Protocol of the Session on May 28, 2009

[Zurufe von den Grünen]

Über die Realisierung ist gegebenenfalls gesondert zu entscheiden, und bis dahin kann im Rahmen der Fortschreibung des Stadtentwicklungsplanes Verkehr auch eine Prüfung erfolgen, ob die verkehrspolitischen Ziele für Berlin, die ich vorhin schon formuliert habe, auch ohne die Verlängerung der A 100 und/oder mit Realisierung alternativer Maßnahmen erreicht werden können. Dann möchte ich gern sehen, was Sie zur tangentialen Verbindung Ost, zur Süd-Ost-Verbindung oder zum Bau einer Stadtstraße, wie der BUND sie ins Gespräch gebracht hat, sagen. Insofern ist Ihr blankes „Mit uns nicht, jetzt ein Nein zur Autobahn löst alle Probleme“ an der Sache vorbei. Das löst keine Probleme, es schafft nur neue.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Volker Ratzmann (Grüne): War es nicht der SPD- Parteitag, der das gesagt hat?]

Ich weiß ja nicht, wie es bei Ihnen ist, wenn der Parteitag etwas beschließt, ob das bei Ihnen gleich eins zu eins in Gesetze umgesetzt werden muss. Ich kann mich erinnern, dass Sie als grüne Partei das auch nicht immer gemacht haben. Aber das ist doch hier keine Glaubensfrage, die man durch ultimative Ad-hoc-Beschlüsse befördert. Das ist eine verkehrspolitische Sachfrage, die in aller Ernsthaftigkeit und Gründlichkeit geklärt werden kann.

[Volker Ratzmann (Grüne): Das stimmt!]

Ihre Hektik rührt doch nur daraus, dass Sie, wenn Sie das Jamaika-Bündnis machen wollen, keine Mehrheit gegen die Autobahn haben.

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Das ist Ihre Angst, und deshalb wollen Sie jetzt etwas anderes erzwingen, und das ist ziemlich durchsichtig.

[Zuruf von Ramona Pop (Grüne)]

Dass die Opposition keine eigenen Ideen mehr hat, sondern SPD-Parteitagsbeschlüsse oder Texte der Koalitionsvereinbarung abschreibt, zeigt uns, dass es hier offensichtlich nur zwei ernst zu nehmende Parteien in der Stadt gibt – SPD und Linke, die eine vernünftige Politik für die Stadt machen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von der CDU und der FDP – Heiterkeit bei den Grünen]

Die Einlassungen der Medien, erst Berichte über individuelle Härten zu bringen – die „B.Z.“ berichtete ausführlich über Anwohner und Kleingärtner, nun aber auf einmal eine Zukunftsfrage daraus zu machen, bei der der Regierende Bürgermeister die Autobahn gegen alle Widerstände durchsetzen muss – ist auch so ein großer Unsinn. Es geht nicht um eine Personalfrage, es geht um eine Sachfrage, die man sachgerecht entscheiden kann – alles andere ist Polit- und Medientheater.

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Herr Gaebler, Ihre Redezeit ist beendet!

Ich bin beim letzten Satz. – Die Koalition wird eine sachgerechte, den Interessen der Stadt dienende und verkehrspolitisch in das Gesamtkonzept eingebundene Lösung finden. Dafür bedarf es einer gründlichen fachlichen Betrachtung und nicht Ihrer Ad-hoc-Anträge, die wir deshalb zur Beratung an den Ausschuss überweisen werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gaebler! – Frau Abgeordnete Hämmerling hat nun das Wort für eine Kurzintervention. – Bitte sehr!

Herr Gaebler! Es sollte Sie schon nachdenklich stimmen, wenn bei der Befürwortung der A 100 nur der rechte Flügel des Hauses klatscht, nicht einmal Ihre eigene Fraktion.

[Beifall bei den Grünen]

Denken Sie mal darüber nach, was für ein Projekt das ist, wenn Sie die Planfeststellung weitertreiben, um zu schauen, was am Ende dabei herauskommt. Das kostet ja ein bisschen Geld – Herr Nußbaum ist nicht im Saal –, aber es spielt offenbar keine Rolle, wenn wir die Millionen für

Vizepräsidentin Karin Seidel-Kalmutzki

Autobahnplanungen ausgeben, die die Linke des Hauses eigentlich nicht will.

[Beifall bei den Grünen]

Ich hatte mich aber gemeldet, um der Legendenbildung Einhalt zu gebieten. Sie sprachen davon, dass wir den Straßenbahnausbau bis zum Hauptbahnhof verhindert hätten. Das ist eine hübsche Geschichte, aber dass Sie ein Planfeststellungsverfahren abgeliefert haben, hinter dem sich ein vierspuriger Ausbau der Invalidenstraße als Schwarzbau versteckte, dass Sie das zurückziehen mussten, das war nicht unser Verdienst – Ehre, wem Ehre gebührt –, wir haben darauf hingewiesen, aber Sie mussten das von sich aus einkassieren, weil Sie damit überhaupt nicht durchgekommen wären. Dass Sie es jetzt noch einmal versuchen, über die Hintertür, indem Sie die Nebenstraßen für den Schleichverkehr öffnen, aber dennoch den Innenstadtringausbau präferieren, das wird dazu führen, dass wir die Straßenbahn in der Invalidenstraße erst in fünf, sechs, sieben Jahren, irgendwann, wenn über die Klagen entschieden ist, bekommen. Nicht wir verhindern die Straßenbahn, sondern Sie verhindern sie, indem Sie parallel zur Straßenbahn den Innenstadtring ausbauen wollen. Ihnen geht es nicht um umweltfreundliche Mobilität, Ihnen geht es um Pisten für Autofahrer. Die Kolleginnen und Kollegen, die bei uns mit dem Auto fahren,

[Volker Ratzmann (Grüne): Die überzeugst du auch noch!]

o.k., das machen sie noch, aber wir bauen für sie keine Autobahn, ganz bestimmt nicht!

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Frau Hämmerling! Ich darf Sie darauf hinweisen, dass Senator Nußbaum bis 18 Uhr entschuldigt ist. – Nun hat Herr Gaebler noch einmal für drei Minuten das Wort. – Bitte sehr!

Liebe Frau Hämmerling! Erstens: Ihr grüner Kollege in Bremen baut eine neue Autobahn, er plant sie gerade,

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Echt?]

insofern ist es falsch, was Sie hier sagen, dass die Grünen keine Autobahnen planen und bauen.

[Beifall von Markus Pauzenberger (SPD)]

Zum Zweiten: Die neuen Überlegungen, wie man den Verkehr in der Invalidenstraße und der Chausseestraße in den Griff bekommt, die Ableitung über Parallelstraßen, folgen einem Vorschlag des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Deutschland,

[Claudia Hämmerling (Grüne): Nee!]

nicht zu 100 Prozent, denn: Der wollte noch viel mehr Verkehr über die Habersaathstraße lenken.

[Zuruf von Claudia Hämmerling (Grüne)]

Nein, Frau Hämmerling, erzählen Sie keinen Unsinn, ich kann Ihnen die Pläne geben, ich habe die nämlich auch bekommen! Der BUND redet auch mit uns, weil er weiß, dass er bei uns seriös etwas umsetzen kann

[Beifall von Markus Pauzenberg (SPD) – Oh! von den Grünen]

und nicht nur billiges Geheule wie bei Ihnen bekommt.

[Zuruf von Ramona Pop (Grüne)]

Deswegen haben wir das mit dem BUND gemeinsam diskutiert, und die Planungen sind entsprechend überarbeitet worden – nicht zu 100 Prozent, wie es dort gedacht war, aber mit wesentlichen Elementen.

[Zuruf von Claudia Hämmerling (Grüne)]

Frau Hämmerling! Ich weiß ja, dass Sie nichts anderes hören wollen, weil Sie in die Verlegenheit kommen könnten, vielleicht ja mal ein Argument aufnehmen zu müssen, aber Sie müssen mir nun schon einmal zuhören, weil auch Ihre Hinweise auf die vorgesehenen Finanzmittel relativ unerheblich sind. Ich sage Ihnen ganz offen: Wenn man ein Projekt für falsch hält, dann realisiert man es auch nicht, wenn ein anderer es bezahlt. Wir würden in Berlin auch kein Atomkraftwerk bauen, nur weil der Bund oder ein Energieversorger es uns kostenlos hinstellt.

[Beifall bei den Grünen]

Das ist ganz klar, das ist in dieser Debatte kein Argument für mich. Es ist aber auch kein Argument, wir hätten mit einem Verzicht so viel Geld frei für andere Projekte, denn das ist schlichtweg falsch und insofern auch nicht entscheidungserheblich. Der Bundesverkehrswegeplan, in dem die Autobahn enthalten ist, ist ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz, das kann man nicht einfach in Verhandlungen mit Staatssekretären, wie Frau EichstädtBohlig es immer suggeriert, ändern. Das muss der Bundestag mit den Stimmen der Abgeordneten ändern.

[Ramona Pop (Grüne): Wer regiert denn gerade im Bundestag?]

Der Bundesverkehrswegeplan ist deutlich unterfinanziert, lediglich zwei Drittel der Projekte sind überhaupt finanziert, Frau Pop. Berlin hat seit 1990 außer der Reihe über 10 Milliarden Euro an Investitionen für den Schienenverkehr bekommen. Welcher Bundestagsabgeordnete wird jetzt unter Verzicht auf eine bessere Finanzierungsaussicht für seine eigenen Projekte Sonderregelungen für Berlin zustimmen? Wer soll das machen? Gaukeln Sie den Leuten nicht etwas vor, was nicht stimmt. Man kann auf die Autobahn verzichten, wenn man ein vernünftiges Verkehrskonzept dafür hat. Man kann aber nicht behaupten, dass man damit massenhaft Geld für andere Projekte in Berlin erhält.

[Beifall bei der SPD]

Das Einzige, was eventuell möglich ist, ist das Gespräch über eine alternative Stadtstraße, sozusagen eine Degradierung des Ausbaustandards – das wollen Sie aber auch nicht, denn Sie wollen ja gar keine neuen Straßen bauen.

Claudia Hämmerling

Insofern, Frau Hämmerling, sind Sie viel weiter zurück als der BUND, der dazu eine konstruktive Diskussion führt.