zum zweiten schon gar nicht bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines Verkehrsbetriebes, der mir lieb und teuer ist.
Ja, Herr Dr. Lindner! Ein guter ÖPNV hat auch seinen Preis! – Der lässt sich auch nicht allein am Markt bestimmen.
Das ist eine Frage von Daseinsvorsorge und sozialer Verantwortung. Davon haben Sie nur keine Ahnung!
Wenn Herr Ratzmann wieder ausgeführt hat: Es funktioniert alles! –, das ist es ja, das habe ich vorhin versucht zu sagen: Es funktioniert eben nicht! Es funktioniert nur für diejenigen, die man sieht. Für diejenigen, die man nicht sieht, funktioniert es nicht. Für sie haben wir auch eine Verantwortung! Die kann man auch nicht einfach wegreden.
Konkret möchte ich jetzt eines sagen: Ich verstehe an der Stelle Verdi nicht. Ich habe vorher auch die Arbeitgeberseite nicht verstanden.
Hören Sie mir doch mal zu! – sind die beiden Verhandlungspartner eigentlich nicht so weit voneinander entfernt. Beide stellen fest, dass es ein Problem bei Neubeschäftigten gibt – das ist größer, weil sie deutlich weniger verdienen und deshalb eine größere Lohnerhöhung verdienen – und eines bei den Altbeschäftigten.
Da diskutiert man darüber, ob sie einen kleinen Lohnzuwachs erhalten sollten, wie hoch er sein sollte und womit er verrechnet werden sollte. Das ist aus meiner Sicht aber kein Grund dafür, dass man wochenlang streikt, sondern man muss sich zusammensetzen und überlegen, wie das zueinander gebracht werden kann. Das, Herr Ratzmann, ist meine Forderung und meine Haltung dazu. Dahinter steht auch meine Fraktion und die Koalition.
Gleiches gilt für die leidige Frage des Sicherungsbetrages. Man kann sich stundenlang hinstellen und sagen: Der Sicherungsbetrag ist tarifvertraglich festgeschrieben, deshalb darf er nicht angetastet werden.
Nein! Lesen Sie einfach mal den Tarifvertrag durch! – Aber das ist noch nicht der Punkt. Wenn ich sage, dass ich die beiden Beschäftigungsgruppen unterschiedlich bezahlen will, das ich das für eine vernünftige Lösung halte, was Verdi immer mal wieder zu erkennen gibt, dann muss man sich eine vernünftige Lösung dafür suchen. Dann kann ich nicht an der Frage des Sicherheitsbetrages die Gespräche scheitern lassen. Das halte ich für ein Problem, da meine ich, dass es gut ist, dass beide wieder zusammengekommen sind, dass wieder über vernünftige Lösungen und nicht über Formalismen geredet wird.
Jetzt zu Ihnen, Herr Ratzmann! Sie sagen, man muss sich entscheiden, ob man Arbeitgeber oder Arbeitnehmer ist. Genau das werde ich nicht tun,
weil wir letzten Endes auf beiden Seiten stehen. Wir stehen politisch natürlich auf der Seite auch der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Als Land Berlin sind wir natürlich auch auf der Seite der Arbeitgeber. Das ist eine schwierige und verantwortungsvolle Funktion. Deswegen werde ich mich auch nicht in die Diskussion um exakte Prozenthöhen, Laufzeiten und anderes einschalten. Aber dass man grundsätzlich sagt, dass man zusammenkommen muss, ist in Ordnung.
Herr Ratzmann! Wenn Sie und vorher Ihre Kollegin Hämmerling sagen, dass man das eigentlich bis zum Jahr 2019 hätte festschreiben müssen, dass bis dahin Verdi keine Tarifverhandlungen führen kann, dann entlarven Sie allerdings Ihr tatsächliches Verhältnis zur Gewerkschaft und das ist ziemlich gestört.
[Beifall bei der SPD – Joachim Esser (Grüne): Das hat aber Ihr Regierender Bürgermeister wahrheitswidrig behauptet!]
[Beifall bei den Grünen – Ha, ha! von der Linksfraktion – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Arbeitsrechtler Ratzmann!]
Wir sind dazu aufgerufen, dafür zu sorgen, dass die Steuergelder angemessen und richtig eingesetzt werden. Deshalb sagen wir ganz klar: Wir haben einen Verkehrsvertrag, wir haben einen bestimmten Betrag, der zum öffentlichen Personennahverkehr zugeschossen wird; das ist so, den wird man in dieser Stadt ohne diesen Betrag nicht leisten können. Aber wir wollen auch nicht, dass der ansteigt. Deswegen sage ich noch mal, dass alles, was in dem Tarifgefüge gemacht werden muss, sich immer in dem Rahmen der bisher vorhandenen Zuschüsse und der Fahrpreise bewegen muss. Das ist unser Anliegen.
Ich sage Ihnen ganz einfach, dass die tariflichen und vertraglichen Vereinbarungen, die Sie mit der BVG, mit den Beschäftigten, mit den Gewerkschaften geschlossen haben, dazu führen, dass wir eingemauert sind und mit dem Rücken an der Wand stehen. Die Zusicherung, bis 2019 wird nichts passieren in diesem Bereich, heißt einfach, dass ich in der ganzen Auseinandersetzungsproblematik, in dem Gefüge, in der Dynamik, die da drin ist, einem Partner ein so sicheres Terrain gegeben habe, dass er ohne Risiko alles einfach durchverhandeln kann. Das muss man doch mal sehen! Die machen doch nur das, was logisch ist. Das hätte ich auch gemacht. Hut ab vor Frank Bsirske! Der hat Ihren Bürgermeister mit diesem Vertrag richtig über den Tisch gezogen. Und wir haben es jetzt zu erdulden. Und der Regierende Bürgermeister, nicht ich, hat hier am 8. Dezember 2005 in der Plenarsitzung gesagt:
Das, was die BVG-Beschäftigten in die Waagschale geworfen haben, und das, was wir ihnen dafür gegeben haben, heißt: Sicherung bis 2019, haben sie sich erkauft
Wortwörtlich ist das hier gesagt worden. Ich sage Ihnen noch mal: Das war einfach falsch, was er da gesagt hat, weil sie natürlich nach dem Tarifvertrag das Recht haben, sich ihre Lohnzuwächse zu erstreiken. Und solange wir nicht reagieren können, solange wir auf unserer Seite nicht mehr reagieren können, um das auszugleichen, bleiben nur die Möglichkeiten mehr Zuschüsse oder Fahrpreiserhöhung. Noch mal: Das ist die Verantwortung dieses Senats. Wer demnächst mehr Geld in die gelben Automaten für die Fahrscheine werfen muss, kann sich bei Herrn Wowereit persönlich bedanken.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ratzmann! – Das Wort für eine weitere Kurzintervention hat der Abgeordnete Lederer.
Herr Ratzmann! Da haben Sie aber phantasievoll zitiert, solch ein Zitat gibt es von mir gar nicht. Nun geben Sie
richtig ein bisschen den Herrn Pflüger: Tränen in die Augen, so ein bisschen trauriges Timbre in der Stimme, und hier und da ein Zitat, das vermeintlich belegt, was man selber gern erzählen will. – Wissen Sie, wir haben tatsächlich Verständnis für die Beschäftigten. Wir haben deswegen Verständnis für die Beschäftigten, weil in den letzten Jahren dauerhaft und permanent Verzicht geübt wurde, weil in den letzten Jahren in diesem Land dauerhaft und permanent Reallohnverluste zu verzeichnen waren und weil man sagen muss, für die Stimmung in diesem Land – Reallohnverluste können so nicht weitergehen – haben wir Verständnis, die können wir nachvollziehen, und an dieser Stelle stehen wir auf der Seite der Beschäftigten. Da beißt die Maus überhaupt keinen Faden ab.
Wir haben aber nicht nur Verständnis für die Beschäftigten. Wir haben auch Verständnis für Sie, Herr Ratzmann. Wir haben auch Verständnis für die Grünen. Wir haben sogar Verständnis für Herrn Esser. Da eifert man hier und erzählt allen, dass man es ihnen recht machen wird, und dann ist man trotzdem die verschmähte Liebe bei den Koalitionsverhandlungen. Dann kommen die aktuellen Umfragen, und wieder ist man überall herumgerannt und ist der Anwalt für alle, Herr Ratzmann ist der Anwalt – getroffene Hunde bellen, heißt es doch so schön – für all diejenigen, die einem zur Macht verhelfen könnten in dieser Stadt. Man redet allen nach dem Munde und tut so, als würde man jedem den Gefallen tun wollen. Man ist eigentlich Anwalt für alle, Hauptsache sie wählen Grün.
Ja, und dann kommt noch eine Umfrage, wir kriegen 18 Prozent und die Grünen haben 16 Prozent. Da verstehe ich schon, dass der Herr Ratzmann kiebig wird. Da denunziert er, da redet er von der Partei des dauerhaften Sozialabbaus. Und man sagt es nicht offen, aber was will man? Man will Absenkungen, man will Nettoreallohnverluste, man will Sozialabbau, Herr Ratzmann.
Und dann stellen Sie sich hier hin und behaupten, als sei es ein Naturgesetz: Die BVG hängt am Tropf Berlins, Berlin hängt am Tropf des Bundes. Und dann wird ganz nebenbei vergessen, dass es in den letzten Jahren Steuerreformen gab, an denen sich die Grünen mit voller Verve beteiligt haben. Und was war der Inhalt dieser Steuerreformen? Diese Steuerreformen bedeuten Sozialabbau und Umverteilung von unten nach oben. Genau das haben Sie alles mitgetragen. Darüber wird hier kein Wort geredet.
Wir sind hier in Berlin, das ist richtig. Und wir gucken uns demnächst auch einmal an, wie Sie sich in Hamburg führen, meine Damen und Herren! Da werden wir viel Spaß haben, wenn Sie in Hamburg regieren. Aber wir messen Sie an dem, was Sie getan haben. Wir messen Sie an dem, was Sie auf Bundesebene getan haben, wie Sie sich an der Leerung der öffentlichen Kassen beteiligt haben, wie Sie sich an Sozialabbau beteiligt haben. Die
Anwälte der Hartz-IV-Empfängerinnen und -empfänger, die Berliner Grünen: Sozialabbauer und nichts anderes!