Der schlimmste Fall der Erosion des Rechtsstaats in dieser Stadt ist Bethanien. Es handelt sich um ein Gebäude, das dem Land Berlin – also dem Steuerzahler, den Bürgerinnen und Bürgern – gehört, um eine 1 600 Quadratmeter umfassende Fläche, die seit dem 1. Juni 2005 und damit seit über vier Jahren besetzt ist. Der Kollege Meyer hat nachgefragt und zur Antwort bekommen, dass 380 000 Euro Miete entgangen seien, und zwar NettoKaltmiete. Hinzu kommt – und das ist das Irrsinnige –, dass seit vier Jahren Strom, Wasser und Heizung komplett auf Steuerzahlerkosten für die Besetzer entrichtet werden.
Die Staatsanwaltschaft Berlin ist aufgefordert, gegen Ihren Bezirksbürgermeister ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.
Der soll das aus eigener Tasche bezahlen. Das ist nicht sein Geld, das verloren geht, Frau Kosche, sondern das der Steuerzahler. Der Senat soll Amtshaftungsansprüche geltend machen. –
Neben dem finanziellen Schaden ist vor allem die Zersetzung des Rechtsbewusstseins der zentrale Punkt an der Sache. Was soll der anständige Bürger denken, der seine Miete zahlt, die Versorgergebühren entrichtet und die BSR bezahlt? Das ist doch ein Schlag ins Gesicht solcher Leute.
Der Senat ist auf dem linken Auge blind. Das ist auch kein Wunder. Wer Linksradikale in den Senat holt, braucht sich nicht zu wundern, dass es an entschlossenem Vorgehen gegen linksradikale Gewalt und der erforderlichen Konsequenz mangelt.
Ich erlaube mir einen kleinen Ausblick auf das gesamte Land. Tempelhof ist ein wirklich schönes Beispiel. Linke und Jusos unterstützen Tempelhofproteste. Die Parteien regieren, aber auf der Straße fordert man zum Protest auf. Die Grünen tun das auch. Frau Eichstädt-Bohlig erklärt, eine friedliche Zaunübersteigung werde unterstützt. Erklären Sie mir, Frau Kollegin, wie eine friedliche Zaunü
bersteigung gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers, des Grundstückseigentümers aussehen soll! Lassen Sie sich von Ihrem juristischen Kollegen Ratzmann erklären, dass das schlicht nicht möglich ist. Das ist ein Widerspruch in sich, ein Paradoxon. Frau Eichstädt-Bohlig, Sie setzen sich wie Linke und Jusos für eine solche Aktion ein. Da kann sich jeder vorstellen, wie der Senat dieses Grundstück gegen die eigenen Parteimitglieder für zwei Millionen Euro verteidigt, und das wieder auf Kosten der Steuerzahler.
Damit diesem Land das erspart bleibt, brauche ich nicht weiter zu betonen, dass am 27. September 2009 die dringende Gelegenheit besteht, dafür zu sorgen, dass wir so eine groteske, auf einem Auge blinde Politik in Deutschland nicht länger haben werden. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Für den Senat hat jetzt der Senator für Inneres und Sport das Wort. – Bitte sehr, Herr Dr. Körting!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich beginne mit einer Feststellung, die sich auf den Kollegen Juhnke bezieht: Alle Gewalttaten, die Sie angesprochen haben, habe ich in meiner Liste auch. Es ist absolut korrekt, was Sie an Gewalttaten in den letzten Monaten aufgeführt haben. Noch korrekter wäre es gewesen – weil wir darüber reden, dass wir nicht auf einem Auge blind sein wollen –, wenn Sie erwähnt hätten, dass der Bundesinnenminister gerade eine polizeiliche Kriminalstatistik für die Bundesrepublik Deutschland vorgestellt hat, in der die erschreckende Zunahme rechter Gewalttaten in Deutschland verdeutlicht wurde.
Herr Gram! Ich habe gerade von Ihnen eine Aktuelle Stunde bekommen, in der es nicht etwa um linksextremistische autonome Gewalt geht, sondern angeblich um roten Terror, in der Sie, wie ich meine, in bewusst verletzender und auch die Wahrheit verletzender Art und Weise all das, was rot ist, mit linksextremistischen Gewalttaten in Übereinstimmung bringen. Das ist eine Fälschung.
Aber Sie haben recht: Ich spreche von rechtsextremistischen Gewalttaten und nicht von rechten Gewalttaten. Übrigens spreche ich dann auch von Gewalttaten, wenn ich vom Rechtsextremismus spreche, die eher am braunen Sektor anzusiedeln sind. Ich werde nicht so plump sein, sie im schwarzen Sektor anzusiedeln, wie Sie es tun.
Es besteht überhaupt kein Zweifel, dass wir in den letzten Monaten eine zunehmende Gewaltbereitschaft im linksextremistisch-autonomen Bereich haben. Wir haben sie aber nicht nur dort und nicht nur im rechtsextremistischen Bereich,
sondern wir haben – Herr Wansner! Sie können sich gern nachher noch einmal zu Wort melden, aber nach Möglichkeit so, dass ich es verstehe! Schwierig bei Ihnen! – eine Zunahme von Gewalttaten von Jugendlichen und ähnlichen.
Auch das werden Sie in allen Bundesländern, auch in Berlin feststellen. Das ist völlig unabhängig von der jeweiligen Couleur der Regierungsparteien, um das auch einmal ganz klar und deutlich zu sagen. Sie versuchen, die Zunahme von Kriminalität als ein Problem der jeweiligen regierenden Parteien darzustellen. Das heißt, Sie versuchen, eine Gleichung herzustellen: Wenn es bei uns mehr Kriminalität gibt, dann sind nicht die Kriminellen schuld, sondern der Senat. Das allerdings ist eine Darstellung, die man Ihnen nicht durchlassen kann.
Ansonsten haben wir in der Tat – da kann ich mit vielem übereinstimmen, was von der Opposition gesagt wurde – eine Zunahme linksextremistischer Gewalt. Ich würde sie in Teilbereichen auch ähnlich wie Herr Henkel bezeichnen. Für mich macht es keinen Unterschied, ob jemand nachts hinunter geht und ein Auto ansteckt – mit allen Risiken, die damit auch für Menschen verbunden sind – oder ob er auf einem S-Bahnhof einen Menschen zusammenschlägt, nur weil er eine andere Hautfarbe hat. Das ist für mich beides gleichermaßen moralisch verkommen und kriminell.
Die Frage, die Sie an uns als Senat stellen können, ist nicht die Frage, ob es Kriminalität gibt, sondern die Frage, die Sie an uns als Senat stellen können, ist die: Was tut ihr dagegen? Tut ihr genug dagegen? Gibt es andere Rezepte dagegen?
Da muss ich allerdings sagen: Ich muss sehr genau differenzieren. Ich denke, das ist von Herrn Ratzmann und von Herrn Wolf dargestellt worden. Es ist mir zu einfach, kriminelle Gewalttäter mit jedem Demonstranten, der Ihnen nicht passt, in einen Topf zu werfen. Das dürfen wir von der Sache her auch nicht zulassen!
Dann habe ich das Gefühl, dass ich bestimmte Dinge, die ich früher an der Freien Demokratischen Partei gemocht habe, in diesem Raum nicht mehr wiederfinde.
Da ist sozusagen eine Grundhaltung, die mich schon ein bisschen erschreckt. Ich verstehe mich als Innensenator nicht nur als jemand, der mit allen Mitteln gegen Kriminalität vorgeht, sondern der auch die Verfassungsrechte des Bürgers zu wahren und deshalb Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Ähnliches zu beachten hat. Das werde ich mir auch nicht ausreden lassen durch Kampagnen oder durch Beschimpfungen!
Sie können sicher sein, dass wir zur Bekämpfung von krimineller Gewalt alle Mittel einsetzen, welche die StPO oder das ASOG, das Sicherheits- und Ordnungsgesetz des Landes Berlin, uns zur Verfügung stellen. Sie können darüber hinaus sicher sein, dass wir zur Aufdeckung von Strukturen im linksextremistisch-autonomen Bereich alle Mittel einsetzen, auch nachrichtendienstliche, die uns das Gesetz über den Verfassungsschutz des Landes Berlin zur Verfügung stellten. Das haben wir in den letzten Monaten gemacht, das werden wir auch in Zukunft tun, nicht nur beim Linksextremismus, sondern auch beim Rechtsextremismus und erst recht beim islamistischen Terrorismus mit einer besonderen Gefährdung, die wir in der Stadt haben.
Das ist auch nicht erfolglos geblieben. Deshalb würde ich, Herr Kollege Dr. Juhnke, Ihre Liste gern ergänzen. Wir haben 289 Festnahmen am 1. Mai gehabt, 289 beweissichere Festnahmen von Straftätern. Wir haben 102 Festnahmen bei Tempelhof gehabt, dabei 76 Anzeigen. Es ist uns in den letzten Wochen auch gelungen, am 18. Mai eine Täterin, am 25. Mai zwei Täter, am 12. Juni zwei Täter zu fassen – alle nur mit Verdacht, Herr Ratzmann, noch nicht rechtskräftig verurteilt, völlig klar, sie sind alle bisher erst vermutete Täter.
Ich glaube, keiner der Täter wird von Ihnen verteidigt! – Wir haben eine Reihe von Leuten festgenommen, von denen sich einige auch in Haft befinden. Ich bin guter Hoffnung, dass die Justiz, wenn die Leute ihrer Taten überführt werden, diese Menschen so behandeln wird, wie das Gesetz es vorsieht. Das Gesetz sieht nämlich für die Brandstiftungen, die von einer besonderen Heimtücke sind, von einer besonderen Gemeinheit, empfindliche Strafen von bis zu mehreren Jahren Freiheitsentzug und – wie ich auch hoffe! – ohne Bewährung vor.
Ich will abschließend noch etwas zu Tempelhof sagen. Bestimmte Dinge bekommt man offensichtlich nicht aus der Diskussion heraus, wenn sie auch noch so verkehrt sind. Natürlich hat der Einsatz der Polizei in Tempelhof Geld gekostet, wie übrigens Bundesligaspiele in der Dritten – künftig der Zweiten – Bundesliga vom 1. FC Union oder Spiele von Hertha BSC auch, wie der BerlinMarathon, wie alles.
Polizei ist dafür da, Ordnung und Sicherheit zu garantieren. Ich halte es für völlig verkehrt, hinterher eine Kostenfrage zu stellen. Der Rechtsstaat und die Sicherheit sind nicht kostenlos, meine Damen und Herren!