Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erinnere mich noch genau daran: Vor ziemlich genau einem Jahr, nämlich am 7. Juni 2007, haben wir hier zu dem gleichen Thema gesprochen.
Sie haben es im März eingebracht. Damals war es aber meines Erachtens ein Antrag der Grünen, den wir dann weitgehend so umgesetzt haben. Sie forderten nämlich damals, das Essen an den gebundenen Ganztagsgrundschulen genauso zu subventionieren, sodass auch dort die Eltern nur einen Essensbeitrag von 23 € leisten müssen. Das haben wir auch seit dem 1. Januar in Kraft gesetzt.
Dass diese Umsetzung nicht geklappt hat, bedauern wir genauso wie Sie, Frau Senftleben! Das habe ich Ihnen gerade draußen bei der „Abendschau“ bestätigt.
Als Running Gag fragen Sie jetzt aber in jeder Schulausschusssitzung danach, ob die Kinder in den Grundschulen endlich ihr Mittagessen haben, und beschuldigen den Senator. Ich muss mich jetzt nicht hinter ihn stellen, aber er ist der falsche Ansprechpartner, denn wir haben es so beschlossen, und umsetzen müssen es die Schulträger, die Bezirke.
Dahin müssen Sie sich mit Ihrer Kritik wenden. Aber Sie haben offensichtlich kein anderes Thema, Frau Senftleben! Es kommt mir ein bisschen vor wie Herr Pflüger mit
Tempelhof. Da dass nicht geklappt hat, ist es nun „Pro Reli“. Damit werden Sie auch scheitern – aber das nur am Rande.
Nun hat die FDP diese Große Anfrage eingebracht und um schriftliche Beantwortung gebeten. Diese liegt nun vor. Darauf sind Sie aber gar nicht eingegangen, Frau Kollegin!
Zur ersten Frage habe ich bereits eine Stellungnahme abgegeben. Wir haben das Gesetz geändert, und auch die Kinder an gebundenen Ganztagsgrundschulen können für 23 € im Monat essen. Die Zahl von 89 Prozent von Kindern, die an diesem gemeinsamen Essen teilnehmen, die der Senat hier angibt, bezieht sich auf alle Schulen. Bei manchen sind es 100 Prozent, bei anderen leider nur 50 Prozent. Dies bedauere ich auch, denn ich bin auch der Meinung, dass es aus sozialen und pädagogischen Gründen nicht sinnvoll ist, wenn nur ein Teil der Schülerinnen und Schüler am gemeinsamen Essen teilnimmt. Es ist nur zu hoffen, dass der Anteil nach der Einführung des subventionierten Essens steigen wird. Auch der Härtefallfonds kann hier einspringen.
Jetzt fragt die FDP-Fraktion auch nach den Schülerinnen und Schülern, die ohne Frühstück in die Schule kommen. Ich erinnere mich auch sehr gut daran, dass ich damals den Terminus technicus „ungefrühstückt“ benutzte, den Frau Gruner dann gleich kritisierte und den ich deshalb im Folgenden nicht mehr verwenden werde. Jedoch lässt sich nicht unbedingt ein Zusammenhang zwischen den Kindern ohne Frühstück und denjenigen, die nicht am Mittagessen teilnehmen, herstellen.
Ich bin aber auch der Meinung, dass sich in beiden Fällen die Senatsverwaltung darum kümmern sollte.
Insgesamt bin ich mit unserem Beschluss mehr als einverstanden. Ich hätte auch – ehrlich gesagt – anfangs nicht gedacht, dass wir diese Summe von den Haushältern bewilligt bekommen. Ich habe schon sehr früh Gespräche mit Herrn Zackenfels geführt, der der Lösung gegenüber sehr aufgeschlossen war und mit mir einen Termin bei der Senatsverwaltung wahrgenommen hat. Dafür bin ich ihm heute noch dankbar.
Nun haben wir 3,8 Millionen € für dieses subventionierte Essen und noch einmal 413 000 € für einen Härtefallfonds eingestellt. Damit bin ich erst einmal zufrieden, und das sollten Sie auch sein, liebe Frau Senftleben. Es ist nun Sache der Bezirke, dies umzusetzen.
Ein Wort noch zur Einbeziehung der Eltern. Natürlich können wir die Bezirke als Schulträger nicht außen vor lassen, aber Sie können mir doch nicht erzählen, dass die Bezirke gegen den Willen der Eltern oder gegen die Schulen irgendwelche Caterer vorschreiben. Das glaube ich nicht. Die Schulkonferenz beschließt das in den jeweili
gen Schulen, und dabei sind die Eltern mit entscheidungsberechtigt. Des Weiteren haben wir noch einmal nachgefragt, wie es denn bei den Schulen ist, die selbst kochen. Das ist das Beste, was wir haben können, und das wollen wir nicht mit einem subventionierten Essensangebot verhindern. Natürlich kann dies weiterhin angeboten werden, insofern ist bereits heute eine Vielfalt vorhanden, die wir weiterhin fördern. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Chaos-Rede von Frau Dr. Tesch habe ich mich gefragt, was das alles miteinander zu tun hat, u. a. Tempelhof mit dem Schulessen. Es fällt einem nicht sofort etwas ein, aber wenn wir an Tempelhof und an die Luftbrücke denken, gab es damals mehr glückliche Kinderaugen, Frau Dr. Tesch, als heute in so manch einer Berliner Schule.
Jedes einzelne hungernde Kind in Berlin beschämt uns alle in diesem Haus, das ist keine Frage. Es ist eine Katastrophe, wenn Eltern nicht für das Nötigste für ihre Kinder sorgen, wenn Erziehungsdefizite so groß sind, dass Eltern nicht mit ihren Kindern spielen, ihnen nicht vorlesen und sie am Ende hungernd zur Schule schicken. All diese Kinder gehen zur Schule, und dort haben sie wenigstens eine Chance, ein Mittagessen zu erhalten. Häufig sind es genau die Kinder, die zu Hause nichts zu essen bekommen, die auch in der Schule daneben sitzen müssen und nicht am Mittagessen teilnehmen. Häufig liegt das am mangelnden Willen der Eltern, häufig liegt es am knappen Geld oder am falsch bewirtschafteten Geld. Die CDU hat deshalb bei den letzten Haushaltsberatungen beantragt, 25 Millionen € für das Schulessen in Berlin bereitzustellen. Wir sind der Auffassung, dass die Kinder nicht für das Fehlverhalten der Eltern bestraft werden dürfen.
Es darf nicht sein, dass die einen Kinder essen, während die anderen Kinder hungernd daneben sitzen oder in einem anderen Raum betreut werden. Rot-Rot hat sich allerdings für die kleine Lösung entschieden. Es soll etwas mehr Zuschüsse geben, und es soll ein Härtefallfonds eingerichtet werden, über den die Schulen selbst entscheiden sollen. Wie die Schulen damit umgehen, bleibt weitgehend ihnen überlassen; es gibt dazu keine klaren Hinweise. Sicher wird dieses Konzept einigen helfen, es wird vielleicht vielen helfen, am Ende wird es aber immer noch Kinder geben, die nicht am Schulessen teilnehmen können, und wir sind der Auffassung, dass jedes Berliner Kind an einem Schulessen teilnehmen können soll.
Dem Beschluss des Abgeordnetenhauses sind Sie ein halbes Jahr nicht gefolgt. Frau Dr. Tesch! Das war nicht die Schuld der Bezirke, die Bezirke hatten nicht bereits ein halbes Jahr die Vorlage des Senats zur Beratung, das ist geradezu absurd. Der Senat war sich nicht einig, und es hat viele Monate gedauert, bis ein Beschluss den Bezirken zugeleitet wurde. Das ist ungeheuerlich, damit haben Sie ein halbes Jahr Ihr Versprechen im Raum stehenlassen. Ende letzten Jahres haben Sie es als allgemeines politisches Versprechen an die Berliner Eltern genutzt, ohne auch nur eine Idee zu besitzen, wie sie das umsetzen wollen. Noch heute essen Kinder in der Berliner Schule für 40 € im Monat. Das ist ein Trauerspiel. Wir brauchen endlich ein Schulessen, das sich alle leisten können. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Tat, im nächsten Schuljahr bekommen alle Kinder in Berlin, die an einer Ganztagsgrundschule ein Angebot wahrnehmen, ein subventioniertes Mittagessen für 23 €. Das ist ein wichtiger Schritt gegen die Benachteiligung von Kindern aus armen Familien.
Darüber hinaus wird es einen Härtefallfonds geben, sodass die Schulen im Einzelfall eine Essensteilnahme zu Sonderkonditionen ermöglichen können. Ebenfalls darüber hinaus wird es ein Starterpaket geben, mit dem Kinder aus einkommensschwachen Familien bei der Einschulung eine Grundausstattung mit Materialien, die das Kind für die Schule braucht, erhalten. Um das alles haben wir lange gerungen, das hätten wir in der Tat gerne früher gehabt, aber da es auf das Ergebnis ankommt, ist es uns umso wichtiger, dass es jetzt den Kindern zugutekommt.
Ende 2006 gab es aus den gebundenen Ganztagsgrundschulen Alarmrufe; der Ganztagsschulverband, die Schulleitervereinigung, die GEW teilten mit, dass immer mehr Kinder nicht am Mittagessen teilnehmen. An den gebundenen Ganztagsgrundschulen sind die Kinder bis 16 Uhr an der Schule, und sie essen nicht etwa zu Hause zu Mittag, das gemeinsame Mittagessen gehört zum Programm der Schule und soll in das erzieherische Konzept einbezogen werden. Ein Mittagessen – so war es bisher die Regelung – muss kostendeckend finanziert werden und kostet ca. 40 € im Monat. Wenn Kinder an diesem Essen nicht teilnehmen können, weil ihre Eltern es sich nicht leisten können, haben sie nicht nur den ganzen Tag Hunger, was nicht akzeptabel ist, sondern sie werden diskriminiert, zurückgesetzt und können am erzieherischen Programm der
Schule nicht teilnehmen. Deswegen mussten wir an dieser Stelle handeln, obwohl es zunächst in der Verantwortung auf Bundesebene liegt, denn dort ist die Entscheidung getroffen worden, dass in den Hartz-IV-Regelsätzen keine Materialien für den Schulanfang vorgesehen sind. Dort ist auch die Entscheidung getroffen worden, dass für die Ernährung der Kinder im Regelsatz ein Satz von 2,60 € pro Tag vorgesehen ist. 2 € pro Tag für ein Mittagessen in der Schule ist daraus nicht zu bezahlen. Deswegen ist es völlig richtig – wie es der Senat in der Großen Anfrage dargestellt hat – und wir unterstützen es, dass es die Veränderung in den Hartz-IV-Regelsätzen auf Bundesebene geben muss. Deswegen ist es gut, dass der Senat sich an entsprechenden Initiativen beteiligt.
Unabhängig davon konnten wir die Situation nicht so lassen, deswegen haben wir uns darauf verständigen können – und das ist durchaus nicht selbstverständlich –, dass wir Geld für eine Subventionierung von Schulessen für die Unterstützung von Kindern aus armen Familien zur Verfügung stellen, insgesamt 4,5 Millionen € jährlich.
Natürlich, Frau Senftleben, hätten wir das gern früher gehabt. Als wir das im vergangenen Jahr mit dem Haushalt beschlossen haben – und die politische Übereinkunft war schon früher getroffen –, hatten wir das Ziel, dass das sehr viel schneller umgesetzt wird. Wir mussten aber zur Kenntnis nehmen, dass es sehr unterschiedliche Interessen und Konzepte gibt, die miteinander gestritten haben. Eins muss ich Ihnen aber sagen: In Ihren ersten Reaktionen auf dieses Problem haben Sie gefordert, allein durch die Verpflichtung von Kindern zur Teilnahme am Essen in den Ganztagsschule dieses Problem lösen zu wollen. Dass es ein Problem der Armut von Menschen ist, war in Ihren ersten Reaktionen nicht präsent. Deswegen ist es richtig, dass wir den Weg so gegangen sind.
Zwei Punkte, die bereits thematisiert wurden, möchte ich noch einmal ansprechen: Sie haben zum Teil so getan, Frau Senftleben, als wäre das, was wir für die gebundenen Ganztagsgrundschulen einführen, ein Verfahren, das es sonst nirgendwo gibt. Das ist das Verfahren, das im offenen Ganztagsbetrieb mit dem dort angebotenen Essen stattfindet. Die Bezirke sind dafür verantwortlich, einen Caterer auszuwählen – sie wählen in der Regel mehrere Caterer aus –, und aus diesem Angebot können sich die Schulen eins auswählen. Sicherlich wäre ein anderes Verfahren vorstellbar gewesen, aber vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass die Bezirke auf ein einheitliches Verfahren für den offenen und den gebundenen Ganztagsbetrieb gedrängt haben.
Ich komme zum Schluss. – In der Tat trifft Armut Kinder immer als erste. In der Tat ist es so, dass Hartz IV vor allen Dingen die Kinder trifft. Wir haben aber mit den Regelungen, die nun endlich zum nächsten Schuljahr gelten, das, was man auf Landesebene tun kann, getan, damit Kinder aus armen Familien nicht noch zusätzlich benachteiligt werden und zusätzlich schlechtere Startchancen haben. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Zöllner! Es wird Sie sicherlich nicht überraschen, aber Ihre Antworten befriedigen mich nicht, und ich denke, viele in diesem Hause ebenso wenig. Herr Zillich! Alles-wird-gut-Parolen oder das Prinzip Hoffnung bringen uns nicht weiter. Warum zweifele ich Ihre Worte an? – Ganz einfach, ich zitiere:
So lautete die Ankündigung der Regierungskoalition am 13. Juli 2007. Seither ist fast ein Jahr vergangen. Was ist bisher geschehen? Was hatten die Schülerinnen und Schüler von diesem rot-roten Versprechen? – Nichts. Und das ist Ihnen vorzuwerfen.