Protocol of the Session on April 30, 2009

Ich möchte ferner in Bezug auf Ihren Argumentationsversuch, mit dem Sie Ihre „hinkende“ Äußerung untermauern wollten, drei Dinge feststellen. Erstens: Die Anmeldung, die Herr Jermak für das 1. Mai-Bündnis vorgenommen hat, war weder mit seinem Bezirksverband noch der Landesebene abgesprochen. Er hatte dazu weder einen Auftrag noch eine Legitimation von uns.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Dann distanziert euch doch davon!]

Kann ich vielleicht mal ausreden, Herr Dr. Lindner? Kümmern Sie sich doch erst einmal um Ihren eigenen Laden! Der blickt an verschiedenen Ecken und Enden auf eine Geschichte von Wahnsinnsäußerungen zurück. Lassen Sie mich hier meine Arbeit machen! Sie können nachher Ihren Kommentar abgeben.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Es war die Entscheidung von Herrn Jermak als Privatperson, diese Demonstration anzumelden.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Lächerlich!]

Herr Wolf hat im Namen meiner Fraktion eine Erklärung dazu abgegeben, was von den Äußerungen von Herrn Jermak zu halten ist. Er hat sinngemäß oder sogar wörtlich gesagt, dass das dummes Zeug ist. Dem kann ich mich anschließen: Von so dummem, gefährlichem Zeug distanzieren wir uns. Das haben wir getan.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin aus der „Berliner Morgenpost“ von heute:

Auch die eigene Partei distanzierte sich von dem Jungpolitiker. Wer so etwas behauptet, weiß nicht, wovon er redet.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Mal so, mal so! Doppelspiel!]

Herr Dr. Lindner! Das steht heute in der Zeitung. Sie können nicht umhin, dass dies – für alle nachlesbar – die Position meiner Partei ist. Das müssen Sie endlich mal zur Kenntnis nehmen.

Zweitens: Die Aussagen des 1. Mai-Bündnisses, die von Ihnen zitiert wurden, Herr Jotzo, sind nicht weniger absurd, aber davon müssen wir uns nicht distanzieren, weil man sich von nichts distanzieren muss, dem man nicht angehört. Wir haben zu dieser Demonstration nicht aufgerufen. Die Äußerungen sind dummes Zeug und gefährlich.

Drittens: Wenn in den letzten Jahren im Land Berlin einiges für einen friedlichen Verlauf des 1. Mai getan wurde, ist das auch auf das Engagement meiner Partei und der früheren Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Cornelia Reinauer, zurückzuführen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Bitte messen Sie uns an unseren Taten! Nehmen Sie sich keinen 20-Jährigen als Beweis für die angeblichen Positionen meiner Partei! Es ist schlimm genug, dass einige Jungautonome einen 20-Jährigen instrumentalisieren. Dass es die FDP auch noch tut, finde ich armselig.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Lederer! – Wenn Sie antworten möchten, Herr Jotzo, haben Sie jetzt die Gelegenheit dazu. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist das altbekannte Doppelspiel:

[Dr. Martin Lindner (FDP): Richtig!]

Die Linke weiß an der einen Stelle nicht, weiß Die Linke an der anderen Stelle tut. Das eine ist der Bezirk und das andere der Bundesverband. Hinterher ist dann keiner mehr verantwortlich für das, was der eine oder die andere sagt. Aber für jemanden, der in einer Bezirksverordnetenversammlung für eine Partei Verantwortung übernimmt, für den muss auch die Partei Verantwortung übernehmen. Dazu gehört auch, dass man bei einer solch ungeheuerlichen Äußerung eine entsprechende Beschlussfassung innerhalb der Partei herbeiführt. Dazu gehört es auch, dass eine Partei entsprechende Konsequenzen zieht. Was haben Sie uns diesbezüglich außer Apologetik zu bieten? Was haben Sie in Ihrer Partei aufgrund der Äußerungen veranlasst? – Nichts!

[Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der Linksfraktion]

Ich möchte auch noch auf die anderen Äußerungen eingehen, die getätigt wurden. Sie wissen ganz genau: Auf der entsprechenden Pressekonferenz wurde Herr Jermak gefragt, ob er mit den Zielen der Demo übereinstimme. Darauf hat er ganz klar geantwortet: „Wenn ich damit nicht einverstanden wäre, hätte ich die Demo nicht angemeldet.“ Jetzt zu behaupten, er könne nicht für das verantwortlich gemacht werden, was im Rahmen seiner eige

nen Pressekonferenz an politischen Zielen der Demonstration geäußert wurde, ist auch Teil Ihrer linken Apologetik. Damit werden Sie nicht durchkommen, auch nicht vor den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Martina Michels (Linksfraktion): Aber Sie auch nicht!]

Das Wort für eine weitere Kurzintervention erhält die Abgeordnete Grosse. – Bitte!

[Mieke Senftleben (FDP): Jetzt aber hallo!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Jotzo! Ich gehe auf Ihren ersten Redebeitrag ein. Damit haben Sie sich ganz klar distanziert. Sie haben zwar gesagt, der 1. Mai sei der Tag der Arbeit, aber es ist für Sie nicht der Tag der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Das ist ein gewaltiger Unterschied. Sie haben nicht zur Demonstration der DGB-Gewerkschaften, sondern zu Ihrem eigenen Fest aufgerufen. Warum machen Sie Ihr eigenes Fest an diesem Tag auf der Straße?

[Zurufe von der FDP]

Weil Sie es nicht ausgehalten haben, dass die DGBGewerkschaften ihre Demonstrationsroute vor Ihrer Zentrale entlanggeführt haben. Im nächsten Jahr haben Sie dann dieses Fest angemeldet, sodass der DGB eine andere Route wählen musste. Das ist nun seit Jahren so. – Dafür steht die FDP. Die FDP hat eine völlig andere Einstellung zur Arbeit als die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dieser Stadt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Grosse! – Herr Jotzo möchte antworten und hat dazu drei Minuten lang Gelegenheit. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Grosse! Es ist doch unstrittig, dass wir uns freuen, wenn die DGB-Gewerkschaften am 1. Mai eine erfolgreiche Veranstaltung durchführen. Und selbstverständlich freuen wir uns auch, wenn die DGB-Gewerkschaften dazu durch Berlin ziehen. Aber es geht nun mal nicht, wenn eine so große und erfolgreiche Veranstaltung wie der „Liberale 1. Mai“ der FDP vor der FDP-Bundesgeschäftsstelle stattfindet – mit mehreren Tausend Gästen.

[Markus Pauzenberger (SPD): Schwachsinn!]

Dann kann man leider nicht gewährleisten, dass diese Straßen auch für durchziehende andere politische Veranstaltungen anderer Couleur freigehalten werden.

[Beifall bei der FDP]

Deshalb freue ich mich insbesondere, wenn wir morgen auch noch mehr Gäste zu unserem „Liberalen 1. Mai“ begrüßen dürfen. Insoweit Frau Grosse: Vielleicht schauen Sie vorbei, und wir freuen uns dann sehr.

[Beifall bei der FDP]

Das Wort für den Senat hat jetzt der Senator für Inneres und Sport, Herr Dr. Körting. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte damit beginnen, dass ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen der Berliner Polizei und der anderen Polizeien bedanke, die in den letzten Wochen die Bewältigung der sicherlich schwierigen Situation heute Nacht und morgen vorbereitet haben und zurzeit vorbereiten. Immerhin werden wir an diesen zwei Tagen rund 5 000 Polizeibeamtinnen und -beamte im Einsatz haben, die ein vielfältiges Geschehen, was in dieser Stadt stattfindet – von unkomplizierten Demonstrationen wie den DGB-Aufzügen bis hin zu komplizierten Demonstrationen wie denjenigen in Kreuzberg oder Treptow-Köpenick –, zu bewältigen haben.

Es ist angesprochen worden, dass das Klima in diesem Jahr anders ist als im vergangenen Jahr, und ich glaube, man ist gut beraten, das ohne Vorwurf, wie es teilweise hier geschehen ist, zu konstatieren. Wir haben auch aufgrund der Weltwirtschaftskrise und aufgrund dessen, was da vor sich geht, nicht nur bei einigen Leuten, bei denen man Zweifel haben kann, inwieweit sie intellektuell fähig sind, zu Dingen Stellung zu nehmen, sondern bei vielen Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt ein Unbehagen. Ich persönlich habe auch ein Unbehagen und verstehe Empörung, wenn Banker, die ihre Bank in den Ruin treiben, gleichzeitig Millionen-Boni bekommen. Das kann keiner verstehen, und das kann auch draußen kein Bürger verstehen.

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen – Zurufe von der CDU und der FDP]

Herr Juhnke! Und das ist nicht die Schuld dieses Senats, um es mal ganz zurückhaltend zu sagen, sondern das ist eine Situation, mit der wir umgehen müssen. Ich glaube, wir sind gut beraten, mit kühlem Kopf mit dieser Situation umzugehen und die Leute, die auf die Straße gehen, ernst zu nehmen, soweit sie politisch auf die Straße gehen und politische Forderungen erheben. Wir sind gut beraten, sie ernst zu nehmen und sie ihre politischen Forderungen und ihre Bedenken vortragen zu lassen. Das ist eine

Selbstverständlichkeit in einem demokratischen Rechtsstaat.

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen – Beifall von Björn Jotzo (FDP)]

Das werden wir tun. Ich kann Ihnen nicht versprechen, wie der 1. Mai oder die Walpurgisnacht heute Abend ablaufen wird. Ich kann Ihnen sagen, was meine Sicherheitsexperten, mein Landeskriminalamt, mein Verfassungsschutz an Einschätzungen haben.

[Benedikt Lux (Grüne): Unser Verfassungsschutz! – Weitere Zurufe von den Grünen]

Der sieht natürlich, dass das Klima schwieriger und rauer geworden ist. Er sieht aber auch, dass vieles von dem, worüber wir hier diskutiert haben, Verbalradikalismus ist, den wir genauso im Jahr 2008 und im Jahr 2007 hatten. Herr Wolf hat von dicken Backen oder etwas Ähnlichem gesprochen. Genau das haben wir auch in den vergangenen Jahren gehabt. Insofern ist die Einschätzung der Berliner Polizei für die Zeit nach Ablauf der Demonstrationen völlig unverändert gegenüber derjenigen für das Jahr 2008. Natürlich werden wir einzelne kleine Gruppen oder einzelne Gewalttäter haben. Der Spuk ist noch nicht vorbei. So illusionär ist keiner. Wir werden wieder Leute haben, die Gewalt suchen, aber es spricht nichts dafür, dass Gewalt von großen Gruppen organisiert wird. Ich glaube, wir sind gut beraten und handeln gut und verantwortungsvoll, das nicht herbeizureden.

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen]