Protocol of the Session on April 2, 2009

[Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne): Hört, Hört!]

und die sonstigen Auswirkungen gerade von solchen Verkehrsgroßprojekten sind in der Regel – ich kenne leider kein positives Beispiel – negativ

[Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne): So ist es!]

im Gesamtkontext insbesondere innerstädtischer Verkehrsprojekte und insbesondere, wenn es darum geht, Autoverkehr irgendwie regeln zu wollen, irgendwie ordnen zu wollen. Das ist nie aufgegangen.

In diesem Fall wird auch die Erweiterung, die Verlängerung der Autobahn A 100 mit ansteigendem Autoverkehr begründet. Aber die erfolgreiche Verkehrspolitik dieser rot-roten Koalition hat unter anderem auch dazu geführt, dass der innerstädtische Autoverkehr abgenommen hat.

[Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne): Das ist die Armut der Stadt!]

Eine neue Autobahn bauen zu wollen mit der Begründung, der Verkehr würde zunehmen, ist ein bisschen abenteuerlich und widerspricht auch dieser Entwicklung.

Es wird vielmehr – und das ist die große Gefahr des Projekts – ein neuer Anreiz gegeben, auch innerstädtisch wieder mehr mit dem Auto zu fahren, nämlich von Neukölln irgendwann einmal über die Elsenbrücke in die östlichen Stadtgebiete. Es wird ein Anreiz gegeben, mehr Auto zu fahren, es wird nicht der Anreiz gegeben, die gut vorhandenen Nahverkehrsmöglichkeiten auch weiterhin zu benutzen. Das ist die große Krux des Projekts.

[Beifall bei der Linksfraktion und den Grünen]

Es wird versprochen, dass in den Wohngebieten Verkehrsentlastung stattfindet. Gerade bei Autobahnplanungen gibt es aber das große Problem, dass das mathematische Modell, das dahintersteckt, Verkehr auf leistungsfähigen Trassen zu bündeln, angebliche Entlastung woanders bringen soll.

Leistungsfähigkeit in dieser Dimension ist so ähnlich wie Leistungssport: Sehr störungsanfällig, sehr verletzungsanfällig. Wie verletzungsanfällig der „leistungsfähige Autobahntunnel“ in Britz ist,

[Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne): Zum Beispiel!]

das erleben die Leute, die dort regelmäßig in der Vermutung hinfahren, dass man dort leistungsfähig mit dem Auto schnell durchkommen könnte: Man steht regelmäßig im Stau, wird abgehalten überhaupt auf die Autobahn hinaufzufahren, weil die Leistungsfähigkeit eben ihre Grenzen, ihre baulichen Grenzen hat. Das würde auch bei der Verlängerung zutreffen.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Klaus-Peter von Lüdeke

Die Autobahn ist kein Mäuserad, in dem man ständig mit dem Auto verharrt. Autobahnen haben Zu- und Abwege, und gerade bei den Zu- und Abwegen entsteht keine Entlastung von Wohngebieten, sondern eine Belastung. Und zwar eine höhere Belastung als die Unterlagen voraussagen, weil auch eine Belastung die Lärmbelastung ist, die unter den gesetzlichen Limits ist. Eine Belastung mit 60 DB Lärm ist eine Belastung, die zwar die Grenzwerte nicht überschreitet, die jedoch für die Wohngebiete und die Parknutzerinnen und -nutzer am Treptower Park eine Belastung darstellt, auch wenn sie als Belastung in den Unterlagen nicht so benannt wird. Es ist immer mit einer Belastung behaftet, und deshalb ist das Autobahnprojekt kein geeignetes Mittel, Entlastung zu bringen.

[Beifall bei der Linksfraktion und den Grünen]

Wir haben seit gestern den Sozialstrukturatlas vor uns. Wie eine Perlenschnur reihen sich entlang der bisherigen Autobahn A 100 durch Neukölln, durch Friedenau die sozial belasteten Problemgebiete. Nicht Bezirke, sondern Kieze – –

Frau Kollegin! Sie müssen jetzt zum Schlusssatz kommen!

Ja, ich bin gleich im letzten Satz! – Das ist das längerfristige stadtstrukturelle Problem, das man damit schafft. Man schafft neue sozial belastete Wohngebiete, die man dann wieder mit viel Geld, mit Stadtteilmanagement und anderen Dingen versucht aufzuwerten. Aber man hat die Grundlage dafür mit dem Bau einer solchen Verkehrsschneise gelegt.

Ein sehr langer Schlusssatz, Frau Kollegin!

Deswegen sind wir auch weiterhin diesem Projekt gegenüber sehr kritisch eingestellt.

Vielen Dank!

Letzter Satz! – Wir hoffen, dass es niemals gebaut werden wird! – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linksfraktion und den Grünen]

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/2253 an den Ausschuss für

Stadtentwicklung und Verkehr sowie an den Hauptausschuss. – Ich höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe jetzt auf als Priorität der Fraktion der FDP unter der

lfd. Nr. 4 d:

Antrag

Drogenspürhunde im Strafvollzug stärker einsetzen!

Antrag der FDP Drs 16/2218

Das ist Tagesordnungspunkt 37. – Für die Beratung ist eine Redezeit von jeweils bis zu fünf Minuten vorgesehen. Es beginnt die antragstellende Fraktion der FDP. Das Wort hat der Kollege Kluckert. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Damen und Herren! Viele Gefangene kommen erstmalig in den Justizvollzugsanstalten mit Drogen in Berührung. Zahlreiche Gefangene haben vorher noch nie etwas mit Drogen zu tun gehabt. Das ist ein Zustand, den wir für nicht hinnehmbar halten.

[Beifall bei der FDP]

Da kann man es sich leicht machen wie der Kollege Kohlmeier heute in seiner Pressemeldung und sagen, einen drogenfreien Knast, den gibt es gar nicht, deswegen lasse ich es auch darauf beruhen. Oder man kann zwar wie wir erkennen, dass ein drogenfreier Knast sicher nicht vorstellbar ist, aber wir können zumindest sagen, dass wir eine möglichst effektive Bekämpfung des Drogenkonsums in den Justizvollzugsanstalten anstreben.

[Beifall bei der FDP]

Wir streben an, dass möglichst wenig Drogen in eine Justizvollzugsanstalt hineingeraten. Diese möglichst effektive Bekämpfung, die wir anmahnen, die geschieht in Berlin nicht.

[Mirco Dragowski (FDP): Traurig, traurig!]

Man kann aber mehr machen! Das zeigt unser Vorschlag. Man kann mit kreativen Ideen mehr machen, um so zu verhindern, dass Drogen in die Justizvollanstalten hineingeraten. Unser Vorschlag zielt darauf ab, Drogenspürhunde einzusetzen,

[Uwe Doering (Linksfraktion): Wie kann ein Drogen- spürhund kreativ sein?]

einmal beim Zugang zu der Anstalt und sicherlich dann auch im Einzelfall oder auch in gewisser Regelmäßigkeit bei Zellendurchsuchungen. Andere Bundesländer sind diesen kreativen Weg schon gegangen, sie haben gesehen, dass es eine Möglichkeit gibt, etwas gegen den Drogenkonsum zu unternehmen. Nur die Berliner Verwaltung ist mal wieder sehr viel schlauer als andere Bundesländer: Sie wehrt sich dagegen. Über die möglichen Gründe werde ich Ihnen gleich noch etwas sagen.

Jutta Matuschek

Der Hauptweg, wie die Drogen in die Anstalten geraten, ist sicherlich der Weg über Besucher von Gefangenen. Da gibt es keinen Zweifel. Wer die FDP-Fraktion so verstehen wollte, dass wir gesagt hätten, die meisten Drogen kommen über Anwälte oder Bedienstete der Anstalten, der wollte die FDP-Fraktion bewusst missverstehen. Wir wissen ganz genau, dass die sich die Bediensteten bis auf sehr wenige Ausnahmen und die Anwälte bis auf sehr, sehr wenige Ausnahmen völlig korrekt verhalten, wenn sie die Anstalten betreten.

[Beifall bei der FDP]

Trotzdem wollen wir nicht, dass es für bestimmte Besuchergruppen einfach Ausnahmen gibt. Wir wollen niemanden unter Generalverdacht stellen. Jeder, der sich einer Kontrolle am Flughafen unterziehen muss, kommt auch nicht auf die Idee, er sei jetzt unter Generalverdacht gestellt worden, ein Terrorist zu sein. Wir wollen aber auch keine Freifahrtscheine für bestimmte Besuchsgruppen, die den Missbrauch möglich machen.

[Beifall bei der FDP]

Die Hauptargumente, die hier gegen unseren Antrag vorgebracht werden, sind einfach vorgeschoben. Wenn Hasso Lieber, der Staatssekretär, im Rechtsausschuss behauptet, man müsste Drogen nur in ein Pfefferpäckchen einpacken, dann könnte ein Drogenspürhund sie nicht mehr erschnüffeln, da muss man ihm sagen: Das ist Blödsinn! Drogenspürhunde können so etwas erschnüffeln, ansonsten wüsste sich auch jeder Drogendealer zu behelfen. Jeder Drogendealer wüsste, wie er am Flughafen eine solche Kontrolle umgehen kann.

Kollege Kohlmeier sekundiert und bringt heute in einer Presseerklärung das Argument, die Drogenspürhunde könnten nur fünf Minuten schnüffeln, dann wären sie schon k.o., man müsste sie aus dem Verkehr ziehen. Ein kleiner Blick auf den Flughafen, Herr Kohlmeier, verdeutlich Ihnen: Auch der letzte, der den Jumbojet aus Kolumbien verlässt, wird auch noch kontrolliert, ohne dass der Spürhund vorher umgekippt ist. Sie haben einfach keine Ahnung!

[Beifall bei der FDP]

Der Hauptgrund, warum Sie hier argumentativ in eine solche Richtung gehen, ist, dass es Ihnen recht ist, dass sich Gefangene mit Drogen ruhig stellen, wenn sie die Welt im Knast gedämpft wahrnehmen, denn dann müssen Sie nichts befürchten, dann sind die Leute nicht so launisch, dann machen sie keinen Krawall. Das ist aber nicht der richtige Weg für den Umgang mit dem Thema. Wir müssen den Drogenkonsum auch in den Justizvollzugsanstalten effektiv bekämpfen! – Vielen Dank!