Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das aktuellste Thema, das diese Stadt beschäftigt, ist, glaube ich, das gestrige Fußballspiel!
zwei Mannschaften, die in dieser Stadt wie keine anderen verwurzelt sind. Ich fand es großartig, wie die Stadt in der Lage war, dieses Fußballereignis zu zelebrieren. Der eigentliche Gewinner gestern war die Integration in dieser Stadt, und das ist das Bild, das wir von der Hauptstadt sehen wollen!
An dieser Stelle möchte ich explizit der Berliner Polizei danken, dass sie dafür gesorgt hat, dass das friedlich über die Bühne gegangen ist.
Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BSR, die dafür sorgen, dass die Fanmeile vor dem Brandenburger Tor sauber abläuft – das ist zukunftsweisend, und das wollen wir sehen.
Auf solchen Parteitagen hängen immer Sinnsprüche an der Wand – Sie kennen das alle von Ihren Parteitagen. Der Spruch, der für diesen SPD-Parteitag am besten gepasst hätte, wäre „Keinen Bock mehr!“ gewesen.
Keinen Bock mehr auf die Sprüche von Sarrazin, keinen Bock mehr auf den Umbau der Sozialversicherungssysteme, keinen Bock mehr auf das politische Bezirksamt. Diese SPD ist eine Null-Bock-Partei geworden.
Diese SPD hat sich von jeglichem Gestaltungsanspruch für die Stadt verabschiedet, und das ist schade. Ich bedaure das zutiefst, weil diese Stadt politische Kräfte braucht, die wirklich in der Lage sind, zu gestalten. Hätten wir die Wirtschaftskraft von Hamburg,
hätten wir zwei Milliarden € mehr Gewerbesteuer, und wir hätten 600 Millionen € weniger Ausgaben für die Kosten der Unterkunft. Genau das müssen wir für diese Stadt gestalten, und davon haben Sie sich verabschiedet!
Sie sind in Ihren bundespolitischen Taktierereien verfangen; für die SPD darf das rot-rote Experimentierfeld keinen Kratzer kriegen. Die Linken sind darauf angewiesen, dass sie die Direktiven der obersten Leitung von Oskar Lafontaine auch tatsächlich umsetzen. So wird aus dieser Stadt nichts mehr.
Wir hatten ein herausragendes Beispiel: Das war Ihre peinliche Vorstellung bei der Zustimmung zum EUVertrag.
Wir merken es jeden Tag in der aktuellen tagespolitischen Debatte. Wir haben monatelang eine Diskussion darüber geführt, wie 24 Stellen zum Schutz von Kindern in dieser Stadt besetzt werden können. Die PDS, die Linke,
ist nicht in der Lage, mit gezielten personalpolitischen Maßnahmen zu agieren, um da auch wirklich etwas zu tun. Die SPD sagt: Wir machen das aus dem Bestand. – Fünf Monate lang ist nichts passiert. Wer sind die Leidtragenden? – Die Kinder dieser Stadt!
Sie haben sich aber nicht nur von der Zukunftsgestaltungsfähigkeit der politischen Kräfte in dieser Stadt verabschiedet, Sie haben sich auch von dem verabschiedet, was wir alle hier im Haus vor langer Zeit beschlossen haben, nämlich von der Einführung des politischen Bezirksamts.
Ihr Herr Lederer, lieber Herr Doering, hat auch schon Skepsis angemeldet. Das haben wir auch nicht anders erwartet. Wenn die SPD hustet,
Wir werden auch sicherlich die Klimmzüge von Ihnen sehen, wie Sie versuchen, das umzusetzen. Aber ich sage Ihnen: Das wird nicht so leicht werden! Wir haben in unserer Verfassung eine Regelung, die sagt: 2010 ist Schluss mit dem d’Hondt-Verfahren zur Bildung der Bezirksämter. – Wir haben ein Bezirksverwaltungsgesetz, in dem in § 35 Abs. 2 steht, dass im Jahr 2010 Schluss ist. Dann wird gewählt. Jetzt will ich von der SPD sehen, wie sie die verfassungsändernde Mehrheit hier im Haus zusammenbekommt,
um wieder eine Verfassungsgrundlage zu schaffen, damit letztlich das politische Bezirksamt verhindert wird. Ich kann Ihnen nur sagen: Das ist ein Rückschritt in Zeiten, die wir längst überwunden glaubten. Das ist ein Zeugnis dafür, dass Sie aufgeben, die Stadt wirklich zukunftsfähig zu machen. Das darf für diese Stadt so nicht weitergehen, und das dürfen wir als Opposition auch nicht hinnehmen. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Ratzmann! – Für die Fraktion der FDP hat nunmehr der Kollege Dr. Lindner, der Fraktionsvorsitzende, das Wort. – Bitte schön, Herr Dr. Lindner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Ratzmann! Sie haben recht: Es ist weniger die Bezirksamtsstruktur, die die Bürger aktuell interessiert, sondern wahrscheinlich der Fußball.
Auch allen Ihren Einschätzungen schließe ich mich an. Aber, Kollege Ratzmann, Sie werden mir auch recht geben: Die Bürgerinnen und Bürger, die auf der Fanmeile sind, wollen sich da auch das eine oder andere leisten können,
vielleicht das eine oder andere Bierchen trinken können. Deswegen fordert die FDP, einmal zu schauen, wie es im Geldbeutel der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt aussieht, ob sie überhaupt noch in der Lage sind, hier richtig kräftig zu feiern.
Dann stellen wir fest, dass infolge des weltweiten Wirtschaftsaufschwungs und des Konjunkturaufschwungs in Deutschland auch Berlin profitiert hat und sich die Bruttoeinkommen in dieser Stadt erfreulicherweise nach oben entwickeln. Wir haben in Berlin einen Anstieg von 2004 auf 2005 von 2 Prozent und von 2005 auf 2006 noch einmal von 2,9 Prozent. Das ist nicht schlecht. Es ist nur die Frage: Was bleibt am Ende übrig? Was hat der Bürger netto in der Tasche? – Wir stellen fest, dass zwar RotGrün eine gewisse Steuerreform durchgeführt hat. Wenn wir uns aber genauer anschauen, wer der Profiteur ist, dann stellen wir fest: Profiteure sind die unteren Einkommen. Sie haben von der Absenkung des Eingangssteuersatzes von 25 auf 15 Prozent profitiert. Die Topeinkommen haben auch profitiert, weil der Spitzensteuersatz von 53 auf 42 Prozent zurückgegangen ist. Aber Verlierer der Reform ist die Mitte der Gesellschaft, weil immer mehr Steuerzahler quasi zu Topverdienern erklärt werden, weil sie schon ab einem relativ geringen Einkommen in den Spitzensteuersatz fallen. Ein lediger Arbeitnehmer zahlt heute ab einem Jahreseinkommen von 52 000 € den Höchstsatz von 42 Prozent. Das heißt, wer heute 1,8 Mal so viel verdient wie der Durchschnitt, der zählt für den Staat schon als Topverdiener. 1958 musste den Spitzensteuersatz nur derjenige zahlen, der 20 Mal so viel verdient hat wie der Durchschnitt.
Schwarz-Rot hat mit 19 Steuererhöhungen, darunter eine massive Mehrwertsteuererhöhung, das Geringe, was bei der Steuerreform an Vergünstigungen angefallen ist, wieder wettgemacht. Auch Rot-Rot im Lande Berlin erhöht Steuern und Abgaben, wo immer es kann, führt neue wie das Straßenausbaubeitragsgesetz ein und greift auch auf Landesebene den Bürgern unverfroren in die Tasche, wo immer es geht.