Protocol of the Session on April 24, 2008

Ich kann mir das schon vorstellen: Wir beschließen hier, das Engagement an Schulen zur Stärkung des europäischen Gedankens zu unterstützen. Nachher schicken wir Frau Michels und Frau Hiller an die Schule, und die erzählen dann, was für ein absolut neoliberales, militärisches Projekt die EU ist.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Glauben Sie, dass die Vertragsverhandlungen von Lisabon ein Zuckerschlecken waren? Glauben Sie wirklich, dass Sie europäisches Zusammenleben letztlich im Konsens gestalten, wenn die reine Lehre der Berliner Linkspartei unbedingt beachtet werden muss? Auch wir sehen, dass es durchaus kritikwürdige Punkte im EU-Reformvertrag gibt, aber es handelt sich um einen Kompromiss. Sie blockieren mit Ihrem Nein zum Reformvertrag eine Demokratisierung und Weiterentwicklung Europas.

[Beifall bei den Grünen und der CDU – Beifall von Christoph Meyer (FDP)]

Frau Herrmann! Ihre Redezeit ist beendet!

Liebe FDP! Ihren Schönwetterantrag in Ehren, aber wollen Sie nicht erst einmal das europäische Engagement der Linkspartei fördern, bevor wir es bei den Kindern und Jugendlichen tun? – Danke!

Vielen Dank, Frau Abgeordnete! – Das Wort für eine Kurzintervention erhält Frau Dr. Hiller. – Bitte!

Frau Herrmann! Ich fühle mich persönlich angesprochen, denn ich habe mich für den Europatag am 6. Mai an einer Schule im Wedding angemeldet und gehe dort gerne hin. Ich werde über den europäischen Einigungsprozess sprechen. Ich hätte gerne, dass Sie mitkommen, wenn Sie an diesem Tag noch nicht verplant sind – um mich zu kontrollieren und zu hören, dass ich nicht nur meine kritischen Bemerkungen zu Lissabon machen, sondern vielmehr auch sagen werde, was die europäische Einigung bedeutet. Ich werde meinen Willen äußern, einiges dazu beizutragen, was im Sinn eines gemeinschaftlichen, friedlichen Zusammenlebens der Völker in Europa ist. Es wäre schön, wenn Sie mitkämen. Mir wurde gesagt, die Schüler hätten ein geringes Vorwissen, und ich sollte offen für alle Fragen sein. Sie besuchen die 10. Klasse. Es wäre schön, wenn wir das gemeinsam machen könnten. Dann

besteht die Chance für eine ausgeglichene Veranstaltung, und Sie müssen sich nicht um die Berliner Kinder sorgen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete! – Frau Herrmann möchte nicht nur mitgehen, sondern auch darauf reagieren. – Bitte!

Wenn Sie nicht vorher absagen, können wir gerne gemeinsam in diese Schule gehen. Wenn Sie darüber hinaus noch den EU-Reformvertrag befürworten, haben wir etwas Gutes erreicht.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Wenn Sie den europäischen Gedanken leben und weitertragen wollen, dann, Frau Hiller, sind Sie nicht nur dafür zu haben, EU-Gelder in Höhe von 1,2 Milliarden € abzugreifen, sondern sich wirklich für die Weiterentwicklung und Demokratisierung Europas einzusetzen. Wir hatten vorhin schon die Debatte zum Vergaberecht und EUReformvertrag. Daher noch einmal: Wenn Sie diese Weiterentwicklung wollen, die auch in Ihrem Sinn ist, dann stimmen Sie dem Reformvertrag zu und geben Ihren Widerstand dagegen auf!

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Herrmann! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung federführend an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien, Berlin-Brandenburg sowie mitberatend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie. Ich höre hierzu keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4 b:

Große Anfrage und schriftliche Antwort des Senats

Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften zum Schuljahresbeginn 2007/2008 und mittelfristige Lehrerbedarfsplanung im Land Berlin bis 2015/2016

Große Anfrage der SPD und der Linksfraktion Drs 16/0838 Antwort des Senats Drs 16/1360

Wird vom Senat das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Dann erhält Herr Prof. Dr. Zöllner das Wort. – Bitte sehr!

[Mieke Senftleben (FDP): Jetzt sind wir aber gespannt!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Beantwortung der Großen Anfrage hat der Senat die Fakten und Tatsachen bezüglich der Ausstattung von Schulen mit Lehrkräften ausführlich dargelegt. Ich will die Zeit nicht verschwenden, indem ich das noch einmal ausführe, sondern die Gelegenheit nutzen, um auf das Problem, das dahintersteht, hinzuweisen: Die Sicherstellung der Unterrichtsversorgung kann nicht allein durch diesen Teilbereich erledigt werden. Man muss in diesem Zusammenhang auch noch sehen, auf welche Art und Weise und zu welchem Zeitpunkt, nämlich zum Schuljahresbeginn, die Schulen Lehrkräfte zugewiesen bekommen. Zweites muss man sehen, wie die Kriterien sind und welche Ausstattung eine Schule benötigt, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Das ist in den sog. Organisationsrichtlinien festgelegt. Drittens spielen die Unvorhersehbarkeiten des Schulalltags, insbesondere die Erkrankung von Lehrkräften, eine Rolle. Deren Vertretung muss vernünftig geregelt sein.

Der Senat hat inzwischen eine Vielzahl von Maßnahmen zur Veränderung in diesen drei Bereichen ergriffen. Zur Gesamtbeurteilung der Situation ist das – neben den Daten, die in der Großen Anfrage enthalten sind – einzubeziehen.

Wir haben beispielsweise das System der Lehrerzuweisung geändert. Ziel ist, dass die Schulen zwei Monate früher als bisher wissen, wie viele und welche Lehrer sie bekommen. In diesem Jahr werden wir dieses Ziel noch nicht optimal erreichen. Nach dem derzeitigen Zeitplan sind wir einen Monat schneller als im letzten Jahr. Ich halte das für ein gutes Zeichen dafür, dass die Unruhe zum Schuljahresbeginn nicht mehr so groß sein muss wie in den vergangenen Jahren.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Auch in dem zweiten von mir genannten Bereich, dem ich zentrale Bedeutung beimesse, hat sich etwas getan. Auch bei einer ausreichen Zahl an Lehrerinnen und Lehrern wird man nie eine vernünftige Unterrichtsversorgung garantieren können, wenn die vorhandenen Lehrkräfte nicht bedarfsgerecht auf die einzelnen Schulen verteilt werden. Zu diesem „bedarfsgerecht“ gehört als Erstes, dass der normale Unterricht in jeder Klasse gesichert und sichergestellt sein muss – völlig unabhängig davon, ob Zusatzbedürfnisse und -notwendigkeiten da sind. Wie Sie wissen, war das bisherige System in Berlin darauf abgestellt, dass die Zuweisung allein nach einem Schülerfaktor erfolgte, was bedeutete, dass kleine Lerngruppen oder kleine Klassen nicht ausreichend mit Lehrkräften versorgt waren, um überhaupt die Stundentafel abhalten zu können. Hier mussten einzelne Kompensationsmaßnahmen ergriffen werden, die diese Schulen in einen starken Nachteil gegenüber anderen Schulen gebracht haben. Ab diesem Schuljahr werden wir über einen Klassenfaktor sicherstellen,

[Özcan Mutlu (Grüne): Mogelpackung!]

dass in jedem Fall, ohne dass Zusatzzuweisungen notwendig sind, die Stundentafel gesichert wird und durch zwei Lehrerwochenstunden ein gewisses Maß an Flexibilität gewährleistet ist.

Auch im dritten von mir genannten Bereich der Vertretung von Lehrkräften hat eine entscheidende Veränderung stattgefunden. Die Langzeiterkrankten werden in Berlin als einzigem und erstem Bundesland seit dem letzten Schuljahr nicht mehr in die Lehrerversorgung eingerechnet,

[Beifall bei der SPD]

sodass in der Lehrerausstattung de facto ein Vorteil von 4 bis 5 Prozent gegenüber anderen Bundesländern besteht. Auch ein Puffer in Form von Geldmitteln wird durch die Personalkostenbudgetierung zum flexiblen Einsatz zugewiesen,

[Mieke Senftleben (FDP): Wenn es denn so wäre!]

sodass dem wechselnden Bedarf, der bei Vertretungen auftritt, Rechnung getragen werden kann. Es soll kein Zweifel daran gelassen werden, dass noch Umsetzungsschwierigkeiten im letzteren Bereich bestehen. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass, wenn sich diese auch verwaltungsmäßig eingespielt haben, ein insgesamt gutes Paket in Berlin vorliegt, um diesem zentralen Bedürfnis der Sicherstellung der Unterrichtsversorgung Genüge zu tun.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Senator! – Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der SPD. Das Wort hat Frau Dr. Tesch.

[Mieke Senftleben (FDP): Alles wird gut!]

Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Warum stellen wir diese Anfrage, Frau Senftleben?

[Özcan Mutlu (Grüne): Genau!]

Es ist ein wiederkehrendes Szenario: Jedes Jahr zu Schulbeginn klagen einige Schulen darüber, dass sie zu wenige Lehrerinnen und Lehrer haben, sei es, dass plötzlich mehr Schülerinnen und Schüler als erwartet aufgetaucht sind, sei es, dass die Lehrerinnen und Lehrer trotz Zuweisung nicht dort ankommen, wohin sie gehören. Diese Sorgen nimmt die Koalition ernst und will für das kommende Schuljahr Abhilfe schaffen.

[Özcan Mutlu (Grüne): Deshalb eine Anfrage?]

Deshalb, Herr Mutlu, möchten wir zunächst wissen, ob tatsächlich alle Schulen über eine hundertprozentige Ausstattung verfügen, wobei es uns wichtig ist, dass die Dauerkranken herausgerechnet werden. Dies hat der Senator

eben deutlich bestätigt. Das ist ein Riesenerfolg gegenüber den letzten Jahren.

Der Senat antwortet, dass zum letzten Schuljahr 450 Neueinstellungen plus 101 durch Nachsteuerung vorgenommen wurden. Hierin sind auch die Stellenaufstockungen enthalten, die wir sehr befürworten. Es ist eine alte Forderung von mir, dass Lehrkräfte nicht zwangsweise mit einer Zweidrittelstelle eingestellt werden dürfen. Weiterhin begrüßen wir, dass es nun zwei Einstellungstermine im Jahr gibt.

[Mieke Senftleben (FDP): Das hätten Sie schon eher haben können!]

Dadurch bleiben Stellen, die durch Pensionierungen frei werden, nicht lange unbesetzt. Auch die Einstellungen mithilfe des Personalkostenbudgets von 3 Prozent befürworten wir generell. Allerdings – das wissen Sie, meine Damen und Herren – ist hierbei darauf zu achten, dass die Listen der zur Verfügung stehenden Lehrkräfte besser gepflegt werden, damit die Schulleiterinnen und Schulleiter einen erfolgreicheren Zugriff darauf haben. Hier verspricht der Senat in seiner schriftlichen Beantwortung eine Aktualisierung der Listen.

Der Senat verspricht zudem, künftig früher Bedarfsrechnungen anzustellen, insbesondere auch für die Schulanfangsphase, sodass es weniger Nachsteuerung geben soll.

An dieser Stelle sei mir ein Hinweis auf die OSZ gestattet, die immer wieder beklagen, dass ihre Personalausstattung unzureichend sei oder zu spät feststehe. Ich weiß um die Probleme dieser Schulform, aber ich richte hier ausdrücklich meinen Appell an den Schulsenator, auch bei diesen Schulen früher mit der Bedarfsplanung zu beginnen. – Er nickt. Das freut mich.