Stattdessen arbeitet der Antrag selbst mit Unterstellungen, die Frau Demirbüken-Wegner hier natürlich niemals sagen würde. Er sagt Sätze wie: Man müsste Maßnahmen ergreifen, um das Gewaltpotenzial zu verringern.
Das Gewaltpotenzial von allen jungen Männern, das von allen Jugendlichen? Man müsste ein Erziehungs- und Präventionskonzept machen. Bei Erziehungskonzept fällt mir gleich Erziehungslager ein.
Dann steht darin, man müsste das gegebenenfalls von Gewalt geprägte Männlichkeitsbild überarbeiten. Ist das Männlichkeitsbild immer von Gewalt geprägt? Man müsste die Angebote unter soziale Kontrolle stellen. Genau, und am Besten noch einen Polizisten daneben. Man müsste sich bewusst darüber werden, dass die Beziehung von männlichen Kindern und Jugendlichen zur Anwendung und Ausübung von Gewalt nach anderen Mustern und Regeln erfolgt als bei Mädchen. Das ist doch nun definitiv ein Erziehungsproblem und sicher nicht genetisch bedingt.
Vielmehr haben wir in den Anhörungen gelernt, dass es einen Dreiklang zwischen pädagogischer Struktur, Wertschätzung und Perspektive für eine gelingende Zukunft gibt. Was greift der Antrag hier auf? – Im Endeffekt greift er nur das Thema pädagogische Struktur auf. Aber haben wir nicht tatsächlich ein Wertschätzungsproblem? Hat Ihr Antrag mit diesen Unterstellungen nicht auch ein Wertschätzungsproblem für diese Gruppe? Was ist eigentlich Ihr Konzept zum Thema Perspektive? Was nützt das nächste Anti-Gewalttraining, wenn ich für die jungen Männer keine Lehrstelle habe?
Aus der Studie von Herrn Pfeiffer möchte ich nur drei Dinge erwähnen. Jugendgewalt hat eine gleichbleibende und rückläufige Tendenz, soviel zum Thema politische Brisanz. Zweitens: Die soziale Missbilligung von Gewalt und eine gewaltfreie Erziehung sind die wichtigsten Präventionsmaßnahmen. Dazu möchte ich zwei Beispiele nennen. Gewalt beginnt mit Worten. Häufiger, meistens, wenn ich im Parlament sitze, fällt mir der Satz ein:
Leichte Schläge auf den Hinterkopf erhöhen das Denkvermögen. Auweia! Das ist ein klassischer Fall von Gewalt mit Worten. Seit den Debatten von scheidenden Senatoren in der Zeitung wissen wir auch, dass Gewalt nicht nur mit Worten, sondern auch mit Zahlen beginnt, das zum Thema Prävention.
Eine letzte Anmerkung: Gewalt ist nur ein Symptom. Gewalt ist sicher nicht das Problem der jungen Menschen.
Wir brauchen eine Anerkennungsstruktur. Wir brauchen Maßnahmen, dass sich junge Männer wieder in der Gesellschaft zurechtfinden. Das ist ein bisschen mehr als ein Aktionsprogramm.
Danke schön, Frau Kollegin! – Für die FDP-Fraktion spricht nunmehr der Kollege Dragowski. – Bitte schön, Herr Dragowski, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Weiß! – Es ist alles in Arbeit, der Senat macht, der Senat tut. Es ist alles wunderbar. Frau Kollegin Herrmann hat es gesagt. Noch haben wir nichts auf dem Tisch. Ich bin einmal gespannt, was der Senat liefert. Weil Sie aber so auf die Zahlen und die Entwicklung bei den Gewaltvorfällen hinweisen, sollten wir einmal nach Berlin schauen. Wir haben seit Jahren eine steigende Entwicklung der Gewaltvorfälle an Schulen. Wir haben seit Jahren eine sinkende Stellenzahl der Schulpsychologen. Vielen Dank, Rot-Rot, für diesen tollen Beitrag zur Jugendgewalt!
Beide Anträge haben sicherlich die Gemeinsamkeit, dass sie von der Koalition heute abgelehnt werden. Wir werden beiden Anträgen zustimmen. Ich möchte mich zuerst zu den positiven Vorbildern in den Schulen äußern. Wie sehen junge Menschen mit Migrationshintergrund ihren Stellenwert in unserer Gesellschaft. Ich war in Neukölln bei einer Veranstaltung des Jugendmigrationsdienstes und habe mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund diskutiert. Ich kann Ihnen sagen, dass sich diese jungen Menschen von der Gesellschaft benachteiligt fühlen. Sie fühlen sich allein gelassen und empfinden teilweise so, dass sie nicht zur Gesellschaft gehören. Sie fühlen sich als
Herr Kollege Kohlmeier! Ich hätte gern auf Ihre Rede geantwortet, aber wahrscheinlich hätte sie ohnehin nur den einen Satz Ihrer Begründung umfasst, den Sie auch im Bildungsausschuss zu diesem Antrag gesagt haben: Wenn jeder Abgeordnete ein Vorbild wäre, hätte man schon viel erreicht. Das nenne ich kritische Auseinandersetzung mit dem Vorschlag der CDU. Vielen Dank, Herr Kohlmeier, für diesen Beitrag!
Im Übrigen waren bei dieser Diskussion in Neukölln viele Abgeordnete gut vertreten. Aber das reicht nicht. Es geht auch um erreichbare Ziele. Nicht jeder Jugendliche möchte Abgeordneter werden. Insoweit, Herr Kohlmeier, reicht das leider nicht. Die Jugendlichen wollen Ausbildungsplätze, wollen arbeiten, wollen studieren. Hier braucht man Vorbilder, die genau dieses erreicht haben. Deshalb ist es sinnvoll, Frau Kollegin Weiß, diesem Antrag zuzustimmen.
Ich möchte gleich auf Sie eingehen, Frau Weiß. Sie sagten im Ausschuss als Grund für die Ablehnung, Stipendien haben höhere Effekte als das Schicken von Menschen in die Schulen. Das ist natürlich ganz toll. Sie stellen zwei gute Projekte, Vorbilder in die Schulen und Stipendien für junge Migranten, in ein völlig unnötiges Konkurrenzverhältnis. Also lassen Sie sich bitte bessere Ideen einfallen.
Stimmen Sie zu, dass es angemessen ist, Menschen richtig zu zitieren und dass es dann an dieser Stelle angemessen wäre, zu zitieren, dass ich der Meinung bin, dass PeerGruppen-Effekte sinnvoller sind als Erwachsene, die in die Schulen gehen?
Danke schön, Frau Weiß! Ich danke Ihnen für diesen Hinweis. Das wäre mein nächstes Zitat gewesen. Denn Sie haben im Ausschuss gesagt, Peer-Effekte muss man stärken, aber nicht mit einem Antrag im Parlament. Aber wo, wenn nicht hier im Parlament, müssen wir aktiv werden, wenn der Senat anscheinend nicht handelt? Insofern, Frau Kollegin Weiß, sind wir hier genau am richtigen Ort und sollten den Senat zum Handeln auffordern. Vielleicht
Der Kollege Saleh hat sich auch im Ausschuss geäußert und gesagt – Frau Demirbüken-Wegner hat es auch schon gesagt –, dass es das Programm schon gebe. Daher würde es die SPD ablehnen. Aber mir ist nicht bekannt, dass es seitens des Senats ein Programm, ein Konzept gibt, welches speziell Vorbilder für junge Menschen mit Migrationshintergrund in die Schulen schickt. Ich habe auch auf Seiten des Senats nichts gefunden.
Es mag, Frau Kollegin Herrmann, vereinzelte Projekte geben – das ist richtig –, aber die CDU spricht hier von einem Programm, einem Konzept. Das finden wir richtig. Und das gibt es leider noch nicht.
Kommen wir zu den jungen Menschen und jungen Männern, die die CDU gegen Gewalt stark machen will. Das ist richtig. Wir als Liberale haben uns auch die Frage gestellt: Ist ein geschlechtsspezifischer Ansatz bei der Bekämpfung der Jugendgewalt sinnvoll? Bringt uns ein jungenspezifischer Ansatz weiter? – Die klare Antwort ist: Ja! Auch die Anhörung im Jugendausschuss zum Thema Jugendgewalt hat ergeben, dass Männlichkeitsnormen und Macho-Orientierung das Gewaltverhalten männlicher Jugendlicher stark beeinflussen. Das führt zu einem bestimmten gewalttätigen Verhalten beispielsweise bei Ehrverletzung. Diese jungen Menschen beweisen sich dann körperlich, sodass es absolut richtig ist, ein auf männliche Kinder und Jugendliche gerichtetes Erziehungs- und Präventionsprogramm zu fordern, um gezielt Gewaltpotenziale zu verringern. Wollen wir im Kampf gegen Jugendgewalt erfolgreich sein, müssen wir bei jungen Menschen langfristig Verhaltensänderungen bewirken. Daher benötigen wir auch entsprechende Strukturveränderungen. Auch davon spricht der Antrag der CDU. Auch das ist richtig.
Herr Kollege Kohlmeier! Sie ahnen es schon, ich nehme wieder auf Sie Bezug. Sie haben im Ausschuss gesagt – Zitat –, diesen Antrag lehnen Sie ab wegen einer zu starken Fokussierung auf Migranten. Man sollte die Empfehlungen der Landeskommission gegen Gewalt Ende März abwarten. – Ja, abwarten, das kennen wir beim Senat! Sie gehen mit allen Anträgen der Opposition so um. Wir sollen warten, warten, warten, bis der Senat mal etwas tut, und dann hat sich der Antrag auf einmal erledigt. Nein, das ist nicht richtig. Erstens ist dieser Antrag nicht migrantenspezifisch geschrieben – ich komme zum letzten Satz.
Herr Dragowski! Gibt es bei Ihnen in der Fraktion eine Absprache, dass immer nur der Redner und drei applaudierende Abgeordnete da sind und die anderen sich irgendwo verlustieren und dann jeweils zu ihrem Redebeitrag wieder ins Plenum kommen?
Herr Gaebler! Ich habe die Frage gerade nicht verstanden, weil ich immer noch an die Rede des Abgeordneten Kohlmeier gedacht habe,
die er zu Protokoll gegeben hat. Sehen Sie es mir nach! Ich habe immer noch versucht nachzuvollziehen: Was will die SPD zu diesem Thema sagen? – Ich kann leider nicht folgen. Da können meine Fraktionskollegen, die fast vollzählig sind, auch nicht helfen.
Aber, Herr Kollege Gaebler, ich hoffe, das Auditorium sieht es mir nach, wenn ich in der nächsten halben Stunde mit Ihnen draußen sitze und wir uns über das Thema unterhalten, weil ich denke, die SPD kann noch einiges mitnehmen bei dem Thema.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Denken Sie über Ihr Abstimmungsverhalten bei diesen beiden Anträgen nach. Wir finden sie richtig und werden daher zustimmen. – Vielen Dank!
Zum Antrag Drucksache 16/0423 empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich – gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind FDP, CDU und Bündnis 90/Die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind die beiden Koalitionsfraktionen. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt. Enthaltungen sehe ich nicht.