Protocol of the Session on June 8, 2006

Lokale Agenda Berlin umsetzen (X): Transparenz und Partizipation als ersten Schritt zum Bürgerhaushalt

Beschlussempfehlung StadtUm Drs 15/5096 Antrag der Grünen Drs 15/3812

in Verbindung mit

Dringliche Beschlussempfehlungen

Lokale Agenda 21

Beschlussempfehlungen StadtUm und Haupt Drs 15/5221 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/3245

Der Dringlichkeit der zuletzt genannten Beschlussempfehlung wird offensichtlich nicht widersprochen.

Gleich zu Beginn der Aussprache weise ich darauf hin, dass die Beschlussempfehlung unter Tagesordnungspunkt 38 f – Drucksache 15/5093 – einen Druckfehler enthält. Der Berichtsabgabetermin muss natürlich 31. Oktober 2006 lauten. In der Beschlussausfertigung werde ich dies berücksichtigen.

Für die Beratungen steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt Frau Hinz von der Linkspartei.PDS. – Bitte schön, Frau Hinz!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 14 Jahre nach der Erklärung der Staaten in Rio zur Erarbeitung von Lokalen Agenden für das 21. Jahrhundert wird heute endlich eine Lokale Agenda 21 Berlin durch dieses Haus beschlossen – davon gehe ich jedenfalls aus. Meine Fraktion hat diesen Prozess seit

1996 sehr intensiv begleitet und mitgestaltet, und deswegen haben wir dieses Thema als Priorität benannt.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]

[Vereinzelter Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Eine kurze Anmerkung zu den Anträgen der Grünen: Diese Anträge waren nicht besonders hilfreich, weil deren Inhalt schon zu einem großen Teil in der Ausgangsvorlage bzw. jetzt in der Beschlussempfehlung, die wir als Koalition erarbeitet und vorgelegt haben, enthalten war. Es erschien uns nicht sinnvoll, vorab einzelne Maßnahmen zu beschließen. Deswegen konnten wir dem so nicht zustimmen. Nun werden also heute zwei von neun Anträgen in geänderter Fassung beschlossen. Das ist eine sinnvolle Ergänzung zu dem, was wir vorgelegt haben.

Bei der Überarbeitung der Vorlage war es uns wichtig, die Entwicklungsmöglichkeiten und Potentiale der Stadt in den Vordergrund zu stellen und Qualitäts- und Handlungsziele sowie Maßnahmen für die Stadt und ihre Menschen zu formulieren. In dieser Agenda 21 stehen die Stärkung von Wirtschaft, Wissenschaft, Technologie und Bildung, die Daseinsvorsorge sowie die Sicherung von Lebensqualität und Partizipation im Mittelpunkt. Daneben ist es aber auch wichtig – und wir sehen das als Querschnittsaufgabe an –, dass Geschlechtergerechtigkeit und der Themenbereich „eine Welt“ eine Rolle spielen.

Der Start für den gesamtstädtischen Konsultationsprozess erfolgt mittels einer öffentlichen Veranstaltung mit Präsentation des Beschlusses und den Agendagremien.

Zur Finanzierung des Agendaprozesses sind in den Haushalten aller Verwaltungen entsprechende Titel einzurichten und durch interne Umschichtungen Mittel verfügbar zu machen.

Dem hat sich die Koalition aus SPD und PDS nicht gestellt. Es hat in den Haushaltsberatungen und in den Doppelhaushalten niemals eine solche Ausfinanzierung der Agendabeauftragten in jeder einzelnen Senatsverwaltung gegeben. Mithin ist dieser Auftrag vom eigenen Haus bzw. von der hier herrschenden Mehrheit nicht erfüllt worden.

Die CDU-Fraktion hat dann daraufhin drei Jahre später noch einmal die Chance eröffnet, das zu korrigieren. Wir haben gesagt: SPD und PDS! Vielleicht ist euch etwas entgangen. Beschließt doch bitte noch einmal! – Es sollte beschlossen werden, dass es nun doch eine Senatsbeschlussfassung über eine gesamtstädtische Lokale Agenda mit konkreten Handlungskonzepten geben soll. Und wir haben nochmals beantragt, in den einzelnen Senatsverwaltungen Agendabeauftragte und entsprechende Stellen auszufinanzieren. Das war am 19. Oktober 2004. Selbstverständlich sind diese Anträge abgelehnt worden. Mithin ist all das, was man sich an einer gesamtstädtischen Auseinandersetzung zu diesem Prozess hätte wünschen können und unter Einbeziehung des Senats hätten wünschen müssen, nicht erfolgt. Stattdessen haben Koalitionäre von SPD und PDS ihr Wünsch-dir-was-Programm zusammengeschrieben, und sie werden es jetzt beschließen – unter dem Motto: Uns ist egal, was es kostet. Mithin ist es uns auch egal, was letztlich damit passiert. Es wird sowieso in der nächsten Legislaturperiode wertlos sein.

Mit diesem Papier gibt es eine Handlungsgrundlage für eine nachhaltige Entwicklung. Der Prozess der Lokalen Agenda 21 ist damit aber nicht abgeschlossen. Es geht um die schrittweise Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen. Wir haben einen Zeitrahmen bis 2030 vorgeschlagen. Weitere Potentiale sind zu benennen. So ist z. B. die Kultur ein Potential in dieser Stadt. Diese Potentiale sind näher zu betrachten, und für sie sind Qualitäts- und Handlungsziele zu erarbeiten. Das ist in die weitere Arbeit mit einzubeziehen.

In dem Teil C – und ich komme jetzt zum Schluss – sind auch Empfehlungen gegeben, wie weiter damit umzugehen ist. Ich hoffe sehr, dass sich die künftigen Abgeordneten in diesem Parlament weiter mit diesem Thema befassen und die vorgelegten Leitlinien umsetzen. Die Verpflichtung von Rio gilt weiter. Dieser Prozess muss unbedingt weitergeführt werden. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]

Für die Fraktion der CDU hat nunmehr Kollege Goetze das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

[Dr. Rogall (SPD): Jetzt aber was Positives!]

Das, was wir heute als Lokale Agenda besprechen, scheint mir leider nur ein aus parteipolitischer Sicht eingefärbtes Programm zu sein, das bei weitem nicht mehr den Anspruch erheben kann, für ganz Berlin zu gelten. Diese Lokale Agenda kann nicht den Anspruch erheben, in einem breiten Partizipationsprozess erarbeitet worden zu sein, und sie kann auch nicht den Anspruch erheben, realistische Ziele zu formulieren, denn der Senat hat sich aus diesem gesamten Prozess völlig herausgezogen. Er hat sich herausziehen können – mit Billigung der Regierungsfraktionen SPD und PDS –, und die Chance, den Senat erneut mit einzubinden, haben diese beiden Fraktionen dann auch noch zunichte gemacht, indem sie unseren Antrag dazu abgelehnt haben.

Worum geht es im Detail? – Es gibt einen Auftrag des Abgeordnetenhauses, dass auf der Grundlage der Leitbilder der Agenda 21 für Berlin auf der Basis eines entsprechenden Senatsbeschlusses eine gesamtstädtische Lokale Agenda erstellt werden soll. Diesen Senatsbeschluss hat es nicht gegeben. Der Senat ist diesem Auftrag nicht nachgekommen.

Das Abgeordnetenhaus hatte beschlossen:

Bis zum Herbst 2001 legt der Senat dem Abgeordnetenhaus die Leitbilder und erste Vorschläge für Indikatoren vor.

Das hat der Senat nicht gemacht.

Das Abgeordnetenhaus hatte beschlossen:

Der Senat sollte also die Initialzündung für den öffentlichen Diskurs geben. Das hat nicht stattgefunden.

Und das Abgeordnetenhaus hatte beschlossen:

[Dr. Rogall (SPD): Ein unglaublicher Beitrag!]

Das möchte ich an einigen Beispielen deutlich machen: Es soll mehr Sanierung und Modernisierung und die Verbesserung des Wohnumfeldes stattfinden, obwohl im Haushalt der Stadtentwicklungssenatorin dafür praktisch alle Mittel gestrichen worden sind.

Die schulische Bildung soll weiter qualifiziert werden, und die Ganztagsschulen sollen ausgebaut werden. Der Senat weiß aber bis heute noch nicht einmal, wie er die eingerichteten Ganztagsschulen in den nächsten Jahren durchfinanzieren soll.

Schulen mit einem hohen Anteil von Migrationskindern sollen eine besondere, auf ihre speziellen Bedürfnisse ausgerichtete Förderung und insbesondere frei einsetz

n Leute darstellt.

as ändern?

Die Beteiligung an dem Prozess zeigt gewissermaßen symptomatisch, in welcher Verfassung sich die Fraktionen des Hauses derzeit befinden.

Ein Halbsatz zur FDP, mit der wir uns in dieser Frage kaum beschäftigen müssen: Ihr Beitrag war im gesamten Prozess eine Nullnummer. Auf der Bundesebene versucht die Partei der sozialökologischen Kälte verzweifelt, aus dem 19. Jahrhundert herauszukommen, indem – man höre und staune – sie sich zum Vorreiter der Nutzung erneuerbarere Energien erklärt. In Berlin hingegen bestreitet der zuständige Sprecher immer noch die Existenz einer von Menschen verursachten Klimaveränderung. Das spricht für sich. Eine weitere Auseinandersetzung mit dieser Partei lohnt sich nicht.

und wichtige Umweltpolitiker in ihrer Fraktion gehabt. Heute besteht nur noch ein Vakuum. Die CDU hat nichts zur Lokalen Agenda 21 beigetragen.

bare Personalmittel erhalten. Das steht zwar im Schulgesetz, aber dieser Senat hat das seit Jahren nicht umgesetzt.

Das Tramnetz soll erweitert werden. Aber im Haushalt der Stadtentwicklungssenatorin ist der Ausbau der Straßenbahnlinien weitestgehend zurückgefahren worden.

Die Möglichkeit des Grundstückskaufes oder Grundstückstausches, um in der Stadt einen Biotopverbund herstellen zu können, wird hier gefordert. Dabei wissen wir, dass jedes freiwerdende Grundstück selbst unter Einbeziehung von Kleingartenflächen in die Bestückungsliste des Liegenschaftsfonds wandert und kein Mensch daran denkt, neue Grundstücke – und schon gar nicht für Grünflächen – zu kaufen. Fünf Jahre SPD-PDS-Politik haben deutlich gezeigt, dass das alles reine Wunschträume sind oder eine Veräppelung der wirklich engagierte

Man will das Projekt 17 Deutsche Einheit weiterhin überprüfen und neu bewerten. Doch ich sage Ihnen voraus: Man wird das so lange überprüfen und neu bewerten, bis auch irgendjemand von der SPD zur großen Eröffnungsfeier des ausgebauten Projekts 17 eingeladen wird. Aber selbst dann wird das immer noch hier drin stehen. Acht Jahre Koalition mit den Grünen auf Bundesebene haben keine Veränderung an diesem Projekt gebracht. Warum sollte sich jetzt auf Grund dieses Beschlusses etw

So lässt sich das fortsetzen. Insgesamt gibt es rund 180 Forderungen, die in keiner Weise mit einer nachhaltigen Finanzpolitik unterlegt sind. Der Senat hat sich aus guten Gründen geweigert, einen Senatsbeschluss herbeizuführen. Die anderen Senatsmitglieder – einschließlich des Regierenden Bürgermeisters – sind nicht am Finanzsenator vorbeigekommen. Im Hauptausschuss ist alles einfach nur durchgewunken worden. Das zeigt die Wertigkeit. Offenbar wollte sich außerhalb der Umweltpolitiker der SPD und PDS niemand ernsthaft damit beschäftigen. Niemand nimmt auch nur ansatzweise an, man könne davon irgendetwas realisieren. Das haben die Agendaakteure nicht verdient.

[Zuruf des Abg. Buchholz (SPD)]

Sie haben es insbesondere nicht verdient, dass sich die Landesregierung aus diesem Prozess vollständig zurückzieht. Deswegen ist das heute keine Sternstunde für die Umweltpolitik, sondern leider, was den Agandaprozess angeht, auch im Vergleich mit vielen anderen Großstädten in Deutschland, ein Abgesang.

[Beifall bei der CDU]