Aber ein bisschen mehr Rückenwind vom Senat wäre gut. Es wäre auch gut, wenn Sie versuchen würden, Berlin auch bundesweit so zu positionieren.
Kommen wir zum Thema Ansiedlungspolitik: Herr Wowereit, es ist wunderbar, was Sie machen. Sie dürfen gerne nach Namibia, Hollywood und zum CSD nach Zürich reisen, hier und dort eine Hand schütteln und sich mit diesem und jenem Schauspieler ablichten lassen. Aber warum nehmen Sie sich kein Beispiel an den Hamburgern, z. B. an Ole von Beust? Der geht nach Shanghai, nach Delhi, in die arabischen Länder und nach New York. Er geht dorthin, wo Geld und Investoren sind. Dahin müssen auch Sie reisen! Da müssen Sie etwas für unsere Stadt tun! Es reicht nicht, überall nur Hände zu schütteln und sich mit irgendwelchen Kindern ablichten zu lassen. Das bringt die Stadt nicht nach vorne.
China hat gerade einen Fonds aufgelegt. Es stehen 300 Milliarden € für Auslandsinvestitionen zur Verfügung. Habt ihr euch damit einmal beschäftigt? Seid ihr da einmal hingefahren? Habt ihr darüber geredet, was man damit machen könnte? Könnte man mit den Chinesen nicht darüber reden, dass sie BBI als Drehkreuz benutzen? – Ich würde über solche Sachen mit denen sprechen, die neues Geld in die Stadt bringen können. Ich glaube, wir haben enorme Chancen. Wir müssen die Konjunkturentwicklung nutzen und dürfen nicht in die Selbstgerechtigkeit und die Verhaltensmuster früherer Jahre zurückfallen.
Ein letztes Thema: Sie haben beim Bund eine riesige Wunschliste vorgelegt. Darin ist alles mögliche enthalten: innere Sicherheit, Opernstiftung, Kanzlerlinie, Berliner Schloss, Humboldt-Forum, Preußische Schlösser und Gärten. Diese Wunschliste haben Sie im letzten Herbst unterbreitet. Nichts davon wurde umgesetzt. Ich habe gestern an einem Gespräch über diese Fragen teilgenommen. Es hat sich gezeigt, dass nichts unter Dach und Fach ist. Machen Sie endlich Ihre Hausaufgaben in diesen wichtigen Bereichen, Herr Wowereit. Die Stadt braucht es dringend, dass Sie Ihre Prioritäten benennen und dann an den Dingen konkret arbeiten.
Wir wünschen uns ein weltoffenes, tolerantes, fröhliches Berlin, in dem die Menschen verschiedener Kulturen miteinander leben. Wir wünschen uns ein Berlin, in dem Lehrer keine Angst mehr vor ihren Schülern haben müssen. Wir wünschen uns ein Berlin, das nicht am Ende von PISA marschiert, sondern an der Spitze. Wir wünschen uns ein Berlin, in dem Kinder nicht verwahrlosen. Wir wünschen uns ein Berlin, in dem viel für die Arbeitslosen gemacht wird, und zwar nicht mit Beschäftigungsmaßnahmen, sondern mit wirklichen Jobs aus wirklichen Investitionen. Wir wünschen uns ein Berlin, in dem alte Menschen nicht einsam am Rande stehen und verarmen.
Wir wünschen uns ein solches Berlin, aber die Grundlage dafür ist, dass wir kraftvoll darauf setzen, wirtschaftlich wieder leistungsfähig zu werden. Ohne diese wirtschaftliche Basis können wir im sozialen und ökologischen Bereich wenig machen. Deswegen setzen wir Ihrem Motto „Arm, aber sexy!“ die Vision einer Hauptstadt der Chancen entgegen. Berlin hat diese Chancen. Wir müssen sie endlich gemeinsam ergreifen. – Herzlichen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Dr. Pflüger! – Das Wort für die SPD hat der Fraktionsvorsitzende. – Bitte, Herr Müller!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 406 Drucksachen und Beratungsgegenstände gab es in den letzten sechs Jahren im Parlament zum Thema Bankgesellschaft. 406 Mal haben wir uns mit dem Themenkomplex auseinandergesetzt. Das macht deutlich, wie sehr uns das Thema Bankgesellschaft bewegt hat. Offensichtlich gab es eine Ausnahme: Herr Pflüger, Sie haben heute über alles Mögliche geredet, aber nicht ernsthaft zum Thema Bankgesellschaft.
Wir wissen alle, dass wir in den letzten Jahren leider meist in negativen Zusammenhängen über die Bankgesellschaft sprechen mussten. Sie war und ist eine große Belastung für Berlin. Insofern bin ich besonders froh, dass wir heute im Zusammenhang mit der Bankgesellschaft über eine positive Entscheidung sprechen können. Das heißt für mich noch nicht, dass wir einen Schlussstrich unter das Kapitel setzen können, aber wir machen bei der Bewältigung der Bankenkrise einen Riesenschritt nach vorne. Dass wir diesen Schritt machen konnten, ist keine Selbstverständlichkeit. Es bedurfte etlicher Voraussetzungen, um das Privatisierungsverfahren jetzt so positiv abschließen zu können.
Die erste Voraussetzung war, dass wir uns der großen Verantwortung, die Bankgesellschaft wieder in ruhiges Fahrwasser zu bekommen, gestellt haben.
Das war eine Verantwortung, die wir übernommen haben, Herr Kollege Pflüger. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie viele in der Öffentlichkeit, aber auch im Parlament der Meinung waren: Lasst doch die Bankgesellschaft in die Insolvenz gehen. Wir schauen mal, was danach passiert, was von den Immobilienrisiken noch übrig ist, ob man mit dem dann kaputt gegangenen Konzern noch etwas erreichen kann, ob man Arbeitsplätze retten kann oder nicht. – Ich kann mich gut daran erinnern, wie die Opposition hier im Haus formale Klimmzüge gemacht hat, um bloß nicht Koalitionsanträgen zur Risikoabschirmung zustimmen zu müssen. Da wollte man sich dünne machen und nicht dabei sein, als es darum ging, Verantwortung zu übernehmen.
Es war ein schwieriger Weg. Ich sage das bewusst auch für die SPD-Fraktion. Es war praktisch die erste wichtige Entscheidung des neu gewählten Parlaments, der neu gewählten Abgeordneten. Es ging darum, zumindest theoretisch die Größenordnung von 21,6 Milliarden € abzuschirmen. Darüber haben wir entschieden, und wir haben es uns nicht einfach gemacht. Wir haben monatelang darüber diskutiert, Experten angehört, und wir sind damals zu einem Schluss gekommen, den wir noch heute für richtig halten. Es war der richtige Weg, auch wenn er schwierig war. Wir haben die Risikoabschirmung vorgenommen und haben so die Chance geschaffen, den Konzern zu erhalten, die Risiken in geordneten Verhältnissen zu minimieren, den Konzern zu sanieren und insbesondere die Arbeitsplätze zu erhalten. Damals ging es um 16 000 Arbeitsplätze, die nicht einfach den Bach hinuntergehen konnten, Herr Pflüger.
Wir haben damals nicht einfach jubelnd gesagt: Dann übernehmen wir eben die Risiken für den Haushalt. Vielmehr haben wir begleitend Beschlüsse gefasst, in denen es darum ging, die Begrenzung der Abschirmung auf die Garantien vorzunehmen, die rechtlich zwingend notwendig sind, die sogenannten Prominentenfonds auf Sittenwidrigkeit zu überprüfen, Auflagen zur Rekonstruierung und Umstrukturierung der Bankgesellschaft zu machen und mögliche Schadenersatzforderungen zu prüfen.
Selbstverständlich war das alles richtig und wichtig, und nur dieser Weg – Risikoabschirmung plus Begleitmaßnahmen – war dann die zweite Voraussetzung für das jetzige positive Ergebnisse, dass wir eine Sanierung umsetzen konnten. Vorstände und Aufsichtsräte sind komplett ausgewechselt worden. Beteiligungen der Bankgesellschaft im Ausland, aber auch in Berlin konnten schon vorher privatisiert werden. Die Weberbank, die Berliner Bank! Das war doch schon vor rund anderthalb Jahren wieder ein Bekenntnis der Deutschen Bank zu diesem Finanzplatz und zur Wirtschaftspolitik in Berlin, hier mit
einem dreistelligen Millionenergebnis einzusteigen und zu sagen: Wir übernehmen die Berliner Bank. – Das war nur möglich, weil es da schon die ersten Sanierungserfolge gegeben hat.
Wir konnten den Konzern entflechten – insbesondere die Immobilientöchter. Wir lassen uns vierteljährlich berichten, wie es mit der Risikominimierung im Immobilienbereich vorangeht. Und ganz wichtig – der Regierende Bürgermeister hat schon darauf hingewiesen –: Auch Konsolidierung innerhalb des Konzerns hat es gegeben – einen schmerzhaften Konsolidierungsweg. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben auf Gehalt verzichtet, Einschnitte hingenommen, solidarisch den Arbeitsplatzabbau begleitet und durch ihr tägliches Agieren in der Bank und am Schalter deutlich gemacht, dass man in diesen Konzern Vertrauen haben kann. Auch dafür bedanken wir uns ganz herzlich.
Die dritte, aus meiner Sicht wichtigste Voraussetzung für den positiven Abschluss war, dass wir 2003 das erste Privatisierungsverfahren abgebrochen haben. Damals hatte sich ein Privater gefunden, der rund 10 Millionen € für die Bankgesellschaft geben wollte, wobei alle Risiken aus der Abschirmung bei uns bleiben und wir auch noch neue Risiken abschirmen sollten. So lautete das damalige Angebot, und welche Aufregung hat es dann gegeben. Kollege Zimmer von der CDU-Fraktion hat damals gesagt:
Da muss ich schon sagen, dass ist doch der absolute Crashkurs. Das ist der Crashkurs des Senats mit der Bankgesellschaft. Ich weiß nur nicht, welches Ziel Sie verfolgen.
Das Einzige, was sich hier geändert hat, ist, dass Sie im Senat Ihre Unfähigkeit unter Beweis gestellt haben – die Unfähigkeit, dieses Angebot nicht anzunehmen.
Aber die Meldung von gestern: „Die Bank wird nicht verkauft. Die Absicht ist gescheitert.“, das ist ein Schock für diese Stadt.
Das hat der finanzpolitische Sprecher der GrünenFraktion damals gesagt. Ich bin froh, dass die Opposition weder damals noch heute am Privatisierungsverfahren beteiligt war bzw. ist.
[Lang anhaltender Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von der SPD: Jawohl! – Weitere Zurufe von der SPD]
Ich möchte eine vierte Voraussetzung nennen, und zwar das politische Aufarbeiten dieses Skandals. In der gesam
ten letzten Legislaturperiode hat uns die Arbeit des Untersuchungsausschusses mit begleitet. Unter Führung der SPD hat es dort ein schonungsloses Aufdecken der Machenschaften in der Bankgesellschaft gegeben.
Es hat auch ein juristisches Aufarbeiten gegeben, und beides war richtig und wichtig. Die politische und juristische Aufarbeitung war eine wichtige Leistung, die in diesem Zusammenhang zu erbringen war. Landowsky denkt doch heute noch, das seien politische Machenschaften gewesen und alles sei in Ordnung. Es musste deshalb einmal das bundesweit wichtige Signal gesetzt werden, dass sich Manager in Unternehmen nicht auf Kosten der Steuerzahler alles leisten können und dass es für ein solches Verhalten juristisch und politisch eine Ächtung gibt.
Nun liegt das Ergebnis – dieses positive Ergebnis – vor. Der DSGV übernimmt die Landesbank zu einem Preis von gut 5,3 Milliarden €. Aber mir ist in diesem Zusammenhang mindestens genauso wichtig wie dieser gute Verkaufspreis, dass auch die weiteren Anforderungen, die wir an die Privatisierung hatten, von diesem Käufer miterfüllt werden, nämlich dass die Bank hier am Standort erhalten bleibt, dass der öffentliche Auftrag erfüllt und das Konto für jedermann weiter zur Verfügung gestellt wird, dass das Filialnetz erhalten bleibt, dass wir immer noch rund 8 000 Arbeitsplätze im Konzern sichern können und dass – ich sage es so – das rote „S“ in Berlin erhalten bleibt. Das war wichtig. Dass wir die drei Säulen erhalten konnten – neben den privaten Banken und den Genossenschaftsbanken weiterhin die öffentlich-rechtlichen – und dass dieses Signal von Berlin ausgeht, finde ich richtig und wichtig, und das konnten wir mit dieser Privatisierung verbinden.
Diese Privatisierung ist gut für den Finanzplatz Berlin. Wie angekündigt wird der DSGV neue Aktivitäten von Berlin aus starten. Diese Entscheidung bedeutet auch weiterhin Sicherheit für immerhin 1,9 Millionen Sparkassenkunden in der Stadt. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: 1,9 Millionen Sparkassenkunden und viele Tausend kleine und mittlere Unternehmen, die Kunden der Landesbank, der Berliner Sparkasse, bleiben werden!
Ich sage aber auch ganz klar: Trotz dieses positiven Ergebnisses sind noch längst nicht alle Probleme erledigt. Herr Pflüger! Wenn man Sie so reden hört, dann zieht es einem fast die Schuhe aus.
Wie können Sie zu dem Ergebnis kommen – in Ihrer Pressemitteilung haben Sie das deutlich gesagt –: Jetzt müsse mal Schluss sein mit dem Horrorszenario Bankge
Denn trotz aller Dinge, die schon abgearbeitet wurden – trotz Fondsrückkauf, trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung, trotz Entwicklung der Immobilien, die man besser am Markt platzieren kann –, wird über die gesamte Strecke der Risikoabschirmung für Berlin eine Belastung von rund 4 Milliarden € übrigbleiben. Der Normalfall bei einer Privatisierung ist doch, dass man den Privatisierungserlös in den Haushalt bekommt, um entweder die Konsolidierung unterstützen zu können oder etwas im Sozialbereich, im Wissenschaftsbereich oder im Schulbereich zu machen. Wir müssen dieses Geld aber zur Abschirmung der Immobilienrisiken verwenden. Das ist der blanke Horror. Wenn nicht das, was dann, Herr Kollege Pflüger?