Für die gemeinsame Beratung haben die Fraktionen jeweils 5 Minuten zur Verfügung. Es beginnt für die CDU Frau Abgeordnete Richter-Kotowski. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn ich heute noch einmal das Wort ergreife, um über die Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Jugend, Familie und Sport zu unseren Anträgen zur Verbesserung der Situation der Familien in dieser Stadt zu sprechen, geht es mir in erster Linie darum, mit dem von der rot-roten Koalition verbreiteten Märchen aufzuräumen, dass es in Berlin so hervorragende Bedingungen für Familien gäbe, dass alle Ansprüche erfüllt seien. Selbst wenn das so wäre, gäbe es noch immer Anlass genug, über Verbesserungen der Rahmenbedingungen nachzudenken. Wir wissen jedoch alle, inklusive der Senat, dass es massive Defizite gibt, und alle politisch Verantwortlichen immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert werden, dass Berlin eben noch keine familienfreundliche Stadt ist.
Unsere Anträge zielen deshalb darauf hin, mehr Familienfreundlichkeit herzustellen und vor allem zu zeigen,
Besonders schlimm finde ich, dass sich die Koalition, wenn sie denn überhaupt ihre Ablehnung begründet, auf den Aktivitäten anderer ausruht bzw. darauf verweist, dass gerade etwas in Bearbeitung sei. Dies bezieht sich zum Beispiel auf die Forderung, einen Berliner Familientag einzuführen,
der mit den Argumenten abgeschmettert wurde, dass es einen Kindertag in Berlin gibt und der Deutsche Familientag in diesem Jahr zufälligerweise in Berlin stattfindet. Nur nichts selber machen! Immer nur Aktivitäten anderer für die eigenen verkaufen! Das nenne ich politische Rosstäuscherei.
Frau Richter-Kotowski! Dass Sie in der Hauptstadt familienpolitisch nicht so ganz auf der Höhe der Zeit sind, ist für die Berlinerinnen und Berliner nichts Neues,
Da fügt sich Ihr niedersächsischer Parteifreund hervorragend ein. Am Wochenende hat er doch tatsächlich auf einer Veranstaltung Ihrer Partei zur Familienpolitik behauptet, in der Bundeshauptstadt fehlten Betreuungsangebote für Kinder.
Ein wenig dieser politischen Rosstäuscherei blitzte auch bei der Argumentation der Kollegin Vordenbäumen auf, als sie für die Koalition die Forderung nach einem Internetfamilienportal mit dem Hinweis auf das Berliner Elternetzwerk ablehnte. Das Elternnetzwerk ist eine gute Einrichtung, unbestritten, erfüllt aber bei weitem nicht die Ansprüche, die wir mit unserem Antrag an so ein umfassendes Familienportal stellen. Auch die Internetseite der Jugendverwaltung ist da keine sonderliche Bereicherung, was den Familienbereich betrifft. Oder haben Sie schon einmal versucht, dort ernsthaft Informationen zu bekommen? – Andere Städte zeigen, wie es deutlich besser gehen kann. Aber uns wurde auch hier Trost gespendet: Eine Überarbeitung steht an. Immerhin, man hat ganz offensichtlich erkannt, dass eine Überarbeitung notwendig ist. Warum denn nun nicht gleich richtig? – Aber erst einmal Ablehnung; es bleibt nur, auf das Beste zu hoffen.
Das gilt auch für den bereits seit langem ausstehenden Familienbericht. Nach Beschlusslage des Abgeordnetenhauses hätte er schon Mitte der Legislaturperiode, also spätestens 2003 vorgelegt werden müssen. Mit dem Inaussichtstellen zum Juni dieses Jahres wurde auch dieser Antrag abgelehnt. In Verbindung mit der dabei geführten Diskussion möchte ich kurz auf eine Bemerkung von Senator Böger eingehen, der beklagte, dass viele Berichte gefordert werden würden, die kaum einer lese.
Ich kann Sie da wirklich beruhigen, Herr Senator: Dieser Bericht wird von vielen Menschen in dieser Stadt schon lange erwartet und auch sicherlich sehr genau gelesen werden. Das zeigt, dass wir nicht vergessen dürfen, dass wir hier nicht nur für uns selber arbeiten dürfen, sondern in erster Linie für die Bürgerinnen und Bürger. Ich habe zunehmend den Eindruck, dass die Koalitionsfraktionen bei der Behandlung der Anträge anderer Fraktionen diese nicht mehr im Blick haben und sich eher nach anderen, uns nicht bekannten Gesichtspunkten verhalten, anstatt sich an den Problemlagen der Menschen zu orientieren.
Nach den Erfahrungen im Jugendausschuss liege ich, was den Bereich Familienpolitik betrifft, sicherlich nicht falsch. Aber wenn Sie uns eines Besseren belehren wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben Sie heute noch die Möglichkeit, unseren Anträgen zuzustimmen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Ja, in der Tat: Die CDU hat ihr Herz für die Familien entdeckt, so dass jetzt sogar noch zu dieser Zeit zu diesem Thema geredet wird, obwohl wir bereits im Ausschuss ausführlich darüber gesprochen und diskutiert haben.
[Beifall der Frau Abg. Grosse (SPD) – Doering (Linkspartei.PDS): Es kommt ja noch besser: Anschließend reden wir über die Raucher!]
Ja, aber jetzt sind wir erst einmal bei den Familien. – Das ist in der Tat ein sehr wichtiges Thema, und wir können feststellen, was in Berlin dazu getan wurde.
auch wenn Ihre Partei vor einem halben Jahr in schönen Worten formuliert hat, dass sie die Lebenswirklichkeiten in der Hauptstadt wahrnehmen und zur Grundlage ihrer Politik machen wolle. Endlich! – haben viele gedacht, wir auch. Allerdings ist in der Familienpolitik davon nach wie vor nichts zu erkennen. Hier hinken Sie weiterhin mächtig hinterher. Keine Spur von moderner Familienpolitik!
Auch darauf werde ich noch näher zu sprechen kommen. – Wer es schafft, eine Woche nach Vorlage eines Integrationspapiers sowie dem bestehenden Baurecht und unserem Grundgesetz zum Trotz einer Gemeinde den Bau ihres Gotteshauses versagen zu wollen, von dem darf man vermutlich auch keine allzu tiefgreifenden Kenntnisse der hiesigen Familienpolitik erwarten.
[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Frau Senftleben (FDP): Ach, Frau Müller! Vergleichen Sie doch nicht Äpfel mit Birnen!]
Frau Senftleben! Für mich war es wichtig, das zu sagen. – Aber extra für das Protokoll: In der Bundeshauptstadt stehen Plätze für die Kinderbetreuung bedarfsgerecht zur Verfügung – auch für die Unter-Drei-Jährigen.
Ich möchte aber doch noch einmal auf Herrn Pflüger eingehen, denn die vorherigen Äußerungen waren noch zu „toppen“. So hat er kürzlich behauptet – wie in vielen Zeitungen zu lesen war –, dass er bei seinem Amtsantritt die Ressorts im Berliner Senat neu zuschneiden wolle. Das Frauenressort solle zukünftig zu den Ressorts Familie und Jugend kommen. Meine Frage: Wo bleibt da die Bildung? – In mühevoller Kleinarbeit ist es uns gelungen, die
Die Anträge selbst gehören eher in die Kategorie: Möglichst viele Anträge produzieren, die das Wort „Familie“ enthalten! – Vielleicht haben Sie in der Fraktion einen Wettbewerb gemacht, wer dieses Wort am häufigsten unterbringen kann. Da war sicherlich Masse und nicht Klasse gefragt.
Die Beispiele sind schon genannt worden: Die Einrichtung eines Familientages oder die Erstellung eines Familienberichtes! Das sind keine unwichtigen Themen – ohne Frage –, aber sie gehen ein Stück weit an den Bedürfnissen und Problemen von Familien in Berlin vorbei.
Ressorts Jugend und Bildung zusammenzuführen. Es gibt dabei auch noch sehr viel zu tun. Dieses junge Pflänzlein, das gerade hochgezogen wird, will er mit einem Federstrich wieder beseitigen. Ich glaube, das ist unerträglich.
In Ihren Anträgen finden wir Forderungen, die in Berlin längst das familienpolitische Handeln bestimmen. Wir sind 2001 angetreten, um für alle Familien in Berlin Politik zu betreiben, was Sie offenbar gerade erst als Lebensrealität entdecken. Für uns gilt die Politik dieser Koalition von Anfang an: Familie ist mehr, als der klassische Familienbegriff festlegt. Familien sind für uns alle Lebensgemeinschaften, in denen Kinder und Jugendliche mit einem oder mehreren Erwachsenen zusammenleben. Für diese Familien haben wir sehr viel erreicht, auch wenn man sich selbstverständlich noch mehr wünschen könnte.
Noch ein Wort zu Ihrem Antrag und der Forderung: „Mehr Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren!“: Hier beträgt der Versorgungsgrad 47,5 %.
Bei den Unter-Dreijährigen wohlgemerkt! – Andere Bundesländer – und ich glaube, sogar alle anderen Bundesländer – träumen nur von solchen Zahlen.
Auch der Ausbau der Tagespflege wird durch das Kitaförderungsgesetz unterstützt. Die im Antrag geforderte Umwandlung von Kitaplätzen und die Aufhebung der Deckelung von Plätzen in der Tagespflege sind bereits erfolgt.
Zum Internetportal möchte ich jetzt nichts weiter sagen. Frau Richter-Kotowski hatte schon Frau Vordenbäumen zitiert, wonach es ein entsprechendes Angebot bereits gibt, so dass wir Ihren Antrag für entbehrlich gehalten haben.
Das waren nur zwei Beispiele. Zum Schluss aber noch ein Wort zu dem Zitat, das Sie von mir brachten: Selbstverständlich können Sie mich gern zitieren, aber dann bitte im richtigen Kontext! Dieses Zitat, das Sie brachten, bezog sich auf etwas anderes, nämlich den Zusammenhang, dass ich diese unsäglich verlängerten Öffnungszeiten von vor dem Aufstehen bis nach Schlafenszeit für Kinder abgelehnt habe. Ich meinte, dass die Eltern dann, wenn sie beide zusammen auf Dienstreise gehen, das allein organisieren müssen und dass in solchen Fällen immer das Kindeswohl im Vordergrund stehen muss. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die CDU versucht zurzeit geradezu krampfhaft, sich ein Profil in der Familienpolitik zu geben – nach dem Motto: Profil – egal welches!