Protocol of the Session on March 23, 2006

[Beifall bei der FDP]

Und Leipzig ist in dieser Hinsicht selbstverständlich ein Problem für Charterflieger. Das muss man sehen. Es wird heute auch gern überall ausgewiesen: Nordost. – Das ist ein Problem, wenn wir mit diesem Thema in der nächsten Zeit umgehen müssen.

Durch das Nachtflugverbot und die weiteren verschärften Anforderungen an passiven Schallschutz bzw. die Ausweitung des Gebietes für lärmschutzbezogene Entschädigungsansprüche müssen wir uns nochmals und weiterhin der Frage stellen, ob die vorgesehene Planung für den Flughafen BBI die richtige ist oder ob wir Alternativplanungen für Schönefeld in Betracht ziehen sollten. Aus unserer Sicht sollte man mindestens einmal ein Auge darauf werfen, ob ein an einer Bedarfsentwicklung ausgerichteter modularer Ausbau von Schönefeld im Rahmen der bestehenden Anlage wirtschaftlich für Berlin nicht sinnvoller ist.

Dem Bundesfinanzministerium liegt derzeit eine Alternativplanung vor, die ein modulares, bedarfsorientiertes Ausbauen von Schönefeld vorsieht. Das ist das so genannte Ypsilon-Konzept, das allein in der Erstinvestition eine Einsparung in Höhe von 2 Milliarden € gegenüber dem anderen BBI-Konzept bringen soll. Sogar in der Endausbaustufe würde man damit noch eine Gesamtersparnis von 1 Milliarde € erzielen. Damit ergäbe sich eine Zahl von 15 Millionen Passagieren bis 2008/2009 – mit den 11 Millionen Passagieren in Tegel käme man zusammen auf 26 Millionen bis 27 Millionen Passagiere –, und in der Endstufe – alles in Schönefeld – würde man die Zahl von 35 Millionen bis 44 Millionen Passagieren erreichen. Das wäre also genauso wie bei der jetzigen BBIPlanung, aber mit dem Vorteil, dass man auf die beste

Herr Ratzmann! Deshalb finde ich, dass mein geliebtes Berlin solche Chancen, die es durch einen Flughafen wie Tempelhof hat, als Standortvorteil gegenüber Städten wie München und den anderen, die Sie aufgezählt haben, nutzen muss.

Wir müssen das in Einklang bringen: Nur wenn wir einen intelligenten Ausbau von Schönefeld – Bau des BBI – vorantreiben, wenn wir dort Kapazitäten für 35 Millionen bis 40 Millionen Passagiere aufbauen und gleichzeitig eine Chance nutzen, die uns ein innerstädtischer Flughafen wie Tempelhof bietet – meinetwegen für Maschinen unter 50 Tonnen –, können wir insgesamt erfolgreich sein und insgesamt wesentlich besser dastehen als die zitierten Städte München, Frankfurt, Leipzig oder andere. Dann kann Berlin gewinnen, und das ist schließlich das, was wir zum Ziel unserer Politik gemacht haben. – Herzlichen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Regierungserklärung ist damit abgegeben und besprochen.

henden Genehmigungen zurückgreifen könnte und damit den Vorteil hätte, mindestens bis zum Jahr 2014 ohne Nachtflugverbot auszukommen. Es ist sinnvoll, sich diese Planung noch einmal genauer anzusehen und zu überlegen, ob man sie in Anbetracht der Restriktionen, die dieses Urteil von Leipzig aufwirft, heranziehen sollte.

[Beifall bei der FDP]

Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal auf das Thema Flughafen Tempelhof kommen! Ich betone jetzt immer, dass auch die CDU den Flughafen Tempelhof will. Es geht also um den auch von der CDU gewollten Flughafen Tempelhof. Kollege Ratzmann und auch Sie, Kollegen von den Regierungsfraktionen! Ich verstehe Sie in einem Punkt nicht: Wir haben den Flughafen Tempelhof nicht nur in Bezug auf seine Erforderlichkeit als Verkehrsflughafen zu betrachten. Ich frage vielmehr: Was machen Sie denn anschließend mit diesen großen Flächen? Was machen Sie mit den denkmalgeschützten Gebäuden?

[Liebich (Linkspartei.PDS): Wir können ihn doch nicht offen lassen, weil uns dazu nichts Besseres einfällt! Das ist kein Grund!]

Es läuft ein Interessenbekundungsverfahren auf Bundes- und Landesebene, und dabei wird gefragt, ob die Interessenten eine fliegerische Nutzung des Flugfelds des Flughafens Tempelhof für erforderlich halten. Der Senat und die Bundesrepublik Deutschland als Eigentümer der Fläche fragen also doch danach, und sie erhalten dann die Antwort, dass diejenigen, die überhaupt ein Interesse an dieser hinsichtlich der Verwertung so schwierigen Immobilie haben, eine fliegerische Nutzung für erforderlich halten. Oder ich formuliere so: Sie ziehen nur dann ein Investment und ein Hinziehen an diesen Standort in Betracht, wenn es dort eine fliegerische Nutzung gibt. Das ist auch eine Frage der Ökonomie. Man kann doch nicht einfach sagen: Wir machen erst einmal den Flugverkehr dicht. Wir entziehen dem eine Nutzungschance, und sehen dann, wie wir weiterkommen.

[Gaebler (SPD): Doch, das kann man!]

Herr Strieder hat seinerzeit von einem kleinen Park gesprochen. Wir haben aber noch nicht einmal das Geld, um die bestehenden Parks zu entwickeln. Und was soll mit den Gebäuden geschehen? Vergammeln und verfallen die dort? Das sind alles Fragen, die Sie bisher nicht beantwortet haben, und deswegen ist man als seriöser Politiker für den Flughafen Tempelhof und als ideologischer Traumtänzer wie Sie gegen Tempelhof.

[Beifall bei der FDP – Liebich (Linkspartei.PDS): Ach, so!]

Wenn Sie München als Vergleich heranziehen, so ist Folgendes festzustellen: Selbstverständlich besteht eines der großen Probleme dort darin, dass man diesen Flughafen so schlecht erreichen kann. Man kann ihn von Landshut schneller erreichen als von München.

[Zuruf des Abg. Ratzmann (Grüne)]

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Die Anwohner interessieren Sie gar nicht!]

Berlin muss seine Potentiale nutzen, und dazu gehört eben auch ein solcher Flughafen.

[Beifall bei der FDP]

[Beifall bei der FDP – Ratzmann (Grüne): Und wo wohnen Sie, Herr Dr. Lindner? ]

Lfd. Nr. 4:

Aktuelle Stunde

Berlin duldet keine Verhöhnung der Stasi-Opfer durch die Täter – auch Senator Flierl muss sich bekennen

Antrag aller Fraktionen

Hierzu liegen zwei Anträge vor – erstens:

Entschließungsantrag

Öffentliche Debatte über Menschenrechtsverletzungen durch die Staatssicherheit weiter befördern – Gedenkstättenkonzept zügig verwirklichen

Antrag der SPD und der Linkspartei.PDS Drs 15/4911

und zweitens:

Entschließungsantrag

Berlin duldet keine Verhöhnung der Stasi-Opfer durch die Täter – auch Senator Flierl muss sich bekennen!

Antrag der CDU, der Grünen und der FDP Drs 15/4912

Jeder Fraktion steht wie immer eine Redezeit von bis zu 10 Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redner aufgeteilt

Damit nicht genug! Später gab es eine nächste persönliche Enttäuschung. Als ich das erste Mal meine so genannte Stasi-Akte lesen durfte und die absurdesten Geschichten und Gerüchte und dann noch die Klarnahmen derjenigen, die das berichteten, zur Kenntnis bekam, habe ich zunächst die Welt nicht mehr verstanden. Auch das ist kein Einzelfall. So wie mir ging es Tausenden ehemaliger DDR-Bürgerinnen und -Bürger.

Wenn das Abgeordnetenhaus heute beschließt, sich schützend vor alle Opfer der Staatssicherheit zu stellen, ist das auch 16 Jahre nach dem Fall der Mauer ein wichtiges Signal. Aber es ist auch traurig und beschämend, dass dieses erneute Signal im Jahr 2006 vonnöten ist. Wir dürfen nicht zulassen – das macht mich richtig wütend –, dass auch heute noch ehemalige Stasi-Leute die Dreistigkeit besitzen, Führungen durch Gedenkstätten massiv zu stören und Geschichtsverfälschung zu betreiben.

Aus meiner früheren Arbeit in der BVV-Höhenschönhausen weiß ich um das Bemühen, diesen Bezirk endlich aus der Stasi-Ecke herauszubekommen. Mitglieder aller demokratischen Parteien – auch große Teile der PDS – waren und sind bemüht, die guten und angenehmen Seiten des Bezirks aufzuzeigen bzw. ihn bestmöglich zu gestalten. Dazu gehörte auch der Umgang mit der Gedenkstätte Hohenschönhausen und deren Gestaltung. Deshalb unterstütze ich grundsätzlich das Bemühen, eine öffentliche Diskussion, wie sie letzte Woche veranstaltet wurde, zu führen. Leider hat der Verlauf der Veranstaltung überhaupt nicht dazu beigetragen, sich des Stasi-Images des Bezirks zu entledigen. Ganz im Gegenteil! Viele Mitglieder der SPD, aber auch viele andere ehrliche Demokraten sehen sich um ihre Bemühungen betrogen.

werden kann. Die Wortmeldungen erfolgen nach der Stärke der Fraktionen. Es beginnt die Fraktion der SPD. Das Wort hat Frau Seidel-Kalmutzki. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Unerträglich“, „unverschämt“, „unverfroren“, „ungehörig“, „untragbar“– das sind die Vokabeln, die mir in den letzten Tagen wiederholt genannt wurden, wenn es um den unglaublichen Auftritt ehemaliger Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR am 14. März 2006 in Berlin-Hohenschönhausen geht.

[Beifall des Abg. Wansner (CDU)]

Unvorstellbar ist der Gedanke, dass bis zu 200 ehemalige Generäle, Offiziere und Mitarbeiter des DDR-Staatssicherheitsdienstes eine öffentliche Veranstaltung nutzen, um sich und ihr undemokratisches Gedankengut unverhohlen zu präsentieren. Unrechtstaten der Stasi und des SED-Staates werden während einer Podiumsdiskussion unwidersprochen beschönigt, und es werden sogar StasiOpfer verhöhnt. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass wir 16 Jahre nach der Wende im Berliner Abgeordnetenhaus solch eine Debatte führen müssen. Aber wir müssen sie offensichtlich führen.

[Beifall aller Fraktionen]

Der Gipfel des Zynismus ist für mich die Aussage, dass das Lager Hohenschönhausen eine gute Adresse gewesen sei. Welch ein erneuter Schlag in das Gesicht für alle ehemaligen Insassen und Opfer der Anstalt! Hier wird Gedenken manipuliert und die Verantwortung beginnend beim Zellenschließer oder der Krankenschwester bis hin zur obersten Führung des MfS verleugnet. Die Peiniger schüchtern erneut ein und bedrohen sogar ihre Opfer.

Da ich an der Veranstaltung nicht teilnehmen konnte, werde ich weder hier noch in den Medien einzelne Zitate und Wortmeldungen bewerten. Aber offensichtlich haben die Täter überhaupt kein Unrechtsbewusstsein. Ist denen überhaupt klar, wie das totalitäre System in Menschenleben, in Einzelschicksale oder in Schicksale ganzer Familien eingegriffen hat? Oder ist es ihnen völlig gleichgültig?

Um Ihnen ein Beispiel zu nennen: Da gibt es einen jungen Mann, der sich Ende der 50er Jahre gegen die geplante Zwangskollektivierung in der Landwirtschaft mit einer unbedachten Meinung in einer öffentlichen Veranstaltung geäußert hat. Diese Aussage führte dazu, als Staatsfeind eingestuft zu werden und zehn Monate im Gefängnis verbringen zu müssen. Seine damals schwangere junge Frau führte unter komplizierten Bedingungen den kleinen Landwirtschaftsbetrieb fort. Die Kinder wurden später ob ihrer Herkunft – der Vater war im Knast – gehänselt und gemobbt, wandten sich der Kirche zu und durften deshalb nicht zur erweiterten Oberschule. Das ist kein Beispiel aus einem Roman, auch kein Einzelbeispiel, sondern es handelt sich um meinen Vater und meine Mutter, um meine Familie.

Eigentlich möchte man vergessen. Aber wie soll man das tun, wenn man heute diesen Leuten wieder gegenübersteht? Da gibt es für mich – um das Wort Ekel nicht in den Mund nehmen zu müssen – nur noch Abscheu.

[Allgemeiner Beifall]

Dazu hat auch das Verhalten derjenigen beigetragen, die durch diese Veranstaltung geführt bzw. zu ihr eingeladen haben. Natürlich wird nicht zu verhindern sein, dass zu einer öffentlichen Diskussion auch Leute kommen, die ein anderes Meinungsbild haben. Seit dem Jahr 1989 gibt es ja auch keine Zensur mehr. Aber man darf, man muss eingreifen, wenn ein Podium geboten wird, auf dem diffamiert, beleidigt, gepöbelt und Geschichtsverfälschung betrieben wird.

[Allgemeiner Beifall]

Meine Erwartungshaltung an Sie, Herr Flierl, als demokratisch gewählten Volksvertreter und auf die Verfassung vereidigtes Senatsmitglied haben Sie an diesem Tag nicht erfüllt. Sie haben zu Beginn der heutigen Sitzung mit Ihrer Erklärung eine große Chance vertan.

[Beifall bei der SPD, der CDU, den Grünen und der FDP]