Wir müssen etwas dafür tun. Das muss die Schule tun, und deswegen haben wir den Ethikunterricht eingerichtet.
Genau diese gegenseitige Verständigung kann eben nicht funktionieren, wenn man die Kinder zwingt, sich nach ihrem Bekenntnis aufzuteilen, und sie nicht mehr gemeinsam unterrichtet. Dies ist etwas grundsätzlich anderes, ob sich Christen untereinander über die Verständigung mit Muslimen unterhalten oder ob Christen und Muslime das zusammen in einem Fach tun müssen. Letzteres ist viel schwieriger, aber Letzteres brauchen wir.
Und weil wir das brauchen und nicht aufgeben dürfen und weil der Ethikunterricht – auch wenn er noch so jung ist – mit den bisherigen Erfahrungen sehr ermutigend ist und deutlich macht, welche große Rolle er spielen kann, deswegen lehnen wir das Volksbegehren von „Pro Reli“ und in der Konsequenz auch Ihren Gesetzentwurf ab.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Zillich! – Für die FDPFraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Senftleben das Wort. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal, lieber Kollege Mutlu! Selbstverständlich will man einen Werteunterricht ab der 1. Klasse einführen. Das ist doch völlig klar. Das heißt eben nicht ausschließlich Religion, sondern das heißt auch die Möglichkeit eines Ethikunterrichts. Genau das will die Initiative „Pro Reli“ – bitte schön, das ist ein großes Zeichen von Unkenntnis.
Apropos Unkenntnis: Herr Gaebler, jetzt zu Ihnen! Gehen Sie einmal in die Schulen! Hospitieren Sie und sehen, was im Religionsunterricht geschieht! Apropos Unkenntnis und Unsinn: Religionsunterricht – das ist ein wesentliches Anliegen – soll unter staatliche Aufsicht gestellt werden.
[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Das ist doch ein Bekenntnisunterricht! Den können Sie nicht unter Aufsicht stellen!]
Herr Dr. Albers! Es ist in allen anderen Bundesländern so. Es ist völliger Blödsinn, den Sie erzählen!
Sie wissen es einfach nicht! Schauen Sie doch mal über den Berliner sehr eng begrenzte Horizont – verflixte Kiste – und in andere Bundesländer! Ich bin ein wenig herumgekommen in der Republik. Ich kenne mich da aus!
Nein! Überhaupt nicht! Ich bin nämlich gerade bei Herrn Gaebler und wollte ihm noch etwas zu dem Thema, wie man angeblich mit Homosexualität im Religionsunterricht umgeht, sagen. Was Sie da eben erzählt haben, war der größte Blödsinn, den ich in diesem Haus jemals gehört habe.
Alle Eltern, alle aufgeklärten Christen würden sich sofort in der Schule beschweren, und zwar zu Recht, wenn das Thema Homosexualität so behandelt würde, wie Sie es soeben gesagt haben. Denken Sie an Artikel 1 des Grundgesetzes! Es gilt nämlich für alle hier in diesem Raum und alle, die in Schulen lehren.
Verehrte Kollegen von Rot-Rot und auch den Grünen! Sie lehnen die Zielsetzung des Volksbegehrens „Pro Reli“ ab. Das ist bekannt, das haben Sie auch eben wieder untermauert. Die FDP-Fraktion befürwortet gemeinsam mit der CDU das Volksbegehren. Wir befürworten es, und das ist auch bekannt. Deswegen will ich es inhaltlich heute ganz kurz machen.
Für die FDP gilt nach wie vor das Wort des Alten Fritz: Jeder darf nach seiner Faςon selig werden. Diese Auffassung hat diesem Land nachhaltig gut getan, und wir sind fest davon überzeugt, dass diese gesunde Auffassung auch weiterhin unserem Land gut tun wird.
Am 26. April sind nun die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt aufgerufen, über „Pro Reli“ abzustimmen. Damit haben wir einen Extratermin, der zum einen kostet und zum anderen nicht dem entspricht, was dieses Hohe Haus einmal beschlossen hat. Mit der Drucksache 15/5038 erfolgte nämlich die Änderung der Verfassung für mehr Bürgerbeteiligung. Dort heißt es in der Begründung: Durch die anstehende Änderung
wird zudem leichter, Volksentscheide an einem Wahltag oder mehrere Volksentscheide gleichzeitig durchzuführen. Damit kann eine höhere Beteiligung erreicht werden.... Das entspricht dem gewünschten Aspekt der Bürgerfreundlichkeit und auch der Notwendigkeit, kostenschonend zu verfahren.
Der Senat hat eine Entscheidung, seine Entscheidung getroffen. Wahltag ist der 26. April, und ich setze diese, Ihre Entscheidung, Herr Wowereit, in Relation zur Änderung der Verfassung für mehr Bürgerbeteiligung.
Das heißt dann im Klartext: Erstens, es soll keine höhere Bürgerbeteiligung erreicht werden. Eine höhere Bürgerbeteiligung ist nicht erwünscht. Zweitens, der Aspekt der Bürgerfreundlichkeit steht nicht im Vordergrund. Der Termin ist also bürgerunfreundlich. Drittens, die Notwendigkeit, kostenschonend zu verfahren, spielt offensichtlich in dieser Stadt keine Rolle mehr.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In adenauerscher Tradition hieß es früher: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern. In wowereitscher Manier heißt es heute: Ich bin kein Trickser! Ich bin die Regierung oder auch: L’ état c’est moi. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Senftleben! – Für alle, die irritiert sein könnten: Das Blinken heißt nicht unbedingt, dass die Redezeit schon lange beendet ist. Es gibt Kollegen, die stellen das Blinken eine Minute vorher ein – als Signal. Deswegen ist jetzt erst die Redezeit beendet gewesen.
Frau Präsidentin! Liebe Frau Senftleben! Wenn Sie einen Religionsunterricht in der Schule anbieten – auch unter staatlicher Aufsicht –, können Sie doch nicht an dem vorbei, was Lehrsätze, Inhalte, Bestandteile des Glaubens dieser Kirchen sind. Da ist es nun einmal so, dass in der katholischen Kirche Homosexualität eine Sünde ist. Da kann auch ein staatlicher Religionslehrer den Kindern im katholischen Religionsunterricht nichts anderes erzählen. Das bleibt so. Da müssen Sie sehen, wie Sie das zusammenbringen. Natürlich gehört zu einem guten Religionsunterricht, dass er überlegt, wie er das mit dem, was der Staat als Rahmen bietet, in Einklang bringt. Aber warum soll ich das nach Religionen getrennt diskutieren? Das ist die Frage, die an Sie geht.
Es ist nicht die Frage, ob der Religionsunterricht nur Dogmen und Lehrsätze verkündet. Er muss sich aber öffnen und die Dinge in einen Zusammenhang bringen. Die Kinder, die in den katholischen Religionsunterricht gehen, gehen nicht mehr in den Ethikunterricht, wenn Sie das durch Ihr Wahlpflichtfach verhindern. Insofern frage ich Sie, wo dann der gemeinsame Austausch stattfindet. Ich bin dann wieder bei dem Herrn Steuer zugeschriebenen Schulhof. Deshalb, Frau Senftleben, halte ich es nicht für sinnvoll, dass man über die Frage, wie sich bestimmte Sündenlehrsätze mit bestimmten Grundgesetzartikeln verbinden lassen, auf dem Schulhof diskutiert. Bei dieser Meinung bleibe ich. Da können Sie mich auch nicht anders überzeugen.
Sie sagen, Sie seien viel herumgekommen. Das bin ich auch. Es gibt auch Bundesländer, in denen es evangelische und katholische Schulen gibt bzw. die immer noch so heißen, weil man früher die Kinder getrennt nach Religionen unterrichtet hat. Mag sein, dass Sie das wieder einführen wollen, weil Sie so geprägt wurden, obwohl Sie in der FDP sind, was mich wundert.
In der ersten Phase der Kampagne, die ursprünglich von den Kirchen angestoßen wurde, lautete das Motto: Werte brauchen Gott. – Damit spricht man allen anderen ab, Werte zu haben.
In dieser Tradition bewegt sich „Pro Reli“. Und da bewegen auch Sie sich, Frau Senftleben, mit Ihren absurden Thesen. Sie öffnen die Tür des staatlichen Unterrichts für alle, auch für alle Freikirchen, die derzeit Zulauf haben, und die Evangelikalen. Wir haben in den USA gesehen, wo das hinführt. Ich glaube, dass es gut ist, einen gemeinsamen Ethikunterricht für alle zu haben und den Religi