Sie haben nicht nur die Betroffenen düpiert, sondern Sie haben auch unseren Präsidenten düpiert. Statt sich, wie ich bereits zu Anfang ausführte, endlich einmal für die Parlamentarier gegen die Regierung einzusetzen, hat der sich wie ein dummer Schuljunge in die Ecke stellen lassen und sich auch noch artig für die Züchtigung des Meisters bedankt.
Herr Momper! Das wäre einem Herrn Thierse im Bundestag nicht passiert, das hätte der nicht mit sich machen lassen. Ich stelle mir unter dem höchsten Repräsentanten des Landes etwas anderes vor. Wir brauchen keinen Grußonkel, sondern endlich einen Präsidenten.
[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP – Bravorufe von der CDU – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion) und Martina Michels (Linksfraktion): Das ist eine Unverschämtheit!]
Herr Sarrazin! Wir erwarten von Ihnen, dass Sie heute hier zusichern, dass das ein einmaliger Vorgang war und dass Sie in der politischen Auseinandersetzung künftig nicht zu solchen Mitteln greifen werden. Wir erwarten, dass Sie sich hier entschuldigen, und wir erwarten, dass Sie jenseits einer juristischen Bewertung eingestehen, dass das, was Sie gemacht haben, überzogen war.
Machen Sie das nicht, muss das Parlament Ihr Verhalten missbilligen. Und wenn Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Mumm haben, ballen Sie nicht wieder nur die Faust unter dem Tisch,
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Ratzmann! Ihren Angriff auf unseren Präsidenten weise ich eindeutig zurück,
denn gerade in dieser Sache hat er sich mit seinem Schreiben an Herrn Sarrazin eindeutig im Sinne der Abgeordneten positioniert.
Zweiter Punkt: Wann fing die Geschichte an? – Das war nicht der 16. August. Die Geschichte hat einen weitaus längeren Vorlauf. Bereits in der 15. Wahlperiode hatten drei Abgeordnete den Verdacht, dass sie besonderen, schikanösen Tiefenprüfungen durch die Finanzbehörde ausgesetzt seien, weil sie als Mitglieder des Petitionsausschusses Mobbingvorwürfen aus der Verwaltung nachgingen. Dieser Verdacht wurde auch dem Finanzsenator vorgetragen, der dem nachging und in einer Sitzung des Petitionsausschusses im Sommer 2006 im Ergebnis von intensiven Untersuchungen jeglichen Zusammenhang ausschloss.
Bis dahin war der Vorgang nichtöffentlich. Danach tat sich zunächst nichts. Dann, ein Jahr danach in der Sommerpause, erschien in der Steuerzeitung der genannte Artikel von Herrn Ratzmann, der gesagt hat, dass dort der Vorgang noch einmal aufgegriffen wurde.
Nein! Ich sage Ihnen, wer ihn geschrieben hat: Dr. Kaligin! – Man fragt sich also, warum Herr Dr. Kaligin nach einem Jahr – nachdem der Vorgang im Petitionsausschuss geklärt zu sein schien – mit diesem Artikel unter der Überschrift „Filz, Willkür“ an die Öffentlichkeit gegangen ist.
Dann folgten schwere Vorwürfe eines Abgeordneten und eines ehemaligen Abgeordneten in der Öffentlichkeit. Diese Abgeordneten haben im Fernsehen gesagt und über Zeitungen mitgeteilt, dass beides – der Vorgang im Petitionsausschuss und die Prüfungen durch die Finanzbehörde – in einem unmittelbaren Zusammenhang stehe. Es war von Nötigung die Rede und davon, dass Abgeordnete eingeschüchtert und quasi für ihre parlamentarische Arbeit bestraft werden sollten. Herr Lehmann meinte in der „Abendschau“ vom 16. August sogar, die Finanzverwaltung habe Einfluss darauf nehmen wollen, welchen Bereich er zukünftig im Petitionsausschuss bearbeiten soll bzw. darf. Gegen diese öffentlichen Vorwürfe verwahrte sich der Finanzsenator. Er stellte sich vor seine Verwaltungsmitarbeiter, und er machte dies ebenfalls öffentlich.
Das ist die Quintessenz in der Sache, von der inzwischen fast gar nicht mehr die Rede ist. Beiläufig wird manchmal erwähnt, dass die betreffenden Abgeordneten die Richtigkeit der veröffentlichten Daten nicht bestreiten.
Ich will und kann die Richtigkeit oder Nichtrichtigkeit gar nicht bewerten, finde aber, dass man das nicht so vollständig außer Acht lassen kann, wie das in diesem Missbilligungsantrag geschieht. Denn Ihnen – der Opposition – geht es in dem vorliegenden Antrag gar nicht um die Fakten,
um den Ausgangspunkt, um die Veröffentlichung der Vorwürfe. Sie greifen sich einen Punkt heraus, nämlich den, wie der Finanzsenator reagiert hat, wie er – entgegen der Bitte des Ältestenrates und des Präsidenten des Hauses um Vertraulichkeit – Prüfungsergebnisse veröffentlicht habe.
Nur darum geht es Ihnen. Ihnen geht es gar nicht um diese Vorgeschichte. Das ist der Punkt, den ich festhalten möchte.
Herr Doering! Wie betrachten Sie die Arbeit des Petitionsausschusses vor dem Hintergrund, dass diese Reaktion des Finanzsenators ja eine Reaktion auf einen Brief des Petitionsausschusses war, der darum gebeten hatte, ihm die Informationen entsprechend dem üblichen Verfahren
Mir ging es im ersten Teil meiner Rede um die Feststellung, dass dieser Vorgang – das ist auch schon einige Male gesagt worden – bereits in den Jahren 2002 und 2003 seinen Anfang genommen hatte, dass der Finanzsenator zu den Vorwürfen, die damals entstanden sind, eine Prüfung in seinem Hause veranlasst hatte, dass er im Jahr 2006 im Petitionsausschuss über die Ergebnisse dieser Prüfung berichtet hatte und dass dann ein Jahr lang Ruhe war. Das muss man erst einmal festhalten. Und dann hat Dr. Kaligin im Sommer 2007 – konkret im August – in einem Artikel in einer Steuerzeitung die Vorwürfe aus dem Jahr 2006 erneut aufgegriffen und ist damit an die Öffentlichkeit gegangen.
Sekundiert von weiteren Vorwürfen der bekannten Abgeordneten, wie ich gerade dargelegt habe! Um diesen Vorgang geht es mir, denn der müsste, wenn wir über den Missbilligungsantrag diskutieren, auch bewertet werden.
Ich sage Ihnen auch, warum das erforderlich ist: Nicht nur der Finanzsenator hat eine Verantwortung, wenn es darum geht, wie er in der Öffentlichkeit auftritt und wie er mit dem Abgeordnetenhaus umgeht. Auch Abgeordnete haben eine Verantwortung, wenn es darum geht, wie sie in der Öffentlichkeit die Arbeit einer Verwaltung darstellen.
Wir haben den Vorgang – die Veröffentlichung der Steuerdaten durch den Finanzsenator – in unserer Fraktion diskutiert. Meine Bewertung ist bekannt und schon zitiert worden. Wir haben ernsthaft darüber diskutiert und haben den Umgang mit Abgeordneten kritisiert. Wir bedauern auch, dass der Senator nicht in angemessener Form auf die Anschuldigungen der Abgeordneten reagiert hat. Wir kommen auf die Anschuldigungen noch zurück.
Meine Fraktion und ich sind immer davon ausgegangen, dass es andere Formen der Auseinandersetzung gibt und geben muss.