Protocol of the Session on November 23, 2006

Und weil die Stärkung des sozialen Zusammenhalts in den kommenden Jahren das A und O in dieser Stadt sein wird, erhält Integrationspolitik in Berlin endlich einen neuen Stellenwert – den Stellenwert, den sie braucht.

Natürlich geht es auch um die Perspektiven am Arbeitsmarkt. Zu Beginn der letzten Legislaturperiode war an eine Emanzipation von Hartz noch nicht zu denken. Jetzt kommen die dafür zuständigen Bereiche Arbeit und Soziales in einem Integrationsressort zusammen.

[Ramona Pop (Grüne): Die Sie vorher getrennt haben!]

Heidi Knake-Werner wird es erfolgreich managen, das finden wir konsequent.

[Beifall bei der Linksfraktion –Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Natürlich wird es weiterhin eine innovative Industriepolitik geben. Harald Wolf hat als erster Senator in der Stadt darüber einen regen Dialog mit den Unternehmen und den Gewerkschaften in Gang gesetzt. Er wird sich weiter darum kümmern können. Dafür hat er die volle Unterstützung dieser Koalition.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Kontinuität ist für linke Politik kein Schimpfwort. Es sagt, dass Dinge, die gut und richtig waren für die Stadt, fortgesetzt werden. Doch so, wie Berlin sich permanent im Wandel befindet, muss sich auch Politik bewegen. Stillstand wird es mit uns nicht geben, aber auch kein Stillhalten.

[Mieke Senftleben (FDP): Rückschritt!]

Als Linksfraktion sind wir da ganz selbstbewusst. Es ist auch kein Geheimnis, dass es dem sozialdemokratischen Koalitionspartner mit uns an der Seite zuweilen leichter gefallen ist, den einen oder anderen Parteitagsbeschluss seiner eigenen Partei tatsächlich umzusetzen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht, unterschiedliche Positionen auszutauschen, auszustreiten, dann aber für die getroffenen Entscheidungen gemeinsam einzustehen. Da sind wir nicht ängstlich, das werden wir in den kommenden Jahren auch weiter so tun. Das ist unsere Stärke. Wir haben Berlin bewegt, und wir werden es auch weiter tun, mit einer Politik, die auf die Stärken der Stadt setzt und soziale Gerechtigkeit mit einem notwendigen Konsolidierungskurs verbindet und der inneren Einheit verpflichtet ist. So steht es in unserem Koalitionsvertrag. Daran werden wir uns messen lassen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Danke schön, Frau Bluhm! – Das Wort für die Grünen hat nunmehr die Fraktionsvorsitzende Frau Eichstädt-Bohlig. – Bitte schön, Frau Eichstädt-Bohlig!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kandidat für das Amt des Regierenden Bürgermeisters! Als Erstes muss ich sagen, Frau Bluhm, Herr Müller: So viel Süßholz, wie Sie hier geraspelt haben – da können wir nicht mithalten. Wir sehen das anders. Ich muss klar sagen: Herr Wowereit, Sie stehen hier als angeschlagener Kandidat.

[Oh! bei der SPD]

In Ihrer überheblichen Art haben Sie in den vergangenen Wochen grundlegende Fehler gemacht. Sie haben eine

veritable Bruchlandung hingelegt, bevor Sie mit Ihrem rot-roten Senat an den Start gehen. Sie wollen das noch nicht einmal wahrnehmen. Das ist wahrscheinlich genauso schlimm wie die Fehler selbst, die Sie gemacht haben. Sie haben in den letzten Wochen schon großen Schaden für diese Stadt gebracht.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Dr. Friedbert Pflüger (CDU)]

Ich zitiere die „Berliner Zeitung“ von heute:

In den letzten fünf Wochen machte Wowereit politisch mehr kaputt, als er in den Jahren davor aufgebaut hatte.

Das ist die Situation, in der wir heute stehen. Besser kann man das nicht ausdrücken.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Wir haben auch was aufgebaut!]

Nur wenn Sie jetzt einen entscheidenden Kurswechsel einleiten, wird Rot-Rot in den kommenden fünf Jahren nicht zu einer neuen Bruchlandung werden.

Ich muss Ihnen die sieben Kardinalfehler, die Sie in den letzten Wochen gemacht haben, vorhalten, weil Sie sie selbst offenbar gar nicht wahrnehmen wollen.

[Gelächter bei der Linksfraktion]

Ihr erster Fehler, Herr Wowereit: Sie haben sich einen für die Aufgaben, vor denen Berlin steht, ungeeigneten Koalitionspartner ausgesucht –

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP – Gelächter und Zurufe von der Linksfraktion]

eine Partei, die hier im Haus ganz munter und gesund tut, die aber, sobald sie Lafontaine zu Gesicht bekommt, sofort Bauchschmerzen kriegt,

[Zuruf von Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]

vor lauter Bauchschmerzen nicht regierungsfähig ist, Bauchschmerzen beim Verkauf von Wohnungen,

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Bauchschmerzen beim Bankenverkauf, bei der Grundsteuererhöhung,

[Zurufe von der Linksfraktion]

Bauchschmerzen, weil das Regierungsprogramm einen Haufen Probleme enthält, wie der Kollege Lederer so mutig erklärt und damit zugegeben hat, dass er zwar gerne mitregieren, sich aber auf keinen Fall die Finger schmutzig machen will.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Ich weiß, die Grünen haben keine Probleme!]

Doch! Wir sehen sehr genau die Probleme, vor denen unsere Stadt steht. Da können Sie sicher sein. Das ist genau der Unterschied zwischen Ihnen und uns! –

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP – Zurufe von der Linksfraktion]

Herr Wowereit! Sie haben sich ohne Not zum Gefangenen des Wahlverlierers PDS gemacht,

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

einer Partei, die mit gespaltener Zunge spricht

[Zurufe von der Linksfraktion]

und den Menschen ständig falsche Versprechungen macht.

[Zuruf von der Linksfraktion: Hartz IV!]

Hier haben Sie dem Ladenschlussgesetz vor 14 Tagen bedenkenlos zugestimmt. Davon haben Sie sich gleich wieder distanziert und behauptet, dass Ihnen das alles nicht gefällt.

[Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Das ist PDS-Politik, immer mit doppelter Zunge zu reden und eine andere Politik zu machen, als Sie den Bürgern versprechen.

[Zurufe von der SPD und der Linksfraktion]

Mit der erneuten Auswahl dieser Partei haben Sie wieder alle Menschen brüskiert, die unter dem SED-Unrecht und unter der Teilung Berlins gelitten haben.

[Beifall bei den Grünen und der CDU – Oh! bei der SPD]