Erst einmal halten Sie wohl alle für blöd, wenn Sie heute schon davon ausgehen, dass die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner dem Volksentscheid schon zugestimmt hätte.
Wir haben heute ein erfolgreiches Volksbegehren mit über 200 000 Stimmen. Die andere Stufe kommt erst noch. Insofern können weder Sie noch ich sagen, wie es ausgehen wird. Wir haben einen Zwischenstand. Das nächste Verfahren wird zügig eingeleitet, selbstverständlich mit Respekt vor diesem Instrument und mit Nachdruck aller Beteiligten, Landeswahlleiter, Innenverwal
tung etc. Dass das Volksbegehren und der Volksentscheid nicht behindert werden, dazu steht diese demokratisch gewählte Regierung, und das werden wir auch umsetzen. Unterlassen Sie Ihre Unterstellungen, dass wir die Bürgerinnen und Bürger abhalten wollten, zum Wahllokal zu gehen! Es gibt die alten Wahllokale vor Ort, die alten Standorte. Wenn Stimmbezirke organisatorisch zusammengelegt werden, dann ist das keine Schikane von Bürgerinnen und Bürgern, sondern eine Arbeitserleichterung für diejenigen, die dort die Wahl oder das Begehren durchführen müssen. Und nichts mehr!
Natürlich fragen wir uns auch, warum so viele Menschen dort unterschrieben haben. Die Motivationsforschung wird sehr Unterschiedliches zu Tage fördern. Wir haben hier schon bei den Befürwortern des Offenhaltens ganz unterschiedliche Motive: Herr Pflüger kämpft immer noch für den Verkehrsflughafen und nennt das Modell London. London ist heute stolz auf die Docklands, wo 4 Millionen Passagiere abgefertigt werden, und sie wollen noch mehr haben. Es handelt sich nicht um einen kleinen Flughafen für Privatflieger, sondern um einen riesigen Flughafen mit 4 Millionen Passagieren, mit Landungen und Starts in einem gigantischen Umfang. Ich weiß nicht, ob die Berlinerinnen und Berliner, die heute den Flughafen so schön finden, weil dort kaum Flugbetrieb stattfindet und keiner gestört wird, wirklich wissen, was dies an Lärmbelästigung und zusätzlicher Gefährdung für die Menschen in dieser Stadt bedeuten würde.
Als das Finale der Fußballweltmeisterschaft war, da standen die Menschen in der Einflugschneise nachts im Bett, weil sie nicht schlafen konnten. Sie merkten, was das bedeutet, wenn dort wirklich Flugzeuge landen. Das ist aber das Modell, das Sie haben wollen. Sie wollen den Flugbetrieb in diesem Umfang dort haben und nicht nur kleine Flugbewegungen. Ich glaube nicht, dass die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner dann noch für die Offenhaltung von Tempelhof eintreten würde.
Natürlich gibt es Menschen, die aus emotionalen Gründen – wovor ich einen hohen Respekt habe – aufgrund ihrer eigenen Vita und Erfahrungen mit diesem historischen Flughafen Tempelhof gegen eine Schließung des Flughafen sind. Manche denken sogar, mit der Schließung ist auch der Abriss des Gebäudes verbunden. Nein, es steht unter Denkmalschutz und wird selbstverständlich auch erhalten und sogar noch verbessert werden!
Ich habe hohen Respekt vor den Menschen, die sich für den Erhalt aussprechen. Andere sagen: Wenn damit verbunden ist, dass BBI gefährdet ist, dann würden wir nicht für den Erhalt sein, haben aber trotzdem erst einmal mit Ja gestimmt. Darum geht es auch in den verbleibenden Wochen: Mehr sachliche Informationen zu
Wochen: Mehr sachliche Informationen zu geben, damit die Bürgerinnen und Bürger auch die Tragweite ihrer Entscheidung überschauen können. Dazu gehört, dass es sich bei dem Bürgerbegehren nicht um ein Instrument von Parteien handelt, lieber Herr Pflüger, sondern von Bürgerinnen und Bürgern. Die Pflicht von Parteien wäre es, aufzuklären und nicht mit der einseitigen Propaganda, die betrieben wird, zu verdummen.
Wir wollen, dass diese Information kommt. Heute weiß es jeder und keiner will das Risiko übernehmen, dass sofort die Gegner des Flughafens Schönefeld – auch die haben gute Gründe, dass sie damals dagegen waren, auch das ist von der Politik abgewogen worden, gegen 100 000 Einwände und auch unter dem Hinweis, dass Menschen in Tegel, Tempelhof und Umgebung dafür entlastet werden – zum Bundesverwaltungsgericht gehen und einen Baustopp erwirken würden, wenn Berlin, Brandenburg und der Bund die bisherigen Planungen aufgeben würden. Dieses Risiko kann keiner übernehmen. Alle, die heute meinen, es sei alles kein Problem, sind die Ersten, die sich in die Büsche schlagen, wenn die Angelegenheit schiefgeht. Es ist die Verantwortung der Politik, dies mit abzuwägen, auch bei allem Verständnis für die Gefühle und Emotionen und die unterschiedlichen Argumente, wieso man für die Offenhaltung von Tempelhof ist. Diese Verantwortung nimmt Ihnen keiner ab. Diese Verantwortung nimmt dem Berliner Senat keiner ab. Wir stellen uns dieser Verantwortung.
Die neueste Variante: Herr Lindner! Ich kann ihre Argumentation ja akademisch nachvollziehen, dass Sie sagen, für die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes sind diese privaten Flieger wichtig. Private Flieger bedeutet in dem Zusammenhang nicht, dass die Leute nur zu ihrem Vergnügen herkommen, sondern Flugzeuge werden geschäftlich genutzt oder für Transporte im kleinsten Umfang. Das ist noch eine Position, die nachvollziehbar ist, die man respektieren kann.
Aber diese Argumente gelten doch selbstverständlich auch nach 2011, und zwar dann erst recht. Alle, die sagen, lassen wir den Flughafen doch erst einmal bis 2011 offen, sind doch unredlich. Ihnen geht es darum, gegen die Mehrheit in diesem Haus Zeit zu gewinnen. Sie wollen diesen Flughafen auch nach 2011 offen halten. Das Volksbegehren richtete sich auch darauf, unbefristet den Flughafen als Verkehrsflughafen offenzuhalten. Deshalb kann man es auch nicht mitmachen, und da nutzen auch alle Varianten und Abweichungen nichts, wenn Sie so tun, als könnte man dann noch einmal in Ruhe neu entscheiden. Nein! Heute ist die Zeit der Entscheidung nach jahrzehntelanger Diskussion über die Zukunft der Flughäfen in Berlin und Brandenburg.
Selbstverständlich klingt es toll, wenn Sie immer sagen, es gäbe diese privaten Investoren, die mit 350 Millionen € Investitionsvolumen kommen und über 1 000 neue Arbeitsplätze schaffen. Selbst die Bundesregierung, die in diesen Fragen meistens auf Ihrer Seite gestanden hat, hat das Konzept von Lauder/Langhammer gar nicht erst geprüft, weil es schon der Schlüssigkeitsprüfung nicht standgehalten hat.
Ich darf noch einmal daran erinnern: 180 000 Patienten aus ganz Berlin sollten dort konzentriert werden, nicht die Reichen, nicht die Scheichs aus Dubai oder aus anderen Staaten, es sollten alle Arztpraxen in Neukölln, in Kreuzberg, in Tempelhof und Treptow zugemacht und dort konzentriert werden. Das war das wirtschaftliche Konzept für 350 Millionen € Investitionen. Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass eine Arztpraxis in Neukölln, in Kreuzberg, in Treptow-Köpenick oder Tempelhof das mitgemacht hätten. Es war unsolide, und dann sagen Sie es doch auch endlich einmal!
Es wäre – wie die meisten Reden von Herrn Lindner – wie ein Soufflé in sich zusammengefallen. Das ist das Problem. Ich würde mir wünschen, dass es einen Investor gäbe, der von heute auf morgen dort eine wunderbare Megacity entwickelte. Den werden wir nicht finden. Dies auch deshalb, weil wir in der Stadt noch riesige Areale haben, die ebenfalls zu entwickeln sind. Es wird also auch Zeit brauchen.
Die Pläne werden diskutiert. Sie sind vorbereitet. Im Übrigen kam jeder, der mir bislang einen Plan vorgelegt hat, ob mit oder ohne Flugbetrieb, relativ schnell zu denselben Ideen für dieses Gelände. Erstens: Es ist kein Hobby von den Grünen oder sonst jemandem, wenn sie sagen, dort muss ein Park, eine Freifläche für Sport und Freizeit entstehen. Das ist eine stadtpolitische Notwendigkeit, weil wir das für den Klimaaustausch in dieser Stadt brauchen. Dazu gibt es überhaupt keine Alternative. Das ist keine fixe Idee von irgendwelchen Ökospinnern, sondern erforderlich für die Lebensfähigkeit der Stadt.
Herr Pflüger! Es reicht nicht, einen grünen Pullover anzuziehen und zu sagen, ich mache auf Umweltpolitik. Sie müssen bei solchen Projekten auch mitdenken.
Selbstverständlich wird das ein Platz für hochattraktives Wohnen mit einem Park vor der Tür mitten in der Stadt sein. Deshalb ist es richtig, dass die Idee einer Internationalen Bauausstellung ins Gespräch gebracht worden ist.
Es ist die richtige Antwort darauf zu sagen: Wir wollen die besten, kreativsten Köpfe aus dem Bereich der Stadtplanung, der Architektur auffordern, im Rahmen einer Bauausstellung dieses Areal zu gestalten. Wir werden es umsetzen. Wir werden sinnvolle Alternativen schaffen.
Ich bin sicher, dass wir die Zeit nutzen werden, damit die Bürgerinnen und Bürger wissen, worüber sie abstimmen. Ich kann Sie nur dringend bitten: Informieren Sie sich rechtzeitig! Lassen Sie sich nicht nur von Gefühlen und Propaganda leiten, sondern entscheiden Sie aufgrund der Sachkenntnis, die Sie sich erwerben können, für die Schließung von Tempelhof, für die Zukunft von BBI und für die Zukunft dieser Stadt!
Herr Regierender Bürgermeister! Wir müssen festhalten: Wir haben von Ihnen keine Antwort auf unseren Vorschlag bekommen, in Ruhe und ohne jede Form der Gefährdung von BBI zu überlegen, was wir in den nächsten fünf Jahren gemeinsam machen und den Flugbetrieb bis zur Eröffnung von BBI aufrechterhalten.
Sie haben keinerlei Reaktionen auf die 205 000 Stimmen gezeigt, die Sie selbst schon hätten nutzen müssen, um nachzudenken und noch einmal abzuwägen, ob wirklich alles gemacht worden ist, dem Willen des Volkes, der Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner, zu entsprechen.
Vielleicht lassen Sie mich ausreden und sind einmal einen Augenblick ruhig. Wenn Sie schon mir nicht glauben, hören Sie vielleicht zu, was Lorenz Marold sagt. Ich zitiere aus dem „Tagesspiegel“:
Fahrlässig wäre es, ohne Not eine Option aus der Hand zu geben durch die schnelle Schließung von Tempelhof. Niemand, auch kein Gericht, zwingt den Senat dazu.
Wenn Sie für später eine Lösung haben, lassen Sie uns in Ruhe diskutieren. Bisher haben Sie kein einziges echtes Nachnutzungskonzept gezeigt. Es ist kein einziger Satz zu einem konkreten Konzept, zu einer konkreten Investition erfolgt. Von Ihrer Seite sind lediglich irgendwelche Pläne und Vorstellungen, die man demnächst durchführen will, vorgetragen worden. Deshalb ist es töricht von Ihrer Seite, sich jetzt hinzustellen und zu sagen: Wir wollen den
Flughafen um jeden Preis am 31. Oktober schließen, aber, was wir dann mit dem Flughafen machen, werden wir dann entscheiden. Das machen die Berliner nicht mit.
Herr Regierender Bürgermeister! Wer verdummt eigentlich? Darf ich Ihnen einmal sagen, was im Rahmen dieser Kampagne von SPD und BUND und Linken – ich weiß noch nicht, ob die Grünen dabei wirklich mitmachen – gesagt wird?
Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Sie der Meinung sind, es sei richtig in der Stadt zu werben, es gäbe keine Direktflüge nach Liechtenstein und keine Ja-Stimmen für einen Steuerfluchtflughafen, einen Bonzenflughafen.