Protocol of the Session on April 30, 2009

Wir haben damit das Volksbegehren des Landeselternausschusses Kindertagesstätten im Wesentlichen übernommen. Wir erfüllen damit auch die Forderung des breiten Kitabündnisses, in dem sich sowohl die öffentlichen Träger – also die Eigenbetriebe – als auch die freien Träger, die Gewerkschaften und verschiedene Einzelpersonen sowie Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, auch unterschiedlicher Fraktionen und Parteien, versammelt haben. Sie fordern genau das, was in unserem Gesetzentwurf steht. Es gibt auch eindeutige Aussagen aus diesen Reihen, dass unter den gegenwärtigen Bedingungen der Vorrang auf der Qualitätsverbesserung liegen muss, und zwar vor der Kostenfreiheit. Das heißt, wir sind mit der Stadt im Wesentlichen eins.

Ich komme zum Schluss, bevor ich dazu aufgefordert werde: Im Gegensatz zu den anderen Volksbegehren der letzten Monate, wie der Offenhaltung des Flughafens Tempelhof oder „Pro Reli“, geht bei diesen Forderungen keine Spaltung durch die Stadt. Da sind sich Ost und West alle einig. Selbst in den Parteien sind sich alle einig, dass es diese Verbesserungen geben muss. Es ist bedauerlich, dass der Senat uns als Parlament die Möglichkeit genommen hat, uns zu diesem Volksbegehren des LEAK positiv zu verständigen. Er hat bekanntermaßen die Zulassung wegen finanzieller Auswirkungen abgelehnt. Dazu gibt es noch eine Gerichtsentscheidung.

Frau Jantzen! Ich darf Sie trotzdem darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit beendet ist.

Unser Gesetzentwurf gibt Ihnen oder uns die Chance, die positiven Forderungen dieses Volksbegehrens aufzuneh

men. Nutzen Sie sie! Sichern Sie den Kindern in dieser Stadt eine bessere, individuellere Förderung! – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Jantzen! – Für die SPDFraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Scheeres das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Grünen haben uns heute ihren Gesetzesantrag vorgelegt. Wie Frau Jantzen schon sagte, decken sich die Forderungen im Wesentlichen mit denen des Kitabündnisses und des Landeselternausschusses Kita. Mich freut es sehr, und ich möchte es positiv erwähnen, dass die Grünen ganz deutlich machen: Es geht nicht alles auf einmal – und sich von der Beitragsfreiheit verabschieden. Im Vergleich dazu ist die CDU immer noch in dem Stadium, dass sie alles fordert. Ich bin gespannt, was jetzt gleich kommen wird, wie Sie sich eine Finanzierung vorstellen.

Jetzt zu Ihren Vorstellungen: Es gibt eindeutige Unterschiede zwischen unseren Fraktionen. Wir wollen die Qualitätsverbesserung nicht gegen die Entlastung der Eltern ausspielen. Wir stehen daher auch für eine Qualitätsverbesserung, aber stufenweise. Wir verstehen das Anliegen der Erzieherinnen, der Träger und auch der Eltern, dass es in den nächsten Jahren eine qualitative Verbesserung in den Kitas geben soll.

Die Kitas haben – wie Sie schon angesprochen haben – zusätzliche Aufgaben wie das Bildungsprogramm und das Sprachlerntagebuch bekommen. Wir wissen alle, dass dies viel Arbeit bedeutet und die Erzieherinnen dringend eine Entlastung oder auch Zeit für die Vor- und Nachbereitung benötigen. Wir wissen auch um die Bedeutung der Kitaleiterinnen, dass sie eine ganz besondere Aufgabe haben, dass sie die Kindertageseinrichtungen managen, dass sie dafür sorgen, dass die Fachkräfte vor Ort sich weiterbilden. Sie sind auch täglich konkrete Ansprechpartnerinnen für die Eltern und auch verantwortlich dafür, dass die Bildungsansätze umgesetzt werden.

Aus diesem Grund diskutieren wir im Rahmen der Haushaltsberatungen fünf Prozent mehr Personal und eine Verbesserung des Leitungsschlüssels ab 100 Kindern.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Auch führen wir zusätzlich den Rechtsanspruch auf einen Teilzeitplatz im letzten Kitajahr ein,

[Mirco Dragowski (FDP): Im letzten Jahr!]

weil uns dieser Bereich im letzten Jahr sehr wichtig ist. Das alles kostet 71 Millionen Euro jährlich. Ich finde, das ist nicht wenig Geld, und dazu stehen wir immer noch.

Es ist schon angesprochen worden, dass ein Referentenentwurf zum Kitagesetz vorliegt. Ich hoffe, dass wir bald den Gesetzentwurf im Parlament diskutieren können. Ich bin auch der Auffassung, dass wir darüber diskutieren können, wie es uns gelingen kann, eine flächendeckende Qualitätsverbesserung im Gesetz zu verankern. Wir werden uns sicher auch die Frage stellen, ob der Bildungszuschlag der richtige Weg ist, um dies zu gewährleisten.

Zu den wesentlichen Unterschieden und Ansätzen zwischen unseren beiden Fraktionen: Sie möchten zurzeit keine Beitragsfreiheit für die Kitas. Wir haben dies den Berliner Eltern zugesagt, und dazu stehen wir immer noch. Das hat unterschiedliche Gründe. Die Kita ist eine Bildungseinrichtung.

[Beifall von Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

Wir sind der Auffassung, dass Bildung nichts kosten darf, ob es in der Schule oder in der Hochschule ist. Das ist unser sozialdemokratischer Ansatz.

[Joachim Esser (Grüne): Trifft ja für die meisten zu!]

Ich möchte Sie einmal sehen, wenn wir im Bereich der Hochschulen diskutieren würden, die Qualität zu verbessern, und dabei plötzlich Studiengebühren einführen möchten. Da sind Sie der Lauteste.

[Beifall von Mirco Dragowski (FDP)]

Zweitens: Wir möchten Eltern entlasten. Kitabeiträge sind für Eltern eine finanzielle Belastung, ob sie Geringverdiener sind oder auch ein höheres Einkommen haben. Ich habe die Eltern noch nicht in Massen erlebt, die Frau Jantzen hier angesprochen hat, die sagen: Ich verzichte freiwillig auf die Beitragsfreiheit für eine Qualitätsverbesserung. – Die gibt es sicher im Einzelnen, aber es gibt viele Eltern, die sagen: Das ist für mich eine Entlastung. – Ich empfinde es als einen politisch richtigen Schritt, weil die Kita eine Bildungseinrichtung ist und deshalb kostenfrei sein muss.

[Beifall bei der SPD]

Drittens: Wir möchten, dass möglichst viele Kinder die Kita besuchen. Die Beitragsfreiheit senkt ganz einfach die Zugangsschwelle, gerade für sozial Benachteiligte oder problembehaftete Familien.

[Joachim Esser (Grüne): Die zahlen doch gar nicht!]

Das belegen die Zahlen. Gucken Sie sich die Kleinen Anfragen an, die wir, SPD und Linke, gestellt haben! Das Sprachfördergesetz und die Beitragsfreiheit haben dazu geführt, dass mehr Kinder in die Kita gehen. Aus diesem Grund haben wir 109 Millionen Euro zusätzlich in den Nachtragshaushalt eingestellt. Das ist es uns auch wert.

Entschuldigung, Frau Scheeres! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Pop?

Nein, im Moment nicht!

[Michael Schäfer (Grüne): Haben Sie Angst vor einer guten Frage?]

Nein, habe ich nicht! Ich diskutiere gern mit den Grünen. Das weiß auch Frau Jantzen.

Die Zahlen belegen, dass dies die richtigen Instrumente sind. Wir haben es den Eltern zugesagt, und dazu stehen wir. Fazit: Wir stehen zu der Beitragsfreiheit, und wir stehen zu einem stufenweisen Ausbau der Qualität in den Kindertageseinrichtungen. Dafür werden wir uns in den Haushaltsberatungen auch einsetzen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Beifall von Uwe Doering (Linksfraktion)]

Vielen Dank, Frau Abgeordnet Scheeres! – Für die CDUFraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Demirbüken-Wegner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über vorschulische Bildung wird viel geredet, in diesem Haus, in Berlin. Immer wieder werden die Ursachen beschrieben und bei den Sprachtests und der Erfassung von Lernausgangslagen die Probleme festgestellt. Dies sollte nach dem Willen von rund 66 000 Eltern verbessert werden – so jedenfalls das Ergebnis des Volksbegehrens vergangenen Jahres.

Ziel des Volksbegehrens war eine Änderung des Berliner Kitagesetzes mit dem Rechtsanspruch auf sieben Stunden Betreuung für alle Kinder ab drei Jahren und die Einstellung zusätzlicher pädagogischer Fachkräfte für bessere Bildungsvoraussetzungen in den Berliner Kindertageseinrichtungen. Doch der Senat sagte nach sozialistischer Manier einfach: Njet! –, machte kurzerhand eine fiktive Kostenrechnung, wie wir es auch jetzt erlebt haben, und verschanzte sich hinter einer sogenannten Erheblichkeitsschwelle.

Natürlich bliesen sich danach die Fraktionsvorsitzenden der Regierungsfraktionen von SPD und Linken sofort auf und quakten etwas von einer beabsichtigten Verbesserung beim Rechtsanspruch auf Teilzeitbetreuung im letzten Kitajahr ab 2009. Sogar die personellen und finanziellen Voraussetzungen sollten geschaffen werden. Wie man bis jetzt sehen kann: Änderung ohne Wert. Sie sagen das, Sie wissen vieles, auch die Problematik, Frau Scheeres. Reagiert haben Sie bisher jedoch nicht, auch nicht reagiert auf die Aussetzung der Qualitätsvereinbarung zur Qualitätssicherung der Kitaträger.

Frühkindliche Bildung als wichtiger Schlüssel zum Abbau von Bildungsbenachteiligung wird bei den Sozialisten

im Berliner Senat zwar immer im Munde geführt und vom Bildungssenator Zöllner propagiert. Denn der Senator wird nicht müde, die Berliner Spitzenplätze im Bundesvergleich bei der Betreuungsquote immer wieder zu wiederholen. Für den Standort Berlin und für die Verbesserung der Arbeitsmarktchancen der Frauen ist dies natürlich gut, doch ist die große Freude über einen vierten Platz bei der Betreuungsquote im Bundesvergleich nicht mehr viel wert, wenn sie an vorschulischer Bildungsqualität und Beschäftigungsquote gemessen wird.

Die 66 181 Berliner, die das Volksbegehren unterschrieben haben, stehen deshalb mit ihren Forderungen nicht allein. Denn wenn es um die Verbesserung der Qualitätsparameter geht, hören wir immer nur etwas von Evaluationsergebnisse auswerten oder Bericht abwarten.

Ja, meine Damen und Herren, auch wenn Sie es nicht gern hören, ich kann Ihnen vorlesen, was Senator Zöllner am 13. März 2008 hier im Abgeordnetenhaus gesagt hat:

Wie Ihnen bekannt ist, wird gegenwärtig zwischen den Vereinbarungspartnern der Qualitätsvereinbarung Tageseinrichtungen eine Evaluation vorbereitet, die u. a. klären soll, ob und, wenn ja, welche Konsequenzen aus der Einführung des Bildungsprogramms zu ziehen sind. Welche finanzielle oder personelle Unterstützung die Kitas künftig erhalten, werden wir diskutieren, wenn die Ergebnisse dieser Evaluation vorliegen. Ich rechne mit diesen Ergebnissen noch im laufenden Jahr.

Das war vor einem Jahr! Das Abgeordnetenhaus hat aber immer noch keinen Evaluationsbericht. Die Qualitätsvereinbarungen mit den Träger sind ausgehandelt und unterschrieben. Geändert hat sich bis jetzt nichts. Ohne zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen für bessere vorschulische Bildung geht das Spiel weiter.

Noch immer warten die benachteiligten Vorschulkinder auf bessere Startchancen in der Bildung. Nicht Hilfsbedürftigkeit zählt, sondern Durchschnittswerte. Im Kitakostenblatt ist festgelegt, was in Berlin ein Kitaplatz kostet. Es berücksichtigt sowohl Personal- wie auch Sachkosten. Das Maß für die Finanzierung sind vor allem die Zahl und das Alter der Kinder sowie die Länge der Betreuungszeit. Je älter die Kinder sind, desto weniger Erzieherstunden gibt es. Beispiel Ganztagsplätze: Bei unter Zweijährigen kommen sechs, bei Zweijährigen sieben und bei den Dreijährigen zehn Kinder auf eine Erzieherin. Die Bedarfsfeststellung und Gutscheinvergabe für den Kitabesuch richten sich in erster Linie nach der beruflichen Situation der Eltern und nicht nach den Bildungsansprüchen und -bedürfnissen der Kinder. Wir brauchen die feste Förderung für die Kinder, und darum müssen wir früh und mit hoher Qualität beginnen. Allen Kindern müssen vergleichbare Bildungschancen eröffnet werden.

[Beifall bei der CDU]

Darum unterstützen wir den Gesetzesentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, da dieser genau wie unsere Anträge vom September des letzten Jahres eine frühere und

längere Förderung ohne Bedarfsprüfung vorsieht und die Qualitätsansprüche von frühkindlicher Bildung und Erziehung mit einer verbesserten Personalausstattung einleitet. Die CDU-Fraktion will Bildung als Priorität und mehr Bildungsgerechtigkeit für alle durch Teilhabe ohne Schranken und Mauern. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Das Wort für die Linksfraktion hat Frau Weiß.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das hatten wir hier noch nicht: Vor wenigen Tagen ist eine Kleine Anfrage zum Thema Kita meiner Kollegin Margrit Barth öffentlich geworden, die die aktuelle Versorgungssituation mit Kitaplätzen darstellt. Fast 42 Prozent der unter dreijährigen Kinder besuchen eine Einrichtung oder nutzen die Tagespflege. Das ist schon heute mehr als der bundesweit geforderte Schlüssel für 2013, und wir haben uns vorgenommen, bis 2013 unseren jetzigen Schlüssel auf 46 Prozent zu erhöhen. Bei den über Dreijährigen sind es fast 90 Prozent, im letzten Kitajahr sogar über 98 Prozent. Fast 60 Prozent aller Angebote sind mindestens Ganztagsplätze, schon jetzt! Damit geht Berlin weit über das hinaus, was in der Bundesrepublik jetzt Standard ist, und wird es wohl auch in naher Zukunft immer tun.

Das lassen wir uns etwas kosten. Die Millionen, das hatte Frau Scheeres schon gesagt, finden sich besonders im Nachtragshaushalt, und wenn man sich die mittelfristige Finanzplanung ansieht, findet man für 2010 817 Millionen Euro für den Kitabereich. Zusätzlich gibt es die Investitionsmittel für U3 und das Konjunkturprogramm II. Wir finden, dass das eine beeindruckende Bilanz ist und dass man das hier auch einmal sagen sollte, statt sich über Nuancen zu streiten.