Protocol of the Session on May 28, 2009

Nein! – Ich glaube, wir müssen jetzt keinen Dialog führen, Herr Zackenfels. Wir haben dazu noch an anderer Stelle die Gelegenheit. – Sie haben in der letzten Sitzung des Unterausschusses Bezirke vor drei Wochen angekündigt: Wir vertagen ein Mal, aber das nächste Mal entscheiden wir über die Summe. – Das wäre dann der nächste Mittwoch. Darauf bin ich gespannt. Sie sind sicher schon ganz weit in diesem Prozess und können uns sagen, ob Sie um 90, 100 oder 140 Millionen Euro aufstocken. Ich wette, dass Sie das am nächsten Mittwoch nicht tun.

Der zweite Punkt, den man hier anmerken muss, sind die Bemessungsgrundlagen, die die Finanzverwaltung immer gibt. Da ist dann weiterhin die alte Regelung enthalten, dass für jeden Bezirk zwei Prozent der Personalmittel gegenüber dem Vorjahr gekürzt sind. Das ist nicht sinnvoll. Wir alle wissen, dass es eine absolut unterschiedliche Ausstattung der Bezirke mit Personal gibt. Wenn man es auf die Einwohnerzahl herunterbricht und in der Relation betrachtet, haben manche Bezirke 50 Prozent mehr Personal als die anderen. Jetzt einfach zu sagen, alle werden pauschal um 2 Prozent gekürzt, ohne dabei zu berücksichtigen, dass manche Bezirke noch Reserven haben, während andere längst unten angekommen sind, nicht zu sagen, bei dem einen wird vielleicht hier und bei dem anderen vielleicht gar nicht mehr gekürzt, ist Arbeitsverweigerung und Abschieben von politischer Verantwortung, das Nichtwahrnehmen von politischer Verantwortung zulasten derjenigen, die sich schon in den letzten Jahren bemüht und ihr Personal abgebaut haben.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Dritter Punkt, der Wertausgleich: Was dort passiert ist, war das Prinzip „teile und herrsche“. Der Wertausgleich ist irgendwelchen Produkten und Leistungen zugeordnet, aber eben auch nicht fachlich definiert, indem man sagt, für eine bestimmte Leistung braucht ein bestimmter Bezirk mehr, da muss er mehr Öffentlichkeitsarbeit machen, da muss er mehr werben, was ihn vielleicht mehr als einen anderen Bezirk aufgrund seiner Sozialstruktur kostet. Vielmehr wird kameralistisch hingegangen und bei irgendwelchen Produkten, nach welchen Kriterien auch immer, gekürzt und bei anderen draufgeschlagen. Das ist nicht sinnvoll und hatte einzig und allein den gewünschten Effekt, dass zum Ende des Prozesses sechs Bezirke besser gestellt und sechs Bezirke schlechter gestellt waren und man versucht hat, vonseiten der Finanzverwaltung damit die sich ankündigende Einigkeit der Bezirke aufzubrechen und in der Mitte zu spalten.

Entweder gibt es einen Wertausgleich, der das projektscharf als Definition des Produkts vorsieht, indem man es an Qualität packt, oder man sagt zum Schluss über alles nach dem Status der Verkehrszellen, die wir im Land Berlin haben, Neukölln bekommt etwas mehr, SteglitzZehlendorf etwas weniger. Dann muss man es aber auch so machen, dass alle Bezirke eine Grundausstattung erhalten, das, was notwendig ist, um die Lebensverhältnisse in der Stadt zu sichern.

Herr Kollege, Sie ahnen, was ich Ihnen jetzt sagen möchte.

Ich bin beim Schlusssatz. – Dann wird denjenigen, die mehr brauchen, die schlecht ausgestatteten Bezirke, etwas mehr gegeben. Aber den Bezirken, denen man vorher nur die Grundausstattung gegeben hat, zu sagen, dass davon im Sinne der Umverteilung wieder etwas weggenommen wird, das ist nicht sinnvoll. Deswegen brauchen wir hier ein anderes System. Sie sind anscheinend auch auf dem Weg, sich entsprechend zu verständigen.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank! – Das Wort für die Linksfraktion hat die Kollegin Weiß.

Erst einmal eine Vorbemerkung zu Herrn Schruoffeneger! Es handelt sich bei den Bezirken übrigens nicht um pauschale Minderausgaben, sondern um pauschale Mehreinnahmen. So viel hätte ich von Ihnen schon erwartet, dass Sie sich für die Bezirke interessieren. Was das Datenmaterial angeht: Heute ist der Stichtag für die Bezirke, die

das erste Mal ihre Datenmaterialien eingeben müssen. Insofern ist auch das nicht wirklich gut recherchiert. Jetzt komme ich zu meiner Rede.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass die Bezirke in diesem Haus eine neue, ja fast ungewohnte Aufmerksamkeit erfahren. Wenn ich mir jetzt die Reihen anschaue, und das angesichts dessen, dass wir bei den Prioritäten sind, scheint das Interesse doch nicht mehr so groß zu sein. Was ich sonntags mache, hat Herr Graf schon zitiert. Insofern kann ich dafür sprechen, dass es in meiner Fraktion ein großes Thema ist.

[Beifall bei der Linksfraktion]

In den Bezirken und nicht im Plenum lebt diese Stadt. Hier befindet sich die soziokulturelle Infrastruktur. Daher ist es unsere Aufgabe, hier als Parlament die Verfassung des Landes Berlin ernst zu nehmen und die Lebensverhältnisse der Berlinerinnen und Berliner in den Bezirken zu sichern. Wem verdanken wir allerdings die neue Aufmerksamkeit? – Nicht Ihnen, Herr Graf! Erstaunlicherweise verdanken wir sie auch nicht den Grünen, die sich sonst immer jede Form der parlamentarischen Aufklärung auf die Fahne schreiben. Nein, dieses Mal waren es die Bezirke selbst, die durch ihren Zusammenschluss endlich das „divide et impera“! der Senatsfinanzverwaltung durchbrochen haben.

Jetzt einmal ehrlich: Ich bin seit drei Monaten im Hauptausschuss. Ich kann mich wirklich nicht erinnern, dass es auch nur eine Sitzung gab, in der nicht irgendein Parlamentarier einen Bezirk als Kronzeugen für alle für Wirtschaftlichkeit oder Nichtwirtschaftlichkeit der Bezirke herangezogen hat. Genießen Sie nicht ein wenig das Privileg, dass Sie die Sparzwänge der Bezirke gefiltert, ja indirekt erleben dürfen? Dieses Privileg hat schon Herrn Sarrazin gut schlafen lassen. Das wird es auch bei Herrn Nußbaum tun.

Es ist doch auffällig, dass die Anträge der CDU ausgerechnet in die Wahlkampfphase fallen, wo einzelne Parlamentarier plötzlich wieder vor Ort erklären sollen, wie man sie und wieso man sie trotz mangelnden Einsatzes für ihren Bezirk in den Bundestag direkt wählen soll. Ob das im Bundestag besser wird?

Zur Ihren Anträge, liebe CDU-Fraktion, kann man also nur sagen: Da war die Koalition schneller und übrigens auch weniger aktionistisch. Nun haben wir endlich eine klar erkennbare Bezirkslinie, die alle Fraktionen hier im Parlament zum Handeln zwingt. Was machen wir damit? Sie stellen Anträge zum Wertausgleich, die schon im Rat der Bürgermeister keine Mehrheit gefunden haben – so viel zum Ernstnehmen der Bezirke. Wir nehmen die Bezirke ernst und uns im übrigen auch als Haushaltsgesetzgeber. Daher haben wir erst kürzlich in dem Antrag, der hier schon mehrfach erwähnt wurde, umfangreiche Vorarbeiten für neue Verfahren zur Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen in Auftrag gegeben. Meiner Fraktion geht es im übrigen dabei um Mindeststandards. Auch über das Modell des RdB für neue Finanzbeziehungen zwi

schen Land und Bezirken, das auf einen am Sozialraum ausgerichteten Wertausgleichfonds hinwirkt, wird zu diskutieren sein.

Insofern interpretiere ich Ihren Antrag einmal wohlwollend positiv als einen ersten, unausgereiften Diskussionsvorschlag der CDU-Fraktion, den Sie im Unterausschuss Bezirke auch einmal den Betroffenen, nämlich den Bezirken vorstellen wollen.

[Uwe Goetze (CDU): Das waren noch Zeiten, als Wechselberg hier gesprochen hat!]

Wünschen Sie sich die zurück? – Ich komme zu Ihrem zweiten Antrag. Auch hier nehmen Sie sich und das Parlament nicht ernst. Wieso haben wir eigentlich dafür gesorgt, dass wir die Bezirkszuweisung frühzeitig diskutieren, wenn Sie noch vor der Veröffentlichung der Antworten der Senatsfinanzverwaltung auf den umfangreichen Fragenkatalog, den auch Ihre Fraktion noch angereichert hat, hier schon Tatsachen schaffen wollen? Dabei sei übrigens ausdrücklich erwähnt, dass wir uns fraktionsübergreifend darin einig sind, dass die Defizite der aktuellen Finanzzuweisung nicht in der Verantwortung der Bezirke liegen.

Bisher sind auch alle mir bekannten Gegenrechnungen nicht an den 142 Millionen Euro aus dem Bezirkspapier vorbeigekommen. Dazu Stellung zu nehmen, haben wir der Senatsfinanzverwaltung mit unseren Fragen die Möglichkeit gegeben. Dass diese das gemeinsam mit den Bezirken in Abstimmungsrunden tun will, sollte hier ausdrücklich positiv herausgehoben werden. Fazit: Wir stehen hinter den Bezirken. Ihren Antrag werden wir gemeinsam mit den fundierten Papieren der Bezirke und den Stellungsnahmen der Senatsfinanzverwaltung im Ausschuss beraten.

Eine letzte Beobachtung: Auch ich lese Zeitung. Da liest man zum Thema Opposition vermisst Sparwillen: Dazu gehören laut Goetze eine

deutliche Verschlankung der staatlichen Aufgaben. In den kommenden Jahren würden viele Mitarbeiter aus Altersgründen aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden.

Bitte kommen Sie zum Schluss!

Das ist mein letzter Satz.

Dieses müsse man nutzen, um die Aufgaben neu zu regeln.

Bei der Verschlankung ist wohl weniger von „Neuregelung“ als von „Abschaffung“ die Rede. Die staatlichen Aufgaben werden bekanntlich von den Bezirken wahrgenommen. Wie also stehen Sie, wehrte Kolleginnen und

Kollegen von der CDU-Fraktion, eigentlich jenseits von Wahlkampfreden zu den Bezirken?

[Beifall bei der Linksfraktion – Uwe Goetze (CDU): Wie peinlich!]

Vielen Dank! – Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Kollege Czaja.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist sinnvoll, auch wenn wir vor vier Wochen und auch im Hauptausschuss immer wieder über die Frage der Zuweisung mit den Bezirken beraten haben, heute zu einer Debatte zu kommen. Ich bin der CDU sehr dankbar, dass sie dies zu ihrer Priorität erklärt hat. Ich sage auch gleich, warum: Es ist insofern sinnvoll, als der Finanzsenator Nußbaum gestern am Vormittag deutlich verlautbaren ließ, dass doch vieles sehr optimistisch, vielleicht zu optimistisch gerechnet war. Da bleibt die Frage offen, wie viel Optimismus er eigentlich hat, den Bezirken eine angemessene und ordentliche Ausfinanzierung in den nächsten Jahren zur Verfügung zu stellen. Ich vermisse ihn hier heute auch. Bis 18.00 Uhr war er entschuldigt. Er hätte hier sitzen und entsprechend an dieser Debatte teilnehmen können.

[Beifall bei der FDP]

Ich finde, dass die Debatte etwas an der Realität vorbeigeht, insbesondere wenn ich die Wortmeldungen der Kollegen aus den Koalitionsfraktionen noch einmal reflektiere. Ich will sie gar nicht für mich persönlich reflektieren, sondern tue das schlichtweg mit einem Artikel aus der „Berliner Woche“ in der Region Hellersdorf, wo ein renommierter Bezirksstadtrat zu dem Ergebnis kommt, dass inzwischen die Aussage des Finanzsenators Sarrazin, der immer vom „Sparen, bis es quietscht“ sprach, nicht mehr tragbar ist. Denn es quietscht nicht mal mehr, sondern die Bezirke werden über ein Diktat der Landespolitik schlichtweg ausgeblutet. Und das hat ein Stadtrat der SPD gesagt, nachzulesen in der Ausgabe der „Berliner Woche“ vom 27. Mai 2009.

[Uwe Goetze (CDU): Recht hat er!]

Insgesamt ist festzuhalten, dass dieser Stil typisch für die rot-rote Koalition ist. In den vergangenen zwei Jahren haben Sie die Probleme nicht in Angriff genommen, Sie haben sich den Problemen nicht gestellt. Stattdessen – und auch das wurde in der Debatte heute deutlich – haben Sie die Probleme vor sich hergeschoben, herumgeflickt, herumgeschustert, und den Bezirken ist bis heute nicht klar, wie sie die Kürzungen einarbeiten sollen.

[Beifall bei der FDP]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kohlmeier von der SPD-Fraktion?

Später! – Damit bin ich beim Kollegen Zackenfels. – Herr Zackenfels! Sie haben vorhin gesagt, es sei deutlich, dass die Bezirke bereits anfangen, die Einsparvorgaben des Senats in den Haushaltsberatungen umzusetzen, und sich damit arrangieren. Dem ist nicht so. Wenn dem so wäre, hätte nicht in der vergangenen Woche ein Bezirk alle Abgeordneten aus einem Bezirk eingeladen und darüber berichtet, dass sie eben nicht in der Lage dazu seien. Sie haben Horrorszenarien in Form einer Powerpoint-Präsentation an die Wand geschmissen, um deutlich zu machen, wohin die Reise geht, wenn es diese Zuweisungen nicht gibt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Zackenfels?

Sehr gern!

Herr Kollege Czaja! Ich muss Sie berichtigen. Die pauschale Mehreinnahme bedeutet nicht, dass die Bezirke beginnen, das von Ihnen dargestellte Diktat des Senats in Sparvorgaben umzusetzen, sondern das genaue Gegenteil. Durch die Einstellung einer pauschalen Mehreinnahme – das war mein Hinweis vorhin –

Sie müssen zu einer Frage kommen, Herr Kollege Zackenfels!

nehmen die Bezirke schon vorweg, dass ihnen seitens der Landesebene mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden, und zwar in Höhe von 140 Millionen Euro. Meine Frage: Halten Sie die 140 Millionen Euro für sachgerecht, und warum tun Sie das?

Lieber Kollege Zackenfels! Sie haben es in den letzten Jahren nicht geschafft, Ihre Hausaufgaben zu machen, Sie haben es seit den letzten Haushaltsberatungen nicht geschafft, Ihre Hausaufgaben in der Frage Bezirkszuweisungen zu machen. Sie werden von mir nicht erwarten, dass ich Ihre Hausaufgaben innerhalb von 1,47 Minuten erledige und Ihnen die Zusammenhänge erkläre. Das müssen Sie schon selbst tun.

[Beifall bei der FDP, der CDU und den Grünen]

Mari Weiß

Deutlich ist, dass die Bezirke eine langfristige Perspektive brauchen, und da hoffe ich, mit Ihnen einen Nenner zu finden, eine langfristige Perspektive, eine auskömmliche Finanzierung und entsprechend einen angemessenen Umgang mit der Senatsfinanzverwaltung.

[Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Da ist es insbesondere wichtig, dass Sie an den Tisch zurückkehren und uns am nächsten Mittwoch im Unterausschuss Bezirke eine solide, nachvollziehbare Zahl nennen, mit denen die Bezirke in Zukunft arbeiten können – und nicht: Wir werden uns bei 70, 80 oder 90 Millionen Euro einfinden, und Ihre Forderungen von 143 Millionen Euro sind nicht haltbar, da kommt eine Zahl von 200 Millionen Euro auf. – Ich finde, das ist letztlich nur Ablenkung von dem Hauptproblem. Sagen Sie den Bezirken, woran sie sind! Sagen Sie den Bezirken vor allen Dingen, wie viel Geld sie in den Haushaltsberatungen bekommen, damit die Probleme vor Ort angepackt werden können. – Und ich werde jetzt das Rednerpult verlassen, um mich mit Herrn Kohlmeier zu unterhalten, der dort hinten fleißig winkt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]