Protocol of the Session on September 13, 2007

Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der SPD. Das Wort hat der Abgeordnete Buchholz.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren! Ich muss gestehen, ein Antragspaket mit sieben Anträgen zum Thema Klima- und Umweltschutz für Berlin von zwei Regierungsfraktionen, die nicht der GrünenPartei angehören – ich bin ein bisschen stolz darauf, wir als Fraktion sind stolz darauf und wir als Koalition sind stolz darauf,

[Zuruf von Mario Czaja (CDU)]

dass wir diese Anträge heute als Priorität einbringen können und dass wir uns im Land Berlin ein ambitioniertes Klima- und Umweltschutzprogramm geben, als Koalition und als Land Berlin. Das ist keine Selbstverständlichkeit.

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Viele andere Bundesländer – Grünen-Beteiligung gibt es nur noch in Bremen, aber die erarbeiten sich das erst noch – wären stolz auf solch ein Antragspaket mit solchen ambitionierten und auch klaren Vorgaben. Wir in Berlin sind wieder einmal beispielgebend.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall von der Linksfraktion]

Wir haben heute den 13. September 2007. Wer an diesem Tag leugnet, dass wir Menschen und insbesondere die Menschen in der industrialisierten Welt einen wesentlichen Anteil daran haben, dass es den Klimawandel auf dieser Erde gibt und dass er von den Menschen verursacht worden ist, der hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt und leugnet Fakten. – Darin sind wir uns einig. Es freut mich, dass ich bei der Opposition – zumindest teilweise – Kopfnicken sehe. – Das heißt auch, nicht nur die gesamte Bundesrepublik Deutschland, sondern auch wir, gerade als Hauptstadt, müssen uns ambitionierte Ziele setzen. Das sollten keine selbstverständlichen Ziele sein, sondern Ziele, die man sich erst erarbeiten muss. Das sind sie in diesem Fall auch.

Fangen wir insbesondere mit der Strompolitik an. Wir haben schon seit mehreren Jahren klare Vorgaben. Für kein öffentliches Berliner Gebäude wird Atomstrom bezogen. Das wird auch so bleiben. Wir werden den Anteil an erneuerbaren Energien – also an Ökostrom – noch einmal auf mindestens 20 Prozent erhöhen. Es wird mindestens 50 Prozent Kraft-Wärmekoppelungs-Strom vorgeschrieben. Der darf auch noch durch Ökostrom ersetzt werden. Da ist Berlin tatsächlich in Deutschland für andere Großstädte beispielgebend. Die sollen uns das nachmachen. Bremen schafft das vielleicht auch noch, während andere Bundesländer wie Hamburg jetzt viel in der Vorwahlkampfphase darüber reden, was man alles machen könnte mit künftigen Programmen. Wir aber handeln schon. Und das ist ein großer Vorteil. Man kann hier in Berlin schon sehen, wie das in der Praxis funktioniert.

[Beifall bei der SPD – Zuruf von Kai Gersch (FDP)]

Das heißt für uns Energie sparen, wo immer es geht. Das heißt, erneuerbare Energien immer dort nutzen, wo es geht. Vor allem heißt es, erneuerbare Energien – Sonne, Wasser, Wärme – immer nutzen und die Effizienzvorteile herausziehen bei allem, was wir tun. Die öffentliche Hand bezieht allein für rund 90 Millionen € Strom. Das hatten wir eben schon. Wenn man sich die öffentlichen Gebäude anschaut, gibt es da noch eine Menge zu tun. Das sagen wir auch ganz klar. Da sind wir mit dem, was bisher erreicht wurde, noch nicht zufrieden, sondern wollen bis 2011 mindestens ein Viertel der öffentlichen Berliner Gebäude wärmeschutzsanieren.

[Michael Schäfer (Grüne): Wie denn, Herr Buchholz?]

Das heißt, wir wollen die Energiekosten, den Umweltverbrauch und damit die Umweltverschmutzung drastisch senken. Das ist ein wichtiges Vorhaben.

[Felicitas Kubala (Grüne): In der Tat!]

Sie finden dazu sehr konkrete Maßnahmen, Herr Schäfer, bei uns im Programm. Es wird erstmals verpflichtend die Vorschrift geben, ein Energiemanagement für alle großen öffentlichen Gebäude einzuführen. Es geht nicht mehr nur darum, dass Senator Sarrazin und die Finanzverwaltung eine Liste machen, wie viele Quadratmeter jede Abteilung hat und wie viele Plätze dort belegt werden, sondern auch konkret darum, was dort an Energie verbraucht wird. Wenn diese Transparenz da ist, wenn die Kosten entsprechend umgelegt werden, dann wird es endlich Handlungen geben, dass ihnen vor Ort in der einzelnen Amtsstube klar wird, dass etwas getan werden muss.

Es geht uns auch darum, mit dem großen Umweltentlastungsprogramm II mit europäischer Koförderung bei den Unternehmen, bei den in der Stadt wirtschaftlich Handelnden noch mehr Umweltinvestitionen anzureizen. Es ist ein Millionenprogramm, das anspruchsvoll weitergeführt wird. Das ist auch gut so. Wir werden erstmals durchsetzen, dass bei allen großen öffentlichen Ausschreibungen – egal, ob es um Produkte oder um Dienstleistungen geht – zu einem Drittel ökologische Kriterien verbindlich einzuhalten sind. Die Kollegin Kubala wird

sich erinnern, dass wir das bei der Abfallausschreibung für Berlin vor einigen Jahren exemplarisch sehr gut vorexerziert haben.

[Felicitas Kubala (Grüne): Ein Mal haben Sie das geschafft, ein Mal!]

Da ging es um ein Volumen von einer halben Milliarde €. Es ist sehr gut gelaufen. Das wollen wir als Beispiel nehmen und verbindlich festschreiben: ein Drittel ökologische Kriterien bei allen öffentlichen großen Vergaben. Das heißt, der Energieverbrauch, die Recyclingfähigkeit, die Langlebigkeit von Produkten wird mitbewertet, umgerechnet in Euro. Das ist für andere beispielgebend. Daran sollten wir uns orientieren.

Wir werden auch zeigen, dass man mit einer zukunftsfähigen Politik insbesondere bei den kleinen Berlinerinnen und Berlinern anfangen sollte. Darum ist ein Antrag Energiesparen, ganz konkretes Lernen in den Kitas, in den Schulen. Wir wollen dort erreichen, dass das in den Schulen innerhalb von drei Jahren möglichst flächendeckend gemacht wird. Das ist anspruchsvoll. Das wissen wir, aber das erfordert auch die Situation, im – – ich darf Frau Kubala nicht so lange angucken –

[Heiterkeit – Christian Gaebler (SPD): So leicht lässt du dich von den grünen Damen verunsichern!]

Herr Kollege! Ihre Redezeit ist schon lange abgelaufen.

Meine Zeit ist auch noch um. Ich habe so lange auf Grün geschaut. – Es ist schlichtweg so: Wir in Deutschland müssen handeln, Berlin muss handeln, das heißt, die Klimasituation dieser Welt erfordert es, und Deutschland, Berlin handelt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Kollege Carsten Wilke. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Linksfraktion! In Ihrem Kaleidoskop von Klima- bzw. Umweltschutzanträgen beginne ich an der Stelle ganz positiv, weil einiges von dem, was Sie hier beantragen, ganz vernünftig erscheint und deshalb von uns mitgetragen werden könnte.

[Daniel Buchholz (SPD): Sehr gut!]

Sie haben die Anträge kurz vor der Sommerpause eingebracht, und ich hatte den Eindruck, dass Sie mit einer zielgerichteten Debatte nach der Sommerpause ein gutes Timing vorlegen, denn wir sind jetzt auch im Zug und am

Beginn der Haushaltsberatungen. So nahm ich an, dass Ihre Anträge durch den uns vorliegenden Haushaltsentwurf untersetzt werden sollten. Aber weit gefehlt, meine Damen und Herren! Denn schaut man im Einzelplan 11 – das ist der Umweltbereich – genauer nach, sind Ihre klima- und umweltschützenden Forderungen auf den Anträgen im Haushaltsplanentwurf kaum oder gar nicht mehr erkennbar, geschweige denn in den Ansätzen unterlegt. Man findet im Haushaltsentwurf für eine Anhebung der Stromliefermengen aus erneuerbaren Energien keine Ansatzerhöhungen, man findet keinen Ansatz für mehr Solaranlagen auf Berlins Dächern, keinen Ansatz für eine Ausweitung der Projekte auf Einsparung von Wasser und Abfall in Schulen und Kitas. Man findet keinen Ansatz beim Umweltentlastungsprogramm zum ökologischen Wirtschaften.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Da ist übrigens überhaupt nichts unter Ansatz gestellt. Man findet keinen Ansatz, um den Energieverbrauch der öffentlichen Berliner Gebäude und Einrichtungen mit Landesbeteiligungen umfassend senken zu können. Das ist die Realität, die danebensteht.

Was den privaten Hausbesitzern diesbezüglich abverlangt wird – darauf hat Herr Kollege Esser in der Haushaltsdebatte schon hingewiesen –, muss auch die öffentliche Hand erst recht zu leisten bereit sein. Da reicht es eben nicht, in den Räumen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Kühlschränke auszutauschen. Solange dieser Koalition ein Umweltinvestitionsprogramm fehlt, sind diese Anträge nichts weiter als ein artikulierter Wille für Schaufenster.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Zu Ihrem Antrag „Atomenergie muss draußen bleiben“ Folgendes: Wir haben als Union eine in allen Landtagsfraktionen abgestimmte Position vereinbart. Demnach ist der Anteil der Kernenergie vor dem Hintergrund der Reduzierung des CO2-Ausstoßes in Deutschland zu betrachten und gegebenenfalls zu überdenken. Sollten in diesem Kontext Laufzeitverlängerungen von Kernkraftwerken notwendig sein, soll ein Teil der Erlöse aus dem Kernenergiegeschäft für die Forschung an und die Mehrung von erneuerbaren Energien verwendet werden. Das Einsparen von Energie, die Erhöhung von Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energien sind die tragenden Säulen unserer Politik für den Klimaschutz. Genau an dieser Ausrichtung sollte sich der Energiebezug für die landeseigenen Gebäude auch ausrichten, Herr Buchholz. [Daniel Buchholz (SPD): Also stehen Sie zum Atomausstieg: Ja oder nein? Das wollen die Bürger gerne wissen! Ja oder nein?]

Sie können sich ja ordentlich melden und die Frage stellen.

Nun wissen wir, dass sich der Senat so gerne am Stadtstaat Hamburg orientiert, jetzt hören Sie genau zu, Herr

Buchholz, Herr Sarrazin hat ja heute wieder den Hamburg-Vergleich gezogen. Leider macht das der Senat immer nur dann, wenn er darstellen möchte, dass es in Berlin Ausstattungsvorsprünge gibt, die es aus seiner Sicht abzuschaffen gilt. Wenn wir seitens der CDU auf Hamburg schauen, wollen wir nicht das von Hamburg übernehmen, worin die Hamburger schlechter abschneiden als wir, sondern wir wollen das übernehmen, wo die Hamburger besser abschneiden als wir Berliner.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Was?]

Da entdeckt man z. B., dass Hamburg bereits jetzt schon – da haben Sie weit gefehlt und geirrt, Herr Kollege Buchholz – 25 Prozent des Stroms für seine öffentlichen Gebäude aus erneuerbaren Energien bezieht. Dann entdeckt man weiterhin, dass die CDU-Fraktion in der Bürgerschaft diese Quote sogar noch anheben möchte, nicht auf 35 Prozent, nicht auf 45 Prozent, nein, im neuen Senatsprogramm steht, und das wollen die Hamburger Kollegen bis zum Jahr 2012 erreichen: 100 Prozent erneuerbare Energien für die öffentlichen Gebäude. Was fordern Sie hier als Regierungspartei? – Für das Land Berlin gerade einmal 20 Prozent Strombezug aus erneuerbaren Energien. Das ist nahezu lächerlich, Frau Platta, Herr Buchholz, und schon gar keine Herausforderung im Sinn hochgesteckter Klimaschutzziele.

[Beifall bei der CDU]

Übrigens finde ich es bei der in Hamburg stattfindenden Energiedebatte ganz interessant, wie sich die umweltpolitische Sprecherin der SPD der Hamburger Bürgerschaft, das ist Frau Monika Schaal, äußert. Sie schlug in diesem Zusammenhang vor, weder auf Atomkraft noch auf Kohle zu setzen und stattdessen ein Gas-Dampf-Turbinenkraftwerk zu bauen. Das ist ein interessanter Aspekt, meine Damen und Herren von der SPD hier im Haus, bezüglich des Standorts Rummelsburg. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Henner Schmidt (FDP)]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat die Abgeordnete Platta das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute setzen wir hier die Debatte vom Juli fort, sicher genau so in der Sache engagiert und unideologisch wie es schon Dr. Pflüger schon beim Umgang mit den Atomkraftwerken angemahnt hat. Zu Herrn Wilke kommen wir noch.

Die Koalitionsfraktionen haben Ihnen vor der Sommerpause sieben Anträge für eine Initiative für Klima- und Umweltschutz vorgelegt, die mitnichten ein Sammelsurium von Ideen sind, wie Sie, Herr Schmidt, abwertend formulierten, sondern die deutlich machen, wie vielfältig die Aufgaben beim Ringen um einen wirksamen Klimaschutz sind.

Dann müssten Sie sich, Herr Wilke, auch die anderen Haushaltstitel ansehen. Kommt z. B. Umweltschutz bei Bauen vor, bei Finanzen oder anderen Titeln? Sie werden nicht nur bei der Umweltsenatorin etwas finden können, sondern Sie müssen auch die anderen Haushaltstitel genauer durchgehen, angefangen von der Art und Effizienz der Energieerzeugung auch durch weitere Ausschöpfung der Nutzung erneuerbarer Energien, ökologisches Wirtschaften in enger Partnerschaft von Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung bis zu dem sehr wichtigen Teil der Beschleunigung der Effizienzsteigerung und Einsparung in der Gebäudebewirtschaftung hin zum Einsatz von Baustoffen aus nachhaltiger Produktion.

Der Stellenwert der ökologischen Kriterien bei der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen ist wesentlich mehr in den Mittelpunkt gerückt, als es aus meist fadenscheinigen und kurzsichtigen Finanzgründen in der Vergangenheit möglich war. Das soll auch Ansporn für Produzenten und Dienstleister sein, Umweltmanagement schneller einzuführen. Die BIM sehe ich ebenfalls in der Pflicht, sich mehr darum zu bemühen.

Im Übrigen – das war auch eine Anmerkung aus der letzten Debatte –, wenn es im ersten Antrag heißt, dass es zu einer verpflichtenden jährlichen Energieeinsparung von mindestens einem Prozent kommen soll, ist klar, dass, wenn mehr Einsparpotenziale vorhanden sind, auch die Einsparraten entsprechend angepasst werden.

Wichtig ist uns – dieser Punkt kommt bei Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, bei überwiegend administrativen Vorschlägen für einen Klimaaktionsplan überhaupt nicht vor – die Umweltbildung, die weiter voranzutreiben ist. Leider ist oft festzustellen, dass schon das allgemein vorhandene Wissen über Ursachen und Wirkungsweise gerade bei der Betrachtung der Klimaveränderung nicht in konkretes Handeln umgesetzt wird. Die Gründe sind oft: Keine Zeit, kein Geld! Was nutzt es, wenn ich etwas tue und andere nicht? – Hier wollen und müssen wir einen wesentlichen Schritt nach vorn machen. Dazu soll dieser Antrag dienen. Es ist klar, dass genau wie ein Politikwissenschaftler, wie Rechtsanwälte oder Literaturkritiker auch Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer – zum Beispiel für griechische Mythologie – nicht automatisch wissen, wie sich z. B. der Primärenergieverbrauch beim Einsatz unterschiedlicher Energieträger bei der Erzeugung von Elektroenergie für den Betrieb einer Kaffeemaschine errechnet und wie viel CO2 dabei freigesetzt wird. Alle wissen aber, dass das Warmhalten des Kaffees auf der Warmhalteplatte einer Kaffeemaschine im Gegensatz zur Benutzung einer Thermoskanne Energie verbraucht. An konkreten Projekten, an realen Orten lässt sich der Umgang mit Energie, die Umwandlung von einer Art in die andere, vielleicht an der eigenen Solaranlage am besten erfahren. Einsparpotenziale werden aufgedeckt und erreichen Einsparungen, die sogar CO2-Bilanzen für die gesamte Stadt wesentlich verbessern können.

[Felicitas Kubala (Grüne): Wie war das mit der Kaffeemaschine?]