Protocol of the Session on March 9, 2006

Nein, er hat nicht 10 Minuten geredet, Herr Czaja, wir können die Uhr noch lesen. Wir sind immer nach der anderen Uhr gegangen, die ist exakt. Ich bitte Sie zu berücksichtigen, dass Sie die rote angegebene Zeit selbst mit kontrollieren müssen, dann können Sie auch feststellen, dass wir exakt arbeiten.

Bitte schön, Herr von Lüdeke, Sie haben jetzt das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über den Inhalt und die Einzelheiten des Straßenausbaubeitragsgesetzes haben wir an verschiedenen Stellen – in den Ausschüssen und im Plenum – diskutiert. Die Dissenspunkte zwischen dem Senat, der Koalition und der FDP will ich deshalb nur kurz darstellen. Unsere Kritikpunkte lauten wie folgt: Die Ermittlung und Bewertung der Vorteile von Straßenausbaumaßnahmen für den Grundstückseigentümer ist kaum möglich, die Eigentümer werden mit Ihrem Gesetz bevormundet, sie verursachen unnötigen bürokratischen Aufwand und die Zahl der Rechtsstreitigkeiten – das ist mir gestern im Hauptausschuss deutlich geworden, auf den ich gleich noch einmal zurückkomme und an dem teilzunehmen ich gestern Gelegenheit hatte

troffenen zu hören sind, dass sie Stellung nehmen können und dass die Stellungnahmen der Betroffenen im Verwaltungshandeln zu berücksichtigen sind. Die Bezirksverordnetenversammlungen sollen einem Straßenausbau zustimmen oder eben nicht.

Sie behaupten an anderer Stelle, dass die Unterhaltungsmaßnahmen zukünftig auch von den Anrainern bezahlt werden müssen. Sie behaupten zusätzlich, dass Unterhaltungsmaßnahmen, die unterblieben sind, in Form von Luxussanierung von Anrainern und Grundstücksbesitzern bezahlt werden müssen. Dazu muss ich Ihnen sagen: Sie haben das Gesetz wieder nicht gelesen. § 3 regelt unmissverständlich: Maßnahmen der Unterhaltung und Instandsetzung sind keine Ausbaumaßnahme, ergo nicht beitragspflichtig.

Ich empfehle Ihnen weiterhin, in die Einzelbegründung des Gesetzes zu schauen. In § 2 heißt es wörtlich:

Die Erneuerung einer Verkehrsanlage deutlich vor Ablauf der üblichen Nutzungsdauer als Beseitigung eines aufgestauten Reparaturbedarfs ist grundsätzlich nicht beitragspflichtig.

So weit zu Ihren Behauptungen.

[Zuruf des Abg. Dr. Lindner (FDP)]

Das können Sie nicht hören? Sie haben gesagt, wir seien Umfaller. Und jetzt sage ich Ihnen, was wir durchgesetzt haben, und das können Sie nicht ertragen. Sie haben es vorher nicht gelesen und haben auch keine Ahnung davon. Das ist aber Ihr Problem.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]

Dann kommen wir zu der anderen Behauptung, die hier immer getroffen wird. In Ihrem eigenen Flugblatt schreibt sogar Herr Zimmer als Fraktionsvorsitzender, dass auf die Grundstückseigentümer mit diesem neuen Gesetz zusätzliche Kosten bis 70 000 € hinzukommen werden. Dazu möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Ich weiß nicht, woher Sie die Zahl haben.

[Brauer (Linkspartei.PDS): Was hat Zimmer für ein Grundstück?]

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]

Ich mache noch einmal auf ein technisches Problem aufmerksam. Wir haben feststellen müssen, dass die zweite Uhr, die Sie alle schon kennen, heute defekt ist. Deswegen haben wir sie verkleben lassen. –

[Zuruf des Abg. Czaja (CDU)]

[Zuruf des Abg. Brauer (Linkspartei.PDS)]

wird massiv ansteigen. Das können wir jetzt bereits sehen. Die Anwälte freuen sich über Ihr Gesetz, das zumindest kann man sagen. Die Verkehrsberuhigung wird weiter um sich greifen, denn Sie werden versuchen, Ihre Verkehrsberuhigungsmaßnahmen auf Kosten der Grundstückseigentümer durchzuführen. Die zu erwartenden Einnahmen Berlins überschätzen Sie mit Sicherheit.

[Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Brauer (Linkspartei.PDS)]

Eine völlig neue Dimension hat die Debatte über das Gesetz durch die erst in den letzten Wochen erfolgte Kombination mit einer Änderung des Erschließungsbeitragsgesetzes erhalten. Mit dem Straßenausbaubeitragsgesetz war die Erwartung von Mehreinnahmen für das Land Berlin verbunden. Jetzt aber geht es bei dem Erschließungsbeitragsgesetz um die Frage von Einnahmeausfällen. Wie ist es dazu gekommen? – Hinter dem Straßenausbaubeitragsgesetz steht das Bestreben der öffentlichen

Der Bauamtsleiter des Bezirks Spandau rechnet in Folge des Erschließungsgesetzes mit Einnahmeausfällen in dreistelliger Millionenhöhe.

bei bestehenden Straßen wohlgemerkt. Nun mag Spandau ein besonders ausgeprägter Fall sein. Aber bei zwölf Bezirken kommt man, wenn schon nicht zum Multiplizieren, so doch ins Grübeln. Das Spandauer Tiefbauamt sagt zudem, dass nach der Gesetzesänderung wegen der 15Jahresfrist kaum noch Erschließungsbeiträge erhoben werden können und dass in den kommenden Jahren mit Einnahmen aus dem Straßenausbaubeitragsgesetz nicht zu rechnen ist. Das sagen die Fachleute. Das können Sie zwar bestreiten, aber so hat es gestern im Ausschuss geheißen. Was aber sagt Frau Staatssekretärin DungerLöper? – Sinngemäß: Alles Quatsch, die haben keine Ahnung, aber ich weiß es auch nicht besser.

Hand, sich über gesetzliche Zweckbindung zusätzliche Einnahmen zu verschaffen, wie es zum Beispiel auch bei der Naturschutzabgabe geschieht. Dieser Trend ist aus unserer Sicht problematisch, weil er die Abgabenlast erhöht und zugleich das Etatrecht der Parlamente tendenziell aushöhlt. Vor diesem Hintergrund hat die FDP grundsätzliche Bedenken gegen das Straßenausbaubeitragsgesetz und plädiert dafür, die Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur grundlegend zu überdenken. – Sie erinnern sich, vor einigen Stunden haben wir darüber gesprochen. – Das Straßenausbaubeitragsgesetz kann für die Betroffenen teurer werden. Ich erinnere an Beispielberechnungen, die hier bereits erwähnt worden sind. Diese waren bereits sehr früh in der Diskussion und sind Ihnen nicht ganz neu. Herr Hillenberg – wenn wir an die Debatte heute Nachmittag denken – hat die Katze aus dem Sack gelassen. Entweder haben Sie die falsche Rede gehalten oder Sie haben gezeigt, worauf es hinausläuft: vergammelte Straßen, die auf Kosten der Grundstückseigentümer saniert werden sollen. Nichts anderes haben Sie heute Nachmittag hier gesagt.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Dr. Lindner (FDP): Bravo!]

Viele der Häuslebauer witterten rechtzeitig Ungemach und leisteten erheblichen Widerstand, weil sie von dem Gesetzesvorhaben unmittelbar betroffen sind. Dies hat gewirkt. SPD und PDS sind zwar wirtschaftsfern, aber auf Grund ihrer Klientel inzwischen durchaus eigentümernah. Die Wirtschaftsferne kann man daran erkennen, dass die Warnungen der IHK und anderer Institutionen vor dem Straßenausbaubeitragsgesetz geflissentlich übergangen worden sind. Von dem Gesetzesvorhaben wollte man dennoch nicht lassen, da die Aussicht auf großflächige, fremdfinanzierte und in bestimmten Kreisen durchaus politisch werbewirksame Verkehrsberuhigungsmaßnahmen – vor allem in der Innenstadt – durchaus verlockend ist. SPD und PDS mussten also für die vom Straßenausbaubeitragsgesetz absehbar betroffenen Einfamilienhausgebiete Kompensation schaffen. Dabei sind sie auf eine grandiose Idee gekommen. Sie schaffen faktisch den Erschließungsbeitrag ab und lassen das Erschließungsbeitragsgesetz als Gesetzeshülle bestehen. Das eine bringt Stimmenvorteile in den Wohngebieten und das andere Entscheidungsvorteile in Karlsruhe. So war zumindest Ihre Rechnung. Der Haken an der Sache ist nur, dass die Koalitionäre vorher nicht gerechnet haben, eine Kunst, mit der die Linken ohnehin Schwierigkeiten haben,

[Brauer (Linkspartei.PDS): Das haben wir gerade bei Herrn Czaja gesehen!]

siehe unter anderem auch die Diskussion um die Wohnungsbaugesellschaften oder die Organisation des ÖPNV. Deshalb hat die FDP zwecks Aufklärung zur gestrigen Sitzung des Hauptausschusses einen typischen Berliner Außenbezirk hinzugebeten.

[Zuruf des Abg. Klemm (Linkspartei.PDS)]

Frau Staatssekretärin Dunger-Löper antwortete auf die Frage, was das denn bewirke, dem Sinn nach: Wir haben

keine Erkenntnisse über Einnahmeausfälle. Im Übrigen ist das Sache der Bezirke.

[Zuruf der Frau Abg. Matuschek (Linkspartei.PDS)]

So hieß es gestern im Hauptausschuss,

[Brauer (Linkspartei.PDS): Sagen Sie doch mal den Spandauern, wie Sie die ausplündern wollen!]

Herr Abgeordneter! Auch Ihre Redezeit ist bereits abgelaufen!

Ich bin sofort fertig. Mein Vorredner durfte so lange sprechen – –

Dann gucken Sie bitte auf die Uhr! Sie sind auch schon bei sechs Minuten.

Ja. – Ob sich die Richter in Karlsruhe davon beeindrucken lassen werden, daran haben wir unsere Zweifel. Sie haben in dem Straßenausbaubeitragsgesetz und in dem Folgegesetz gravierende handwerkliche Fehler gemacht. Aus unserer Sicht ist das Haushaltsrisiko dadurch so groß geworden, dass Ihnen das in Karlsruhe auf die Füße fallen wird. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Das Wort für eine Kurzintervention hat jetzt der Abgeordnete Hillenberg. – Bitte schön!

Herr von Lüdeke! Ich habe mir noch einmal genau angesehen, was ich heute gesagt habe.

[Czaja (CDU): Das ist gut!]

Ich kann mich auch noch relativ gut erinnern, denn an Alzheimer leide ich noch nicht.

[Braun (CDU): Sie sehen aber so aus!]

Wir haben gesagt –, oder besser, ich werde es interpretieren, denn so steht es hier nicht drin: Wenn eine normative Nutzungsdauer abgelaufen ist,

Wenn Sie gestern im Hauptausschuss der Diskussion gefolgt wären, hätten Sie festgestellt, dass der Bauamtsleiter aus Spandau darauf hingewiesen hat, dass natürlich nur Teilerschließungen erfolgt sind, die bislang nicht umgelegt worden sind. Aber damit sind die Straßen, und zwar ein ziemlich hoher Prozentsatz von 40 % auch in Spandau, gar nicht im vollen Maße erschlossen.

Nein! Aber das könnte der. Da haben die Ausnahmen. Und das machen sie über das Straßenausbaubeitragsgesetz. Da hat der Ihnen ganz genau vorgerechnet, wie groß Ihre Einnahmeausfälle sein werden, wenn Sie das über das Straßenausbaubeitragsgesetz gegenrechnen.

Ich möchte noch auf die Kurzintervention von Herrn Hillenberg eingehen, und zwar auf das Zweite, was Sie vorhin gesagt haben und was Sie jetzt unterschlagen haben. Auf das Argument, dass die Straßen in so einem katastrophalen Zustand sind, haben Sie geantwortet: Da sieht man mal die Notwendigkeit des Straßenausbaubeitragsgesetzes. – So war das! Das können Sie im Protokoll selbst nachlesen. Aber wir sind dagegen, dass Grundstückseigentümer keine Mitspracherechte haben, sondern ihnen einfach verordnet wird, dass ihre Straße ausgebaut wird.

[Czaja (CDU): Was heißt das denn?]

das steht doch gar nicht hier drin.

[Heiterkeit bei der CDU und der FDP]

Er hat mir vorgeworfen, ich hätte die Katze aus dem Sack gelassen und behauptet, wir brauchten das Gesetz, um den Bürger abzuzocken.