Lassen Sie mich, bevor ich zu den grundsätzlichen Erwägungen zum Thema Ordnungsämter komme, kurz auf die Anträge der CDU-Fraktion eingehen. Herr Kollege Juhnke! Herzlich willkommen im Innenausschuss! Ich denke, wir werden noch viele Anträge von der CDU-Fraktion bekommen. Es ist ja schon angeklungen, die Substanz in diesen Anträgen lässt sich recht kurz abhandeln. Aber ich will gleich sagen, ich habe eine gewisse Sympathie dafür, denn – ich darf sie einmal von oben durchgehen – das Erste ist das einheitliche und verbindliche Leitbild. Wer kann so ein einheitliches und verbindliches Leitbild nicht wollen? – Mich wundert es allerdings schon, dass die Koalition, nachdem die Ordnungsämter immerhin schon fünf Jahre bestehen, sagt, dass man jetzt endlich zum einheitlichen Leitbild komme. Aber wenn man sich nach fünf Jahren überhaupt erst Gedanken über ein einheitliches Leitbild macht, dann frage ich mich doch, ob das eine sinnvolle Politik war, wenn man eine neue Behörde schafft. Das kann es nicht sein, meine Damen und Herren von der Koalition!
Eine zivilgesellschaftliche Verknüpfung der Ordnungsämter wünschen wir uns auch. Die Zivilgesellschaft sollte immer mit eingebunden sein. Es wäre schön, wenn nicht nur die Ordnungsämter, sondern auch noch andere Behörden darauf achten würden. Das ist eine sehr schöne Forderung. Dazu kann man im Prinzip nicht Nein sagen. Ob man dafür einen eigenen Antrag braucht, ist eine andere Frage. Und Rechtssicherheit ist gut, Doppelzuständigkeiten vermeiden. Jeder will Rechtssicherheit – für die Polizei, für die Ordnungsämter. Das ist prima.
Jetzt kommen wir zum Kernthema, das sind die Ordnungsämter. Ich denke, dazu ist einiges zu sagen. Das Spannende ist nicht so sehr, dass wir ein Leitbild beschließen, sondern die Frage ist ja: Was soll in diesem Leitbild drinstehen? Das wäre eigentlich das Spannende gewesen, wozu ich mir von Ihnen, Herr Juhnke, gewünscht hätte, dass die CDU-Fraktion uns mitteilt, was ihre Vorstellungen zu diesem Leitbild sind. Was soll denn dieses neue einheitliche Leitbild enthalten? – Ich kann Ihnen sagen, was die FDP-Fraktion in ein solches einheitliches Leitbild hineinschreiben würde. Das ist, dass wir uns ein serviceorientiertes Ordnungsamt als Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger, als Servicedienstleister in unserer Stadt wünschen, für eine lebenswerte Stadt, für ein lebenswertes Berlin. Das wäre ein Leitbild von liberaler Seite.
Was aus unserer Sicht sicher nicht in ein solches Leitbild gehört, wäre eine Abzockbehörde, eine Behörde, von der die Bürgerinnen und Bürger den Eindruck haben, dass sie immer da zur Stelle ist, wo es mal wieder darum geht, ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Darum kann und darf es bei einem Ordnungsamt nicht gehen. Man hat manchmal den Eindruck, wenn man sich in unserer Stadt bewegt: Das Einzige, was funktioniert, ist, dass den Bürgerinnen und Bürgern rechtzeitig, insbesondere im Bereich der Parkraumbewirtschaftung, das Geld aus der Tasche gezogen wird.
Selbst wenn der öffentliche Dienst streikt, selbst wenn die BVG nicht fährt, aber was funktioniert, ist es, den Bürgerinnen und Bürgern den Bußgeldzettel bzw. die Verwarnung in die Hand zu drücken und das Geld abzukassieren. Das hat bis jetzt noch immer funktioniert. Deswegen, sage ich, brauchte man die Rechtssicherheit nicht nur im Hinblick auf die Ordnungsämter und die Polizei, man sollte auch zu den Finanzämtern und insbesondere den Bezirksfinanzen für eine ordentliche Abgrenzung sorgen.
Das wäre ein sinnvolles Leitbild – wie gesagt: einheitliche Strukturen ein absolutes Muss. Aus unserer Sicht ist das längst überfällig. Es ist erstaunlich, dass die Koalition
sich hier als Vater des Erfolges feiert, wenn es nach fünf Jahren immer noch nicht gelungen ist, ein solches Basic zu erfüllen. Schön, wenn das in der Umsetzung ist. Aber etwas Gutes kann ich daran nicht erkennen, dass das Ganze fünf Jahre gedauert hat. Liebe Koalitionäre! Das ist mager, mager bis gar nicht vorhanden. Und dass Sie auch noch auf die CDU einschlagen, wo sie eine angemessene finanzielle und Personalausstattung fordert, das kann ich nicht nachvollziehen. Sie selbst haben doch den Bezirken, den Ordnungsämtern Aufgaben übergeholfen – ich erinnere an den Nichtraucherschutz –, auch absolut unsinnige Aufgaben wie das Wegräumen von angeblich umweltschädlichen Heizpilzen und ähnlichen Mumpitz.
All das sind doch Aufgaben, wenn sie die den Bezirken aufhalsen und die Bürgerinnen und Bürger mit diesem Unsinn konfrontieren, dann müssen Sie auch dafür sorgen, dass eine angemessene finanzielle und Personalausstattung vorhanden ist.
Es bleibt für uns als FDP-Fraktion zusammenzufassen: Es gibt bei den Ordnungsämtern sicherlich noch viel zu tun. Deshalb ist es auch richtig, sich mit dem Thema zu befassen, ob mit diesen Anträgen oder nicht, das muss die CDU-Fraktion entscheiden. Aber grundsätzlich kann man dazu einfach nicht Nein sagen, selbst wenn noch so wenig drinsteht. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung der Drucksachen 16/2121 bis 16/2123 an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung – federführend – sowie mitberatend an den Ausschuss für Verwaltungsreform, Kommunikations- und Informationstechnik. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Die lfd. Nr. 4 e hatten wir bereits als 4 c aufgerufen. Das war die gemeinsame Priorität von SPD und Linksfraktion. Die lfd. Nr. 5 war Priorität der Fraktion der Grünen unter dem Tagesordnungspunkt 4 a.
Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel I und II der Drucksache 16/0617. Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU. Das Wort hat der Kollege Stadtkewitz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Linksfraktion sieht es sehr leer aus. Sie interessiert sich wahrscheinlich gar nicht mehr für das Straßenausbaubeitragsgesetz.
[Beifall von Kurt Wansner (CDU) – Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Aber die wenigen, die da sind, hören genau zu!]
Ich habe meine Kindheit und auch meine Jugend in einem Staat verbracht, der seine Substanz einfach verrotten ließ. Öffentliche Bauten, Straßen, ganze Innenstädte wurden einfach so ihrem Schicksal überlassen. Der Staat lebte von der Substanz und überließ der nächsten Generation eine Hypothek, an der wir noch lange zu knabbern haben werden.
Ich finde es erschreckend und beschämend zugleich, dass ich den Eindruck habe, wir sind da wieder angekommen. Schaut man sich die Straßen 20 Jahre nach dem Mauerfall an, sieht es wieder fast so aus. Der Winter ist noch im vollen Gange
und schon jetzt – – Ich rede von dem Zustand unserer Straßen. Sie können gerne darüber lachen, aber wir können beide mal einen Spaziergang durch Berlin machen, und dann schauen Sie sich das mal an, wie das aussieht.
Der Winter ist noch im vollen Gange, die neuen Schäden sind aber schon überall wieder sichtbar. Viele dieser Schäden werden wie in den Jahren davor wahrscheinlich nur einfach provisorisch zugeflickt.
Ja, ja, wir kommen dazu! – Der Sanierungsrückstau bei den Straßen beträgt schon jetzt – Herr Doering weiß das – eine halbe Milliarde Euro, 500 Millionen Euro. Wir leben
wie in Zeiten des Kommunismus von der Substanz. Ihnen, die hier in dieser Stadt Verantwortung tragen, fällt nichts Besseres ein, als ein Gesetz zu beschließen, das den Bürgern diese Lasten zusätzlich in Rechnung stellt. Sie fragen sich nicht, was mit dem Geld geschieht, das Sie z. B. aus der Grundstücksteuer einnehmen. Und Sie schämen sich nicht einmal, die Grundstücksteuer nach Inkrafttreten dieses ominösen Gesetzes auch noch drastisch um 150 Prozent, also den Hebesatz auf 810 Prozent, zu erhöhen. Nun wollen Sie beides. Sie wollen die erheblichen Mehreinnahmen aus der Grundstücksteuer und die Einnahmen aus diesem Gesetz. Aber ich sage Ihnen, Sie wollen die Einnahmen nicht der Einnahmen wegen, sondern Sie wollen diese Einnahmen aus ideologischen Gründen.
Für den großen Topf sind diese Einnahmen möglicherweise gering, aber für die betroffenen Anlieger – ob nun Unternehmer, Rentner, Familien mit Kindern – bedeuten diese Lasten nicht selten den Ruin. Dabei vernachlässigen Sie, dass Sie fernab jeder von uns und vielen Verbänden begründeten Ungerechtigkeit Ihres hier gewählten und schon lange nicht mehr zeitgemäßen Umlageweges ein Gesetz geschaffen haben,
das als bürokratisches Monstrum bezeichnet wird, und dass – ganz kühl gerechnet – Herr Buchholz, Sie können gleich auch noch was dazu sagen – die Einnahmen wohl kaum über den Ausgaben für den enormen Verwaltungsaufwand, den Sie hiermit verursachen, liegen dürften. Sie wollen also von den Bürgern einen Verwaltungsmehraufwand finanziert haben, den es überhaupt nicht geben würde, wenn Sie dieses Gesetz nicht beschlossen hätten. Ich sage Ihnen, Sie richten damit großen Schaden an. Wenn Sie das Geld der Bürger sachgerecht einsetzen würden, dann hätten Sie genug Mittel, die Sanierung der Straßen endlich einmal anzugehen. Stattdessen gibt es künstlich geschaffene Scheindebatten der Bürger über Mitspracherechte, indem Sie ihnen Mitspracherechte vorgaukeln, die sie – abgesehen von ganz kleinen Schönheitskorrekturen – wirklich überhaupt nicht haben. Mitsprechen können sie tatsächlich nicht.
Nein! Der kann nachher genug reden. Ich gestatte jetzt keine Frage. – Endlose und zähe Prozesse lassen die Straßen weiter verfallen. Der Bauindustrieverband – das werden Sie auch wissen – spricht mittlerweile von einem
Rückgang von rund 20 Prozent des ohnehin schon bescheidenen Auftragsvolumens. Die Konjunkturprobleme, die wir heutzutage haben, dürften ihr Übriges tun. Es ist völlig unverständlich und niemand kann das nachvollziehen, dass Sie angesichts der vielen Arbeit, die im Grunde buchstäblich auf unseren Straßen liegt, Unternehmen in die Pleite schicken, Straßenbauarbeiter in die Arbeitslosigkeit entlassen und Ihr Gesetz auch noch als das modernste dieser Art in Deutschland bezeichnen.