Protocol of the Session on July 5, 2007

Ich verzeihe Ihnen noch einmal, vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Spätestens am Montag dieser Woche bei der Besprechung dieses Themas im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr herrschte bei allen Mitgliedern Einigkeit über die Unverhältnismä

ßigkeit der beabsichtigten Baumfällungen im Zusammenhang mit der Sanierung der Uferbefestigung des Landwehrkanals. Das wurde auch heute von den meisten so dargelegt.

[Daniel Buchholz (SPD): Mit Ausnahme der CDU!]

Es wurde das Engagement der Anwohnerinitiative, die von Umweltverbänden und Umweltbewegten unterstützt wird, gewürdigt – das tun wir auch heute wieder –, über Zuständigkeiten und Vernachlässigungen berichtet und ein Schreiben an die Zuständigen auf Bundesebene verfasst. Das ist dann einhellig so losgeschickt worden.

Klar ist, dass am Landwehrkanal in das gewachsene landschaftliche Erscheinungsbild und in die Natur durch die anfangs durch das Bundeswasser- und Schifffahrtsamt Berlin angedrohte Fällung von ca. 200 Bäumen stark eingegriffen worden wäre. Das konnte verhindert werden, weil Anwohner sich Fällkolonnen in den Weg gestellt haben und die Einzelprüfung für jeden in Rede stehenden Baum forderten – eine Vorgehensweise, die man bei einer verantwortungsvollen Herangehensweise an die notwendigen Sanierungsarbeiten auch von den Verantwortlichen hätte erwarten können.

[Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und den Grünen]

Inzwischen haben verschiedene offizielle Gespräche in verschiedenen Ämtern und vor Ort mit den Anwohnern stattgefunden, und es gab Übereinkünfte über die kurzfristige Durchführung von Baumbegutachtungen und über Termine. Es wurde immer ein Termin 10. Juli genannt. Diese Einzelfallprüfungen haben in diesen Tagen stattgefunden, und so wurden aus den 200 zwischenzeitlich 41 und am Ende 6. Warum mussten nun heute ausgerechnet noch 21 Bäume gefällt werden? Das ist ein erheblicher Vertrauensbruch gegenüber der Anwohnerinitiative und gegenüber den sonstigen Mitstreitern und grenzt an Willkür eines Bundesamts.

[Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und den Grünen]

Bei nur sechs Bäumen hätte man ein gutes Ergebnis erzielen können – für die Anwohner, für die Natur, aber auch für Berlin und seine Touristen, die gerade, wie vorhin schon mitgeteilt, diese Rundfahrten der Berliner Reedereien in diesem Wasserstraßenbereich besonders attraktiv finden. Hier muss hinterfragt werden: Wie ist es möglich, dass scheinbar am Land Berlin vorbei Entscheidungen solchen Ausmaßes geplant wurden und durchgeführt werden sollten?

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Eine Gefahrenabwehr für die Verkehrssicherheit auf diesen Wasserstraßen ohne Blick nach links und rechts ins Unterholz oder in die Baumkronen, ohne wirkliche Ursachenermittlung – die Schifffahrt spielt ja auch eine Rolle –, wird für dieses Vorgehen missbraucht. Geprüft werden muss, welche Regelungen nicht eingehalten wurden und welche Regelungen zur Erreichung notwendiger umweltbezogener Ziele auch bei der Gestaltung und

weltbezogener Ziele auch bei der Gestaltung und Pflege von Gewässerrandstreifen dringend überarbeitungsbedürftig sind.

Eine Rechtsgrundlage ist das Bundeswasserstraßengesetz. Darin heißt es u. a. zur Unterhaltung in § 8 Absatz 1:

Die Unterhaltung der Binnenwasserstraßen umfasst die Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustands für den Wasserabfluss und die Erhaltung der Schiffbarkeit. Bei der Unterhaltung ist den Belangen des Naturhaushalts Rechnung zu tragen; Bild- und Erholungswert der Gewässerlandschaft sind zu berücksichtigen. Die natürlichen Lebensgrundlagen sind zu bewahren.

Da spielt dann auch der Habicht eine Rolle.

Warum hat die sogenannte Benehmensherstellung gemäß § 6 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht gegriffen? In Übersetzung heißt es, dass bei geplanten Maßnahmen an Uferbäumen die Gewässerbehörde die Meinung der zuständigen Naturschutzbehörden einzuholen und in ihren Entscheidungen einzubeziehen hat. Welchen Stellenwert besitzt bei diesen aktuellen Beispielen noch der Unterhaltungsplan zum Landwehrkanal von 2002 für das Bundeswasser- und Schifffahrtsamt Berlin? Und welche Rolle spielt der Denkmalschutz? Warum klappt im Vorfeld der Maßnahmen die Beteiligung der Öffentlichkeit nicht? Die Beteiligung der Anwohner, der Naturschutzbehörden und auch derjenigen, die dort ihren Lebensunterhalt verdienen? Warum werden dann, wenn schon Verabredungen getroffen werden, diese auch noch gebrochen?

Wir werden uns damit noch im Ausschuss beschäftigen, es ist offensichtlich überwiesen.

Wichtig ist, dass für das gesamte Wasserstraßennetz Klarheit geschaffen wird, wie es auch der Antrag fordert. Das Schreiben an Minister Tiefensee vom Montag ist von allen Fraktionen in großer Einigkeit beschlossen worden.

Frau Platta! Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Die Linke will das Wasser- und Schifffahrtsamt nicht stoppen, sondern dafür sorgen, dass es seinen Unterhaltungsauftrag in allen Facetten ernst nimmt. Die Linke setzt sich für eine Beteiligung der Betroffenen und nicht nur für deren Information ein. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun der Abgeordnete von Lüdeke. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sehen gerade, dass die Grünen die Blätter von einem gefällten Baum verteilen. Nach meinen botanischen Kenntnissen ist es wahrscheinlich eine von Miniermotten befallene Kastanie.

[Heiterkeit – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Stimmt! Ist auch so!]

Was den Landwehrkanal betrifft, haben wir sowieso schon einen tiefen Graben gesehen, der sich zwischen Schwarz und Grün aufgetan hat.

Worum geht es? – Wir bekommen die Gutachterdiskussion, aber die brauchen wir eigentlich auch nicht. Zurzeit sind genügend Gutachter mit diesem Thema befasst. Fest steht aber, dass am Landwehrkanal die Uferbefestigungen marode sind.

[Unruhe – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Das ist ein Zirkus! – Weitere Zurufe]

Könnten Sie vielleicht – – Ich würde gern weiterreden, wenn das möglich wäre.

Lassen Sie sich nicht beirren, Herr von Lüdeke!

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Nein, nein! Aber ein bisschen Konzentration sollte schon sein. – Am Landwehrkanal sind die Uferbefestigungen marode. Das ist offenbar, wie wir auch von meinen Vorrednern gehört haben, keine völlig überraschende Feststellung. Es ist auch normal bei einem 120 Jahre alten Kanal, der die gesamte Zeit über betrieben worden ist, dass er dann mal marode ist. Zuständig ist das Wasser- und Schifffahrtsamt – eine Behörde mit einigen Tausend Mitarbeitern. Man fragt sich, was die dort eigentlich so machen. Meine Fraktion hätte erwartet – und deshalb stimme ich meinen Vorrednern weitestgehend zu –, dass sich der Leiter dieser Behörde dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr am letzten Montag zur Verfügung stellt und ihm Rede und Antwort steht.

[Beifall bei der FDP und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das ist kein guter Stil. Niemand aus diesem Amt ist der Einladung gefolgt. Wir hätten einige Fragen gehabt. Wir hätten u. a. gern eine Antwort auf die Frage bekommen, seit wann das Wasser- und Schifffahrtsamt diese Situation am Landwehrkanal kennt. Denn so völlig unerwartet kann das nicht gekommen sein. Warum wurde nicht frühzeiti

ger etwas für die Uferbefestigung getan? Auf welcher Grundlage wollte man zur Gefahrenabwehr eine größere Anzahl von offenbar gesunden Bäumen fällen?

[Zurufe]

Obwohl ich persönlich keine kenne. Herr Zackenfels! Sie haben ja nähere Kenntnisse über die Bäume. –

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Welche Maßnahmen – unabhängig von den Baumfällaktionen – sind für die Uferbefestigung vorgesehen? Ab wann kann mit dem Beginn dieser Befestigungsmaßnahmen gerechnet werden?

Die Behörde hat sich einer Stellungnahme verweigert. Das hat nicht gerade zur Verbesserung der Situation beigetragen. Sie haben einen Termin beim Bezirk vorgeschoben. Das ist interessant: Sie können den Ausschuss des Abgeordnetenhauses nicht besuchen, weil sie beim Bezirk sind. Irgendwie sind die Bezirke offenbar besser am Thema dran gewesen als das Abgeordnetenhaus.

Die Emotionen wurden damit aber weiter geschürt. Diese Emotionen hatten sich schon vorher aufgeschaukelt: Baumschützer ketteten sich an Bäume und versuchten, die Idylle des Uferstreifens zu verteidigen. Im Gegenzug sperrte das Wasser- und Schifffahrtsamt zur Gefahrenabwehr den Landwehrkanal. Diese Maßnahme war nicht gerade friedenstiftend, denn in der Folge traten die von der Sperrung betroffenen Reedereien auf den Plan. Hierbei stehen Existenzen und letztlich auch Arbeitsplätze auf dem Spiel. 15 000 € an Fahrgasteinnahmen fehlen täglich. 500 Arbeitsplätze sind gefährdet. Meine Fraktion hätte erwartet, dass sich der Wirtschaftssenator auch in diese Diskussion einmischt. Leider ist das nicht geschehen.

[Beifall bei der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Soll der Wirtschaftssenator mit dem Dampfer fahren?]

Nun ist meine Fraktion nicht unbedingt dafür bekannt, dass sie sich mit Baumschützern solidarisiert, die sich an Bäume ketten, um die Fällungen zu verhindern. Aber ich sage ausdrücklich: Die Baumschützer verbuchten Erfolge. Die Anzahl der gesunden Bäume, für die die Notwendigkeit einer Fällung besteht, wurde merkwürdigerweise täglich kleiner. Ob es nun 21 Bäume sind, oder wie viele es nun sein müssen, das sei mal nicht näher betrachtet. „Wat mut, dat mut!“, sagt man so schön.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Na klar, die Säge muss her!]

Aber es ist schon ein spektakulärer Unterschied zwischen der anfangs genannten Anzahl von Bäumen, die gefällt werden sollte, und der Anzahl, die nun gefällt wird. Offenbar war eine Einigung möglich, die den betroffenen Anwohnern und den Touristen der Fahrgastschiffe den Anblick der baumbestandenen Wasserstraße erhält.

Die Passagiere der Fahrgastschiffe kommen aus gutem Grund zu diesen Fahrten. Nach Angaben der betroffenen Reedereien sind es ca. eine Million Passagiere pro Jahr.

Der Landwehrkanal ist demnach ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Berlin, der selbstverständlich auch für diesen Zweck erhalten werden muss.

[Beifall bei der FDP – Heidi Kosche (Grüne): Er ist auch Lebensraum!]

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen!

Ich komme zum Schluss, bitte aber um etwas Nachsicht, denn ich wurde länger aufgehalten. – Von einer zukünftig betonierten öden Wasserstraße, wie wir im Ausschuss gehört haben, kann also kaum die Rede sein. Fraglich bleibt, was die Sanierung kostet – in Rede steht ein Betrag von ca. 100 Millionen € –, wann die Sanierung in Angriff genommen wird, ob künftig weitere Fällaktionen ausbleiben und wie die betroffenen Reedereien für Behördenversagen – ich gebrauche ausdrücklich diesen Begriff, und dieser Vorwurf war heute nicht nur von mir zu hören – entschädigt werden.

Es bleibt festzustellen: Weder das Wasser- und Schifffahrtsamt noch der Senat oder der Bezirk haben ein besonders gutes Handling an den Tag gelegt. Kettensägen ersetzen keine Argumente – auch für die FDP nicht.

Das muss der letzte Satz gewesen sein, Herr Kollege! Wir waren schon sehr großzügig.