen, den Studierenden und der Politik hier in Berlin, damit die Probleme auf den Tische kommen und gelöst werden. Das Verantwortungspingpong kann man nur so endgültig durchbrechen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Dass wir Verantwortung für die Wissenschaft und die Hochschulen in Berlin übernehmen, zeigen auch die Hochschulverträge. Wir haben hier oft darüber gesprochen, und ich denke, mittlerweile ist auch dem Letzten in diesem Hause klar: Die Hochschulen werden in den nächsten vier Jahren mehr Geld bekommen und nicht weniger. Die Hochschulen erhalten eine verlässliche Finanzierungsperspektive. Das haben wir in langen Debatten geklärt. Ich habe die Hochschulen so verstanden, dass die Bedenken, die Sie, Herr Zimmer, hier noch einmal erneuert haben, mittlerweile ausgeräumt sind.

Wir schaffen zusätzliche Studienplätze in Berlin und geben so mehr Berliner Abiturienten die Chance, hier zu studieren. Das ist wichtig, weil wir gerne möchten, dass die Talente in der Stadt eine Chance haben. Die Hochschulverträge geben auch eine Antwort auf die doppelten Abiturjahrgänge im Jahr 2012. Wir hoffen nicht darauf, dass die Abiturienten an anderen Stellen unterkommen, vielmehr nehmen wir unsere Verantwortung ernst und schaffen zusätzliche Studienplätze.

Wichtig ist mir auch, dass die Hochschulverträge die Leistungsverantwortung der Hochschulen steigern. Künftig wird sich Leistung unmittelbar bei den Hochschulen auszahlen. Sie haben es selbst in der Hand, ob sie durch mehr Leistung auch mehr Geld bekommen – es kann von FDP, CDU und auch den Grünen nicht ernsthaft kritisiert werden, dass in den Hochschulverträgen derartige Leistungsanreize und Eigenverantwortlichkeit verankert wurden.

[Mirco Dragowski (FDP): Gut gemeint ist aber nicht gut gemacht!]

Wir stärken die Hochschulen, ohne sozial unverantwortliche Studiengebühren zu erheben, die CDU und FDP in vielen anderen Ländern eingeführt haben. Wir schaffen

Nicolas Zimmer

es, die Hochschulen zu stärken, ohne uns an den sozial Schwachen zu versündigen, und das ist eine besondere Leistung, die Sie in den meisten Bundesländern, in denen Sie regieren, bislang nicht erbracht haben.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von Mirco Dragowski (FDP) und Henner Schmidt (FDP)]

Sie, Herr Zimmer, sollten uns mal sagen, was Sie eigentlich wollen, anstatt etwas von Wortbruch zu fabulieren. Es war ein CDU-geführter Senat, der die harten Sparrunden gegen die Hochschulen durchgepeitscht hat.

[Genau! von der Linksfraktion]

Ihr Herz für die Hochschulen haben Sie – das sagt der „Tagesspiegel“ heute ganz richtig – erst entdeckt, seit Sie in der Opposition sind. Man möge Sie an Ihren Taten messen – das sind Taten der Vergangenheit, zugegebenermaßen –, und diese Taten sprechen eine beredte Sprache darüber, was Sie unter Hochschulpolitik verstehen. Wenn Sie Ihre Verantwortung ernst nehmen, dann machen Sie bitte Gegenvorschläge. Wir haben Hochschulverträgen im Wissenschaftsausschuss zugestimmt, die eine sehr gute Grundlage darstellen und die ein Bestandteil dessen sind, was Verantwortung übernehmen bedeutet.

Ich komme nun zur Einstein-Stiftung. Herr Zimmer! Ich habe Ihnen vor zwei Wochen bereits zugerufen, dass es niedlich ist, dass Sie der Einstein-Stiftung nun Krokodilstränen nachweinen. Sie, der Sie die Einstein-Stiftung nicht nur von der Konstruktion, sondern auch vom Ziel her stets bekämpft haben, beklagen nun, dass ihr das Geld weggenommen werde. Im Wissenschaftsausschuss haben Sie selbst Anträge eingebracht, der Einstein-Stiftung das gesamte Geld wegzunehmen.

[Zuruf von Nicolas Zimmer (CDU)]

Es ist vollständig verlogen, sich nun hier hinzustellen und zu sagen, es sei unmöglich, dass die verausgabten Mittel der Einstein-Stiftung für die Kitas gebraucht werden. Sie reden mit zwei Zungen und messen mit zweierlei Maß – ich hätte ein wenig mehr Redlichkeit erwartet!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Mirco Dragowski (FDP): Auch mehr Redlichkeit von Ihnen, Herr Oberg!]

Diese Koalition steht zur Einstein-Stiftung und zu den Zielen, exzellente Forschung in Berlin zu stärken. Wir wissen, dass das wissenschaftliche Potenzial von heute das wirtschaftliche Wachstum von morgen ist. Darum haben wir die Einstein-Stiftung für die nächsten Jahren verlässlich ausgestattet. Dass die Einstein-Stiftung nicht so schnell handlungsfähig wurde, wie wir uns das gewünscht haben, ist kein Erfolg, da gibt es auch nichts zu beschönigen. Dass das Geld nicht so ausgegeben wurde, wie wir es uns gewünscht haben, ist ebenfalls kein Erfolg und nichts, worüber ich mich als Wissenschaftspolitiker freue. Nun bin ich als Parlamentarier nicht nur für die Wissenschaft in dieser Stadt verantwortlich, sondern ich trage selbstverständlich auch eine Gesamtverantwortung.

Wenn wir in Haushaltsberatungen feststellen, dass wir für eine wichtige Aufgabe zusätzliches Geld benötigen, und wenn wir es ernst meinen, nicht mehr Schulden zu machen als irgend notwendig, dann wäre es absolut unverantwortlich, diese Restmittel der Einstein-Stiftung, die in den letzten beiden Jahren aufgelaufen sind, nicht in den Kitakompromiss zu stecken. Es wäre unverantwortlich, neue Schulden aufzunehmen, obwohl wir nicht verausgabtes Geld haben. Dazu hätte ich gerne von Ihnen, Herr Zimmer, gehört, ob Sie lieber mehr Schulden machen würden, oder ob nicht auch Sie jene Mittel, die vorhanden sind, einsetzen würden.

Wichtig ist, und das bleibt festzuhalten, dass die EinsteinStiftung in den nächsten Jahren auskömmlich ausgestattet ist. Wir werden exzellente Forschung in Berlin zusätzlich finanzieren, und aus der Einstein-Stiftung fließen Gelder in die Hochschulen, die damit Anträge im Rahmen der zweiten Runde der Exzellenzinitiative stellen können. Wir schaffen also auch die Voraussetzungen dafür, dass wir in Berlin zukünftig mindestens eine, hoffentlich aber auch noch mehr Elite-Universitäten haben werden.

Und nun zur Debatte um Herrn Lenzen. In den letzten Tagen, als klar wurde, dass wir heute eine entsprechende Aktuelle Stunde haben, habe ich darüber nachgedacht, ob ich zu dem Thema überhaupt etwas sagen soll. Ein bisschen muss man schon den Eindruck haben, dass wir uns hier in den Dienst einer Eitelkeit stellen. Nach den unsäglichen Einlassungen der letzten Tage und auch nach dem, was Sie heute gesagt haben, Herr Zimmer, will ich doch einiges klarstellen. Erstens: An der FU wurde in den letzten Jahren viel bewegt, und was dort bewegt wurde, wurde nicht zuletzt auch vom Präsidium und vom Präsidenten der FU bewegt. Herr Lenzen hat für seine Hochschule gekämpft, und er ist dabei keinem Konflikt aus dem Weg gegangen. Dass sich jemand, der für etwas kämpft, auch auf Konflikte einlässt, ist etwas, was ich persönlich sehr gut nachvollziehen kann. Ich kann es allerdings nicht nachvollziehen, wenn ein Konflikt zum Selbstzweck wird. Wir mussten immer wieder den Eindruck gewinnen, dass dieser Hochschulpräsident nicht nur für seine Hochschule, sondern auch gegen diesen Senat kämpft, und das ist nichts, was wir unterstützen können. Das ist im Übrigen auch nichts, was dem Hochschulstandort in Berlin dient.

Zweitens: Die Äußerungen, die Herr Lenzen diese Woche via „Morgenpost“ kundgetan hat, sind absurd, intellektuell Herrn Lenzen auch nicht angemessen und ein Beleg dafür, dass zwischen Macher und Macker manchmal nur ein ganz schmaler Grad liegt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Nun wird viel darüber gesprochen, wie Hamburg im Vergleich zu Berlin im Wissenschaftsbereich aufgestellt ist. Diesen Vergleich brauchen wir nicht zu scheuen: Wir geben in Berlin mehr Geld pro Einwohner für die Hochschulen aus, wir geben mehr Geld pro Studierenden und wir geben mehr Geld pro Professor aus.

[Mirco Dragowski (FDP): Und haben mehr Schulden!]

Wenn wir uns die Finanzentwicklung der Hochschulen von 2009 auf 2010 anschauen, so stellen wir fest: In Berlin gibt es mehr, in Hamburg gibt es weniger. Es kann also nicht am Geld gelegen haben, dass Herr Lenzen die Stadt verlässt

[Mirco Dragowski (FDP): Umso schlimmer!]

und sich neuen Herausforderungen in Hamburg stellt.

Der Wissenschaftsstandort kommt nur im Dialog voran; ein Dialog, den wir gerne mit den Hochschulen führen.

[Mirco Dragowski (FDP): Und wann fangen Sie an?]

Für einen solchen Dialog stehen wir bereit, und wir haben ihn lange schon begonnen – wir hätten ihn auch gerne intensiver mit Herrn Lenzen geführt. Wo Dialog hingegen nicht gewünscht ist, haben wir wenig Chancen. Ich halte aber fest: Wir bleiben dialogorientiert, wir freuen uns darauf, gemeinsam mit den Hochschulen den Wissenschaftsstandort in Berlin fortzuentwickeln, und wir werden unsere Verantwortung, der wir uns sehr genau bewusst sind, weiter mit großer Ernsthaftigkeit und mit Leidenschaft – und das verbindet uns vielleicht mit Herrn Lenzen – wahrnehmen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Herr Kollege Zimmer erhält das Wort zu einer Kurzintervision.