Protocol of the Session on July 5, 2007

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Frau Schillhaneck! Es mag sein, dass Sie meinen, man müsse dies in allen Umsetzungsschritten erst im Parlament diskutieren. Ich werde das nicht tun, denn ich meine es ernst damit, dass ich aus Betroffenen Beteiligte machen will. Wenn ich die Einzelheiten mit den Hochschulpräsidenten bespreche, werden ein besserer Plan und eine bessere Umsetzung entstehen, als wenn ich den Weg alleine gehe oder mit dem Parlament. Ich will, dass der Sachverstand einfließen kann.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Mit diesen Vorschlägen schaffen wir ein Fundament, um im zweiten Teil unseres Masterplans erfolgreich zu sein. Wir werden die Rahmenbedingungen für internationale Spitzenforschung auf höchstem Niveau in Berlin schaffen. Ich habe vorgeschlagen, dass wir die Kofinanzierung der Exzellenzinitiativanträge übernehmen. Wir müssen aber auch sinnvolle Anträge, die möglicherweise abgelehnt wurden, weiterfördern. Wir sollten Arbeitsgruppen Vorlauffinanzierungen anbieten, die noch keine DFGSonderforschungsbereiche u. Ä. haben. Wir sollten kostenintensive Berufungen und Anschlussfinanzierungen für Stiftungsprofessuren ermöglichen. Das sind nur wenige Beispiele.

Zum Schluss noch zu dem Aspekt des Masterplans, der in den vergangenen Tagen am intensivsten in der Öffent

lichkeit und den Hochschulen diskutiert wurde: Ich bin der festen Überzeugung, dass wir eine gemeinsame, international identifizierbare, aber auch handlungsfähige Struktur für die absoluten Exzellenzfelder aller Berliner Wissenschaftseinrichtungen brauchen, denn nur so kann sich Berlin mit einem Schlag zum wichtigsten Wissenschaftsstandort Deutschlands entwickeln, der mit den zehn internationalen Top-Universitäten konkurrenzfähig wäre. Herr Czaja, Sie haben mir den Beweis geliefert: Wenn Sie die Exzellenz der FU, der HU, der TU, der Leibniz-Institute, der Fraunhofer-Institute und der Helmholtz-Einrichtungen, die wir haben, in einem Paket zusammenfassen und international ranken würden, dann wären wir dort, wo wir hinkommen wollen und müssen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich sage es ganz deutlich: Es wird nur gelingen, wenn wir gemeinsam mit den Universitäten und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen, aufbauend auf den Ergebnissen der Exzellenzinitiative, am Jahresende einen Vorschlag unterbreiten. Dieses muss eine gemeinsame Gestaltungsaufgabe des Landes und der Universitäten sein. Ich werde es ergebnisoffen in dem von mir genannten Ziel, das wir erreichen müssen, betreiben und es nicht durch Vorfestlegungen gefährden.

Es gibt allerdings Eckpunkte. Dies sind in diesem Zusammenhang das Alleinstellungsmerkmal der Universitäten als Promotionsrecht und das der außeruniversitären Forschungseinrichtungen und der besonderen Forschungsbedingungen. Diese dürfen nicht zur Diskussion stehen. Selbstverständlich – ich halte an dieser Stelle die Wiederholung für notwendig – ist, dass weder die Herauslösung aus Universitäten noch aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen Ziel sein kann, weil letztlich das Ganze mehr sein muss als die Summe beider Teile und die Profilbildung sowohl der Universitäten als auch gesamten Berliner Forschungslandschaft.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Es wird darauf ankommen, eine Organisationsform zu finden, in der die exzellenten Bereiche für die Profilbildung der beteiligten Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen erhalten bleiben, sie gleichzeitig jedoch als Gesamtheit identifizierbar und handlungsfähig ist, was dazu führen würde, dass wir in Berlin den Platz einnehmen können, der hier substanziell vorhanden ist. Es gibt so etwas noch nicht in Deutschland. Ich verstehe nicht, warum nicht gerade in der Wissenschaft, wenn sich die Wissenschaft mit ihrer eigenen Organisationsform beschäftigt, einmal das Neue gedacht wird, wenn man einen Qualitätssprung erreichen will.

Wir werden an eigenen zusätzlichen Mitteln – nichts Anderes ist hier in der Öffentlichkeit gesagt worden – 185 Millionen € bis Ende der Legislaturperiode in die Hand nehmen, um dieses Programm zu realisieren. Ich versuche die Runde zu Ihren einführenden, begründenden Worten zu finden, Frau Schillhaneck. Sie werden vier Jahre lang nur Freude haben, 185 Millionen mal bis zum

Ende der Legislaturperiode, 45 Millionen mal Freude pro Jahr, 150 000 mal Freude pro Tag haben. Sie werden sich 10 000 mal in Ihrem bewussten Dasein pro Stunde in Zukunft freuen dürfen. – Ich bedanke mich.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Senator! – Das Wort für die SPDFraktion hat jetzt Frau Dr. Tesch, und zwar zwei Minuten lang.

Danke schön! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich durfte keine Zwischenfrage stellen, Herr Mutlu. Sie beklagen hier immer den Unterrichtsausfall an Berliner Schulen und malen ein Szenario an die Wand, wie schrecklich das alles sei. Sie ziehen sogar fachfremd erteilten Unterricht mit ein. Ich habe schon immer gesagt, dass man damit guten Unterricht geben kann, auch wenn er nicht immer in dem Fach erfolgt. Die wirkliche Ausfallquote liegt in Berlin unter 3 Prozent. Damit sind wir besser als viele andere Bundesländer.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Nun werden wir diese Zahl noch einmal minimieren. Herr Zöllner hat es auch schon gesagt. Man kann es Ihnen immer vorbeten, vielleicht sollte man Ihretwegen doch noch einmal die Vergleichsarbeiten in der 4. Klasse schreiben und sie in Mathematik mitschreiben lassen, damit sie 100 und 3 und 4 zusammenzählen können.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Unruhe bei den Grünen]

Wir haben erst mal die Dauerkranken herausgerechnet und haben zusätzliche drei Prozent dazu gegeben. Zum nächsten Schuljahr werden 450 neue Lehrer eingestellt.

Es wird auch noch viel mehr gemacht, was noch gar nicht zur Sprache kam. Die Lehrmittel werden aufgestockt, anderes pädagogisches Personal wird an Schulen eingestellt. Die Sozialarbeiter kommen an jede Schule und weiteres mehr.

Ferner kann ich nur meinen Kollegen Herrn Zillich unterstützen. Wir werden in der Koalition noch eine Lösung finden, um die im Augenblick noch unzureichende Beschlusslage des Essens der Kinder an den Grundschulen zu beseitigen. Die Ungerechtigkeit muss endlich abgeschafft werden. Das ist ein noch ein Desiderat der Koalition.

Letztlich möchte ich noch ein Wort zu dieser Beschlussempfehlung sagen, die hier hinuntergefallen ist. Es geht um die Qualität der sonderpädagogischen Lehrerbildung, die jetzt zusammen mit der Großen Anfrage behandelt werden soll. Es ist ein Prüfauftrag der Koalition zu untersuchen, ob es nicht möglich ist, den Masterstudiengang

für künftige Sonderpädagogen auf drei Semester anzuheben. Das liegt uns am Herzen.

Ihre Zeit ist abgelaufen.

Deswegen bitte ich Sie, dieser Beschlussempfehlung so, wie sie vor Ihnen liegt, zuzustimmen. – Ich danke Ihnen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Nicolas Zimmer. – Herr Kollege, vier Minuten stehen Ihnen zur Verfügung.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich fange einmal mit dem Letzten an. Frau Kollegin Tesch! – Das Anliegen, dass die sonderschulpädagogische Ausbildung an den Universitäten in einem vernünftigen Rahmen und nicht in einem Minimalmaß von zwei Semestern stattfindet, ist wahrlich nicht auf dem Mist der Koalition gewachsen. Das ist aufgrund der Opposition Gegenstand der Beratung geworden.

[Beifall bei der CDU und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Nun ist Erkenntnisgewinn nicht verboten. Das war übrigens ein Kompromiss. Wir sind eigentlich der Auffassung gewesen, dass vier Semester richtig gewesen wären. Nun gibt es KMK-Beschlusslagen, die es offensichtlich ermöglichen, einen Zwischenweg zu gehen. Man muss abwarten, ob sich dies als praktikabel erweist. Das weiß ich heute auch noch nicht.

Da ich aber nicht für die Schulpolitik in meiner Fraktion verantwortlich bin, will ich mich nun der Wissenschaftspolitik zuwenden. Natürlich ist es so, Herr Prof. Zöllner, dass sich niemand, der sich um die Hochschulen in dieser Stadt sorgt, etwas dagegen hat, wenn es dort mehr Geld gibt. Deswegen gab es auch keine große Kritik daran. Was man aber schon kritisieren muss, ist der selbstgerechte Tonfall, in dem das vorgetragen wird. Lieber Herr Zöllner, es ist doch Ihre Koalition gewesen, die den Hochschulen in der letzten Legislaturperiode das Geld weggekürzt hat. Es ist doch nur ein Bruchteil, der jetzt zurückgelangt.

[Beifall bei der CDU und den Grünen]

Hätten wir von Anfang an eine vernünftige Hochschulpolitik gehabt, die auch die Universitäten und Hochschulen sowie die außeruniversitären Forschungseinrichtungen als das begreift, was sie sind: Ein Pfund, mit dem Berlin wuchern kann, möglicherweise sogar die Zukunftschance in unserer Stadt, wäre uns an dieser Stelle viel Leid erspart

geblieben. Eines muss man auch sagen: Es klingt jetzt alles so gut. Sie haben uns trotz allem im Detail nicht verraten, was Sie wirklich vorhaben.

Ich habe einen Verdacht. Es ist mit Sicherheit nicht so, dass die Hochschulen das Geld zur Verfügung gestellt bekommen, um damit selbständig Schwerpunkte zu setzen. Was Sie wollen, ist, an den Hochschulverträgen vorbei eigene Einflussmöglichkeiten zu schaffen, eigene Schwerpunkte zu setzen und damit das, was Sie unter Hochschulautonomie verstehen – jedenfalls in dem Bereich, da nicken Sie fröhlich und freuen sich auch darüber –, mit dem Spielgeld, das Ihnen Herr Sarrazin zur Verfügung gestellt hat, zu umgehen. Das halte ich nicht für richtig, Herr Senator Zöllner.

[Beifall bei der CDU – Beifall der Frau Abg. Schillhaneck (Grüne)]

Wer es mit der Hochschulautonomie ernst meint, muss den Hochschulen auch die Möglichkeit geben, diese auszuüben. Das betrifft zum einen das Geld – nun komme ich zu dem mindestens genauso relevanten Punkt –, aber auch die Struktur. Nun haben Sie gesagt, Sie wollten mit den Präsidenten darüber reden, wie es eigentlich im Kern aussehen soll. Das von Ihnen vorgesehene Konstrukt soll aber eigene Handlungsfähigkeit besitzen. Handlungsfähig ist etwas, das Organe hat. Also scheint es doch so zu sein, dass wir nicht darüber reden, nur irgendwo einen freundlichen Zusammenschluss von einzelnen Hochschullehrern zu haben, sondern davon reden, eine eigene Institution mit einem wie auch immer gearteten Lenkungsgremium mit eigenen Entscheidungsbefugnissen, möglicherweise mit einer eigenen Personalhoheit, zu bekommen. Wie weit soll das gehen? Ich glaube schon, dass es darauf hinausläuft, dass wir einerseits so etwas wie eine Research University – es gibt neuerdings immer diese Anglizismen – bekommen – so ist es in der Hochschullandschaft schon bezeichnet worden–. Vielleicht ist es auch so, dass eine Art Sonderforschungsbereich mit unglaublich viel Geld und Sachverstand, aber mit unglaublich wenig Lehre ausgestattet ist. Hier sehe ich ein großes Problem. Es mag sein, dass exzellente Forschung in einem solchen Cluster noch etwas exzellenter wird. Die Lehre hat davon nichts. Unsere Studierenden, die wir so nötig brauchen, haben davon nichts. Das führt dazu, dass die Hochschulen in ihrem Rest eine Art Volkshochschule werden, die eine Art Basisausstattung sicherstellen sollen. Es ist schon witzig, so etwas von einem Sozialdemokraten zu hören. Was Sie vorhaben, ist im Kern eine Art Hochschuldarwinismus.

Diejenigen, die die Forschung machen und das Geld heranholen, haben die Chance, sich zu profilieren, aber diejenigen, die in den Hochschulen etwas lernen wollen, sind möglicherweise die, die „in die Röhre schauen“.

Vom Grundsatz her finde ich es erfreulich, dass wir einen Masterplan haben, aber die Zielrichtung, die Sie damit verfolgen, lieber Herr Zöllner, wird nicht dazu führen, dass wir in unserer Stadt bessere Universitäten bekommen. Wir werden einen exklusiven Zirkel bekommen, der gut ausgestattet ist.

Ich habe sehr wohl Ihre Worte vernommen – und auch die von der Kollegin Koch-Unterseher –, dass wir mehr Studierende in der Stadt haben wollen und damit auch mehr ausfinanzierte Hochschulplätze, und zwar vielleicht nicht nur im Rahmen des Hochschulpaktes. Dass Sie dieses Ziel insgesamt als richtig erkennen, freut mich sehr. In den vergangenen Jahren hat man in dieser Hinsicht bei Herrn Flierl gegen Wände geredet – wohl eher gegen Gummiwände. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU]

Das Wort für die FDP-Fraktion hat jetzt Frau Senftleben – Sie haben auch nur vier Minuten Zeit, Frau Senftleben!

Herr Präsident! Meine Herren, meine Damen! Sehr geehrter Herr Senator Zöllner! Ebenso wie mein Kollege Czaja begrüßen wir selbstredend die Aufstockung des Budgets für Hochschulen, Wissenschaft und Forschung. Eines sagt mir das klar: In der letzten Legislaturperiode wurde Raubbau getrieben, gerade mit diesen hochschulischen Einrichtungen. Jetzt geben Sie es wenigstens zu – das an die Adresse des Regierenden Bürgermeisters –, wenn ich mich noch an die Debatte über die Kürzungen im Hochschuletat erinnere.

Aber lassen Sie uns über die Vernachlässigung der Bildungseinrichtungen sprechen – sprich: Schule, Kita –, und zwar über Vernachlässigung, wie ich sie durchaus wörtlich meine. Wir wissen: Fördern wir ein Kind nicht von Anfang an, verkümmert es geistig. Es wird die vorhandenen Potenziale nicht ausreichend entfalten können, das ist inzwischen auch bis hierher durchgedrungen. Genau das lassen Sie zu, Herr Zöllner, denn auch Sie wissen: In diesem Jahr hat wieder ein Viertel der I-Dötzchen keine ausreichenden Sprachkenntnisse, wenn sie eingeschult werden. Das sind 6 000 Schüler und Schülerinnen, das sind 300 Klassen à 20 Schüler. Die deutsche Sprache – und das finde nicht nur ich – ist aber die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Bildungskarriere – oder etwa nicht, Herr Senator? Obwohl Sie, obwohl wir alle diese Zahlen schon seit längerer Zeit kennen, hat sich nichts geändert.

[Christoph Meyer (FDP): Pfui!]

Wir brauchen mehr Verbindlichkeit im vorschulischen Bereich, wir brauchen eine Startklasse. Aber das kostet Geld, und das wird anders ausgegeben, zum Beispiel für das Projekt Einheitsschule.

Dieses ist der erste Skandal, doch der zweite folgt sogleich – die Misere der Hauptschule. Sie ist hausgemacht, das müssen Sie sich hinter die Ohren schreiben. Jahrelang wurde weggeschaut. Es wurde hingenommen, dass Jugendlichen die elementaren Bildungsanforderungen nicht beigebracht wurden – sprich: kein Rechnen,

kein Schreiben; sie können zu wenig lesen, und Deutschsprechen ist auch ein Problem. Jetzt zeigt sich das ganze Desaster. Der Beruf vieler Hauptschüler ist heute – Hartz IV. Was machen Sie? – Nichts! Natürlich, hier gibt es reichlich Vorschläge – sie wurden auch im Abgeordnetenhaus gemacht –, zum Beispiel die Einführung von Ganztagsschulen. Aber das kostet Geld, und das wird anders ausgegeben, zum Beispiel für das Projekt Einheitsschule.

Der dritte Skandal: die Gängelung der Verwaltung. Einen ersten Schritt haben Sie gemacht, Herr Senator. Und jetzt wundere ich mich doch ein bisschen: Es wird eine Kommission zur Umsetzung dieser Beschlüsse eingesetzt. Da hätte ich Ihnen mehr Autorität zugetraut, dass Sie das, was diese Kommission Ihnen vorschlägt, auch selbst umsetzen.

Sie kratzen an der Oberfläche, mehr ist es nicht. Ein Beispiel ist die Nürtingen-Schule. Da gibt es ein Profil – Montessori. Was wird gemacht? – Es werden Oberschullehrer hingeschickt, die von dieser Pädagogik null Ahnung haben. Das Schärfste ist, dass dann gesagt wird: Dieses Profil passt uns nicht so richtig, wir werden diese Schule als Schule mit besonderer Prägung nicht anerkennen. – So viel zum Thema Eigenverantwortung, zum Thema Profilbildung. Hierzu passt eigentlich nur der eine Begriff: Gängelung.