Ich finde, man muss klar und deutlich sagen, dass wir keine Belehrungen gerade aus Brandenburg und gerade
von dem Innenminister gewohnt sind. Wir haben es übrigens auch nicht nötig, uns von einem Innenminister wie ihm belehren zu lassen, der beispielsweise Vizepräsident einer sympathischen Stiftung in Baden-Württemberg ist, die sich Studienstiftung Weikersheim nennt. Das ist eher das Netzwerk der Neuen Rechten, und dort ist er Vizepräsident. Man muss immer wissen, wer aus der Union zu diesem Thema schreit und wer sich da positioniert. [Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]
Ich möchte die Chance nutzen, noch einmal auf die Berliner CDU zu sprechen zu kommen. Wir hatten gerade im Kreisverband Pankow die Diskussion. Dort gab es in der Öffentlichkeit die interessante Meldung, dass sich dort wieder ein Mitglied gefunden hat, das erst ausgeschlossen worden war. Man hat sich entschuldigt und einen Brief geschrieben, und alles ist vergessen. Da frage ich mich ernsthaft: Wo war eigentlich der temporäre Fraktions- und Parteivorsitzende Henkel? Wo hat er bei diesem Thema eingegriffen und reagiert?
Nein! Er hat gesagt, es sei ganz nachvollziehbar, dass man nach einem so langen Vorlauf jemandem eine Chance geben muss. Das ist interessant. Aber er hat gleichzeitig gesagt, er hätte sich einen sensibleren Umgang gewünscht und dass man diese Person nicht gleich in Ämter, in Positionen und Funktionen wählt. Das ist so widersprüchlich, was Sie hier betreiben. Es ist keine klare Linie und keine klare Kante.
Das ist das eine, und das andere ist: Sie haben eindeutig eine Rolle rückwärts gemacht. Ihr damaliger Fraktionsvorsitzender Pflüger hat bei der Demonstration im Jahr 2006 vor dem Fontanehaus klar und eindeutig erklärt, er und die Berliner Fraktion der CDU im Abgeordnetenhaus seien für ein zweites Verbotsverfahren gegen die NPD.
Herr Kollege Schreiber! Ich finde Ihre Ausführungen sehr interessant, frage Sie aber, was das alles mit dem Interview von Herrn Körting im „Neuen Deutschland“ zu tun hat.
Herzlichen Dank für das Interesse, Herr Dragowski! – Die Antwort ist sehr eindeutig und sehr klar: Es geht hier u. a. um das NPD-Verbot und auch darum, wie die Parteien sich in diesem Staat, aber auch im Berliner Abgeordnetenhaus dazu positionieren. Und es geht um die Frage, ob wir V-Leute brauchen – ja oder nein. Ich sage ganz klar – und das wissen die wenigsten –: 80 Prozent der Informationen des Verfassungsschutzes werden aus offenen Quellen gewonnen, 20 Prozent aus verdeckten. Wenn die Union und andere stets hochhalten, dass wir die V-Leute brauchen, dann sage ich nur: Respekt! – Herr Dragowski! Gerade Nordrhein-Westfalen hat sich in einer V-MannAffäre gezeigt, wen sie dort als V-Leute haben. Es gab da jemanden, der schwerstkriminell war, der sogar, als er noch V-Mann in der NPD war, Straftaten begangen hat und wo Ihr jetziger Innenminister Wolf sehr kleinlaut wurde, als es darum ging, diese Affäre aufzudecken. Das hat eindeutig etwas damit zu tun, und der Innensenator wird sicherlich nachher noch einmal Ausführungen generell zur Situation der NPD machen.
Ich möchte damit schließen und noch einmal deutlich machen, dass die Union und gerade Herr Henkel sehr widersprüchlich in der Sache sind. Sie haben beispielsweise am 27. August in Ihrer Pressemitteilung – damals noch in Ihrer Funktion als Generalsekretär – erklärt – ich zitiere –:
Zum einen müssten die V-Leute aus der rechtsextremen Szene abgezogen und gleichzeitig der gerichtsfeste Nachweis über die Verfassungsfeindlichkeit der Partei erbracht werden.
Das hat Frank Henkel, damals Generalsekretär, gedacht, und nichts anderes hat der Innensenator getan. Er hat seine Arbeit gemacht. Die SPD-geführten Innenministerien haben Ihre Arbeit gemacht und getan. All das und das, was der Innensenator in dem Interview gesagt hat, ist bekannt. Alle Leute, die in diesem Thema drinstecken, wissen das, und es ist jetzt Zeit zu handeln, statt länger die Augen zu verschließen, wie Sie es tun, und abzuducken und zu glauben, dass sich das Problem von allein löst.
Berlin hat einen vernünftigen Weg im Umgang mit dem Thema Rechtsextremismus gefunden. Es ist gut, dass es insbesondere auch auf der BVV-Ebene, der kommunalen Ebene, ein abgestimmtes Verfahren gibt – gerade zwischen den Fraktionen vor Ort, die sich klar absprechen, wer wann zu welchem Antrag gegenüber der NPD spricht. Man findet dort zusammen und arbeitet dort ordentlich zusammen, und ich wünsche mir gerade auch in Bezug auf die CDU in Berlin und auf Bundesebene: Spielen Sie kein falsches Spiel! Seien Sie dabei! Es gibt bei Ihnen genügend vernünftige Leute, die das auch so sehen. Versuchen Sie mit uns konsequent zu handeln gegen Rechtsextremismus in dieser Bundesrepublik Deutschland! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Schreiber! Wenn der eigene Mann Bockmist baut und einem dazu nichts mehr einfällt, dann greift man die Opposition an. Das ist so alt, wie ich im Parlament bin. Ich sage Ihnen: Da pellen wir uns ein Ei drüber!
Es war wirklich an der Zeit, dass die FDP heute dieses Thema auf die Tagesordnung hat setzen lassen.
Wir haben es dann noch einmal im Verfassungsschutzausschuss auf Antrag der CDU auf der Tagesordnung.
Bevor ich den Vorgang eingehend kommentiere – Herr Gaebler, Sie werden noch genug Gelegenheit haben zuzuhören –, möchte ich einen Blick auf die bemerkenswerte Chronologie der Ereignisse werfen: Es begann am Dienstag der Vorwoche mit einem Interview im „Neuen Deutschland“ – nebenbei gesagt, Herr Senator, auch nicht gerade das Organ der Freunde der parlamentarischen Demokratie.
Dort haben Sie quasi im Vorbeigehen, nachrichtentechnisch gesprochen, eine Bombe hochgehen lassen. Sie und Ihre Amtskollegen in Schleswig-Holstein, SachsenAnhalt und Rheinland-Pfalz – so war zu lesen – hätten die V-Leute auf der gehobenen NPD-Funktionärsebene bereits abgeschaltet. Bis dato war das eine vertrauliche Information. Die Erschütterung Ihrer Amtskollegen ob der Explosion – egal, ob von Union oder SPD – war wohl landesweit spürbar. Die Verlautbarungen der Innenminister mit CDU-Parteibuch erspare ich Ihnen heute. Aber die Reaktion Ihrer Kollegen aus der SPD – und das hat auch die FDP schon schön ausgearbeitet – will ich Ihnen nicht vorenthalten. Der frühere Innenminister von SchleswigHolstein, Herr Stegner, ist „stinksauer“. Sein Nachfolger Lothar Hay spricht von einem unfreundlichen Akt und einem Vertrauensbruch, den er so noch nicht erlebt habe. Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Senator, sagte Hay aber nichts zu einem Verbleib von V-Leuten in der NPD. Der Mann hat es kapiert. Die Landesämter operieren nämlich verdeckt und mit nachrichtendienstlichen Mitteln. Das ist ihre Aufgabe, und hierüber plaudert man nicht mal eben gerade so los.
Auch andere SPD-Innenminister gingen am Mittwoch letzter Woche auf Distanz zu Ihnen und Ihren Äußerungen. Bruch und Hövelmann sind bereits erwähnt worden. Herr Körting! Genau darin liegt der entscheidende Unterschied. Es tut mir leid, aber das sind nun mal nicht die Mitglieder der „querulatorischen CDU“, sondern Ihre Leute. Was soll ich dazu noch hinzufügen?
Er lässt durch seinen Sprecher mitteilen, er verstehe die Aufregung nicht, es sei doch gar nichts passiert.
Nichts passiert? Sie haben mal so eben en passant Verfassungsfeinden eine Steilvorlage aus dem Lehrbuch geliefert. Da zieht es doch jedem Demokraten die Schuhe aus.
Erst am Samstag vollziehen Sie dann die Kehrtwende und wollen es gar nicht so gemeint haben. In einem Gespräch mit der „Berliner Morgenpost“ versuchen Sie wenig überzeugend ihre Äußerungen der Vortage abzuwiegeln. Der Abzug von V-Leuten aus Gremien der NPD sei lediglich eine Absichtserklärung der Länder gewesen. Das hörte sich im „Neuen Deutschland“ ganz anders an und war dort auch ganz anders zu lesen.
Herr Innensenator! Mit diesen Äußerungen – und da stimme ich mit der FDP voll und ganz überein – haben Sie großen Schaden angerichtet. Zu Recht haben Ihre Amtskollegen Sie kritisiert. Sie haben den bislang bestehenden Konsens der Innenministerkonferenz über ein abgestimmtes Vorgehen in der Frage eines eventuellen NPD-Verbotsverfahrens ohne jede Not aufgekündigt. Was hat Sie nur dazu getrieben? Ich glaube, die Antwort hat die FDP gegeben. Dem schließe ich mich vollinhaltlich an.
Die „Frankfurter Rundschau“ schrieb über die massive Kollegenschelte aus Ihren eigenen Reihen in ihrer Montagsausgabe, Sie hätten so richtig Klassenkeile kassiert. Der „Focus“ sprach sogar von einem Schuss ins eigene Knie. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Die rechtliche Wertung Ihrer Äußerung wird an anderer Stelle zu klären sein. Dazu will ich mich heute nicht äußern. Aber ich stelle die Frage: Wie wirkt das alles auf die Berlinerinnen und Berliner? Wir wirkt das auf jüdische Mitbürger und auf ausländische Mitbürger? Gerade die Innenverwaltung ist doch mehr als jeder andere Politikbereich in den Augen der Menschen die starke Säule der öffentlichen Sicherheit. Es darf auch nicht nur der Anschein erweckt werden, dass dieser Pfeiler durch unbedarfte Plauderei zur Unzeit geschwächt wird. Unabhängig davon, wie man den Abzug von V-Leuten in der Sache sieht, kann man jetzt schon feststellen: Das Ausplaudern von internen Vorgängen der Innenministerkonferenz, die
auch noch die Sicherheitsbehörden anderer Bundesländer berühren, ist in höchstem Maße unprofessionell.
Nein! – Sie haben das Vertrauen Ihrer Kollegen in Sie erschüttert. Das ist für mich noch der schlimmere Vorgang. Das war ein schwerer Fehler, Herr Senator! Hierfür tragen Sie als Innensenator die politische Verantwortung.
Ich bin – das gilt auch für meine Fraktion – persönlich enttäuscht und entmutigt ob dieses Ereignisses. Dies gilt umso mehr, als wir in der Sache, der Auseinandersetzung mit der NPD und deren entschiedener Bekämpfung, einig sind. Ich weiß nicht, in wie vielen Sitzungen des Verfassungsschutzausschusses wir über Mittel und Wege diskutiert haben, immer wieder hat meine Fraktion ihre Unterstützung für ein erfolgreiches Verbotsverfahren dieser widerlich verfassungsfeindlich, rassistisch und antisemitistisch argumentierenden Partei kundgetan, immer unter der Voraussetzung, dass sie in Übereinstimmung steht mit den anderen Innenministern und die Vorgaben des Verfassungsgerichts befolgt werden. Und nun das. Sie, verehrter Herr Senator, sind nicht die Jeanne d’Arc der Bekämpfung der NPD!
Dieses Ziel erreichen Demokraten nur geschlossen und wenn sie sich einig sind über die Mittel und Wege.
Wahlerfolge rechtsextremer Parteien und extremistische Tendenzen jeder Art nehmen wir sehr ernst. Zum Beispiel will die NPD wie vor zwei Jahren ihren Bundesparteitag in Reinickendorf abhalten. Wir – und meine Bürgermeisterin in erster Linie –