Protocol of the Session on September 25, 2008

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Pauzenberger! Herr Kollege Statzkowski! Was halten wir von den Überlegungen von Hertha BSC, aus dem Olympia-Stadion auszuziehen? – Die Antwort ist: nichts, oder wenn Sie es ausführlicher wissen wollen: gar nichts!

[Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Ich kann es noch ausführlicher machen. Wir haben vor acht Jahren, damals übrigens in Absprache mit Hertha BSC und dem Bund, entschieden, das Olympia-Stadion zu sanieren. Es ist schon damals diskutiert worden, ob man dieses Stadion zum reinen Fußballstadion umbaut oder ob man ein reines Fußballstadion danebensetzt. Wir haben uns damals dafür entschieden, ein Mehrzweckstadion zu bauen oder wiederherzustellen, um dort Fußball und andere für eine Metropole geeignete Events durchführen zu lassen. Das hat sich im Ergebnis bewahrheitet, und wir werden z. B. im nächsten Jahr die Leichtathletikweltmeisterschaft in Berlin haben, die wir nicht nach Berlin hätten holen können, wenn wir nicht das entsprechende Stadion hätten anbieten können. Von daher ist dies Geschäftsgrundlage für das Olympia-Stadion gewesen.

Wir haben mit der Hertha BSC Kommanditgesellschaft auf Aktien einen Vertrag bis zum Jahr 2017 geschlossen. Nun kann ich ein Wirtschaftsunternehmen wie Hertha BSC nicht daran hindern, wenn es einen Mietvertrag mit uns bis 2017 hat, über Alternativen nachzudenken. Dass sie über solche Alternativen nachdenken, haben sie uns auch angekündigt. Das ist kein neues Projekt. Wir werden sie, wenn wir gefragt werden, und wir werden gefragt, dahingehend beraten, dass wir es für auch im Interesse von Hertha BSC halten, das Olympia-Stadion weiter zu nutzen. Das ist einmal ein Traditionsstadion, andererseits eines mit idealer Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr – mit S-Bahn und U-Bahn sowie für Einzelnutzer mit Pkw. Daher meinen wir, dass das ein einzigartiges Stadion ist. Ich weiß, dass anderswo in der Republik oder sonstwo enge, kleine, hochhackige Stadien gebaut werden, bei denen der Zuschauer unmittelbar am Stadionrand sitzt. Ich glaube, dass das Berliner OlympiaStadion konkurrieren kann.

Wenn der Ankernutzer für dieses Stadion wegfallen würde, wäre dies für den Betrieb des Stadions ein herber Rückschlag. Das muss man nüchtern so sehen, weil so ein Stadion nur teilweise lebt, wenn man es nur noch an wenigen Tagen im Jahr nutzen kann. Aber die Entscheidung liegt nicht allein beim Senat von Berlin, sie liegt auch bei dem Nutzer Hertha BSC. Dem können wir eigentlich nur sagen: Wir haben euch mit viel öffentlichem Geld dort ein prima Stadion hingestellt. Nutzt es!

Die Frage nach den Alternativstandorten, Herr Kollege Statzkowski, stellt sich für mich im Moment nicht. Wenn ich Hertha BSC richtig verstanden habe, geht es denen im Moment nicht um Planungsfragen – wie soll so ein Stadion aussehen und wo kann man es hinstellen? –, sondern um eine Wirtschaftlichkeitsberechnung. ob sie in der Lage sind, ein solches Stadion zu bauen und ob sie dann in der Lage sind, auch andere Dinge zu tun, sie müssen ihre Schulden bedienen, Spieler neu einkaufen usw., sodass ich im Moment Spekulationen nicht Vorschub leisten will, was wohin kommen könnte. Mein Ziel wird es sein, Hertha BSC im Olympia-Stadion zu halten. Ich hoffe allerdings, auf einem höheren Tabellenplatz als heute.

[Beifall bei der Linksfraktion und den Grünen]

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt gibt es die erste Nachfrage des Kollegen Pauzenberger. – Bitte schön!

Danke, Herr Präsident! – Herr Senator! Danke für Ihre Antwort! Sie waren in Peking und haben sich das Olympia-Stadion angesehen. Sie haben auch in der Presse – vorgestern, glaube ich – einige Ausführungen gemacht, wie Sie das Olympia-Stadion von einem Fünfsternestadion zu einem noch höher bewerteten Stadion machen können. Können Sie uns das heute noch einmal erläutern?

Herr Senator Dr. Körting!

Das ist richtig. Die Debatte von Hertha kommt mit in eine weitere Debatte, wie man ein solches Stadion wie das Olympia-Stadion noch optimieren kann. Da ist für mich der Besuch anderer Stadien, u. a. das sogenannte Vogelnest in Peking, schon ein Erlebnis gewesen, was man zusätzlich machen kann, um ein solches Stadion für den Besucher attraktiv zu machen. Wenn ich bei einer Leichtathletikveranstaltung in einem Stadion sitze, dann muss ich dem Stadionbesucher neben der Atmosphäre, die dort durch viele Menschen gegeben ist, auch eine optische Atmosphäre bieten, dass er bestimmte Dinge verfolgen kann, und zwar mindestens so gut wie zu Hause vor dem Fernseher. Das habe ich in Peking gesehen. Dort ist das Stadion mit Riesenscreens ausgerüstet, sodass der Zuschauer bestimmte Athleten neben der Gesamtschau auch auf den Screens hautnah erleben kann. Die technischen Möglichkeiten, die man heute hat, sollte man nutzen, um so etwas zu machen. Ich meine, dass es Möglichkeiten gibt, am Olympia-Stadion noch etwas zu optimieren. Das käme auch einem Fußballverein wie Hertha BSC zugute. Ich habe mir auch das Fußballstadion Gelsenkirchen angesehen, wo es eine ähnliche Situation mit Screens gibt, während wir einen etwas vergrößerten Fernseher als Screen haben, der nicht eine solche Atmosphäre erzeugen kann, wie ich sie anderswo erlebt habe. Man kann technische Verbesserungen vornehmen. Vielleicht erleichtert das Hertha die Findung, bei uns zu bleiben.

Danke schön! – Die nächste Nachfrage kommt vom Kollegen Statzkowski. – Bitte schön!

Herr Präsident! Ich frage den Sportsenator, wie er Angebote und Gedankenspiele der Senatsverwaltung für Stadt

entwicklung beurteilt, dieses Fußballstadion nach dem Jahr 2017 ggf. auf der Fläche des Flughafens Tegel zu bauen, und ob diese Auffassung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit ihm abgestimmt wurde.

Herr Senator Dr. Körting!

Herr Kollege Statzkowski! Nach meiner Kenntnis hat die Stadtentwicklungsverwaltung bisher keine Gedankenspiele über eine Umsiedlung von Hertha BSC auf ein Flughafengelände angestellt. Die Stadtentwicklungsverwaltung ist gefragt worden, wenn es denn zu einer solchen Situation käme, ob die Flächen vom Grundsatz her dafür geeignet wären. Dazu hat die zuständige Pressesprecherin pflichtgemäß geantwortet: Das ist nicht undenkbar, aber es ist zu beachten, dass der Bau von Stadien mitten in der Innenstadt mit erheblichen Problemen verbunden ist, weil es dort umliegende Wohnbebauung gibt, die unter Immissionsschutzgesichtspunkten zu betrachten ist, und ein Stadionbauer nicht die Privilegien genießt, die der Betreiber eines mit Bestandssicherung versehenen Stadions hat. – Gedankenspiele der Stadtentwicklungsverwaltung, das Stadion woanders anzusiedeln, gibt es nicht, weil die Stadtentwicklungsverwaltung genauso wie wir der Auffassung ist: Hertha BSC hat ein gutes Stadion. Es sollte da bleiben. [Beifall bei der SPD – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Jetzt geht es weiter mit einer Nachfrage des Kollegen Schruoffeneger. – Bitte schön!

Herr Senator! Wie bewerten Sie die Tatsache – und daraus resultiert die Glaubwürdigkeit der Zahlenspielerei und Gedanken von Hertha BSC –, dass dieser Verein den Senat und das Parlament vor knapp zwei Jahren faktisch erpresst und mit einer drohenden Lizenzverweigerung aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten gedroht hat, wenn nicht das Land Berlin die Miete so weit reduziert, dass Hertha BSC jetzt nur noch die Hälfte der Miete zahlt, die z. B. in Frankfurt gezahlt werden muss, und glauben Sie, dass dieses Manöver auch dazu dient, bei Neuverhandlungen weitere Mietpreisreduzieren durchdrücken zu können?

Herr Senator Dr. Körting!

Herr Kollege Schruoffeneger! Wir haben einen Vertrag mit Hertha BSC. Der ist unter Vertragspartnern zustande gekommen und unterschrieben. Ich werde mich jetzt hier nicht entblöden, meinen Vertragspartner in der Öffentlichkeit zu beschimpfen. Diese Vertragspartner hat mit uns einen Vertrag, den er einhält. Da gibt es auch manchmal Streitigkeiten, etwa beim Catering mit dem Bier. Das ist so zwischen Vertragspartnern, dass man manchmal unterschiedliche Auslegungen zu bestimmten Vertragsbedingungen hat – und fertig! Das ist für uns und für das Olympia-Stadion ein wichtiger Vertragspartner. Was ich Hertha BSC zu sagen habe, werde ich ihnen sagen, aber nicht in der Öffentlichkeit.

[Beifall von Markus Pauzenberger (SPD) und Lars Oberg (SPD)]

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Steuer. – Bitte schön!

Danke sehr! – Herr Senator! Haben Sie mit Hertha BSC in letzter Zeit ein Gespräch über diese Unstimmigkeiten bei der Einschätzung des Vertrages geführt, beispielsweise um zu anderen Lösungen bei der Getränkevermarktung zu kommen?

Herr Senator Dr. Körting!

Herr Kollege Steuer! Wir haben Gespräche mit Hertha BSC geführt. Wir haben uns mit denen über viele Fragen unterhalten, auch über Vertragsauslegungsfragen, was das Catering betrifft. Wir hatten uns übrigens mit unserem Vertragspartner verständigt, dass wir die Frage in einem Klageverfahren – einer Feststellungsklage, wenn ich das richtig in Erinnerung habe – klären lassen. Diese Feststellungsklage ist entschieden worden. Damit ist die Rechtsfrage geklärt.

Danke schön!

Wir kommen nun zur Mündlichen Anfrage der Frau Kollegin Dr. Barth von der Linksfraktion zum Thema

Bildungsprogramm für die offene Ganztagsgrundschule

Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wann ist mit der Fertigstellung des Bildungsprogramms für die offene Ganztagsschule zu rechnen, und welchen Zeitplan gibt es für seine Implementierung?

2. Welche personellen, materiell-sächlichen und räumlichen Voraussetzungen sind zur möglichst flächendeckenden Einführung des o. g. Bildungsprogramms notwendig, und wer ist für die Schaffung dieser Voraussetzungen in welchem Umfang zuständig?

Es antwortet der Bildungssenator. – Bitte schön, Herr Prof. Zöllner!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Frau Barth! Gestatten Sie mir, dass ich beide Fragen im Zusammenhang beantworte:

Die Entwurfsfassung des Bildungsprogramms für die offene Ganztagsgrundschule ist seit dem letzten Jahr im Internet zugänglich. Sie wird seitdem bereits von zahlreichen Grundschulen und mit ihnen kooperierenden Einrichtungen als Arbeitsgrundlage für die interne Fortbildung und die Entwicklungsplanung dieser Schulen genutzt. Die formale Veröffentlichung des überarbeiteten Bildungsprogramms ist Ende 2008 zu erwarten.

Das Bildungsprogramm konkretisiert den allgemeinen Bildungsauftrag des Schulgesetzes und entfaltet die Schlüsselthemen des Leitbildes für die offene Ganztagsgrundschule, das seit Sommer 2005 den Orientierungsrahmen für die Qualitätsentwicklung der offenen Ganztagsgrundschulen darstellt. Das Bildungsprogramm zeigt auf, wohin sich alle offenen Ganztagsgrundschulen in Berlin perspektivisch und langfristig entwickeln sollen und wie es gelingen kann, dass Ganztagsgrundschulen für alle Akteure, d. h. für Schülerinnen und Schüler, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern und entsprechende außerschulische Partner, zu einem Lebens- und Lernort werden, der mit mehr Zeit ein Mehr an Bildungschancen eröffnet.

[Zuruf von Heidi Kosche (Grüne)]

Im Bildungsprogramm werden Qualitätskriterien für die offene Ganztagsschule pädagogisch begründet und damit praxisnahe Vorschläge für ihre Realisierung eröffnet. Bei allen Konkretionen, die das Bildungsprogramm ausweist, handelt es sich um Beispiele aus der Praxis, die an Schulen in Berlin in vielen Fällen bereits umgesetzt sind, allerdings nicht alle an jeder Schule. Dies liegt in der Natur

der Sache, denn Schulen gehen entsprechend ihrem sozialen und räumlichen Umfeld, ihren Bedingungen und ihren spezifischen Problemen individuell unterschiedliche Wege in ihrem Entwicklungsprozess, und das ist auch gewollt.

Bei den Entwicklungszielen, die in dem Bildungsprogramm entfaltet und mit Beispielen unterlegt werden, handelt es sich um Zielvorstellungen, deren Umsetzung perspektivisch angestrebt ist und die nur langfristig erreicht werden kann. Eine flächendeckende Eins-zu-einsUmsetzung der Handlungsimpulse und pädagogischen Orientierungen, die das Bildungsprogramm entfaltet, ist daher weder kurzfristig noch langfristig vorgesehen und würde auch dem Grundansatz der Weiterentwicklung des Berliner Schulsystems, einer weitgehend eigenständigen, eigenverantwortlichen Entwicklung der Schulen widersprechen.

Die Grundschullehrkräfte haben seit 2005 enorme Veränderungen bewältigen müssen und haben dies mit einem hohen Kraft- und Zeiteinsatz angenommen. Dafür müssen sie ebenso kraftvolle Wertschätzung von uns erhalten und nicht sofort wieder den Ruf: Es ist nicht genug! Ihr müsst noch weiter laufen! Hier ist in kurzer Zeit Enormes geleistet worden – es handelt sich übrigens um die Schulart, von der ich den Eindruck habe, dass sie von allen Schularten die Herausforderungen am besten und konsequentesten aufgenommen hat. Dass die Entwicklung weitergehen soll und wird, wollen wir alle gemeinsam, auch die Lehrkräfte. Deshalb gibt es unter anderem diesen Entwurf zur langfristigen Weiterentwicklung. Ich betone jedoch: Es sind langfristige Entwicklungsaufgaben und Orientierungsmarken für konkretes, pädagogisches, politisches und administratives Handeln!

Das Schulgesetz sichert der Einzelschule ein hohes Maß an Eigenverantwortung und an pädagogisch-organisatorischen Gestaltungszielräumen zu, und dieses hat das Parlament so gewollt. Das gilt auch für die Gestaltung des Ganzstagsprofils im Rahmen der Zielvorgaben, die im Schulgesetz, in der Grundschulverordnung sowie in den Rahmenplänen und Standards vorliegen. Die Umsetzung der im Bildungsprogramm enthaltenen Anregungen und Zielsetzungen obliegt somit den Entscheidungen der Schulen vor Ort. Es gilt, alle Akteure mitzunehmen und ihnen dabei auch Zeit für die Entwicklung einzuräumen.

Ich habe daher nicht vor, den Schulen vorzuschreiben, welche Einzelschritte sie wann ganz konkret einleiten, und welche konkreten Maßnahmen sie im Einzelfall zu welchem Zeitpunkt umzusetzen haben. Gerade die Grundschulen haben in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, um die Qualität unseres Schulsystems zu verbessern. Sie brauchen nun Ruhe und Zeit für weitere Entwicklungsschritte. Diese werden wir unterstützen, aber sie nicht verordnen.

[Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage von Frau Kollegin Dr. Barth – bitte schön, Frau Dr. Barth!

Vielen Dank für die umfangreiche Antwort, Herr Senator! Ich frage Sie: Mit welchen Informations- und Qualifizierungsmaßnahmen haben Sie vor, die Implementierung und die Anwendung dieses Bildungsprogramms in den offenen Ganztagsschulen zu befördern?

Herr Senator – bitte schön!

Stimmig mit den grundlegenden Ausführungen, die ich gemacht habe, ist selbstverständlich die Verpflichtung, die Schulen dann in den Stand zu setzen, pädagogische Elemente nach ihrer eigenen Entscheidung aufzunehmen. Es gibt seit 2004 ein entsprechendes Angebot einer Serviceagentur ganztags, aber wir werden auch dafür Sorge tragen, dass entsprechende Angebote im Weiterbildungsspektrum, vor allem im LISUM, und über entsprechende Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zur Verfügung stehen, damit dies in dieser Schwerpunktsetzung in Verantwortung der Schulen inhaltlich gestaltet werden kann.

Danke schön! – Eine weitere Nachfrage der Kollegin Jantzen von den Grünen – bitte schön, Frau Jantzen!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Prof. Zöllner! Sie haben darauf hingewiesen, dass die Schulen diesen Entwurf bereits als Grundlage ihrer Entwicklungsplanung nehmen. Das finde ich sehr gut und möchte die Schulen dafür auch loben. Ich frage nun aber Sie, inwieweit die Qualitätskriterien, insbesondere was die räumlichen Voraussetzungen für eine Ganztagsschule in unserem Sinn ausmacht, bei der bezirklichen und auch der Landesschulentwicklungsplanung verbindlich eine Rolle spielen.