Tom Schreiber

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat: Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Täter und die Hintergründe des Brandanschlags auf einen Polizeiabschnitt in Friedrichshain am vergangenen Montag?
Herzlichen Dank, Herr Senator! – Ich habe noch eine Nachfrage. Den Medien war zu entnehmen, dass es ein Bekennerschreiben einer autonomen Gruppe gibt. Meine Frage zielt darauf ab, ob es Hinweise oder Erkenntnisse gibt hinsichtlich weiterer Anschlagsplanungen in Richtung Polizeiabschnitte oder Ähnlichem gerade im Bereich Friedrichshain-Kreuzberg.
Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat Warnhinweise des US-Außenministeriums vor terroristischen Anschlägen in Europa und Meldungen eines US-Fernsehsenders über konkrete Anschlagsziele in Berlin?
Danke schön! – Herr Innensenator! Ich habe eine Nachfrage. Der Bundesinnenminister bezeichnet die Terrormeldungen als ein rein hypothetisches Problem. Ich möchte fragen, wie Ihre Auffassung dazu ist.
Herzlichen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat das Verbot der „Heimattreuen deutschen Jugend“ – HdJ –?
2. Welche Auswirkungen erwartet der Senat für die rechtsextreme Szene in Berlin?
Herzlichen Dank, Herr Innensenator! Ich möchte eine Nachfrage stellen. Wie wir wissen, war die „Heimattreue deutsche Jugend“ eine sogenannte Vorfeldorganisation der NPD. Wir wissen auch mit dem heutigen Tage, dass die NPD einen erheblichen Millionenbetrag an den Bund zurückzahlen muss. Meine Frage an Sie: Sehen Sie eine Chance, nach dem Verbot der „Heimattreuen deutschen Jugend“ seitens des Bundes nun endlich bei der Innenministerkonferenz auch auf der Seite der CDU-Länder ein Verbotsverfahren gegen die NPD konkret und konsequent um- und durchzusetzen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um gleich deutlich zu machen, wo wir stehen: Wir stehen ganz klar und deutlich hinter dem Innensenator.
Wir denken, dass das, was die Union insbesondere auf Bundes- und Landesebene treibt, unsinnig, falsch und übrigens auch politisch gefährlich ist.
Das andere: Herr Jotzo! Das war jetzt wirklich Schauspielschule Sauerland, was Sie vorgetragen haben.
Da kam wenig Inhaltliches rüber. Und Sie haben auch, Herr Jotzo – um das deutlich zu sagen –, gerade das, was das Bundesverfassungsgericht uns auf den Weg mitgegeben hat, falsch dargestellt. Es hat nämlich sehr deutlich gesagt, und zwar am 18. März 2003, dass das Verfahren letzten Endes aus Verfahrensgründen eingestellt wurde, weil bei dem NPD-Verbotsverfahren die Informationen von V-Leuten in das Verfahren mit eingeflossen sind. Das war der grundsätzliche Fehler. Es geht hierbei um einen Verfahrensfehler und nicht um einen Sachfehler. Das muss man sehr deutlich machen.
Eines ist sehr klar – da sieht man auch die Angst und den Schrecken gerade in der Union und auch bei Herrn Henkel –: Man möchte die Debatte gerade im Superwahljahr 2009 vermeiden aus dem einfachen Grund, dass man weiß, dass ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland, aber auch in Berlin ganz klar hinter der Position des Innensenators steht und sagt: Wir sind auch für ein Verbot der NPD.
Ich denke, das ist richtig. Man muss schon deutlich sagen: Man kann ein Stück weit stolz sein, dass Berlin so einen motivierten und konsequenten Innensenator hat im Gegensatz zu anderen Innenministern in anderen Bundesländern.
Ich will gleich mal einige von Ihren sympathischen Amtskollegen oder beispielsweise den bayerischen Ministerpräsidenten zitieren, der nach dem Vorfall in Passau sehr vollmundig im Dezember erklärt hat, dass man sozusagen dem Kraken des Rechtsextremismus Paroli bieten muss und dass gerade Bayern und die CSU sich jetzt breit und stark machen werden für einen neuen Anlauf im Bundesrat, um die NPD zu verbieten. Da frage ich: Wo sind Sie denn nun eigentlich, gerade bei so einer wichtigen Debatte und so einer wichtigen Diskussion? Wo ist eigentlich die Union?
Sie verstrickt sich eindeutig in Widersprüche.
Und Sie haben das Problem, dass Sie zweigeteilt sind. Auf der einen Seite haben Sie Teile bei sich in der Union in dieser Bundesrepublik, die kein klares Verhältnis und
keine klare Abgrenzung zum Rechtsextremismus haben. Das muss man sehr deutlich sagen. Auf der anderen Seite haben Sie Leute dabei, die uns und den anderen auch ein Stück weit Unterstützung geben.
Ich denke, wir müssen klar sagen – das hat auch die Debatte gezeigt, die der Innensenator losgetreten und dargestellt hat –: Es ging darum, dass die Innenminister – gerade die der SPD-geführten Länder – klar gesagt haben, wir setzen das um, was uns das Bundesverfassungsgericht mit auf den Weg gegeben hat. Der Innensenator hat als Sprecher der A-Länder – das kann man übrigens auch nachlesen, es wurde im Jahr 2007 in einem Dossier dargestellt – gesagt, dass wir uns dafür einsetzen, die V-Leute, die in den Führungsgremien der NPD sind, rauszuziehen. Das hat das Verfassungsgerichtsurteil ganz klar gesagt. Das tun wir. Im Grunde genommen ist das das Ergebnis, das der Innensenator vorgestellt hat. Deswegen kann man diese Aufgeregtheit und die Diskussion gerade von Ihnen in der Sache wirklich nicht verstehen.
Die SPD – um es deutlich zu sagen – hat eine sehr klare Haltung – Stichwort Hamburger Parteitag 2007. Wir haben einen ganz klaren Beschluss, dass wir uns ganz klar für ein weiteres Verbot einsetzen und gegen diese NPD in dieser Bundesrepublik klar vorgehen. Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen – ich denke, der Innensenator wird nachher darauf zu sprechen kommen –, gerade wenn es um die Finanzierung dieser Partei geht: Es ist im Grunde genommen unerträglich, dass sozusagen Steuergelder in ihre Infrastruktur reinfließen
und sie permanent versucht, diesen Staat zu unterwandern. Es kann übrigens auch nicht sein, dass dann der Bundesinnenminister im Jahr 2007/2008 immer klar erklärt: Nein, ich bin ganz konsequent gegen ein Verbot. – Dann gab es den Vorfall mit Herrn Mannichl, dem Polizeidirektor in Passau. Plötzlich sagte der Bundesinnenminister, auch er könne sich das vorstellen. So chancenlos sei die Sache nun doch nicht. Da frage ich mich: Wie widersprüchlich sind Sie eigentlich? Was wollen Sie eigentlich konkret?
Interessant fand ich gerade das, was beispielsweise der sympathische Kollege aus Brandenburg gesagt hat, Ihr – sage ich mal – Rechtsaußen in der CDU, der Hardliner, der sozusagen in der Sache gerade beim NPD-Verbot richtig zum Weichei degradiert wurde. Der sagt eindeutig, er habe kein Problem damit, wenn wir V-Leute in der NPD haben, die NPD letzten Endes durch die V-Leute profitiert und wir eigentlich gar kein Verbot dieser Partei in der Bundesrepublik wollen.
Es ist abstrus und daneben, was die Union hier betreibt.
Ich finde, man muss klar und deutlich sagen, dass wir keine Belehrungen gerade aus Brandenburg und gerade
Ich möchte die Chance nutzen, noch einmal auf die Berliner CDU zu sprechen zu kommen. Wir hatten gerade im Kreisverband Pankow die Diskussion. Dort gab es in der Öffentlichkeit die interessante Meldung, dass sich dort wieder ein Mitglied gefunden hat, das erst ausgeschlossen worden war. Man hat sich entschuldigt und einen Brief geschrieben, und alles ist vergessen. Da frage ich mich ernsthaft: Wo war eigentlich der temporäre Fraktions- und Parteivorsitzende Henkel? Wo hat er bei diesem Thema eingegriffen und reagiert?
Nein! Er hat gesagt, es sei ganz nachvollziehbar, dass man nach einem so langen Vorlauf jemandem eine Chance geben muss. Das ist interessant. Aber er hat gleichzeitig gesagt, er hätte sich einen sensibleren Umgang gewünscht und dass man diese Person nicht gleich in Ämter, in Positionen und Funktionen wählt. Das ist so widersprüchlich, was Sie hier betreiben. Es ist keine klare Linie und keine klare Kante.
Das ist das eine, und das andere ist: Sie haben eindeutig eine Rolle rückwärts gemacht. Ihr damaliger Fraktionsvorsitzender Pflüger hat bei der Demonstration im Jahr 2006 vor dem Fontanehaus klar und eindeutig erklärt, er und die Berliner Fraktion der CDU im Abgeordnetenhaus seien für ein zweites Verbotsverfahren gegen die NPD.
Ja!
Herzlichen Dank für das Interesse, Herr Dragowski! – Die Antwort ist sehr eindeutig und sehr klar: Es geht hier u. a. um das NPD-Verbot und auch darum, wie die Parteien sich in diesem Staat, aber auch im Berliner Abgeordnetenhaus dazu positionieren. Und es geht um die Frage, ob wir V-Leute brauchen – ja oder nein. Ich sage ganz klar – und das wissen die wenigsten –: 80 Prozent der Informationen des Verfassungsschutzes werden aus offenen Quellen gewonnen, 20 Prozent aus verdeckten. Wenn die Union und andere stets hochhalten, dass wir die V-Leute brauchen, dann sage ich nur: Respekt! – Herr Dragowski! Gerade Nordrhein-Westfalen hat sich in einer V-MannAffäre gezeigt, wen sie dort als V-Leute haben. Es gab da jemanden, der schwerstkriminell war, der sogar, als er noch V-Mann in der NPD war, Straftaten begangen hat und wo Ihr jetziger Innenminister Wolf sehr kleinlaut wurde, als es darum ging, diese Affäre aufzudecken. Das hat eindeutig etwas damit zu tun, und der Innensenator wird sicherlich nachher noch einmal Ausführungen generell zur Situation der NPD machen.
Ich möchte damit schließen und noch einmal deutlich machen, dass die Union und gerade Herr Henkel sehr widersprüchlich in der Sache sind. Sie haben beispielsweise am 27. August in Ihrer Pressemitteilung – damals noch in Ihrer Funktion als Generalsekretär – erklärt – ich zitiere –:
Zum einen müssten die V-Leute aus der rechtsextremen Szene abgezogen und gleichzeitig der gerichtsfeste Nachweis über die Verfassungsfeindlichkeit der Partei erbracht werden.
Das hat Frank Henkel, damals Generalsekretär, gedacht, und nichts anderes hat der Innensenator getan. Er hat seine Arbeit gemacht. Die SPD-geführten Innenministerien haben Ihre Arbeit gemacht und getan. All das und das, was der Innensenator in dem Interview gesagt hat, ist bekannt. Alle Leute, die in diesem Thema drinstecken, wissen das, und es ist jetzt Zeit zu handeln, statt länger die Augen zu verschließen, wie Sie es tun, und abzuducken und zu glauben, dass sich das Problem von allein löst.
Berlin hat einen vernünftigen Weg im Umgang mit dem Thema Rechtsextremismus gefunden. Es ist gut, dass es insbesondere auch auf der BVV-Ebene, der kommunalen Ebene, ein abgestimmtes Verfahren gibt – gerade zwischen den Fraktionen vor Ort, die sich klar absprechen, wer wann zu welchem Antrag gegenüber der NPD spricht. Man findet dort zusammen und arbeitet dort ordentlich zusammen, und ich wünsche mir gerade auch in Bezug auf die CDU in Berlin und auf Bundesebene: Spielen Sie kein falsches Spiel! Seien Sie dabei! Es gibt bei Ihnen genügend vernünftige Leute, die das auch so sehen. Versuchen Sie mit uns konsequent zu handeln gegen Rechtsextremismus in dieser Bundesrepublik Deutschland! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat die Aktivitäten der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ – HDJ – im Berliner Raum, wie zum Beispiel die alljährlichen Pfingsttreffen?
2. Ist der Senat der Auffassung, dass es sich bei der „HDJ“ um eine Nachfolgeorganisation der verbotenen Wiking-Jugend handelt?
Ich habe eine Nachfrage an den Senator. – Sie hatten soeben dargestellt, worum es sich bei der HDJ handelt. Glauben Sie, dass die Möglichkeit besteht, dass in diesem Jahr – nachdem weiteres Material ausgewertet wurde und Sie mit Nachdruck in der Öffentlichkeit für ein Verbot der HDJ auftreten – eine Entscheidung auf Ebene des Bundesinnnenministeriums zu der Frage ja oder nein getroffen wird?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Der heutige Tag ist ein wichtiger und geschichtsträchtiger. Er ist einerseits Mahnung und Erinnerung an die Vergangenheit. Andererseits ist es ein Tag des Rückblicks auf die Vergangenheit und die Verantwortung, aber auch des Blicks in die Zukunft bei der Gestaltung unserer gemeinsamen Demokratie. Wir leben in einer Demokratie, in der extremistische Verfassungsfeinde existieren, Organisationen und Parteien, die versuchen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu zersetzen und zu zerstören.
Daher können wir alle nur ausdrücklich begrüßen, dass Bundesinnenminister Schäuble am 7. Mai den Verein Collegium Humanum einschließlich seiner Teilorganisationen – Bauernhilfe e. V. sowie den Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten – verboten hat. Das Verbot erfolgte gemäß § 3 des Vereinsgesetzes. Die Vereine richteten sich gegen die verfassungsgemäße Ordnung der Bundesrepublik Deutschland und verstießen durch ihre fortgesetzte Leugnung des Holocausts gegen geltendes Recht.
Im April 2008 gab es eine repräsentative Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen. Herr Henkel und Herr Jotzo, hören Sie genau zu! Demnach waren ca. 74 Prozent der
Bundesbürger für ein NPD-Verbot. Ich denke, dass die Politik diese Meinung ernst nehmen muss. Es muss ein erneutes Verbotsverfahren gegen die NPD betrieben werden. Dafür steht die Sozialdemokratie.
Herr Henkel! Gerade am 8. Mai, an diesem geschichtsträchtigen Tag ist es richtig, über Rechtsextremismus in Berlin und über die Auseinandersetzung mit Rechtsextremen in Berlin zu sprechen.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um auf eine rechtsextremistische Organisation aufmerksam zu machen, die im Berliner und Brandenburger Raum sehr aktiv ist. Es handelt sich um die Heimattreue Deutsche Jugend, die vorhin schon angesprochen wurde. Sie ist ein neonazistischer Jugendverband mit Sitz in Plön in Schleswig-Holstein. Vorbild der HDJ ist die Hitlerjugend. Die HDJ beschreibt sich selbst als volks- und heimattreue Jugendbewegung für deutsche Mädchen und Jungen im Alter von 6 bis 25 Jahren. Unter dem Deckmantel der Brauchtumspflege veranstaltet die HDJ Zeltlager, Heimatabende und Fahrten mit militärischem Drill und ideologischer Schulung. – Das ist ganz aktuell, Herr Lindner. – In den Camps kommen in sog. Pfingsttreffen bis zu 350 Personen zusammen. Ein solches steht auch nächste Woche an. Die HDJ ist ein wichtiges Bindeglied für die NPD. Teilweise sind dort hochrangige NPD-Mitglieder vertreten. Szeneübergreifende Verbindungen zu Kameradschaften, Parteien und Vereinen existieren. In den Zeltlagern sollen Kinder und Jugendliche Heimattreue und Ordnung lernen. Bei den Treffen begrüßen sich die Kinder mit dem Hitlergruß. Sie üben das Strammstehen, den Gehorsam und das Führerprinzip. In der Vergangenheit wurden bei Razzien Bilder und weiteres Material sichergestellt, auf dem paramilitärische Übungen mit nachgestellten Hinrichtungsszenen zu sehen waren. – All diese Dinge sind brandaktuell, Herr Lindner. – Am 9. Juni 2007 marschierte die Einheit Preußen in Vereinsuniformen durch Oranienburg. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt wegen dem Uniformverbot.
Es gibt viele Anhaltspunkte, dass es sich um eine Nachfolgeorganisation der Wiking-Jugend handelt und – wie bereits ausgeführt wurde – müssen Nachfolgeorganisationen verboten werden. Man muss wissen, dass von der Gründung der Wiking-Jugend im Jahr 1952 bis zum Verbot 1994 schätzungsweise 15 000 Kinder und Jugendliche in die Organisation eingebunden waren. Die HDJ ist keine Massenorganisation, sondern eine reine Kaderorganisation für Neonazis von morgen. Ihre Strategie ist es auch, unauffällige HDJ-Frauen als Pädagoginnen oder in Elternvertretungen, Vereinen und Kultureinrichtungen zu etablieren. Die HDJ wird vom Bundesamt und den Landesämtern für Verfassungsschutz beobachtet. Ich möchte kurz Bundesinnenminister Schäuble zitieren, der gestern gesagt hat:
Der Rechtsextremismus hat viele Gesichter. Dazu gehören junge Nazis ebenso wie alte Nationalsozialisten. Ihnen gemeinsam ist die Ablehnung unse
rer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Der Staat ist in der Pflicht, dem zu begegnen und alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel auszuschöpfen. Die geistigen Brandstifter, mit denen wir es hier zu tun haben, sind Nährboden, aus dem letztlich auch rassistisch motivierte Gewalt wächst.
Und ich sage Ihnen: Recht hat Herr Schäuble, und deswegen sollten wir versuchen, diese bundesweit agierende Organisation auch zu verbieten.
Gerade die neue Landeskonzeption für Demokratie und gegen Rechtsextremismus zeigt, wie wichtig es ist, dass staatliche und zivilgesellschaftliche Initiativen erfolgreich für unsere Demokratie einstehen. Im Übrigen – das ist vielleicht bei Ihnen untergegangen, Herr Jotzo! – hat diese Landeskonzeption eine wissenschaftliche Begleitung der Projekte. Das heißt, die Projekte werden evaluiert. Es wird also kein Geld rausgeschmissen.
Auch wenn es – und damit will ich enden, Herr Präsident! – unter demokratischen Parteien und auch im Berliner Abgeordnetenhaus manchmal hoch hergeht, sind wir uns wohl in einer Frage einig: Wir stehen gemeinsam für ein tolerantes und demokratisches Berlin. – Herzlichen Dank!
Herr Dr. Lindner! Ich hätte mich sehr gefreut, wenn es eine tatsächliche Kurzintervention gewesen wäre und nicht der Versuch, auf den vorangegangenen Beitrag der Linksfraktion einzugehen. Aber das sind wahrscheinlich Ihre rhetorischen Schwächen.
Herr Dr. Lindner! Ich möchte noch einmal darstellen, dass es nicht sein kann, dass Sie hier versuchen, die Realität zu verniedlichen. Der Innensenator und ich haben sehr deutlich gemacht, wie die Tatsachen im Land Berlin sind und wie es ist, wenn Rechtsextreme nicht nur zur Gewalt aufrufen, sondern sie tatsächlich umsetzen. Herr Dr. Lindner! Ich würde mich freuen, wenn Sie beispielsweise bei den Demonstrationen am 1. Dezember in Treptow-Köpenick oder in Neukölln gegen Rechtsextremismus mal Gesicht und Flagge zeigen und sagen: Auch die FDP steht dafür, dass wir uns gemeinsam mit den anderen demokratischen Parteien einsetzen und den Rechtsextremen zeigen, dass wir sie hier nicht wünschen.
Es ist bei Ihnen anscheinend untergegangen, dass auch die NSDAP zunächst einmal klein angefangen hat. Das waren zunächst einmal kleine Organisationen bzw. eine Partei mit wenigen Mitgliedern, die sich sozusagen gesteigert hat. Auch das dürfen Sie nicht verkennen. Sie wissen ja selber, wie das ist mit Mitgliedern der eigenen Partei – da hat man nicht viele.
Das andere, um das noch einmal klarzustellen – der Innensenator hat es vorhin schon deutlich gesagt –: Das NPD-Verbotsverfahren ist nicht aus einem inhaltlichen Grund gescheitert, weil man etwa nicht genug Material hätte. Es ist nur aus dem Grund gescheitert, dass das Problem vorherrschte, dass V-Leute ein doppeltes Spiel spielten und Informationen an die eine und die andere Seite geliefert haben. Deswegen ist das Verfahren aus ju
ristischen Gründen gescheitert. Aus keinem anderen Grund ist das Verfahren gescheitert.
Es wäre richtig, wenn beispielsweise auch die CDUInnenminister nicht nur im Kamingespräch sagen, wie gefährlich diese Partei ist und was man tun und machen müsste, sondern das in konkrete Politik umsetzen und beispielsweise mit den Sozialdemokraten zusammen das neue Verbotsverfahren anschieben würden. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Ich frage den Senat:
1. Gibt es in Berlin einen vom bundesweit üblichen Verfahren abweichenden Umgang mit der ScientologySekte, und wenn ja, wie ist er begründet?
2. Wie beurteilt der Senat die von Scientology ausgehenden Gefahren, und mit welchen Maßnahmen wird ihnen begegnet?
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste! Panikmache, Hysterie und ein verantwortungsloser Umgang mit dem Thema Scientology helfen uns nicht weiter.
Was in den letzten Tagen, insbesondere von der Fraktion der CDU und vor allem von dem Generalsekretär losgetreten wurde, ist mehr als fragwürdig und hilft uns deswegen nicht weiter. Wer im Zusammenhang mit Scientology über einen sogenannten Brückenkopf nach Europa spricht und weitere militärische Kraftausdrücke benutzt, dem ist an einer aufklärerischen, sachlichen Auseinandersetzung nicht gelegen.
Sie haben in den letzten Tagen mit dem Thema Scientology politisch gezündelt, Herr Henkel! Statt an der Aufklärung und der politischen Auseinandersetzung teilzunehmen, haben Sie Scientology eine einmalige öffentliche
Plattform geboten. Somit haben Sie dazu beigetragen, dass solch ein Medieninteresse an der Eröffnung eines Gebäudes an der Otto-Suhr-Allee vorhanden war. So viel Ehre sollten Sie dieser Organisation nicht antun!
Die anderen Oppositionsparteien bewiesen in der Sache mehr Augenmaß. Auch eine Opposition trägt Verantwortung, gerade im Umgang mit den sensiblen Themen in der Stadt. Der starke Ruf nach dem Verfassungsschutz und der sofortigen Beobachtung löst nicht das Problem der gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Sie rufen reflexartig nach einem Überwachungsstaat und wir nach einem aufklärerischen, aber nicht weniger wachsamen Staat. Wir Sozialdemokraten und die Linkspartei haben das Thema auf die Tagesordnung des Verfassungsschutzausschusses gesetzt. Wir wollen aufklären und nicht zusätzliche Ängste bei den Berlinerinnen und Berlinern schüren.
Wir werden uns am 24. Januar im Verfassungsschutzausschuss sachlich damit befassen. Wir werden dann zu prüfen haben, ob neue verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen oder nicht. Ich möchte der kommenden Ausschusssitzung nicht vorgreifen, aber eines ist klar: Die Bewertung wird der Ausschuss zu treffen haben.
Was ist eigentlich Scientology? – Im Mittelpunkt des scientologischen Denkens steht die Gewinnerzielung und nicht das religiöse Gedankengut. Ihre Techniken führen häufig zu psychischen und finanziellen Abhängigkeiten. Sie versuchen, Einfluss auf die Politik insgesamt zu gewinnen – in Österreich und Deutschland bisher erfolglos. Scientology ist heute streng hierarchisch durchstrukturiert und eine weltweit operierende Organisation. Wie ist die Situation in Deutschland? – Im Jahr 1979 wurde die Scientology-Kirche Deutschland e. V. in München gegründet. In sieben Großstädten ist diese Organisation tätig, darunter sind München, Hamburg, Frankfurt und Stuttgart. In Deutschland gibt es weniger als 10 000 Mitglieder, in Berlin stagniert die Zahl seit Jahren bei 200 Mitgliedern. Das sind alles Fakten, die man kennen muss, wenn man sich mit dem Thema auseinandersetzt. Natürlich darf man diese Organisation nicht verharmlosen, aber Panik zu verbreiten, statt aufzuklären, ist der falsche Weg.
Ich verstehe voll und ganz, dass die Bürger vor Ort verunsichert sind. Politik muss einen Beitrag dazu leisten, dass diese Verunsicherung ein Ende hat. Es gehört zu der Offenheit einer Großstadt, die Seelenkäufer dort zu lassen, wo sie stehen, nämlich im Regen.
Der Staat muss dort aktiv werden, wo insbesondere Kinder und Jugendliche betroffen sind. Dort hat der Senat seine Schutz- und Wächterfunktion. Gerade beim Erstkontakt mit Scientologen brauchen wir eine immunisierte Bevölkerung. In den Fällen, wo Wirtschaftsdelikte beispielsweise im Immobilienbereich vorliegen und Straftaten begangen werden, handelt der Staat mit polizeilichen
und juristischen Mitteln. Dennoch müssen Straftaten angezeigt und nicht nur öffentlich erwähnt werden.
Ich möchte zum Schluss kommen. – Drei wesentliche Faktoren spielen in den nächsten Wochen eine Rolle: erstens die politische Bewertung der neuen Erkenntnislage über Scientology in Berlin, zweitens Aufklärungsarbeit insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen und Senioren und drittens die politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema. Das ist unsere sozialdemokratische Grundlinie. Ich bin überzeugt, dass wir mit dieser Linie, die von Wachsamkeit geprägt ist, dem Thema Scientology gerecht werden. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Henkel! Es nützt wenig, wenn Sie hier ins Mikrofon bellen. Das ändert nichts an der Tatsache, dass Sie sich stets und ständig diese Zitate zu eigen machen und sie in Pressemitteilungen und Interviews wiederholen. Dafür kann ich nichts. Ich würde es nicht tun. – Das ist der eine Punkt.
Der andere Punkt: Was sind denn Ihre konstruktiven Vorschläge, wie man damit umzugehen hat?
Der Ruf nach mehr Staat, mehr Polizei und Verfassungsschutz mag Ihr Weg sein. Richtig ist aber, dass wir es in dem Gremium zu bewerten haben, wo es stattzufinden hat: im Verfassungsschutzausschuss. Richtig ist aber auch, dass wir in der Politik dazu beitragen müssen, aufzuklären und nicht wie Sie die Leute aufzuscheuchen und alle fünf Minuten Pressemitteilungen hinauszujagen und die Situation noch zu dramatisieren. Wichtig ist – da kommen Sie uns wieder ein Stück weit entgegen –, dass wir gemeinsam einen Beitrag dazu leisten, dass wir die Ängste, die es in der Bevölkerung gibt, nicht weiter schüren – insbesondere Sie –, und dass wir daran arbeiten, aufzuklären und mit dem Problem umzugehen. – Danke!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an den Berliner Innensenator. Wie bewertet der Berliner Innensenator die Tatsache, dass die NPD am kommenden Samstag ihren Bundesparteitag in Berlin zelebrieren möchte? Welche Auswirkungen hat dies auf die Sicherheitslage in Berlin?