Vielen Dank, Herr Abgeordneter Luchterhand! – Für die Linksfraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Breitenbach das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der FDP! Sie wollen mit Ihrem Antrag die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen. Dieses Anliegen unter
In den Jobcentern brauchen wir nicht die von Ihnen geforderten Anlaufstellen für die Altersgruppe unter 25 Jahren, denn es handelt sich dabei nicht um eine homogene Gruppe. Vielmehr gibt es hier Männer und Frauen unterschiedlicher Herkunft und mit unterschiedlichen Interessen – die einen suchen einen Ausbildungsplatz, die anderen haben ihre Ausbildung gerade beendet und suchen einen Arbeitsplatz. Anstelle eines einheitlichen Betreuungskonzeptes – was immer Sie damit auch meinen –, brauchen diese Menschen individuelle Beratung und Betreuung. Das schließt individuelle Vermittlungshemmnisse mit ein. Ein solcher Rechtsanspruch – Frau Grosse hat es bereits gesagt – besteht schon längst. Damit er endlich umgesetzt werden kann, muss die Regionaldirektion dafür sorgen, dass es ausreichendes und qualifiziertes Personal in den Jobcentern gibt. Das, Herr Lehmann, haben Sie auch gesagt, es steht aber nicht in Ihrem Antrag. Dieses Personal ist die Voraussetzung dafür, dass der vorgegebene Betreuungsschlüssel eingehalten werden kann und dass die Eingliederungsvereinbarungen auf seriöse Art und Weise abgeschlossen werden können. Dazu gehört auch, Herr Lehmann, dass Menschen mit Suchtproblemen oder Schulden an eine Beratungsstelle vermittelt werden, wie es das Gesetz auch jetzt bereits vorsieht.
Meine Damen und Herren von der FDP! Wir haben Ihnen mehrere Anträge vorgelegt, die die Beratung und Betreuung in den Jobcentern verbessern sollen. Denen hätten Sie vielleicht einfach mal zustimmen sollen.
Was wir weiterhin brauchen, sind unterschiedliche Maßnahmen zur beruflichen Bildung, die die unterschiedlichen Zielgruppen berücksichtigen. Was wir vor allem brauchen, sind betriebliche Ausbildungsplätze. Appelle an die Wirtschaft haben zwar zur Verbesserung der Ausbildungsplatzsituation beigetragen, aber nach wie vor – das wissen wir alle – gibt es bundesweit kein ausreichendes Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen. Deshalb brauchen wir endlich eine Bundesregierung, die den Mut hat, eine Ausbildungsplatzumlage einzuführen, denn nur damit wird man allen Jugendlichen eine berufliche Perspektive bieten können.
Schönen Dank, Frau Breitenbach! Stimmen Sie mir zu, dass wir die Anträge teilweise noch gar nicht im Ausschuss besprochen haben und die FDP-Fraktion einigen Ihrer Anträge zugestimmt hat?
Meiner Ansicht nach haben wir alle unsere Anträge besprochen, und ich stimme Ihnen zu, dass die FDPFraktion in Person von Herrn Lehmann im Ausschuss dem einen oder anderen Antrag zugestimmt hat, aber nicht allen Anträgen.
Nein, Herr Lindner, das brauchen wir nicht, zumindest nicht Jugendlichen gegenüber. Hausbesuche und Leistungskürzungen tragen nämlich überhaupt nicht dazu bei, die Motivation von irgendjemanden zu steigern.
Herr Lindner! Wenn Druck bei Ihnen die Motivation steigert, dann ist das möglicherweise Ihr Problem. – Wir werden in Berlin die bisherigen Programme zur beruflichen Bildung fortführen, und zwar auf dem gleichen Niveau und auch wenn sich die Bundesregierung – wie beispielsweise bei dem Ausbildungsprogramm Ost – aus der Finanzierung zurückzieht. Wir werden auch weiterhin die Schaffung von betrieblichen Ausbildungsplätzen fördern und alle berufsvorbereitenden Maßnahmen halten und weiterentwickeln, um damit möglichst vielen jungen Menschen in Berlin eine berufliche Perspektive zu bieten. Meine Damen und Herren von der FDP! Ihr Antrag hat dazu überhaupt nichts beizutragen, und deshalb werden wir ihm nicht zustimmen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Breitenbach! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Abgeordnete Herrmann das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Grosse! Jamaika ist vielleicht auch schön, aber zunächst einmal befinden wir uns in Berlin, und heute geht es um
rund 25 000 junge Menschen, die erwerbslos sind. Die Zahl ist in den letzten Monaten gesunken, mit einer Jugenderwerbslosenquote von 15 Prozent ist Berlin im bundesweiten Vergleich aber leider immer noch der unrühmliche Spitzenreiter. Dazu kommen noch mal so viele junge Menschen, die in Warteschleifen stecken.
Jeder junge erwerbslose Mensch in dieser Stadt ist einer zu viel. Denen klingt Ihr Jubeln, dass Sie die Jugendarbeitslosigkeit drastisch senken, wie blanker Hohn in den Ohren.
Es fehlt an Ausbildungsplätzen und Qualifizierungsangeboten mit der Folge, dass die Jugendlichen oft mit schulischen Warteschleifen, Trainingsmaßnahmen und Ein-Euro-Jobs abgespeist werden.
Besonders bedenklich ist die schlechte Abstimmung mit den Angeboten z. B. der Jugendberufshilfe, die Sie mit Ihrer Einsparwut leider abgewürgt haben. Besonders bedenklich ist ebenso, dass es bedauerlicherweise wenig zur Zusammenarbeit der betroffenen und beteiligten Behörden kommt.
Aber konkret zum Antrag der Fraktion der FDP! – Herr Lehmann! Auch wir haben einen Antrag im Verfahren. Stimmen Sie dem zu, dann können Sie nichts falsch machen!
Sie verkennen leider die Wirklichkeit in den Berliner Jobcentern. Den bereits angesprochenen rund 25 000 erwerbslosen jungen Menschen stehen gerade einmal 91 ausgebildete Fallmanagerinnen und -manager und 429 persönliche Ansprechpartnerinnen und -partner gegenüber. Von einer adäquaten Betreuung dieser Zielgruppe sind wir noch weit entfernt, ganz zu schweigen von einem flächendeckenden Fallmanagement, das eigentlich alle Jugendlichen erreichen müsste.
Bei dieser schlechten Personalsituation in den Jobcentern – hier unterscheiden wir uns tatsächlich – lehnen wir eine noch stärkere Sanktionierung, verbunden mit Leistungskürzungen, strikt ab.
Der Ansatz im Neuköllner Jobcenter ist richtig. Aber leider können wir auch anhand der reinen Zahlen zumindest bisher noch keinen überdurchschnittlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit erkennen. Die intensive Betreuung gilt zunächst in diesem Ansatz nur für neue Antragstellerinnen und Antragsteller. Die große Zielgruppe der sogenannten Altbewerberinnen und -bewerber bleibt außen vor. Vor dieser Zielgruppe kapitulieren viele Jobcenter,
aber nicht alle. Es gibt durchaus positive Beispiele, zum Beispiel das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg mit einem speziellen Programm für Punks.
Sie arbeiten im Tierheim oder in einer Siebdruckwerkstatt. Dort wird ihren persönlichen Bedürfnissen nachgekommen. So dürfen sie zum Beispiel ihre eigenen Hunde mitnehmen.
Dieser Ansatz ist nicht neu, Herr Lindner! Die Jugendhilfe verfährt schon seit langem nach solch einem Ansatz, dass man nämlich die Jugendlichen da abholen muss, wo sie sind. Die Angebote müssen möglichst niedrigschwellig sein. Wenn es dann letztlich nur entscheidend für den Erfolg ist, dass die Punks ihre Hunde mitnehmen dürfen, wenn sie so in Arbeit und Lohn kommen, dann ist das eine vernünftige Angelegenheit.
Aber wie nachhaltig der Neuköllner Ansatz ist, muss sich erst noch erweisen, denn unzählige Jugendliche landen zunächst nur in Ein-Euro-Jobs oder in Trainingsmaßnahmen. Das mag eventuell im Einzelfall noch vertretbar sein, aber nicht in der Masse. Was die meisten Jugendlichen benötigen, sind passgenaue Qualifizierungen und Ausbildungsangebote. Solange diese nicht gewährleistet werden können, führen Sanktionierungen ad absurdum. Damit würden die jungen Menschen nur weiter in die Schuldenfalle getrieben werden, weg vom Jobcenter und im schlimmsten Fall in die Illegalität. Das ist weder volkswirtschaftlich noch menschlich sinnvoll.
Unterm Strich bleibt zu bilanzieren: In jedem Einzelfall muss es ein qualifiziertes und individuelles Fallmanagement geben, insbesondere für Jugendliche mit Migrationshintergrund. Für die rund 25 000 Erwerbslosen unter 25 Jahren in Berlin dürfen MAE-Maßnahmen nur die Ausnahme sein. Sie brauchen in erster Linie Bildung, denn 70 Prozent aller Erwerbslosen unter 25 in Berlin verfügen über keine Schul- oder Berufsausbildung.
Ja, Frau Präsidentin! – Es gibt kleine und auch gute Ansätze und Maßnahmen. Aber angesichts der großen Zahl junger Erwerbsloser bleibt das der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Ein dringend notwendiges Programm zur Bekämpfung der Jugenderwerbslosigkeit bzw. ein Bildungskonzept, um diese in der Zukunft zu verhindern,