Protocol of the Session on June 8, 2006

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Herr Senator! Sie haben vorhin gesagt, es gebe Eltern in München, die dankbar wären, wenn sie ihre Kinder in Berlin einschulen könnten.

[Zuruf der Frau Abg. Jantzen (Grüne)]

Ich biete Ihnen eine Wette an, dass sie keine Eltern in München finden werden, die ihr Kind gerne in der Bögerschen Ganztagsschule einschulen wollten und deshalb nach Berlin kämen. Denn auf Masse zu setzen, Herr Senator, ist eben kein Erfolg. Was wir brauchen, ist mehr Qualität in der Bildung in Berlin.

[Beifall bei der CDU]

Der Bundesrechnungshof hat gerade die Art der Mittelverwendung des Ganztagsschulprogramms der Bundesregierung stark kritisiert. Es sei nicht klar gewesen, dass die Mittel nur für den Neubau oder Umbau von Schulgebäuden genutzt werden dürften, um sie ganztagstauglich zu machen. Stattdessen seien die Mittel auch zur Heizungs- und Dachsanierung an ganz anderen Stellen verbraucht worden. Es hätten klare Kriterien, aber auch eine Aufsicht darüber gefehlt. – Aus eigener Anschauung in Berlin wissen wir, dass dies den Tatsachen entspricht, aber wir wissen auch, was noch alles bei der Umsetzung des Programms gefehlt hat.

Dies widerspricht allerdings dem Subsidiaritätsprinzip des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Das ist hier ganz klar festgeschrieben. Wir haben besonders in Kreuzberg jahrzehntelang gute Schülerläden gehabt – der Senator hat es gerade zugegeben –, die mit großem Engagement der Eltern eine ganz großartige pädagogische Arbeit geleistet haben.

Viele Probleme werden sich mit der Zeit lösen. Darauf setzt der Senat offensichtlich. Herr Böger nickt. Aber es werden die Probleme bleiben, die Konstruktionsfehler sind. Dass die Eltern der 64 gebundenen Ganztagsschulen keine Kostenbeteiligung zahlen, aber die Eltern der 307 Ganztagsschulen schon, ist inhaltlich nicht zu begründen, zumal die offenen Ganztagsschulen einen schlechteren Standard haben als die gebundenen.

In Berlin wurden die Mittel dafür genutzt, um eine Mammutreform umzusetzen, die letztlich alle Grundschulen zu Ganztagsschulen besserer oder schlechterer Qualität gemacht hat. So gibt es nun gebundene Ganztagsgrundschulen im offenen Ganztagsbetrieb und die verlässliche Halbtagsgrundschule. Dafür wurden die bisher öffentlich oder frei betriebenen Horte an die Schulen verlagert und weitgehend verstaatlicht.

[Frau Dr. Hiller (Linkspartei.PDS): Pfui!]

Das Ziel des Senats war, vor allem Synergien oder Einsparungen durch diese Verlagerung zu erreichen. Anstelle der klaren und wichtigen Jugendhilfemaßstäbe für die Kinderbetreuung wurden nun neue Maßstäbe angelegt, die zu weniger Personal und weniger Raum geführt haben. An vielen Schulen wurden Klassenräume kurzerhand zu Betreuungsräumen umfunktioniert. Und so holperte die Hortverlagerung vor sich hin. Je nach Engagement der Jugendstadträte und der Schulstadträte ging es in den Bezirken schneller oder langsamer, besser oder schlechter. Am Ende haben sich alle Befürchtungen bewahrheitet, sagt der Vorsitzende des Berliner Grundschulverbandes. Die Raumvorgaben seien eine Katastrophe, sagt ein Schulleiter aus Kreuzberg. Selbst die Turnhallen würden von der Verwaltung in die Quadratmeterberechnung mit einbezogen. Das ist offensichtlich der Erfindungsreichtum, Herr Senator Böger, von dem Sie gerade gesprochen haben.

Die Hortbetreuung ist zu einer Massenbetreuung geworden. Die Betreuung ist wieder in den Mittelpunkt gerückt, die individuelle Förderung in den Hintergrund.

[Hoffmann (CDU): Der Senator kann doch jetzt nicht telefonieren!]

Doch, doch, der Senator ist multitasking-fähig und kann telefonieren und zuhören, das schafft er. –

[Frau Ströver (Grüne): Das kann kein Mann!]

Dazu beigetragen hat auch die Arbeitszeitberechnung durch Module. Insgesamt ist es zu einer Personalreduzierung gekommen, es gibt immer weniger Erzieher für immer mehr Kinder. Fällt ein Erzieher dann krankheitsbedingt aus, bricht das ganze System in der Regel zusammen.

[Frau Schultze-Berndt (CDU): Wie in der Schule!]

Es gibt ein weiteres Problem, nämlich den Übergang von der Kita zum Hort. Kinder müssen ab dem 1. August aus der Kita raus, auch wenn die Schule erst Ende August beginnt. Früher konnten die Kinder in der Kita bleiben, nun müssen sie heraus, aber nicht in ihre künftige Schule, sondern in Übergangssammelverwahrorte. Völlig sinnlos werden den Kindern so mehrere Umzüge und Ortswechsel innerhalb kurzer Zeit zugemutet.

[Beifall bei der CDU]

Noch ein Punkt ist wichtig: Insgesamt hat eine Verdrängung der freien Träger aus der Hortbetreuung stattgefunden. Die PDS will es offensichtlich nicht wahrhaben,

aber die Zahlen sind eindeutig. Es gibt ganz wenige Kooperationen zwischen Schulen und freien Horten. Der Senat hat die Rahmenvereinbarung hier viel zu spät vorgelegt und gerade alles dafür getan, dass fast alle Horte nun staatlich organisiert werden. Dass der PDS das gefällt, wundert mich nicht. Damals war es genauso.

[Zuruf der Frau Abg. Dr. Hiller (Linkspartei.PDS)]

[Frau Ströver (Grüne): Dagegen war die CDU aber auch immer!]

Viele dieser Schülerläden müssen nun schließen, weil sie zu klein sind, weil sie zu dezentral liegen und die Schulen mit ihnen nicht kooperieren wollen. So sind gute pädagogische Ansätze dieser Reform zum Opfer gefallen.

Das Ganztagsschulprogramm der Bundesregierung hat Geld für Beton zur Verfügung gestellt. Der Senat hat es aber versäumt, Mittel für die Inhalte und für das Leben in den Schulen zur Verfügung zu stellen.

[Beifall bei der CDU]

Schule plus Hortbetreuung ist eben keine Ganztagsgrundschule. So banal und gleichzeitig erschreckend ist die Wahrheit. Es gibt also, wie wir gerade gehört haben, 65 Kooperationen zwischen Schulen und freien Trägern bei der Nachmittagsgestaltung. Es gibt sie kaum, weil Sie hier keinerlei Mittel hierfür zur Verfügung gestellt haben.

Ich möchte abschließend sagen, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass die oft überlasteten Pädagogen angesichts des Umstrukturierungschaos dieses Senats nicht kapituliert haben. Deshalb möchte ich mich im Namen der CDU-Fraktion herzlich bei allen Erzieherinnen und Lehrern bedanken, dass sie mit einem enormen Engagement dieses Reform erst möglich gemacht haben. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Steuer! – Für die Fraktion der SPD hat nun Frau Harant das Wort. – Bitte schön, Frau Harant!

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Wir haben heute schon sehr ausgie

Stichpunkt Inhalte: Was passiert eigentlich am Nachmittag, wenn die Schüler in der Schule bleiben? – Ich möchte festhalten: Es geht bei vielen Kindern um gar keine großen Zeiträume. 13.30 Uhr sind sowieso noch alle da; dann gehen die Ersten nach Hause. Dann bleibt der Großteil eigentlich nur bis 16 Uhr; das sind gerade einmal zweieinhalb Stunden. Da sollen sie ihre Hausaufgaben erledigen, da wird zum Teil auch noch gegessen. Und da

muss vielleicht auch einmal ein bisschen Zeit sein für Entspannung, für Spiel, für ganz individuelle Beschäftigung. Schön ist es allerdings, wenn dann einmal, zweimal, dreimal in der Woche ein Angebot in der Schule vorhanden ist – ein kulturelles, ein sportliches, Musikunterricht z. B., Theater. Man kann sich da viele schöne Sachen vorstellen. Aber viel mehr ist auch gar nicht machbar. Und das wird auch an vielen Schulen bereits so versucht. Es kommen Künstler in die Schule, habe ich gehört. Das ist eine Möglichkeit, den Kindern mehr anzubieten als nur Betreuung. Das geschieht bereits.

Dann wurde vom Mittagessen geredet. Ich möchte einmal daran erinnern: 23 € werden von den Eltern bezahlt für ein Mittagessen, das heißt ca. 1 € am Tag. Es kostet aber mehr. Mit diesem Geld ist Mittagessen gar nicht herzustellen. Da wird noch zugeschossen. 2 € sind es dann vielleicht, die verwendet werden, damit kann man eine gewisse Qualität herstellen, aber das hält sich eben alles in Grenzen.

Das Mittagessen wird übrigens nicht pflichtmäßig vorgeschrieben, zumindest nicht im offenen Ganztagsbetrieb, sondern die Kinder können auch etwas mitbringen. Das ist ein Problem bei manchen Kindern. Man sollte sehr genau im Auge haben, wenn es Kinder gibt, die weder das Essen abonnieren noch etwas mit dabei haben. Da muss in der Schule genau hingeschaut werden: Was für Familien sind das? Da sollte man sicherlich mal mit den Eltern sprechen. Das darf nicht vorkommen.

big über Bildungspolitik gesprochen. Sicher ist noch nicht alles gesagt, aber gerade wenn es um eine Erfolgsstory geht, könnte man noch ein bisschen länger darüber reden. Ich verspreche, ich will Sie nicht länger quälen als nötig, nur die Wiederaufführung des Dramas „alle Befürchtungen haben sich bewahrheitet“ sollte nicht unwidersprochen stehen bleiben.

In der Tat – Herr Böger hat das auch schon so formuliert – ist die Umverlagerung der Horte an die Schulen eine Erfolgsstory, die gerade in den Anfängen steckt.

[Frau Jantzen (Grüne): Dann kann man das so noch nicht sagen!]

Das Ganze ist in einem Übergangsstadium, einem Ausbaustadium, aber ich bin überzeugt, wenn wir das Ziel, das dahinter steckt, die Ganztagsschule nämlich, weiter so konsequent verfolgen, wird es eine Erfolgsstory sein.

Kernpunkt ist die verlässliche Halbtagsgrundschule. Damit haben wir einen ganz neuen Maßstab in der Betreuung von Grundschulkindern gesetzt. Denn alle Eltern haben jetzt von 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr die Gewissheit, das ihre Kinder in der Schule gut aufgehoben sind. Gleichzeitig gibt es die Möglichkeit, eine gewisse Rhythmisierung zwischen Betreuung und Unterricht, zwischen Freizeit und Lehre einzusetzen. Die Hortbetreuung, die sich anschließen kann oder vor dem Unterricht möglich ist, ist in Module aufgeteilt, kleine Einheiten, die außerordentlich flexibel erlauben, dass man sich den Bedürfnissen ganz individuell anpasst. Warum haben wir die Horte an die Schule verlagert? – Das ist ja der Kritikpunkt, den ich gehört habe: weil sie an die Schule gehören, weil Betreuung und Unterricht zusammen gehören, und weil wir damit den Baustein für die Ganztagsschule gelegt haben. Es gibt in Berlin an fast allen Grundschulen heute dieses Angebot. Ich denke, das ist der richtige Weg. Den werden wir auch weiter beschreiten.

Der räumliche Aufbau ist im Gange. Das haben wir gehört, darauf möchte ich nicht noch einmal eingehen. Manche Bezirke haben das ein bisschen besser hingekriegt, andere brauchen etwas länger. Das liegt aber vielleicht an den handelnden Personen.

Die Arbeitszeit ist ein anderes, sehr diffiziles Thema. Aber in einer Ganztagsschule wird der Arbeitsrhythmus auch der Lehrkräfte ein anderer sein müssen als in einer Halbtagsschule. Damit muss man sich nach und nach auseinander setzen. Im Übrigen gibt es bereits Ganztagsschulen. Vielleicht kann man da einfach einmal gucken, wie es bei denen gemacht wird.

Ich komme noch kurz auf den Antrag zu sprechen, der in diesem Zusammenhang zu behandeln ist. Es ist der Antrag, der sich damit befasst, dass Kinder mit Behinderungen, auch wenn sie dem Hortalter entwachsen sind, also mit 12 Jahren, weiter eine Betreuung nach der Schule brauchen. Es geht dabei um Kinder in Oberschulen. An diesen gibt es keine Hortbetreuung. Es gibt auch keinen Rechtsanspruch darauf. Insofern haben wir ein Problem, wenn einzelne behinderte Kinder nach der Schule an der Schule betreut werden sollen. Es ist nicht so, dass es keine Angebote gibt. Es gibt schon jetzt Einrichtungen des Bezirks, der Wohlfahrtspflege. Dort sind sie gut aufgehoben, dort werden sie individuell betreut. Man müsste sich zunächst darüber unterhalten, ob es überhaupt Sinn hat, Kinder mit Behinderungen an den Schulen zu betreuen. Bevor man hier einen Schnellschuss wagt, sollte man sich mit dem Thema gründlich auseinander setzen.

Fazit des Ganzen: Es ist richtig, die Horte an die Schulen zu verlagern. Das ist der Weg, der eben auch für die Ganztagsschule Voraussetzung ist. Wir sind überzeugt, dass das eine Erfolgsstory ist und wird.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Danke schön, Frau Kollegin Harant! – Jetzt hat für die Grünen Frau Jantzen das Wort. – Bitte schön, Frau Jantzen!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Frau Harant mit dem Antrag zur er

Es gibt erhebliche Mängel mindestens an etwa der Hälfte der Schulen; das sind die Räume. Kleine Kinder brauchen Platz für Bewegung. Sie brauchen Platz für Ruhe. Sie brauchen auch Raum zum eigenständigen Lernen. Das hat ein Großteil der Schulen nicht. Das Mindestausstattungsprogramm entspricht den Anforderungen nicht. Herr Böger, ich finde die Hinweise, die Sie immer an die Bezirke geben, mehr als zynisch, dass die doch über diese Ausstattungsvorgaben hinausgehen können. Sie wissen selbst sehr genau, dass sie das aufgrund der finanziellen Bedingungen nicht können.

gänzenden Betreuung der Schüler/-innen mit Behinderungen geschlossen hat, dann mache ich dazu meinen ersten Satz. Wir haben heute einen Berichtsauftrag an den Senat beschlossen, der darlegen soll, welche Betreuungs- und Freizeitangebote es für die Kinder mit Behinderungen gibt. Das war auf unseren Antrag hin. Uns ist der Antrag von der CDU durchaus sympathisch. Er sollte aber erst dann behandelt werden, wenn der Bericht zum 30. Juni da ist. Ich hoffe, der kommt auch. So viel dazu.