Künftig werden wir noch mehr als heute auf die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der älteren Menschen angewiesen sein. Es wäre töricht, das zu ignorieren und ältere Menschen weiter von vielen Bereichen auszugrenzen.
Darum fordern wir den Senat auf, alle Altersbeschränkungen in Gesetzen und Verordnungen zu erfassen und zu prüfen, ob sie noch zeitgemäß sind oder etwa Senioren diskriminieren und sie von bestimmten Bereichen gesellschaftlicher Teilhabe ausgrenzen. Die Kollegin Villbrandt hatte ja bereits im Rahmen einer Kleinen Anfrage nach solchen Altersbeschränkungen gefragt. Die Antwort des Senats war umfangreich, begrenzte sich jedoch vorrangig auf beamtenrechtliche Altersbeschränkungen. Die Frage nach Altersbeschränkungen im Ehrenamt wurde nicht beantwortet. Gerade in den letzten Wochen, als wir die einzelnen Haushaltspläne durchgearbeitet haben, stießen wir jedoch immer wieder auf Haushaltstitel mit der schönen Bezeichnung „Aufwendungen für ehrenamtlich Tätige“. Es gibt also noch eine Reihe von Bereichen, in denen geprüft werden muss, ob Altersbeschränkungen aufgehoben oder verändert werden müssen.
Lassen Sie uns gemeinsam den Senioren in dieser Stadt signalisieren, dass ihr Engagement ohne unnötige Einschränkung gewürdigt und gewollt ist, dass wir bereit sind, auf ihre Fertigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen zurückzugreifen, und dass es uns ernst ist mit der Schaffung größtmöglicher gesellschaftlicher Teilhabe für ältere Menschen!
Ich würde mich freuen, wenn wir in den nächsten Wochen sachlich und verantwortungsvoll mit diesem Antrag umgehen könnten. Die Einschläge des demografischen Wandels kommen mit jedem Jahr näher. Lassen Sie uns gemeinsam dafür Sorge tragen, dass wir aus den vermeintlichen Nachteilen des Älterwerdens der Gesellschaft die Vorteile herausziehen können! – Herzlichen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Lehmann! – Für die SPDFraktion hat nunmehr die Kollegin Radziwill das Wort. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Herr Lehmann! Selbstverständlich gehen wir mit wichtigen Themen verantwortungsvoll um. Dieser rot-rote Senat hat die Problematik der Altersdiskriminierung längst erkannt und ist in vielfältiger Weise aktiv. Die Einrichtung der Landesstelle für Gleichbehandlung, gegen Diskriminierung ist grundsätzlich positiv und wichtig. Eine ihrer zentralen Aufgaben ist es, gegen Altersdiskriminierung vorzugehen und entsprechende Gesetzesinitiativen vorzubereiten. Arbeitsgrundlage ist das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz. Mit dem AGG verfügen wir über ein geeignetes Instrument, um die Gleichbehandlung unabhängig vom Lebensalter durchzusetzen. Mit unserer Seniorenpolitik unterstützen wir gleichberechtigte Teilhabe älterer Menschen in dieser Gesellschaft. Als erstes Bundesland haben wir das Seniorenmitwirkungsgesetz verabschiedet.
Diesen wichtigen Aspekt, Herr Lehmann, vermisse ich in diesem Antrag der FDP. Wir wollen Seniorenbelange mit den gewählten Vertretern und Vertreterinnen beraten. Daher werden wir diese wichtige Fragestellung in jedem Fall mit der Landesseniorenvertretung und dem Landesseniorenbeirat besprechen und ihnen zuhören, was die Betroffenen zu diesem wichtigen Thema sagen.
Er hat mit diesem Antrag schon einen wichtigen Punkt angesprochen. Ich kann dem ersten Punkt des Antrags viel abgewinnen, nämlich alle Altershöchstgrenzen in Gesetzen und Verordnungen des Landes Berlin mal zu überprüfen. Ich gehe auch davon aus, dass der Senat dies im Rahmen seiner Antidiskriminierungsarbeit bereits begonnen hat.
Ich beziehe mich in dieser Hinsicht auf eine Veranstaltung in Oktober 2008. Dort wurde der erste Berliner Fachtag zum Thema Altersdiskriminierung von der Landesstelle für Gleichbehandlung gegen Diskriminierung organisiert. Die Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales hat in ihrer Rede gesagt:
Sie finden, um einen anderen neuralgischen Bereich zu nennen, im rechtlichen Raum spielend Dutzende gesetzlich normierte Altersgrenzen.
Da liegt ein erheblicher Korrekturbedarf vor uns, wie kürzlich auch eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts zu den Lebensalterstufen des BAT gezeigt hat.
Im Arbeitsrecht, im Familienrecht, im Sozialrecht, in der Forschungsförderung, überall sind Hinweise auf Altersgrenzen zu finden. Nicht immer sind diese Begrenzungen nach unseren heutigen Erkenntnissen sachlich gerechtfertigt und entsprechen in der Tat nicht mehr den veränderten Lebenswirklichkeiten von Seniorinnen und Senioren. Also stelle ich fest: Diese Überlegungen sind längst vom Senat aufgenommen, und es wird daran gearbeitet.
Die Seniorenpolitik des Landes Berlin ist darauf ausgerichtet, Möglichkeiten zu schaffen, die es älteren
Menschen erlauben, sich stärker einzubringen. Sie wollen ihre Kompetenzen und Erfahrungen für die Gesellschaft einsetzen. Auf diese Ressourcen können und wollen wir nicht verzichten. Für mich steht fest: Die Älteren sind ein aktiver Teil unserer Gesellschaft. Wir brauchen ihre Lebenserfahrung, ihre Kompetenz und ihre Leistung.
Und dies brauchen wir nicht nur im Bereich Ehrenamt oder bürgerschaftliches Engagement, sondern gerade mit der Veränderung der Altersstruktur unserer Gesellschaft stärker auch im Berufsleben.
Wir müssen aber auch berücksichtigen: Altersgrenzen erfüllen teilweise eine Schutzfunktion oder sind auf andere Weise sinnvoll. Ich denke hier an die Altersbegrenzung bei der Polizei oder auch bei Piloten. Altersbegrenzung kann also auch eine Schutzfunktion erfüllen. Auch müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass Alter sehr differenziert zu sehen ist. Allgemein halte ich aber eine Überprüfung für sinnvoll.
Anhand des FDP-Antrags können wir das im Ausschuss gern erörtern, denn mir ist wichtig, das Thema nicht über das Knie zu brechen. Dieses Thema sollten wir in einem größeren Zusammenhang der Gleichbehandlung aller Altersgruppen und im Hinblick auf die Anforderungen der unterschiedlichen Berufe diskutieren. – ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ohne Altersbegrenzung können Sie Bundeskanzlerin oder Minister und Ministerin werden oder sein.
Kurz darunter fängt es an, zum Teil komplizierter zu werden. Wenn es häufig im Alter um Barrierefreiheit geht, dann auch bei der Neufassung von Regelungen, die letztendlich zur Beseitigung von Altersdiskriminierung führen müssen. Das gilt nicht nur für die Arbeitswelt und die damit verbundenen Verweilzeiten in Berufsbildern, sondern auch für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens.
Jeder Mensch altert anders und lebt in unterschiedlichen Lebenszusammenhängen. Es haben sich erhebliche Veränderungen des Alterns gegenüber der Vergangenheit ergeben. Wir sind im Durchschnitt länger gesund und leistungsfähig. Die Lebenserwartung nimmt permanent zu. Die aktive Altersbandbreite steigt stetig an. Die Po
tenziale des älteren Menschen, wie Kompetenzen, Erfahrungen und Zuwendungsbereitschaft, sind eine Bereicherung. Die Gesellschaft des langen Lebens ist ein Gewinn und kein Konkurrenzkampf der Generationen. Altersbegrenzungen wie beispielweise in medizinischen Teilbereichen bei der öffentlichen Gutachtertätigkeit, der ehrenamtlichen Schöffenfunktion oder in Lehrtätigkeiten gehören auf den Prüfstand.
Es geht um die vielen älteren Menschen, die heute selbst im Ehrenamt durch altersdiskriminierende Vorschriften eine Entfaltung nicht wahrnehmen können. Es geht darum, Menschen der älteren Generation mehr Handlungsspielräume zu eröffnen, um Eigeninitiative und vor allen Dingen bürgerschaftliches Engagement zu fördern. Jeglicher Ausgrenzung aufgrund des Alters muss deshalb begegnet werden,
zumal gerade da, wo Jung und Alt sich begegnen und gemeinsam gestalten, Verständnis und Solidarität der Generationen befördert würden und echte soziale Energie entsteht.
Wir haben zwar in Deutschland seit drei Jahren das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, in dem unter anderem auch die Diskriminierung von Menschen aufgrund des Alters reguliert ist. Eine Ausdehnung auf Europa steht noch aus, obwohl in der Charta der Europäischen Union altersbedingte Diskriminierung verboten ist. Regelungen müssen sich nicht nur auf den Arbeitsmarkt beziehen, sondern auch gesellschaftlich relevante Aufgaben beinhalten. Entscheidend ist, dass bei diversen Aufgaben ausschließlich die persönliche Einschätzung des Einzelnen über seine Leistungsfähigkeit eine Rolle spielt, und nicht eine rigide Höchstalterstufe.
In der nächsten Sitzung des zuständigen Ausschusses werden wir den Antrag der FDP zur Altersbeschränkung behandeln. Mir fällt kein Argument ein, wie diesem Antrag nicht allgemeine Zustimmung zuteil werden sollte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lehmann hat für die FDP-Fraktion hier sicher ein wichtiges Thema aufgegriffen. Nicht ohne Grund hatten wir bereits geplant, es in der nächsten Ausschusssitzung zu besprechen, und waren eigentlich nicht darauf eingerichtet, es vorher schon im Plenum zu beraten. Ich denke auch, dass es im Ausschuss richtig aufgehoben ist, weil es vom Grundsatz her sicher keinen Streit gibt. Allerdings wird man sich darüber verständigen müssen, was hier genau geprüft
Prinzipiell sind sehr viel richtige Gedanken in Ihrem Antrag. Allerdings gehe ich an der Stelle, wo Sie sagen, dass Altersdiskriminierung im Ehrenamt weit verbreitet sei, nicht mit Ihnen konform. Ich glaube, gerade auf diesem Gebiet sind die Menschen im höheren Lebensalter diejenigen, die vor allem das Ehrenamt ausüben, auch wenn es auch eine Menge junge Menschen in diesen Ämtern gibt. Aber aus Zeitgründen verlagert es sich sehr zu den Menschen, die aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden sind.
Sie bringen in Ihrem Antrag das Beispiel der Jugendschöffen. Darüber lässt sich sicher diskutieren. Es ist die Frage, ob ein Mensch mit großer Lebenserfahrung über einen jungen Menschen besser richten kann als vielleicht jemand, der altersmäßig etwas näher an dem Delinquenten ist. Aber dies ist eine Frage, über die man sich noch unterhalten muss.
Ich denke, dass wir im Ausschuss dazu eine sachgerechte Diskussion haben werden, dass wir uns aber vor allem darüber verständigen müssen, wann jemand diskriminiert wird. Wenn die Altersgrenze dazu beiträgt, Menschen zu schützen – das wurde in einer Rede bereits erwähnt –, dann bin ich durchaus dafür, eine gewisse Grenze zu setzen. Wenn es aber nur dazu beitragen soll, von einem bestimmten Alter an die Erfahrungen auszublenden, dann ist eine Altersgrenze ganz bestimmt falsch.
Ich habe gegoogelt und festgestellt, dass die meisten Menschen, die sich vor Gericht über Altersdiskriminierung beklagt haben, gescheitert sind. Das lag meistens daran, dass man die Arbeit, die derjenige machen will, definieren muss.
Natürlich ist der Antrag folgerichtig, wenn man bedenkt, dass die Rente erst ab dem 67. Lebensjahr zu zahlen sein wird. Die Frage dabei ist aber, was die Menschen bis dahin machen sollen. Dazu gehört auch Arbeit. Allerdings wissen wir – das ist auch Lebenswirklichkeit, die Sie in Ihrem Antrag fordern –, dass viele Menschen froh wären, wenn sie mit 60 oder 55 noch Arbeit bekämen. Wenn sie erst mit 67 und vielen Abschlägen ihre Rente beziehen können, ist diese Altersgrenze völlig irrelevant. Unsere Lebenswirklichkeit muss hierbei eine wichtige Rolle spielen.