Nun können wir die weiteren Meldungen im freien Zugriff berücksichtigen. Diese Runde wird wie immer mit dem Gongzeichen eröffnet.
Schon mit Ertönen des Gongs haben Sie die Gelegenheit genommen, sich durch Ihre Ruftaste anzumelden. Die vorher eingegangenen Meldungen waren gelöscht.
Danke, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an die Sozialsenatorin, dieses Mal keine bestellte Frage.
[Vereinzelter Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der Linksfraktion – Dr. Martin Lindner (FDP): So ist es!]
Wie erklärt sich – wo Sie doch Mitglied im Lotto-Beirat und gleichzeitig Arbeitssenatorin sind –, dass Sie sich in der Presse damit zitieren lassen, Sie empfänden es als bedrückend, dass durch die Kündigung von Verträgen berufliche Existenzen in den Lottoannahmestellen bedroht seien, nachdem Ihr eigener rot-roter Senat ein Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel beschlossen hat, welches gerade der Anlass für diese Kündigungen ist?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Nicht gestellte Fragen kann ich eigentlich nicht beantworten. Ich nehme an, dass Sie sie schon stellen wollten. Das mache ich natürlich dann auch gern.
Ich habe mich zu einem einzigen Fakt verhalten. Wir haben im Übrigen ein Gesetz auf der Grundlage eines Bundesverfassungsgerichtsurteils auf den Tisch gelegt, das muss hier noch einmal klargestellt werden.
Ich habe mich zu einem einzelnen Fakt verhalten. Ich habe gesagt, ich fände es bedrückend, wenn durch Schließung von Annahmestellen Existenzen vernichtet würden. Wir selbst haben lange darüber diskutiert, in welcher Form die Reduzierung der Annahmestellen stattfinden soll. Wir haben gesagt, es soll möglichst über Fluktuation erfolgen. Genau das war mein Ausgangspunkt für meine Feststellung in der „Berliner Zeitung“.
Vielen Dank! – Darf ich Ihre Antwort so verstehen, dass Sie die Früchte Ihrer eigenen Arbeit bedrückend finden?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Na, das ist natürlich Unsinn! Wenn Ihnen sonst nichts einfällt, dann belämmern Sie das Parlament doch nicht mit so etwas!
Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage von Frau Kollegin Grosse von der Fraktion der SPD. – Frau Grosse – bitte, Sie haben das Wort!
Danke, Herr Präsident! – Ich frage den Wirtschaftssenator. – Herr Senator Wolf! Wie bewerten Sie die Demonstration der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der PIN AG gegen die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns vor dem Hintergrund, dass die Demonstration von der Geschäftsleitung tatkräftig unterstützt bzw. sogar initiiert wurde und vor dem Hintergrund, dass der Senat die Behördenpost durch die PIN AG versenden lässt?
Frau Abgeordnete Grosse! Sie wissen, dass wir gegenwärtig bundesweit eine Diskussion über die Mindestlöhne bzw. über eine Allgemeinverbindlichkeit für die Postdienstleistung haben. Das wird zurzeit intensiv auf der Bundesebene diskutiert, es gibt einen Kabinettsbeschluss dazu. Morgen gibt es auch im Bundesrat dazu eine Auseinandersetzung. Es ist intensiv in der Bundesnetzagentur debattiert worden.
Ich bin der Auffassung, dass wir im Bereich der Postdienstleistung dringend – wie in anderen Bereichen auch, aber in diesem besonders dringend – eine Mindestlohnregelung benötigen,
weil hier teilweise mit Dumpinglöhnen gearbeitet wird, ungesicherte Beschäftigungsverhältnisse existieren, keine Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse existieren und obendrein Löhne gezahlt werden,
bei denen ein Großteil der Beschäftigten auf ergänzende Leistungen nach Arbeitslosengeld II angewiesen ist, das heißt, der Steuerzahler zahlt über die Zuschüsse Arbeits
Die PIN AG ist seit ungefähr einem Jahr mit Verdi in Tarifverhandlungen gewesen. Diese Verhandlungen haben sich am Anfang sehr gut angelassen, sind mittlerweile ins Stocken geraten, sind bislang noch zu keinem Ergebnis gekommen. Dann gab es die Aktion, dass der Arbeitgeber-Verband mit Verdi einen Tarifvertrag abgeschlossen hat, einen Mindestlohntarifvertrag, dem allerdings die sogenannten neuen Postdienstleister PIN und andere nicht angehören.
Jetzt gibt es ein großes Wehklagen vonseiten der PIN AG und der neuen Postdienstler darüber, dass der Monopolist Deutsche Post AG mit Verdi einen Tarifvertrag zulasten dieser Dritten abgeschlossen hat. Dazu kann ich nur sagen: Hätte die PIN AG und hätten die neuen Postdienstleister sich vorher zu einem Arbeitgeberverband zusammengeschlossen und Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften geführt und selbst einen Tarifvertrag abgeschlossen, dann brauchten sie sich jetzt nicht darüber zu beschweren, dass andere einen Tarifvertrag abgeschlossen haben.
Hier wird gerufen: Haltet den Dieb! –, wo selbst politische Versäumnisse vorliegen und es offensichtlich auch nicht gewollt worden ist.
Ich finde, der beste Kommentar zu dieser Demonstration fand sich gestern auf der Titelseite des „Kurier“. Dort stand auf der ersten Seite in großen Lettern: „Erste Arbeiterdemonstration für Hungerlöhne“. Wenn Sie sich die Berichte über diese Demonstration ansehen und auch, wie sich Beschäftigte, die daran teilgenommen haben, geäußert bzw. vielsagend nicht geäußert haben, muss man sagen: Das war offensichtlich eine von den Unternehmen bezahlte Demonstration, wo auf Beschäftigte Druck ausgeübt worden ist. Dieses Geld wäre besser für die Bezahlung der Beschäftigten als für diese verunglückte Veranstaltung eingesetzt worden.
Ich bin der Auffassung – so hat das Land Berlin bislang im Beirat der Bundesnetzagentur, wo das Thema behandelt worden ist, agiert, und so werden wir auch im Bundesrat agieren –, dass wir für den Bereich der Postdienstleistungen auch einen entsprechenden Mindestlohntarifvertrag oder eine entsprechende Mindestlohnvereinbarung haben müssen und die Tarifbindung hergestellt werden muss. Aus der Tatsache, dass wir im Rahmen der Ausschreibung die Postdienstleistungen wieder an die PIN AG vergeben haben, obwohl es mittlerweile immer noch keinen Tarifvertrag gibt, haben wir die Schlussfolgerung gezogen – demnächst wird der Gesetzentwurf im Senat behandelt werden, er ist gerade in der Schlussphase der Mitzeichnung –, dass wir für die öffentliche Auftragsvergabe des Landes Berlin demnächst nicht nur für den Baubereich, sondern für alle Bereiche die Tariftreue verbind
lich vorschreiben und für den Bereich, in dem keine Tarifverträge existieren, einen Mindestlohn bei der Vergabe verbindlich festschreiben, damit diese Dumpingverhältnisse nicht mehr zulässig und möglich sind. Ansonsten muss man sehen, wie sich das jetzt bundesweit entwickelt. Die Position des Landes Berlin in dieser Frage ist klar pro Mindestlohn und dafür, dass endlich Tarifverträge abgeschlossen werden müssen. Das wäre übrigens auch gut für die Qualität der Dienstleistungen dieser Branche, die immer noch von Kleinstanbietern gekennzeichnet ist und es häufig an Zuverlässigkeit mangeln lässt.
Herr Senator Wolf! Schönen Dank für die Beantwortung der Frage! – Noch eine Nachfrage: Kann ich Ihrer Aussage entnehmen, dass es keine weitere Verlängerung mit der PIN AG geben wird, wenn sie bis zum Zeitpunkt der Ausschreibung keinen Mindestlohn eingeführt hat?
Frau Abgeordnete Grosse! Wenn das Parlament mit Ihrer tätigen Mithilfe und der anderer den von mir demnächst vorgelegten Gesetzentwurf zur Novellierung des Vergabegesetzes mit der Tariftreue auch für die Leistungen außerhalb des Baubereiches beschließt, dann wird es so sein, dass bei einer Neuausschreibung verpflichtend vorgeschrieben ist, dass hier Tariftreue bzw. die Mindestlohnregelung eingehalten werden.