Protocol of the Session on November 12, 2009

Wir werden mal sehen, was im Jahr 2012 passieren wird. Setzen Sie sich auf Bundesebene dafür ein, dass wir noch das andere Geld dazubekommen! Dann können wir die Kinder in Berlin in unseren Kindertagesstätten noch besser fördern.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Das Wort für die Fraktion der Grünen hat Frau Jantzen. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte dann auch mal mit einem Dankeschön beginnen, und zwar vor allen Dingen an den Landeselternausschuss als Initiator des Volksbegehrens, an die vielen Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Leiterinnen und Leiter, Großeltern und anderen Menschen, die die Unterschriften gesammelt haben, damit das Volksbegehren zu einem Erfolg wird. Ich möchte all denen danken, die in Fraktionen und Parteien dafür gestritten haben, dass es zu diesem Erfolg kommt. Und ich beziehe da jetzt vor allen Dingen die jugend- und familienpolitischen Sprecher der Regierungsfraktionen auch mit ein. Ich weiß, ihr habt hart gekämpft. Ich finde die Häme, die ihr jetzt mit „Opposition im Abseits“ habt, völlig überflüssig. Es zeigt sich, dass – wenn wir an einem Strang ziehen – man tatsächlich was erreichen kann, und das finde ich gut.

[Beifall bei den Grünen und der Linksfraktion]

Das finde ich gut für die Kinder in dieser Stadt, die in Zukunft schlicht und einfach einen besseren Betreuungsschlüssel haben, wo Erzieherinnen und Erzieher mehr mit Kindern sprechen können, was die Chancen auf bessere Sprachkenntnisse bei unseren Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache verbessert. Ich denke, da können wir uns einig sein, wir können stolz sein. Es ist in der Tat ein guter Tag, dass heute dieses Gesetz so vorliegt.

Ich möchte aber nicht verhehlen, dass die Koalition natürlich zig Chancen verpasst hat, ihren Stufenplan im Vorhinein zu verwirklichen. Das finde ich schade, denn wir hätten den Eltern, Erzieherinnen und Erziehern und allen, die da gearbeitet haben, viel Mühe und Kosten ersparen können, wenn Sie vorher mit dem ernst gemacht hätten, was in Ihrer Koalitionsvereinbarung steht, nämlich die Qualität der Kitas und die Rahmenbedingungen zu verbessern. Das finde ich nun wieder ziemlich schade.

[Beifall bei den Grünen]

Da kann ich mich nur dem Kommentator vom „Neuen Deutschland“, Herrn Kröger, anschließen, der geschrieben hat:

So positiv der jetzt gefundene Kompromiss zur Finanzierung der Kitas zu bewerten ist, stellt sich dennoch eine Frage: Warum erst jetzt? Das hätte man doch bereits früher haben können, schließlich läuft die Diskussion um die Qualität der frühkindlichen Bildung seit Jahren.

Frau Barth! Sie haben es ja noch mal bestätigt, wir diskutieren hier wirklich seit Jahren, und im letzten Jahr haben wir sehr oft diskutiert. Ich habe Ihnen bei meiner letzten Rede Ihre ganzen Parteitags- und Fraktionsvorstandsbeschlüsse zu besserer Personalausstattung in den Kitas vorgelesen. Das betrifft sowohl die SPD als auch die Linkspartei. Da hätten Sie früher klare Zeichen setzen können, und dann hätten wir uns viele Diskussionen erspart.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Emine Demirbüken-Wegner (CDU)]

Ich bedauere übrigens sehr, dass Herr Wowereit nicht bei uns sein kann – ich weiß, er ist entschuldigt –, denn ich habe mich doch letzten Dienstag gefreut, dass er dann jetzt endlich mal großartig verkündet, wie wichtig die frühkindliche Bildung ist, und das als Erfolg verkauft, dass jetzt dieses Kitagesetz so beschlossen wurde, wie es beschlossen ist. Ich hätte mir von Herrn Wowereit in der Tat früher solche deutlichen Worte gewünscht. Ich hoffe, dass er in der Zukunft noch oft solche Worte spricht und auch mit darauf aufpasst, dass all die Verbesserungen, die jetzt in diesem Kompromiss drin sind, den der LEAK mitträgt, dann tatsächlich umgesetzt werden. Es gibt für uns dabei neben Kleinigkeiten, die Frau Demirbüken schon aufgezählt hat, einen Haken, und zwar finde ich es sehr bedauerlich, dass der Rechtsanspruch für Kinder ab drei Jahren auf den Teilzeitplatz, also mehr Zeit für Bildung, nicht stufenweise mit der Beitragsfreiheit zusammen kommt. Denn entscheidend ist ja, dass die Kinder erst mal in die Kita kommen müssen, und zwar auch

Kinder von benachteiligten Familien, aus Familien, wo die Eltern arbeitslos sind, die erst mal nur einen Anspruch auf fünf Stunden haben, die aber eigentlich mehr Zeit für Bildung brauchen. Nur wenn diese Kinder erst mal in der Kita sind und nicht durch diese Antragsverfahren abgehalten werden oder nur die fünf Stunden kriegen, kommen sie überhaupt auch in den Genuss der Beitragsfreiheit. Das nenne ich dann soziale Gerechtigkeit, dass nämlich die Kinder auch alle davon profitieren und nicht nur die, die bereits in der Kita sind.

Wir freuen uns, dass es zum Schluss gelungen ist, die stufenweise Verbesserung der Rahmenbedingungen zu erreichen. Es ist schon gesagt worden: Es geht um bessere Personalausstattung – erst um ein halbes Kind, dann um ein ganzes Kind. Es geht um die Verbesserung der Leitungsfreistellung und die stufenweise Einführung des Rechtsanspruchs auf den Teilzeitplatz ab drei Jahren. Das ist gut und richtig so. Wir freuen uns über den Erfolg der Eltern. Wir freuen uns für die Kinder. Dass es so gekommen ist, werten wir aber auch als Sieg für die direkte Demokratie. Ich denke, ohne das Volksbegehren und ohne den Druck vom Kitabündnis wäre das so nicht gekommen.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Emine Demirbüken-Wegner (CDU) und Uwe Goetze (CDU)]

Die Chancen, für die Kinder eine bessere frühe Bildung und Förderung zu bekommen, werden damit verbessert, und das ist auch gut so! – Danke!

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank! – Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Kollege Czaja.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei all dem Optimismus, der jetzt bei den Vorrednern zum Ausdruck kam, will ich doch noch einmal deutlich machen, dass wir hier im Grunde genommen von einer Last-minute-Politik reden. Von einer Lastminute-Politik, in der dieser rot-rote Senat zum einen durch ein Volksbegehren getrieben war, zum anderen durch ein Verfassungsgerichtsurteil in die Knie gezwungen wurde.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Emine Demirbüken-Wegner (CDU)]

Wenn man sich die Berichterstattung bzw. schlicht nur die Pressemitteilungen des Senats von Berlin anschaut, dann genügt ein Blick in die Pressemitteilung vom 27. Oktober und ein weiterer Blick in die Pressemitteilung vom 10. November 2009. Am 27. Oktober kommt der Senat zu der Auffassung, dass die Umsetzung eines solchen Programms bis 2013 schlichtweg 223 Millionen Euro kosten würde. Am 10. November kommt dann

der – immer noch getriebene – Senat zu der Erkenntnis, dass diese ganze Veranstaltung jetzt nur noch 84 Millionen Euro kostet. Wenn wir hier über Nachhaltigkeit sprechen würden – was wir nicht tun –, dann wäre dies angemessen, denn dann hätten Sie ein Interesse daran, in den Berliner Kitas tatsächlich nachhaltig für Qualitätsverbesserungen und Standards zu sorgen, die eine Nachhaltigkeit haben. Dann würde man nicht nur mit einem Horizont von zwei Jahren arbeiten, der 2011 aufhört, und die wesentlichen Entscheidungen, die im Rahmen eines Stufenprogramms anstehen, dann auch im Jahr 2012 und 2013 finanzieren.

[Beifall bei der FDP]

Da ist es für mich schon eher verwunderlich, dass sich nur Herr Senator Zöllner auf der Regierungsbank die Ehre gibt, dieser Debatte beizuwohnen. Ich hätte mir gewünscht, dass auf dieser Seite der Regierungsbank auch der Finanzsenator sitzt, denn er ist derjenige, der hier die wesentlichen Entscheidungen im Bildungsbereich getroffen hat.

[Björn Jotzo (FDP): Da kommt er!]

Und wenn Sie dann unserem Ruf folgen, Herr Finanzsenator, dann kann ich Sie auch gleich mit der gestrigen Ausschusssitzung konfrontieren. Auf die klare Frage des Kollegen Meyer im gestrigen Hauptausschuss, wie Sie zukünftig Nachhaltigkeit erzeugen wollen, wie Sie die Fragen strukturell angehen wollen, fanden Sie keine Antworten. Auch hier wird deutlich, dass Sie ein Glaubwürdigkeitsproblem haben und sich nicht durch die Eltern getrieben fühlen, sondern lediglich durch ein Verfassungsgerichtsurteil in die Knie gezwungen fühlen.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Sie haben auch bis heute nicht erklärt, wieso Sie mit einem Ansatz von über 200 Millionen Euro in die Argumentation eingestiegen und letztlich bei 84 Millionen Euro gelandet sind. Die Differenz von 139 Millionen Euro bleibt unerklärt. Hier ist deutlich zu erkennen, dass Sie in dem Haushalt, den Sie als Steinbruch missbrauchen, nicht mehr gefunden haben. Die wesentlichen Entscheidungen, die dafür sorgen, dass wir eine Nachhaltigkeit für die Kitas in dieser Stadt erzeugen, übergeben Sie einer zukünftigen Regierungskoalition, die dann nicht mehr Rot-Rot heißt, und zeigen damit, dass Sie tatsächlich nicht Verantwortung übernehmen, sondern die Verantwortung im Jahr 2011 den neu gewählten Senat übergeben wollen.

[Zuruf von der Linksfraktion]

Da ist es auch kein großes Wunder, wenn sich der Wirtschaftssenator Wolf damit einverstanden erklärt, beim ICC einzusparen. Ich glaube, es ist klar, wieso er bereit ist, beim ICC Einsparungen vorzunehmen: weil es schlichtweg klar ist, dass der Abrissplan seiner Verwaltung schon lange umgesetzt sein sollte, und dementsprechend ist auch deutlich, wieso hier die Einsparungen getroffen wurden. Es ist auch deutlich, wieso der Sportsenator Körting ganz klar – und das bringt die „Berliner Zeitung“ vom 12. November deutlich auf den Punkt – die

Elfi Jantzen

Einsparungen bei den Reiterfeldtribünen hinnimmt, um damit die Kitas gegenzufinanzieren. Das sind alles ideologische Projekte, wo deutlich ist, dass in den Verantwortungsbereichen der Senatoren niemand Federn lassen musste, weil von vornherein klar ist, dass sie nie ein Interesse hatten, diese zu finanzieren, womit sie einen Einsparbeitrag geleistet haben, der ihnen allerdings nicht schwergefallen sein dürfte.

Lassen Sie mich zum Schluss sagen, dass es wichtig ist, dass Sie, insbesondere die Koalition, zu der Erkenntnis kommen, dass Sie sich zukünftig nicht von Gerichtsurteilen treiben, sondern von den Berlinerinnen und Berlinern in Bewegung bringen lassen, das zukünftig bei anderen Dingen auch tun und Ihre Last-minute-Politik nicht weiter fortsetzen.

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Zur Gesetzesvorlage Drucksache 16/2756 hatten Sie eingangs der Vorabüberweisung an den Jugendausschuss und den Hauptausschuss zugestimmt.

Die Vorlage – zur Kenntnisnahme – Drucksache 16/2722 wurde bereits zur Besprechung an den Innenausschuss, Rechtsausschuss, Bildungsausschuss sowie an den Hauptausschuss überwiesen.

Ich rufe jetzt auf

lfd. Nr. 6 b:

Antrag

Berliner Berufsbildungssystem zukunftsorientiert weiterentwickeln!

Antrag der CDU Drs 16/2635

Das ist die Priorität der Fraktion der CDU unter der lfd. Nr. 26. Für eine Beratung steht den Fraktion jeweils wieder fünf Minuten zur Verfügung. Das Wort für die CDUFraktion hat der Kollege Luchterhand.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mehr als 60 Prozent, also eine deutliche Mehrheit aller Schulabgängerinnen und Schulabgänger strebt zu Beginn ihres Berufslebens in eine Ausbildung. Die Systematik der Berufsausbildung ist – will sie erfolgreich sein – eine permanente Anpassung an das sich ständig verändernde Realitätsverhalten im Berufsleben. Das, was mehr als 60 Prozent der jungen Generation auf dem Weg zum Berufsleben mehrere Jahre in einer Berufsbildung erleben, wird aber offensichtlich als Selbstläufer höchstens fortgeschrieben.

Wir haben in unserem Antrag zehn Schwerpunkte benannt, für die wir in einem Konzept des Senats über die Zukunft der Berufsbildung Lösungen wiederfinden wollen. Einige Punkte beziehen sich auf den Bereich der

Leistung der allgemeinbildenden Schule hin zur späteren Berufsbildung, also hin zum prozess- und transferorientierten Lernen, mit klar vorgegebenen Schulzeitanteilen in Richtung berufsorientierter Praxisphasen, wobei der Lernort nicht die Schule ist. Ziel ist die Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit, die bei Teilen des Bewerbervolumens weiterhin auch aktuell von Experten infrage gestellt wird.

Dringender Handlungsbedarf stellt sich aber in der Berufsbildung selbst, wenn sie mit der dynamischen Entwicklung von Ausbildungsberufen Schritt halten will. Diese rasante Entwicklung ergibt sich aus den immer schneller werdenden Änderungsetappen in der Arbeitswelt und vor allen Dingen in der Technik. Eine wesentliche Bedeutung in der dualen Ausbildung fällt den Oberstufenzentren und damit der Berufsschule zu. In einer zukünftig vom europäischen Qualifizierungsrahmen geprägten Berufsbildung sind die Herausforderungen für die Berufsschule enorm. Einzelzertifikate von Ausbildungsmodulen oder Bausteinen erfordern die zeitgleiche Vermittlung von praktischen und theoretischen Lerninhalten, diese im Konsens der internationalen Vergleichbarkeit von Zertifikaten und deren Anerkennung in der EU.

Um diese Aufgabe meistern zu können, müssen in die Arbeit der Berufsschule deutlich mehr aktuelle Fachleute einbezogen werden. Ausbildung muss einen vorauseilenden Charakter bezogen auf das spätere Berufsleben besitzen. Die fachliche Komponente in der Vermittlung theoretischer Kenntnisse muss dem letzten Stand der Technik entsprechen.

Das ist nur mit der Hilfe von Fachleuten aus dem aktuellen Berufsleben möglich. Die Maßnahmen zur Berufsvorbereitung, die mit den Oberstufenzentren umgesetzt werden, müssen reduziert und nach Effektivität und dem Nutzen für die Beteiligten ausgerichtet sein. Wir fordern eine klare Konzentration auf MDQM. MDQM ist ein gesicherter Weg, mit Anrechnungspunkten in eine spätere Erstausbildung starten zu können. Das Ganze steht natürlich im Zusammenhang mit dem Ziel, jedem Jugendlichen unter 25 Jahren einen Berufsabschluss zu ermöglichen.

[Beifall bei der CDU]

Bei der weiterhin gleichbleibend großen Zahl arbeitsloser Jugendlicher unter 25 Jahren – derzeit über 24 000 – ist erschreckend, dass zwei Drittel keinen Berufsabschluss haben.