Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren, für die Aufmerksamkeit und appelliere noch mal an die SPDFraktion, vielleicht aus dem historischen Bewusstsein dieser Stadt heraus, eine andere Haltung zu dem völkerrechtswidrigen Gefangenenlager Guantánamo einzunehmen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lux! – Für die SPDFraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Hertel das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lux! Gleich zu Anfang zu Ihnen: Wofür und für wen Sie sich auch immer schämen mögen, da sind Sie ganz frei. Tun Sie es! Ich bin, ganz ehrlich gesagt, sehr froh, dass wir einen Innensenator haben, der offenbar zwischen Innen- und Außenpolitik unterscheiden kann.
Ich habe mich zu Beginn, als ich mich auf diesen Antrag vorbereitet habe, wobei ich noch bis vor einer halben Stunde davon ausgegangen bin, dass der irgendwann wegverhandelt ist, weil es sich einfach um ein außenpolitisches Thema handelt – –
Ich bin aber in der Zwischenzeit zu dem Schluss gekommen, dass ich das als Kompliment für die rot-rote Koalition zu werten habe, weil die Grünen offenbar der Auffassung sind, dass alle für diese Stadt wirklich wichtigen Probleme und Fragen bei der rot-roten Koalition einfach in besten Händen sind und Sie sich deshalb auf außenpolitische Themen konzentrieren müssen.
Also tun wir es, beschäftigen wir uns mit Guantánamo! Sie hatten es bereits angesprochen und eingeführt: Ja, Guantánamo ist ein von der Bush-Administration eingeführtes Gefangenenlager gewesen, das die Welt zu Recht kritisiert hat. Alle demokratisch geführten Länder, Staaten, Menschenrechtsorganisationen haben dies getan, und das war auch richtig so. Gott sei Dank hat der neue Präsident Obama vor der Wahl zugesagt und ist auch nach der Wahl noch immer bereit, diesen – nennen wir es von mir aus so – Schandfleck zu beseitigen, denn für einen demokratischen Staat, wie die USA es nun einmal sein wollen – sie haben auch eine gewisse Vorbildfunktion –, ist es ein Schandfleck, dieses Ding so eingerichtet zu haben.
Aber er hat nach der Wahl eben auch erkennen müssen – ich glaube, deutlicher, als ihm das vorher bewusst war –, wie kompliziert die Schließung von Guantánamo werden wird.
Er hat die Militärtribunale sofort abgeschafft. Das ist zu begrüßen. Aber es fällt ihm jetzt doch sehr schwer, das zu tun, was er zugesagt hat, nämlich die Inhaftierten einer ordentlichen Gerichtsbarkeit zuzuführen, weil leider Gottes die Inhaftierungen zum Teil stattgefunden haben aufgrund von Geheimdienstinformationen, die entweder nicht veröffentlicht werden können oder die auf eine Art und Weise zustande gekommen sind, die vor keinem ordentlichen Gericht statthaft wäre. Das ist alles kritikwürdig. Aber, Herr Lux, Sie haben es Gott sei Dank auch angedeutet, machen wir uns nichts vor, gänzlich alles nur Chorknaben sitzen da auch nicht ein.
Und nun komme ich schon zu einem Punkt, den Sie Gott sei Dank auch ansprachen, es ist ja bereits von der Obama-Regierung versucht worden, mögliche Alternativstandorte zu finden. Da wundert mich dann sogar der Satz, den Sie auch in Ihrer Begründung anführen, die Inhaftierten könnten zum Teil in Amerika nicht bleiben. Ja, warum denn nicht?
Ich meine jetzt nicht die, die sagen, sie wollen nicht in den Staaten bleiben, sondern ich spreche von denen, die gar keine Chance hätten, weil sich nämlich komischerweise die Kongressabgeordneten mit Vehemenz gegen die Alternativstandorte in ihren Wahlkreisen wenden,
Entschuldigung, Frau Abgeordnete Hertel! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lux?
weil sie es nach dem Sankt-Florians-Prinzip verweigern, dass eine solche Anstalt in ihren Wahlkreis kommt. Das – muss ich ganz ehrlich sagen – lässt mich dann auch ein bisschen grübeln.
Kommen wir also zum – im Grunde genommen – Schluss! Sie tun hier den vierten Schritt vor dem ersten Schritt. Als Allererstes trifft tatsächlich – wie es unser Außenminister bereits festgestellt hat – die Hauptverantwortlichkeit für die Auflösung des Gefangenenlagers in Guantánamo diejenigen, die es eingerichtet haben, die Amerikaner selbst.
Der zweite Schritt ist eine außenpolitische Lösung. Es muss dann die Entscheidung getroffen werden, welche Länder möglicherweise aufnehmen. Da werde ich dann sehr gespannt schauen, ob Österreich, Schweden, Dänemark oder die Niederlande
Sollte sich in einem dritten Schritt Deutschland dazu bereit erklären, dann wird in entsprechenden – –
Sollte sich also Deutschland dazu bereit erklären, Häftlinge aufzunehmen, dann wird das in einem konsensualen Gespräch zwischen den Innenministern so mit Sicherheit auch passieren. Und dann wird es – nach entsprechenden Einzelfallprüfungen –
sicherlich auch Lösungen einer grundsätzlichen Zustimmung oder einer grundsätzlichen Aufnahmebereitschaft geben.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hertel! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt Herr Abgeordneter Lux. – Bitte sehr!
Danke, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss mich, glaube ich, im Namen sehr vieler dieses Hauses für den Eindruck entschuldigen, den eben die Rednerin der SPD-Fraktion hinterlassen hat,
nämlich dass Berlin nicht zu seiner internationalen Verantwortung stünde, dass sich Deutschland aus dem Staub machen soll, dass Deutschland nicht zu seinen transatlantischen Verbindungen stehen würde, mit dem Argument: Die dort sind selbst schuld, und deswegen wollen wir nichts damit zu tun haben. – Das tut mir leid gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika.
Es ist nichts anderes als plumper Antiamerikanismus zu sagen, sie sind schuld für dieses Gefangenenlager, nun sollen sie auch gucken, was dort passiert ist. Liebe Frau Hertel! Sie haben gefragt, warum es für die Menschen nicht zumutbar sei, dass sie in den USA blieben. Ich sage Ihnen ganz eindeutig, diese Geschichte hat bewiesen, dass es Menschen, die völkerrechtswidrig in Lagern gehalten werden, schlicht und ergreifend menschlich nicht zumutbar ist, in dem Land der Täterinnen und der Täter zu bleiben. Das könnten Sie einsehen, liebe Frau Hertel! Das haben Sie hier heute nicht getan.