Protocol of the Session on September 13, 2007

obwohl man hier auf der Regierungsbank sehen kann, dass Grauhaarige durchaus noch ihre Leistung bringen können.

Zu den Ausgaben für die Bildung und die Wissenschaft kommen die Ausgaben für eine gezielte Wirtschaftsförderung in den Berliner Kompetenzfeldern Biotechnologie, Medizintechnik, Optik und Informations- und Kommunikationstechnik. Auch das ist wichtig. Es sind jährlich bis zu 275 Millionen €.

Wir tun auch einiges für die Kultur, z. B. die Sanierung der Berliner Staatsoper, wie immer sie genau finanziert wird. Die Komische Oper und das Theater an der Parkaue werden saniert, und das Märkische Museum wird ausgebaut.

In der öffentlichen Sicherheit stellen wir die Standards sicher, die ich mit dem Innensenator politisch vereinbart habe. Wir halten uns an die Hamburger Maßstäbe und werden im Vollzugsdienst genau das haben, was Hamburg hat. Wir stocken bei der Feuerwehr auf. Wir stellen bis zum Jahr 2011 1 745 neue Polizisten ein. Bei der Feuerwehr werden wir 475 Einstellungen haben.

Bei der Justiz werden ausscheidende Richter und Staatsanwälte in vollem Umfang neu besetzt. Im Justizvollzug haben wir darüber hinaus sogar einige Akzente gesetzt – ohne Bezug auf aktuelle Verhältnisse, sondern aufgrund gemeinsamer Analysen der Senatoren für Justiz und Finanzen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Im Bereich des Städtebaus setzen wir ebenfalls Akzente. Wir beteiligen uns voll am Investitionspakt für die Sanierung von Schulen, Sporthallen und Kindergärten. Der Stadtumbau West wird um 15 Millionen € verstärkt. Mit allen Programmen der Städtebauförderung kommen wir auf knapp 100 Millionen €. Hinzu kommen die Finanzhilfen des Bundes.

Die Sozialausgaben sind immer ein wichtiges Thema. Einerseits freut man sich, wenn man bei den Ausgaben sozial tätig sein kann, Frau Kollegin Knake-Werner, andererseits kommen einem bei den Zahlen auch die Tränen in die Augen. Im Jahr 2007 geben wir für soziale Zwecke – im weitesten Sinn – 4,4 Milliarden € aus. Das ist ein Betrag, der mit den Berliner sozialen Verhältnissen in Verbindung steht. Insofern kann man hier nicht einfach einsparen. Dennoch muss man sich wirtschaftlich verhalten. In den vergangenen Jahren waren bei einem Vergleich mit Hamburg und Bremen nicht alle unsere Mehrausgaben durch die unterschiedlichen sozialen Lagen erklärbar. Wir haben in der Vergangenheit – auch in Zusammenarbeit mit den fachlich zuständigen Ressorts – eine Menge geschafft. Dafür bedanke ich mich! Die Unterschiede haben sich angeglichen.

Allerdings hat uns auch der Bund geholfen. Es wird viel über die sogenannten Reformen nach Hartz IV geschimpft. Für den Landeshaushalt brachten sie immerhin den Erfolg, dass unsere Ausgaben im sozialen Bereich nicht so stark gestiegen sind, wie es andernfalls der Fall gewesen wäre. Gleichwohl sind die Zahlen erschreckend: Rund 8,3 Prozent aller bundesweiten Empfänger von Leistungen nach Hartz IV leben in Berlin. Damit ist der Anteil mehr als doppelt so hoch wie der Anteil Berlins an der bundesdeutschen Bevölkerung. Rund 18 Prozent der Berliner Bürger leben von Hartz IV, und rund 40 Prozent der Kinder bis zu sieben Jahren leben in Hartz IVHaushalten.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Was machen Sie dagegen?]

Diese Zahlen betrachtet man natürlich immer wieder, wenn man sich fragt, wo das Geld bleibt. Wir geben als Land – trotz der niedrigen Mieten – nur für die Kosten der Unterkunft jährlich 1,4 Milliarden € aus. Das sind ein Zehntel der Kosten, die bundesweit in diesem Bereich anfallen. Trotz der besseren Konjunktur sehen wir immer noch keine sinkenden Empfängerzahlen, weswegen wir für die nächsten Jahre die Mittel aufgestockt haben.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Das ist erbärmlich!]

Einen genaueren Blick werfe ich auf die Investitionsausgaben des Landes: Wenn man berücksichtigt, dass der BVG-Zuschuss künftig nicht mehr investiv, sondern konsumtiv verbucht wird, stellt man fest, dass die Investitionsausgaben des Landes gegenüber der Vergangenheit jährlich um 100 Millionen € steigen. Pro Einwohner gibt Berlin in den nächsten Jahren jährlich 420 € für investive Zwecke aus. Das kann sich auch im bundesweiten Vergleich sehen lassen. Das reiche Hamburg gibt – ohne den Hafen – jährlich etwa 540 € pro Bürger aus. Wir sind demnach wieder relativ nahe am Hamburger Niveau angelangt.

Entscheidend ist, dass wir das Landesvermögen vernünftig bewirtschaften, es nicht durch mangelhaften Unterhalt ungeplant verzehren. Wir müssen den Sanierungsstau abbauen, aber auch die Bestände, für die wir verantwortlich sind. Da die Verwaltung kleiner wird, ist das auch möglich.

Für Hoch- und Tiefbau zusammen gibt der Landeshaushalt im Jahr unmittelbar 240 Millionen € aus. Zählen wir dazu, was im mittelbaren Haushalt – Bäder, Krankenhäuser und Universitäten – geschieht, haben wir jährlich Bauausgaben in Höhe von 400 Millionen €. Für ein Land mit 3,3 Millionen Einwohnern kann sich das im bundesweiten Vergleich durchaus sehen lassen. Wir investieren in den Neubau und die Sanierung von Schulbauen und haben dafür zusätzliche Mittel bei den Bezirke eingestellt. Wir haben einige größere Straßenbaumaßnahmen angeschoben. Wir haben den Bauunterhalt beim Land und den Bezirken erhöht.

Im investiven Bereich tut das Land nicht wenig, wenn auch der eine oder die andere meint, es könnte noch mehr sein. Wir haben aber eine Wende erreicht. Sie sehen das nicht nur an den Zahlen. Wenn Sie sich den Haushalt im Detail anschauen, sehen Sie, dass wir im letzten Jahr praktisch keine neu beginnenden Maßnahmen hatten, während wir nun zahlreiche Neubeginner haben. In aller Bescheidenheit: Das verbessert wichtige Dinge. Man kann sich wieder bewegen und hat nicht mehr nur das Gefühl, man hat es mit Zahlen zu tun, die man nicht bewältigen kann. Das ist ein gutes Gefühl. Darüber freue auch ich mich, insbesondere weil es im Rahmen konstanter Ausgabenvolumina geschieht.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich komme zu den Bezirken: Sie sind Teil des Landes Berlin, kommen sich aber häufig als Selbstverwaltungskörperschaften im Sinne des Kommunalrechts vor, obwohl sie das nicht sind. Wir leben in einer Einheitsgemeinde. Das hat für die Bezirke auch Vorteile, denn während der harten Jahre für den Berliner Landeshaushalt wurden die Bezirke kontinuierlich durchfinanziert, während dort, wo es eine kommunale Selbstverwaltung gibt, die Regierungspräsidenten herrschten und die Gemeinden teilweise ihrer Autonomie enthoben wurden. Jetzt merken die Bezirke, dass die Sache zwei Seiten hat: Der Boom, der jetzt über alle westdeutschen Gemeinden mit Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer von 10 bis 15 Prozent hereinbricht, findet bei den Bezirken nicht statt.

Die Bezirke wurden bedarfsgerecht kontinuierlich finanziert. Sie haben während der letzten Jahre nur minimale Fehlbeträge und in den meisten Jahren Überschüsse erzielt. Das heißt umgekehrt, dass es jetzt, wo es besser wird, auch bei ihnen besser wird, aber nicht im Sinne des Booms, wie er bei selbstverwalteten Gemeindehaushalten vorhanden ist.

Die Bezirke werden auskömmlich finanziert. Dies ist im Rahmen der bisherigen Haushaltsaufstellung intensiv diskutiert worden – auch öffentlich. Ich möchte Sie jetzt nicht mit Zahlen überfordern, aber doch kurz darauf hinweisen, dass in der Summe die Bezirke strukturbereinigt im Jahr 2008 322 Millionen € und im Jahr 2009 348 Millionen € mehr haben als im Jahr 2007, wobei wir aus dem Verlauf des Jahres 2007 bereits erkennen, dass die Bezirke z. B. ihre Personaletats in diesem Jahr nicht ausschöpfen werden.

Zum Personal gilt insbesondere Folgendes: Die Bezirke haben, nachdem der Ansatz vom Senat noch einmal um 25 Millionen € aufgestockt wurde, mehr Geldansätze für das Personal, als sie für das vorhandene Personal überhaupt ausgeben können. Das möchte ich an dieser Stelle einmal deutlich sagen. Sie haben übrigens auch mehr Stellen, als sie besetzt haben, und sie haben 4 000 Mitarbeiter im Stellenpool, die nur darauf warten, dass sie von den Bezirken für Daueraufgaben übernommen werden. Es fehlt also an nichts – weder an Geld, noch an Stellen, noch an Personal.

[Michael Schäfer (Grüne): Wo leben Sie denn? – Weitere Zurufe]

Ich bin gleich am Ende meiner Ausführungen, Herr Abgeordneter Gaebler! Waren es schon 20 Minuten?

In der Summe – gemessen an den Verhältnissen der Vergangenheit und gemessen an den Notwendigkeiten – geht es den Bezirken gut. Selbstverständlich gilt für die Bezirke das, was auch für das Land gilt: Wir sind kein reiches Land. Wir sind ein Land mit hohen Schulden. Wir haben aber jetzt erreicht, dass wir aus einer ungeordneten Armut in den Status ehrlicher Armut eingetreten sind.

[Heiterkeit]

Und damit wir darin bleiben, müssen wir weiter mit dem Geld sorgfältig umgehen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Dr. Pflüger das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten noch im Dezember eine Haushaltsnotlage. Das Land Berlin hat geklagt, dass wir Unterstützung von anderen bekommen. Seitdem hat sich die Stimmung gedreht. Wenn man heute die Rede von Herrn Sarrazin hört, denkt man, es sei alles wunderbar und auf einem guten Weg. Herr Sarrazin! Sie haben am Ende Ihrer Rede gesagt, das habe selbstverständlich auch ein bisschen mit der Bundesregierung zu tun. Ich möchte Ihnen sagen: Dass es uns heute wieder etwas besser geht, ist vor allem auf die Mehrwertsteuererhöhung, auf die bundesweite Konjunkturentwicklung und auf die daraus resultierenden Steuermehreinnahmen zurückzuführen. Es ist eindeutig: Ohne Merkel und Steinbrück wäre die Regierung Wowereit heute finanziell und politisch am Ende.

[Beifall bei der CDU]

Was es an nennenswertem Beitrag des Landes Berlin gibt, ist die Erhöhung der Grundsteuer und der Grunderwerbsteuer, über die Sie komischerweise gar nicht geredet haben. Diese Erhöhung hat 210 Millionen € in die Landeskassen gebracht. Ist das eine Leistung? – Ich finde, es ist keine Leistung, Bürgern, die sowieso kaum noch etwas in der Tasche haben, auch noch die letzten Euro aus der Tasche zu nehmen. Das ist ein Fehler und keine Leistung gewesen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Und die Erhöhung der Mehrwertsteuer? Das widerspricht sich. Steuererhöhung gut, Steuererhöhung schlecht. Was denn nun?]

Herr Sarrazin! Ihre Rede war eine Mischung aus Selbstlob und Schönreden und vor allem ein Schmücken mit den Federn anderer.

[Beifall bei der CDU – Uwe Doering (Linksfraktion): Und was machen Sie?]

Wir sagen dagegen, dass die Mieter in Berlin genug belastet sind. Wir wollen das Grundwasserentnahmeentgelt senken. Für die Mieter und die kleinen und mittleren Unternehmen ist das eine wichtige Entlastung. Dazu haben wir uns entschlossen, und wir fordern Sie auf: Schließen Sie sich diesem Schritt an! – Er tut Berlin und den einfachen Leuten in unserer Stadt, die hart arbeiten, sehr gut, und er ist sehr notwendig.

[Beifall bei der CDU]

Ich möchte auch klarmachen: Ein Straßenausbaubeitragsgesetz wird es mit unserer Zustimmung in Berlin nicht geben.

[Gelächter und Zurufe von der SPD und der Linksfraktion: Das gibt es schon! – Christian Gaebler (SPD): Wir haben es in Niedersachsen abgeschrieben! ]

Warum sagt Herr Sarrazin in seiner Rede nichts zum Thema BBI und zu den enormen Risiken, die sich im Haushalt verbergen? Warum macht er nicht darauf aufmerksam, dass die Kosten für das geplante große Terminal, für das 630 Millionen € angesetzt waren, nun von allen vier Anbietern bei über einer Milliarde € angesetzt werden? – Das bedeutet für den Haushalt ein Risiko von 400 Millionen €. Herr Sarrazin, das hätten Sie heute dem Haus und der Berliner Öffentlichkeit klar sagen müssen und nicht verschweigen dürfen.

[Beifall bei der CDU]

Herr Wowereit! Sie sind bei jeder guten Meldung über BBI sofort in den Medien und sagen, das sei Chefsache. Beim ersten Spatenstich konnten Sie vor Stolz kaum laufen. In dem Moment, wo sich herausstellt, dass man sich bei den Kosten um 63 Prozent verrechnet hat – 400 Millionen € mehr –, sagt Herr Donnermeyer, Ihr Sprecher: Herr Wowereit hat damit gar nichts zu tun. Das ist ausschließlich Sache der Geschäftsleitung der Flughafengesellschaft. – Nein, Herr Wowereit! Sie sind Regierender Bürgermeister dieser Stadt, und Sie sind Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft. Das ist Ihre Verantwortung, wenn das ein Fass ohne Boden wird. Wir werden Sie dazu stellen. Wir werden nicht zulassen, dass BBI immer teurer wird und dass hier verschleiert wird.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD: Tempelhof!]

Bei all dem Schönreden haben wir nichts von den wissenschaftlichen Studien gehört, die z. B. von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlicht wurden. Danach liegt Berlin in Sachen Sicherheit, Einkommen und Beschäftigung am unteren Tabellenende der Bundesländer. Ähnliches ergibt eine OECD-Studie. In der letzten Woche hat es ein Städte-Ranking gegeben – eine Rangliste von 50 Städten in Deutschland. Berlin hat Platz 50 belegt. Diese Untersuchung hat nach 104 Kriterien alles genau analysiert, und Berlin ist Letzter. Das ist die Realität, die Sie schönreden und die uns dazu bringt, dass wir mit Sorge auf die wirtschaftliche und ökonomische Kraft dieser Stadt gucken. Von dieser Sorge war in Ihrer Rede und auch in den Haushaltsausführungen des Regierenden Bürgermeisters nichts zu spüren, und es ist nicht gut für Berlin, wenn man die Lage schönredet.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Sie kommen in eine Identitätskrise, Herr Pflüger! ]

Herr Wolf feiert den Rückgang der Arbeitslosigkeit. Wer wollte sich nicht darüber freuen? Aber ein genauerer Blick auf die Zahlen zeigt, dass sich die Arbeitslosigkeit

in Berlin sehr viel weniger zurückentwickelt als in allen anderen Bundesländern.

[Bürgermeister Harald Wolf: Falsch!]

Ich sage Ihnen die Zahlen: Wir haben z. B. in den letzten vier Monaten in Baden-Württemberg einen Rückgang der Arbeitslosigkeit – gemessen am Vorjahr – von 22,4 Prozent. In Berlin beträgt dieser Wert lediglich 9,9 Prozent, obwohl Baden-Württemberg eine viel niedrigere Arbeitslosigkeit hatte und es insofern dort viel schwieriger ist.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Bitte die realen Zahlen!]

Warum sagen Sie den Leuten das nicht? – Die Unternehmerverbände in Berlin sagen, dass die Schere zwischen der Entwicklung im Bund und in Berlin sich öffne und nicht geringer werde. Das ist das eigentliche Faktum. Wir sind leider Gottes auch beim Aufschwung wieder Schlusslicht, und das ist Ihre Politik, Herr Regierender Bürgermeister!