Protocol of the Session on April 26, 2007

[Beifall bei der FDP]

Deshalb ist Ihr Vorhaben von liberaler Seite zurückzuweisen. Dennoch stellen wir uns nicht gegen eine Hinterfragung Ihres arbeitmarktpolitischen Instruments. Sie dürfen sicher sein, dass wir das Konzept und insbesondere die Finanzierung des Beschäftigungssektors mit großem Interesse prüfen werden.

Um sicherzugehen, dass das Problem der Arbeitslosigkeit wirklich angegangen wird, bieten wir Liberalen den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt wirksame Instrumente: Wir brauchen eine dezentrale und über private Anbieter geregelte Arbeitsvermittlung. Dazu erhält jeder Arbeitslose Vermittlungsgutscheine, die für Langzeitarbeitslose höher ausfallen. Die Jobcenter müssen Anlaufstellen für die verschiedenen Belange der Bürgerinnen und Bürger sein. Sie müssen hier Bildungs-, Qualifizierungs- und Therapieangebote erhalten oder auch die Gelegenheit zur Schuldnerberatung haben. Zudem müssen Tarifrecht und die betriebliche Mitbestimmung dringend durch Öffnungsklauseln ergänzt werden.

[Beifall bei der FDP]

Herr Abgeordneter Lehmann, Ihre Redezeit ist zu Ende!

Ich komme zum Schluss: Einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor erteilen wir eine klare liberale Absage. Zum einen weil das ganze Konstrukt einem potjemkinschen Dorf gleicht, zum anderen weil Sie endlich Ihre Hausaufgaben machen und für Arbeitsplätze sorgen sollen, die auch wirklich welche sind. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lehmann! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, wir kommen zu den Abstimmungen.

Wer dem Antrag der Grünen Drucksache 16/0080 „Arbeit der Jobcenter transparent gestalten!“ zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der Grünen. Die Gegenprobe! – Das ist die Koalition. Enthaltungen? – Das sind CDU und FPD. – Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag der Grünen Drucksache 16/0193 „Ombudsstelle für Alg-II-Empfänger/-innen“. Wer dem Antrag zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen. Gegenprobe! – Das sind Koalition und FDP. Enthaltungen? – Das ist die CDU. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag von SPD und Linksfraktion Drucksache 16/0312 „Öffentlich geförderten Beschäfti

gungssektor umsetzen“. Wer für diesen Antrag stimmt, bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Koalition. Gegenprobe! – Das sind CDU und FDP. – Enthaltungen? – Das sind die Grünen. Damit ist dieser Antrag angenommen.

Wer dem Antrag von SPD und Linksfraktion Drucksache 16/0313 „Serviceleistungen der Jobcenter“ zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Koalition, CDU und FDP. Gegenprobe! – Keine. – Enthaltungen? – Das sind die Grünen. Damit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen zum Antrag der SPD und Linkspartei Drucksache 16/0314 „Personal und Qualifizierung in den Jobcentern“. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Damit ist dieser Antrag angenommen.

Zum Antrag der CDU auf Drucksache 16/0425 „Licht an im geplanten öffentlichen Beschäftigungssektor“ empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales sowie an den Hauptausschuss. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Ich rufe die Priorität der Fraktion der CDU auf:

Lfd. Nr. 4 d:

Schneller Baubeginn des Humboldt-Forums mit Berlin als mitfinanzierender und mitgestaltender Bauherr!

Antrag der CDU Drs 16/0417

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Die antragstellende Fraktion beginnt. Herr Braun hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst darum bitten, den Regierenden Bürgermeister und amtierenden Kultursenator zu zitieren, schließlich ist er am Montag an die Presse gegangen, und ich finde, er hat Anspruch darauf, dass wir die Debatte in seinem Beisein führen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Dann unterbrechen wir kurz die Sitzung.

Da ist der Regierende Bürgermeister aber bereits. – Herr Braun, Sie haben das Wort!

Herr Wowereit! Als Sie am Montag mit Herrn Tiefensee ein Konzept für den schnellen Wiederaufbau des Schlos

ses vorlegten, haben wir uns gefreut, ohne Wenn und Aber. Es war das erste Mal, dass Sie sich deutlich für das Schloss eingesetzt haben.

Bei genauem Hinsehen gab es jedoch Zweifel an der Konzeption. Irgendwie war alles mit der heißen Nadel gestrickt. Woraus ergeben sich eigentlich die Baukosten von 450 oder 480 Millionen €? Erst wurden die Baukosten mit 680 bzw. 750 Millionen € beziffert, dann wurden sie auf 480 Millionen € heruntergerechnet – mal mit Kuppel, mal ohne. Im Übrigen: Wer trägt eigentlich die zusätzlichen Betriebskosten, die der Stiftung Preußischer Kulturbesitz entstehen?

Zweitens: Geplant war das Humboldt-Forum als integratives Konzept, bestehend aus Museen, Bibliothek, Wissenschaft und Veranstaltung. Nun scheint es so zu sein, dass das Humboldt-Forum ein reiner Museumsstandort wird. Ob diese Reduktion des Schlosses auf den bloßen Neubau eines Völkerkundemuseums der Bedeutung des Humboldt-Forums gerecht wird, zumal erwartungsgemäß ethnologische Sammlungen keine Massen, sondern vor allem Spezialisten und Schulklassen anziehen, darf angezweifelt werden.

[Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit: Waren Sie schon mal in Paris?]

Drittens: Es fehlt jedes Nachnutzungskonzept für Dahlem. Das sage ich nicht als Zehlendorfer Abgeordneter. Der Standort kann nicht ohne Weiteres aufgegeben werden, u. a. deshalb, weil das Museum für Europäische Kulturen dort verbleibt. Nach Investitionen von ca. 50 Millionen € müssen noch 12 Millionen € für Notsanierungsmaßnahmen aufgebracht werden. Der Verkaufserlös des Dahlemer Grundstücks wird jedoch auf höchstens 15 Millionen € beziffert.

Ungeklärt ist auch die Zukunft wichtiger UNESCOWelterbestätten wie des Neuen Palais und anderer Schlösser. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten braucht in den nächsten 20 Jahren mindestens 730 Millionen € für die dringendsten Maßnahmen. Welche Priorität haben diese Hohenzollernbauten?

In diesem Zusammenhang steht eine Prioritätenliste aus, welche kulturellen Einrichtungen vorrangig saniert – ggf. vom Bund übernommen – werden müssen. Hierzu möchten wir wissen, welche Vor- und Nachrangigkeiten der Senat in seinen Verhandlungen mit dem Bund sieht.

Mit unserem Antrag erwarten wir eine Antwort, wie die Stadt Berlin die ihr zugedachte Nutzungsfläche von mittlerweile nur noch 4 750 Quadratmetern – ursprünglich war die Rede von ca. 12 000 Quadratmetern – vergeben will. Soll es an die Humboldt-Universität, die Landesbibliothek, die bisher einen fast doppelt so großen Bedarf angemeldet hat, oder gar an eine andere Berliner Einrichtung gehen?

Herr Wowereit! Mit Ihrem übereilten Vorpreschen haben Sie dem Schloss und der Idee des Humboldt-Forums ob

jektiv geschadet. Vor sechs Jahren haben Sie der Stadt einen Mentalitätswechsel versprochen. Tatsächlich jagen Sie nun bei dem neben dem Flughafen wichtigsten Projekt der Stadt ohne solides Nutzungs- und Finanzierungskonzept und offensichtlich unabgestimmt mit ihrem eigenen Koalitionspartner an die Öffentlichkeit. Wie hätten Sie reagiert, wenn ein Investor mit einem derart unausgegorenen Konzept zu Ihnen gekommen wäre und um Unterstützung gebeten hätte?

Damit keine Zweifel aufkommen: Die CDU – und zwar nicht nur die Berliner CDU, sondern auch Bundeskanzlerin Merkel und alle führenden Repräsentanten der Bundes-CDU – freut sich ausdrücklich darüber, dass die deutsche Hauptstadt mit dem Neubau des Stadtschlosses wieder zu ihrem historischen Stadtbild zurückgekehrt ist. Gemeinsam mit dem ehemaligen Zeughaus und der Oper Unter den Linden erhält sie ein monumentales Zentrum wieder, wie es nur wenige Hauptstädte besitzen. Aber alle erwarten zu Recht ein solides Finanzierungs- und Nutzungskonzept. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Braun! – Für die SPDFraktion hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Haußdörfer. – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Alexander von Humboldt sagte 1808:

Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Im Sinne dieser Anschauung und um sich um eine offene und tolerante Weltansicht und den gleichwertigen Austausch der Kulturen zu bemühen, wird das HumboldtForum gebaut. An dieser zentralen und historisch bedeutsamen Stelle ein internationales Forum der Wissenschaft, der Kunst, der Medien und des öffentlichen Diskurses zu bauen und für einen offenen Dialog der Weltkulturen zu stehen, ist von weitgehender und bedeutender Strahlkraft für Berlin und über Deutschland hinaus – gar von europäischer Bedeutung.

[Beifall bei der SPD]

In Symbiose mit dem Ensemble der Museumsinsel in Erinnerung an Wilhelm von Humboldt in seiner kulturwissenschaftlichen Bedeutung und Alexander von Humboldt als Mäzen der Wissenschaft, welche seine Ausprägung in der Präsentation des Humboldt-Forums finden wird, ist dies ein ausgewogenes und zu begrüßendes Nutzungskonzept.

Hier möchte ich ausdrücklich dem Regierenden Bürgermeister danken und zu der einvernehmlichen Aushand

lung der Konditionen für den Aufbau des Berliner Stadtschlosses gratulieren.

[Beifall bei der SPD – Alice Ströver (Grüne): Lesen Sie keine Zeitung?]

Denn nur durch die Eigenbeteiligung des Landes Berlin an den Baukosten bei gleichzeitigem eigenverantwortlichem Nutzungsrecht durch das Land Berlin in Höhe von 5 000 Quadratmetern ist eine schnelle und effiziente Bauphase möglich und kann dieses Forum schon 2013 seine Wirkung auf dem Berliner Schlossplatz entfalten.

Die architektonische Gestaltung des Berliner Schlossplatzes muss seiner besonderen historischen und städtebaulichen Bedeutung Rechnung tragen. Umso dankbarer bin ich, dass eine evtl. Nutzung durch private Investoren ausgeschlossen worden ist. Wir wollen kein Braunschweiger Stadtschloss. Wir wollen keinen Einkaufstempel mit einer Schlosshülle;