Protocol of the Session on April 30, 2009

Kopf hin. Da macht sich die Senatorin vom Acker. Bei Mietpreisen macht sich die Senatorin auch vom Acker. Das Ganze ist auch noch in einer SPD-geführten Bundesregierung so. Ich glaube, Sie als vermeintliche Arbeiterpartei lassen Ihre Kernklientel, die Menschen, die Arbeit haben, die Menschen, die wenig verdienen, ganz schön allein und lassen uns Grüne, als diejenigen, die traditionell noch nicht ganz so nah dran sind, ganz schön im Regen stehen. Auch dabei darf ich Sie, meine Damen und Herren, zu mehr Solidarität auffordern!

[Beifall bei den Grünen]

Der 1. Mai ist nicht nur ein internationaler Feiertag, er ist auch ein kirchlicher, ein katholischer Feiertag. Es ist der Feiertag des Heiligen Josef, und da darf ich noch in Richtung Partei mit dem „C“ im Namen sagen: Der schlaue Zimmermann macht heute auf energetische Sanierung, der macht nicht auf Atomstrahlemann, nicht auf Abwrackmann und nicht auf Niedriglohn. – Ich sage Ihnen: Der Blaumann wird grün. Die 1,8 Millionen Jobs, die wir in der Umwelt geschaffen haben, da müssen wir vorangehen, da müssen wir ansetzen. Wir brauchen den Strukturwandel in der Krise. Und gerade eine Partei, die sich die Bewahrung der Schöpfung auf die Fahnen geschrieben hat, muss hier auch ansetzen und Druck auf die Bundesregierung machen. Was ich hier von Herrn Juhnke gehört habe, war Gewaltexegese, innenpolitisches Schauen in die Kugel: Was wird passieren? Was ist passiert? – Welche Kleingeister haben hier eigentlich gerade geredet? Es geht am 1. Mai, am Tag der Arbeit und auch an diesem Feiertag darum, Arbeit zu schaffen, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Hier haben Sie heute eine ganz entscheidende Gelegenheit verpasst. Ich kann Ihnen nur sagen, wenn der Heilige Josef damals so gewirkt hätte, wie Sie heute Politik machen, dann wäre die Mutter Gottes Maria nicht einmal vom Heiligen Geist schwanger geworden.

[Beifall bei den Grünen – Gelächter bei der CDU]

Noch mögen Sie lachen, aber Sie und uns alle wird es in Zeiten dieser Krisen treffen, die perfider nicht zusammenwirken können. Wir haben die internationale Ernährungskrise. Mittlerweile ist davon eine Milliarde Menschen betroffen. Herr Czaja! Lachen Sie! Eine Union, die einen Politiker wie Sie aufstellt, der dadurch ernährt wird, dass er sich im Parlament platt sitzt oder nicht, der hier ernährt und durchgefüttert wird, kann vielleicht lachen, aber ich lache nicht über eine Milliarde hungernde Menschen auf diesem Planeten.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Markus Pauzenberger (SPD)]

Sie lachen darüber, dass wir auf Kosten anderer leben, dass die Menschen nichts zu essen haben, dass eine Milliarde Menschen hungert, dass es eine Ernährungskrise gibt, die sich zu einer globalen Krise ausweiten und uns auch hier im Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Finanzkrise erreichen kann. Sie lachen heute darüber, aber erklären Sie den Menschen da draußen, wie das weitergehen soll, Herr Czaja!

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Markus Pauzenberger (SPD)]

Das wird uns in Berlin insgesamt erreichen. Ich meine die Antwort vom Regierenden Bürgermeister und seinem Stellvertreter: Wir sind schon arm, wir können kaum ärmer werden. Sexy bleiben wir hoffentlich. – Aber wenn das schwäbische Kind von seinem Ingenieursvater nicht mehr das Geld hat, um hier zu studieren und zu wohnen, dann wird es auch Berlin schlechter gehen. Es wird uns erreichen. Unsere großen Exportüberschüsse in Berlin kommen im Wesentlichen aus den USA. Sie wissen, dass dort die Finanz- und Wirtschaftskrise begonnen hat. Wir können aber nicht so tun, als könnten wir einfach zuschauen, wie das auf uns zurollt.

Ich versuche noch einmal, den Bogen zur Gewalt zu schlagen. Im Jahr 2001, zum Höhepunkt der Bankenkrise, gab es ein restriktives Konzept vom CDU-Innensenator. Der Mariannenplatz war abgeriegelt, und es gab die Bankenkrise auf der anderen Seite. Ich will jetzt keine historischen Vergleiche zu stark bemühen, aber wir sind in einer ähnlichen Situation, wo die Menschen soziale Ängste entwickeln, die sie auch zu Recht entwickeln und die wir, jedenfalls heute, nicht beantworten konnten. Das konnte die CDU-Fraktion erst recht nicht. Das hat die SPDFraktion auch ausgelassen. Das hat der regierende Senat ausgelassen. Es ist versäumt worden, einen Tag vor dem Tag der Arbeit ein Konzept zu schaffen, wie wir in Zeiten dieser Krise Arbeitsplätze für die Zukunft schaffen können. Ich glaube, dass wir Grünen da immer noch die Antwort haben, die sonst kein anderer hat, nämlich konsequent sozial und ökologisch zu erneuern, diesen Reformmotor als Kraftakt für die Gesellschaft zu beginnen, damit wir auch in Zukunft – meine Generation und die jüngere Generation – Arbeit haben können. Wenn wir diesen Kraftakt beginnen, dann können wir morgen auch einen ruhigen und friedlichen 1. Mai feiern. – Danke schön!

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lux!– Für die FDPFraktion hat der Abgeordnete Jotzo das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sicherlich hat Herr Lux recht. Morgen ist der Tag der Arbeit, und deswegen geht es an diesem Tag der Arbeit auch vor allem um die Menschen, die keine Arbeit haben und die Menschen, die wenig verdienen. Aber es geht vor allem um die Menschen, die leistungsbereit sind, die in Arbeit kommen möchten, und diese Menschen brauchen Chancen. Es wird auch am morgigen 1. Mai darum gehen, dass wir diesen Menschen die Chancen aufzeigen, wie sie Teil unserer Gesellschaft in Arbeit und erfolgreich Teil unserer Gesellschaft sein können.

[Beifall bei der FDP]

Deswegen lade auch ich Sie sehr herzlich ein, an der Veranstaltung der FDP-Fraktion zum liberalen 1. Mai – wie in jedem Jahr – vor der Bundesgeschäftsstelle in die Reinhardtstraße zu kommen und dort teilzunehmen und zu zeigen, wo die Zukunft unserer Gesellschaft ist, nämlich dort, wo die Leistungsbereitschaft in unserer Gesellschaft ist, bei kleineren und mittleren Unternehmen, da, wo es darum geht, mit einer vernünftigen, erfolgreichen und liberalen Wirtschaftspolitik Arbeit für unser Land zu schaffen. Das schafft nicht der öffentliche Beschäftigungssektor, das schafft nicht der Staat. Arbeitsplätze schaffen vor allem kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland. Sie sind das Rückgrat unserer Wirtschaft.

[Beifall bei der FDP – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): In welcher Telefonzelle findet die Veranstaltung statt?]

Der 1. Mai ist auch ein Feiertag, der vor allem in den letzten 22 Jahren oft missbraucht worden ist. An dieser Stelle muss gesagt werden: Es ist auch aus liberaler Sicht absolut inakzeptabel, wenn Gewalt verübt wird, um vermeintlich politische Ziele zu verwirklichen. Die FDPFraktion verurteilt eine solche Gewalt, und zwar egal, ob von rechts oder links.

[Beifall bei der FDP]

Es ist inakzeptabel, wenn Polizistinnen und Polizisten angegriffen werden, wenn Gewalt gegen Sachen, gegen Gebäude, gegen Fahrzeuge verübt wird oder wenn Menschen daran gehindert werden, dort in unserer Stadt hinzugehen, dort zu leben, dort zu wohnen oder dort Geschäfte zu eröffnen, wo sie das wollen. Ich kann kein Verständnis aufbringen für selbsternannte Anarchisten oder für sogenannte eventorientierte Jugendliche, die meinen, einmal im Jahr ordentlich die Sau rauslassen zu müssen. Das brauchen wir in unserer Stadt nicht.

[Beifall bei der FDP]

Ich muss zugeben, ich habe es als wohltuend empfunden, was Innensenator Körting und auch Sie, Herr Kleineidam, insbesondere zu den unerträglichen Bemerkungen des Herrn Jermak zu unserer Polizei gesagt haben. Aber ich hätte mir durchaus von der Koalition noch klarere Worte gewünscht.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Was hat denn Herr Wolf gesagt?]

Diese klareren Worte sind leider – ich komme gleich dazu – weitgehend ausgeblieben. Am erschreckendsten ist trotz der Rede des Herrn Wolf doch immer noch die Position der Linksfraktion. Das, was Herr Wolf hier geäußert hat, hörte sich für mich doch weitgehend an wie eine gewisse Apologetik. Es ist ein Skandal, wenn ein Bezirksverordneter einer im Abgeordnetenhaus vertretenen Regierungspartei einem Demonstrationsbündnis vorsteht, das offiziell folgende Aussagen tätigt – ich darf mit Erlaubnis der Frau Präsidentin zitieren –:

Wir wollen soziale Unruhen, und wir werden alles tun, sie zu erreichen.

Wir stehen in der Tradition des Blutmai 1929. Wir brauchen einen revolutionären Umsturz, um die Probleme zu lösen.

Ob es am Freitag gewalttätige Ausschreitungen gibt, liegt am Verhalten der Polizei. Wir wünschen uns, dass die Bullen sonst wo bleiben.

Zwar ist es richtig, dass diese Aussagen nicht von dem Bezirksverordneten Jermak persönlich getätigt wurden, aber es ist doch ganz klar: Er lässt sich hier ganz klar vor diesen Karren spannen. Er hat diese Aussagen auch nicht dementiert, und deshalb ist auch davon auszugehen, dass es die Position des Veranstalters und damit die Position von Herrn Jermak ist.

Wir haben uns in diesem Haus bereits mehrfach mit dem Demokratieverständnis der Partei Die Linke, die seit kurzem auch offiziell Rechtsnachfolgerin der SED ist, auseinandergesetzt. Wir haben Ihnen immer wieder Beispiele aufgeführt, und auch hier haben wir einen weiteren Beleg dafür: Die Linksfraktion schreckt auch vor Gewalt nicht zurück, um ihre politischen Ziele durchzusetzen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Ich muss sagen, dass die Parteispitze der Linksfraktion stumm blieb zu der Bemerkung, es gäbe in Teilen der Polizei einen faschistischen Korpsgeist, das ist empörend.

[Elke Breitenbach (Linksfraktion): Dazu hat Herr Wolf etwas gesagt!]

Es ist auch an der FDP-Fraktion, solche Anschuldigungen gegenüber der Polizei ganz klar zurückzuweisen. Diese Bemerkung geht zu weit, und es ist gut, wenn der Innensenator und auch der Polizeipräsident die entsprechenden Schritte einleiten.

Entschuldigung, Herr Jotzo! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Lederer?

Nein! Das hat sich zwischenzeitlich erledigt und wird eine Kurzintervention! – Bitte, fahren Sie fort!

Danke! – Wir fordern die Linksfraktion auf, sich nicht nur von dieser Äußerung zu angeblichen faschistoiden Tendenzen in der Polizei zu distanzieren, sondern auch von den übrigen Aussagen des Demonstrationsbündnisses, die sich Herr Jermak offensichtlich zu eigen gemacht hat. Und solange eine solche Distanzierung hier ausbleibt, kann auch solches nicht ernsthaft gemeint sein.

[Beifall bei der FDP – Dr. Martin Lindner (FDP): Typisch linke Doppelspiele!]

Wir müssen davon Abstand nehmen, die Gewalt am 1. Mai zu verharmlosen. Ich habe den Eindruck, dass in Teilen der Berliner Parteienlandschaft durchaus ein Verständnis für Anschläge auf sogenannte Carlofts besteht. Aber es bleibt auch anzumerken: Die Toleranz, die Sie zu Recht von anderen einfordern, müssen Sie auch denjenigen entgegenbringen, die anders sind als Sie. Insbesondere die Linkspartei hat die Aufgabe, auf die Gesellschaftskreise, auf die sie Einfluss hat, einzuwirken, um für Toleranz zu sorgen.

Ich darf noch zum sogenannten Infostand der CDU Stellung nehmen: Herr Wansner! Bei allem Verständnis für Ihr Bemühen um die CDU in Friedrichshain-Kreuzberg muss man sagen, dass das Spiel, das Sie dort getrieben haben, allzu durchsichtig ist. Wer sich das objektiv anschaut, muss erkennen, dass es Ihnen offensichtlich nicht darum geht, aufzuklären oder eine politische Meinungsäußerung im Sinne einer Demonstration, die tatsächlich schützenswert wäre, von sich zu geben, vielmehr wollen Sie zündeln. Aus Sicht der FDP-Fraktion ist ein solches Zündeln nicht nur sachwidrig, sondern auch unnötig und gefährlich.

[Beifall bei der FDP und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Özcan Mutlu (Grüne): Peinlich ist das!]

Die FDP steht für eine tolerante Gesellschaft ohne Gewalt. Wo Gewalt auftritt, muss der Staat in geeigneter Art und Weise, und zwar auch mit aller Entschiedenheit reagieren. Toleranz ist keine Einbahnstraße. Wir fordern Toleranz auch von denen, die sie von anderen erwarten. In diesem Sinn erwarten wir vom Senat, dass er in der gewohnten Art und Weise – mit einem moderaten Einsatz der Polizeikräfte und mit verhältnismäßiger Ausübung staatlicher Gewalt – vorgeht. Ob die Einschätzung des Senats letztlich zutrifft, wonach die Gefährdungslage ähnlich ist wie im letzten Jahr, wissen wir hinterher besser. Nach allem, was wir bisher wissen, ist davon auszugehen, dass der polizeiliche Kräfteeinsatz ausreichen wird, um die polizeilichen Aufgaben zu erfüllen. Es bleibt unsere Hoffnung, dass wir einen friedlichen 1. Mai erleben werden, einen 1. Mai, der sich tatsächlich wieder auf die wesentlichen Werte zurückbesinnt, um die es beim 1. Mai geht.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Nämlich?]

Es geht um Toleranz, um Arbeit, darum, wie wir den Menschen in unserer Gesellschaft gegenübertreten und wie wir uns eine gerechte und soziale Gesellschaft in Zukunft vorstellen, die allen Menschen die Chancen bietet, die sie sich selbst wünschen. – In diesem Sinn schließe ich mit einem Appell: Ich hoffe, dass sich alle Beteiligten morgen dieser Tragweite bewusst sind und sich entsprechend verhalten. Ich wünsche uns allen einen friedlichen 1. Mai.

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jotzo! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat nun der Abgeordnete Dr. Lederer.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Jetzt kommt wieder das typische linke Doppelspiel!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Jotzo! Sie sagten eben, Die Linke schrecke auch vor Gewalt nicht zurück, um ihre politischen Zielstellungen zu erreichen. Ich möchte feststellen, dass diese Äußerung von Ihnen zurückzuweisen ist.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Ich möchte ferner in Bezug auf Ihren Argumentationsversuch, mit dem Sie Ihre „hinkende“ Äußerung untermauern wollten, drei Dinge feststellen. Erstens: Die Anmeldung, die Herr Jermak für das 1. Mai-Bündnis vorgenommen hat, war weder mit seinem Bezirksverband noch der Landesebene abgesprochen. Er hatte dazu weder einen Auftrag noch eine Legitimation von uns.