Ihr zweiter Fehler: Sie haben auf das Karlsruher Urteil ausschließlich mit Trotz und Jammern reagiert. Sie weichen den Aufgaben, die das Verfassungsgericht unserer Stadt gestellt hat, bis heute aus. Tut mir leid, Herr Müller, aber der Koalitionsvertrag enthält diese Aufgaben nicht. Frau Bluhm hat es eben mit großer Deutlichkeit dargestellt, dass sie sich diesen Aufgaben nicht stellen will, sondern dass sie erwartet, dass allein in der Verwaltung die Quadratur sämtlicher Kreise gelöst werden kann.
Es ist schon ziemlich zynisch zu behaupten, man dürfe weiter Schulden machen, weil man die 61 Milliarden € sowieso nicht wegzaubern könne, und deswegen brauchten wir keinen Konsolidierungsplan für Berlin.
[Stefan Liebich (Linksfraktion): Sie hätten doch auch Schulden gemacht! Niemand kann in Berlin einen Haushalt ohne Schulden aufstellen!]
Das hat Herr de Maizière heute deutlich gesagt. Ich bin es allmählich leid, mit welcher Penetranz Sie immer wieder
Dieses Haus hat ein Recht darauf, dass von den Aufgaben hier geredet wird. Über die Aufgaben, die der Bund zu machen hat, wird im Reichstag geredet.
Der dritte Fehler, Herr Wowereit, ist dieser pflaumenweiche Koalitionsvertrag, der dieser Stadt kein Ziel gibt, keinen Leitfaden, der die Anforderungen von Karlsruhe ignoriert und ein simples Finanztableau enthält. Keine der anstehenden Aufgaben wird von Ihnen angepackt. Sagen Sie uns hier und heute, wie Sie das, was Herr Sarrazin in Klammern in das Finanztableau geschrieben hat, mit diesem Regierungsprogramm und mit dieser PDS überhaupt erreichen wollen! Ich weiß nicht einmal, ob Sie es erreichen wollen.
Denn die 88 Seiten Papier sagen etwas anderes als die Klammern, die im Finanztableau stehen. Wir sind sehr gespannt, wie sie aufgelöst werden. Wir glauben nicht daran, dass Sie sie mit diesen Koalitionsfraktionen ernsthaft angehen werden. Das wird in den nächsten Jahren zum zentralen Problem Berlins werden.
Wir müssen nicht nur über Finanzen reden. Es ist eben schon deutlich geworden, was Frau Bluhm zur Bildungspolitik gesagt hat: Sie haben kein Konzept für die drängenden Probleme der Berliner Hauptschulen, stattdessen ein 22 Millionen € teures Spielzeug für Frau Bluhm. Damit werden Sie die soziale Spaltung in dieser Stadt nicht aufhalten, sondern eher noch vergrößern.
Ihr Programm enthält keine Strategie für die Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft, kein Konzept für die Stärkung der Kreativwirtschaft, keine neuen Gedanken zur Gesundheitsstadt Berlin, kein Konzept für Umwelt- und Klimaschutz sowie für neue Energien in dieser Stadt. Das ist alles dürftig, weil Sie alles aus dem letzten Programm abgeschrieben haben. Wir wissen, dass Sie in den letzten fünf Jahren nichts dafür getan haben und dementsprechend in den kommenden fünf Jahren genauso wenig dafür tun werden.
Wir kennen die Art, wie Sie wunderschöne Worte machen, auch gerne einmal von den Grünen abschreiben, um es dann wieder in der Schublade verschwinden zu lassen.
Ihr arbeitsmarktpolitisches Konzept ist auch wieder so eine Spielwiese für die PDS-Kollegen. Was nützt ein Modellprojekt für 2 500 Arbeitslose? – Wir brauchen Arbeit für 170 000 Menschen in dieser Stadt.
Wir brauchen vor allem das, worüber Sie nur ein paar Alibizeilen in das Programm schreiben: Ausbildung und Arbeit für die 55 000 arbeitslosen Jugendlichen unter 25 Jahren. Es ist dürftig, was Sie dazu im Programm zu stehen haben.
Es fehlt, Frau Kollegin Bluhm, in Ihrem Programm jegliche Strategie für den Fortgang der Verwaltungsreform und für die Notwendigkeit der Verwaltungsverschlankung. Wenn Herr Sarrazin sagt, 93 000 Beschäftigte ist die Zielzahl, auf die Sie hinarbeiten, dann würde ich das in Ihrem Programm gerne deutlicher dargestellt bekommen. Oder es stimmt das, was Sie eben gesagt haben, und Sie wollen an die Verwaltung überhaupt nicht heran, sondern alles so lassen, wie es ist,
Sie geben dazu passend – gerade in den letzten Tagen – die geschönten Bilanzen heraus, um die Probleme der städtischen Unternehmen zuzudecken, weil Sie die nächsten fünf Jahre am liebsten wieder weiter so machen wollen, nämlich nichts tun, damit die Schulden dort massiv anwachsen können.
Ich sehe sehr viel Abschirmung von rot-roten Interessen. Ich kann aber keine soziale Gerechtigkeit erkennen, wenn die Wohnungsmieten gerade bei den städtischen Unternehmen schon wieder steigen, wenn die Sozialmieten über den ortsüblichen Vergleichsmieten liegen, wenn die BSR die Gebühren erhöht, die BVG 10 % Tarifsteigerung fordert, die Wasserpreise Herrn Wolf zuliebe hochgetrieben werden sollen. All das nennen Sie soziale Gerechtigkeit.
Das ist Politik auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger Berlins im Interesse der öffentlichen Unternehmen und im Interesse der Verwaltung.
Das ist eine Schieflage, die für Berlin schädlich ist. Es geht um ein solides soziales Austarieren zwischen den Notwendigkeiten der Unternehmen und der Verwaltung auf der einen Seite und den Bedürfnissen der Bevölkerung auf der anderen Seite. Das machen Sie gerade nicht.