Inzwischen haben die Akteure die Einsicht gewonnen, dass erfolgreiche Integration nur über das Prinzip des Forderns und Förderns funktioniert. Wir fordern von unseren zugezogenen Mitbürgerinnen und Mitbürgern die Bereitschaft und Anstrengungen, sich zu integrieren. Dazu gehören das Erlernen der deutschen Sprache und die Beschäftigung mit und das Bekenntnis zu unserem Gesellschaftssystem und dessen Normen. Das ist der Bereich des Forderns.
Wir als aufnehmende Gesellschaft haben aber auch eine Bringschuld. Wir müssen zum Beispiel die Strukturen unserer sozialen Gesundheits- und Sicherungssysteme an die Bedürfnisse der hier lebenden Migrantinnen und Migranten anpassen. Dazu gehört auch, den Zugang zu diesen Bereichen zu erleichtern bzw. zu ermöglichen. So besteht in der Tat ein erhebliches Missverhältnis zwischen dem Anteil, den Menschen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung haben, und ihrem Anteil bei der Gruppe der psychisch Betreuten. Dieses Missverhältnis wird noch deutlicher, wenn man davon ausgeht, dass Migrantinnen und Migranten aufgrund des Verlustes der ehemaligen Heimat und der Konfrontation mit einer neuen Kultur und Umgebung vielleicht stärker von psychischen Krankheiten betroffen sein können.
Eine der Ursachen für dieses Missverhältnis sind Sprachbarrieren und Unkenntnis über bestehende Angebote. Hier liegt noch erheblicher Bedarf an Aufklärung. Aus diesem
Leider hat der vorliegende Antrag aber auch einen Haken. Gleich in Punkt 1 des Antrags wird gefordert, die Zulassung von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in einzelnen Stadtgebieten zu vereinfachen. Eine solche Vereinfachung bedeutet auch immer eine Absenkung der qualitativen Anforderungen. Das würde aber der Zielrichtung des Antrags widersprechen. Wir sind uns einig, dass wir für Menschen mit Migrationshintergrund einen besseren Zugang zu einer guten psychischen Versorgung gewährleisten müssen. Mit einer Absenkung der qualitativen Standards erreichen sie das Gegenteil: Aus gut gemeint wird ein schlecht gemacht.
Ich betone, dass wir unsere sozialen und Gesundheitssysteme für Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund öffnen müssen. Ich warne aber auch vor einem integrationspolitischen Aktionismus, der zu Strukturen führt, die den Erwerb deutscher Sprachkenntnis unnötig machen.
Abschließend noch kurz zum Antrag der CDU: Hier haben wir wieder den Fall, dass ein Bericht über einen bestimmten Sachverhalt – hier zur Lebenssituation von Menschen mit Migrationshintergrund – vorgelegt werden soll, die Tatsachen aber längst bekannt sind. Wir kennen die Situation von Menschen mit Migrationshintergrund aus vielen Studien wie zum Beispiel der des BerlinInstituts für Bevölkerung.
Schauen Sie sich die Zahlen in den Bildungsberichten oder die Arbeitslosenstatistiken an! Gehen Sie einfach mit offenen Augen durch bestimmte Teile dieser Stadt! Ein normaler Mensch weiß dann, dass dringender Handlungsbedarf besteht, und was getan werden muss.
Ich komme zum letzten Satz: Berichte gibt es genug. In Berlin haben wir eher das Problem, dass der Senat die offensichtlichen Probleme, zum Beispiel in dem Brandbrief der Schulleiter aus Mitte geschildert, ignoriert und integrationspolitisch die Schwerpunkte auf wenig nachhaltige Klientelprojekte setzt. Mit diesem Antrag spielen Sie dieser Senatspolitik in die Hände, und darum lehnen wir ihn ab. – Herzlichen Dank!
Zum CDU-Antrag Drucksache 16/2126 empfiehlt der Ausschuss gegen die Stimmen der CDU bei Enthaltung der Grünen die Ablehnung. Wer dem Antrag zustimmen
Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der FDP. Das war die Mehrheit. Enthaltungen? – Das ist die Fraktion der Grünen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Zum Antrag der Grünen Drucksache 16/2418 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung federführend an den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz und mitberatend an den Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales. – Zu diesen Vorschlägen höre ich keinen Widerspruch. Dann ist dies so beschlossen.
Jahresbericht 2009 des Rechnungshofs von Berlin gemäß Artikel 95 der Verfassung von Berlin und § 97 der Landeshaushaltsordnung
Das ist die Priorität der Fraktion der FDP unter dem Tagesordnungspunkt 12. – Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der FDP. – Herr Abgeordneter Meyer, Sie haben das Wort. Bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Die FDP hat den Rechnungshofbericht 2009 auch deswegen heute zur Priorität erklärt, weil dies der letzte Bericht ist, den der Präsident Herr Dr. Harms vorlegen wird. Herr Dr. Harms ist auch anwesend. – Ich begrüße Sie hier recht herzlich. – Ich denke, wir sind Ihnen alle zu Dank verpflichtet für das, was Sie in den letzten Jahren für das Land Berlin geleistet haben.
Unter Ihrer Führung, Herr Dr. Harms, hat sich der Rechnungshof den Ruf als unabhängige und für die Regierung unbequeme Instanz bewahrt, und ich hoffe, dass das auch in den nächsten Jahren so bleibt.
Besonders dankbar sind wir Ihnen aber dafür, dass Sie in Ihren Jahresberichten unabhängig von einzelnen Missständen, die Sie immer wieder aufgedeckt haben, die
Haushaltskonsolidierung als solche nie aus den Augen verloren haben und auch schon sehr früh das Erfordernis weiterer Personaleinsparungen und Kürzungen – zum Beispiel auch bei freiwilligen Leistungen – bewusst eingefordert haben.
Auch im aktuellen Rechnungshofbericht 2009 weisen Sie darauf hin, dass die Schulden, die das Land jetzt neu aufnimmt, dazu führen, dass wir deutlich mehr Zinsbelastungen in die nächste Generation vertagen, und – ich möchte ein Zitat aus dem Rechnungshofbericht vortragen – Sie erklären:
Der Senat ist erneut gefordert, dem Land Berlin den Weg aus der derzeitigen Verschuldungssituation aufzuzeigen.
Ich denke, wir müssen auch mit dem Rechnungshof in den nächsten Jahren aktiv daran arbeiten, dass das Konsolidierungs-, das Entschuldungsszenario in der Stadt nicht in den Hintergrund treten darf. Wir reden darüber nachher bei den Haushaltsberatungen noch einmal, aber hier hat der Rechnungshof in den letzten Jahren immer den Finger in die Wunde gelegt, und das muss auch in Zukunft so bleiben.
Der weitere aktuelle Anlass für diesen Besprechungspunkt ist die Situation in der BVG, insbesondere die Äußerungen, die der Finanzsenator nach dem letzten Beteiligungsausschuss gemacht hat. Sie wissen, dass der Rechnungshof nach langwierigen Querelen der BVG Ende Mai einen ausführlichen Bericht über die Mängel bei der Planung und den erfolgten Umzug der Zentrale in die TriasTower vorgelegt hat. Wir haben bereits vor zwei Jahren kritisiert, dass dieser Umzug nicht transparent, dass die Kostenrechnung, die dahinter steht, nicht transparent gemacht und dass offensichtlich das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht eingehalten wurde. Wir fühlen uns durch diesen Rechnungshofbericht darin bestätigt.
Fakt ist – ohne in den vertraulichen Bericht im Einzelnen einzusteigen –, dass die BVG keine angemessenen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen im Vorfeld des Umzugs vorgenommen hat. Fakt ist auch, dass offensichtlich der Senat und einzelne Senatsmitglieder in Bezug auf einige Vertragsbestandteile massiv Druck auf den Vorstand ausgeübt haben. Hier brauchen wir nach unserer Auffassung keinen weiteren externen Bericht, der in irgendeiner Form die Arbeit des Rechnungshofs relativieren soll, sondern wir müssen die politische Verantwortung ganz klar zuordnen. Das ist die Aufgabe dieses Hauses.
Wir sind nicht bereit – und das haben Vertreter der Koalition in den letzten Wochen versucht – die Schuld einseitig bei dem BVG-Vorstand abzuladen. Die politische Ver
antwortlichkeit muss aufgeklärt werden, und wir werden das im Beteiligungsausschuss auch nach der Sommerpause massiv einfordern.
Die diesjährigen Themen zeigen ansonsten wieder eine ganze Palette von Missständen in der Berliner Verwaltung. Da die Zeit nur kurz ist, möchte ich mich primär auf einen Bereich konzentrieren, und das ist die Sozialverwaltung – Frau Knake-Werner ist auch anwesend. Was an Erstattungsansprüchen fehlerhaft, nicht zeitnah vom Bund in Bezug auf die gesamte SGB-II-Leistungsverwaltung eingefordert wurde oder auch die Mängel in der Gewährung und Rückforderung von Sozialleistungen im Bereich BAföG oder bei den Jobcentern, das sind die aktuellen Beispiele von Millionenverschwendungen in Ihrem Bereich. Wenn man sich einmal die Rechnungshofberichte der letzten vier, fünf Jahre anschaut, muss man sagen, dass sich in dem Bereich Sozialverwaltung die Misswirtschaft wie ein roter Faden durch die Verwaltung zieht.
Herr Sarrazin hat zu Beginn des Jahres 2002 in einem seiner ersten Folienvorträge einmal sehr deutlich darauf hingewiesen, dass die Berliner Sozialverwaltung die ineffektivste im ganzen Bundesgebiet ist. Ich befürchte, daran hat sich nicht allzu viel geändert. Es wäre sicherlich auch für Herrn Nußbaum eine Aufgabe, dass er hier den Finger in die Wunde legt und dafür sorgt, dass diese Sozialverwaltung endlich aufgeräumt wird.