Gesetz zum Vertrag des Landes Berlin mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
Für die Beratung steht eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. – Es beginnt der Abgeordnete Herr Schruoffeneger. – Bitte schön!
Danke schön, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Am 20. Februar 2006 hat die Senatsverwaltung für Wissenschaft in Person des Senators in einer Presseerklärung den Abschluss des Kirchenstaatsvertrages bekannt gegeben. Ich möchte Ihnen daraus zitieren, denn es ist schon erstaunlich, was uns die Senatsverwaltung alles so erklärt:
Gerade als Politiker der Linkspartei.PDS habe ich mich intensiv um diese Einigung mit der Evangelischen Kirche bemüht, denn meine Partei bekennt sich zum jüdisch-christlichen Erbe Europas. (...)
Mit dem unterzeichneten Staatsvertrag hat die PDS als Regierungspartei einen wichtigen Beitrag zur Aussöhnung und zur Ausgestaltung (...)
Ich glaube, Herr Flierl, Sie haben einmal wieder die Senatsverwaltung mit der Parteizentrale der PDS verwechselt. Sie sollten darüber nachdenken, ob nicht die PDS das Gehalt ihres Pressesprechers in der Senatsverwaltung bezahlt. Gut, der Senat hat uns erklärt, wie die PDS tickt. Aber das kann es ja wohl nicht gewesen sein.
Mit dem vorliegenden Kirchenstaatsvertrag werden bisher freiwillige Leistungen rechtsverbindlich gemacht. Es werden diverse Regelungen getroffen, die weit über die eigentlichen Kirchenbelange hinaus gehen. Es gibt in diesem Vertrag keinen Haushaltsvorbehalt, damit ist es ein einzigartiger Vertrag im Land Berlin. Auf meine Frage, warum das so sei, hat mir die Senatsverwaltung schriftlich geantwortet:
Es gibt keinen Haushaltsvorbehalt, weil die Staatsleistungen an die Kirchen verfassungsrechtlich verbürgt sind. Der Rechtsgrund für die Entstehung kirchlicher Ansprüche auf Staatsleistungen ist durch die Säkularisierung des Jahres 1803 hinreichend belegt.
Also, „hinreichend belegt“ finde ich das nicht, weil man daraus zwar viel ableiten kann, dass jedoch daraus eine jährliche Zahlungspflicht von 8,36 Millionen € pro Jahr resultiert, das stand im Jahr 1803 sicher nirgendwo. Und auch das ist eine Einmaligkeit im Land Berlin, dass wir solche Zuschüsse in Staatsverträgen gesetzlich regeln, keine Kündigungsrechte haben, eine jährliche Fortschreibung festschreiben, keine Kürzungsmöglichkeiten haben, ganz gleich, was Karlsruhe beschließt.
Sie schreiben selbst, dass der Vertrag anzupassen ist, damit für andere Religionsgemeinschaften bessere Regelungen getroffen werden könnten. Das gilt natürlich auch andersherum. Andere Religionsgemeinschaften können sich auf diesen Vertrag berufen und ähnliche Regelungen fordern. Das heißt dann, dass wir zwar ein Schulgesetz haben, in dem ein Ethikunterricht eingeführt wird, der kirchenfern sein soll, gleichzeitig werden jedoch in diesem Gesetz gemeinsame Unterrichtsphasen mit der Evangelischen Kirche vereinbart. Sagen wir: vier oder fünf Stunden im Jahr. Dann kommt die Katholische Kirche, die Islamische Föderation, die Buddhisten, dann kommen vielleicht die Zeugen Jehovas – die haben sich ja auch gerade eingeklagt –, und schon ist das schöne Konzept, das Sie haben, Herr Böger, Ethikunterricht kirchenfern, weg. Denn dann bleibt keine Zeit mehr für die Kirchenferne, dann gibt es nur die gemeinsamen Unterrichtsphasen.
Zum Datenschutz, Artikel 25: Nach diesem Gesetz erhalten die Kirchen alle Daten, nicht nur der Mitglieder der Evangelischen Kirche, sondern auch die der Ehegatten, der Kinder und – bei evangelischen Kindern – die
Wir sollten als Mitglieder dieses Hauses froh sein, dass uns jetzt dieser Vertrag zur Zustimmung vorliegt, denn er hat eine lange Geschichte, und er löst eine Phase ab, in der das Verhältnis zwischen dem Land Berlin und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz über Provisorien, über Abstimmungen und über Protokolle geregelt war. Das kann doch nicht das sein, was wir wirklich wollen! Wir wollen klare Verhältnisse, wir wollen klare Regelungen, auf die sich dann beide Seiten beziehen können.
Was ist positiv? – Positiv ist, dass durch diesen Vertrag die Beziehungen nun eindeutig geregelt werden. Positiv ist, dass es für die Kirche finanzielle Planungssicherheit bis zum Jahr 2009 und Rechtssicherheit in Bezug auf ihre Aufgabenerfüllung gibt. Positiv ist aber vor allem, dass sich zwei Partner in Verantwortung für die Menschen in Berlin dazu entschlossen haben, hier klare Regelungen zu treffen, und damit die Evangelische Kirche in ihren Aufgaben, die sie für die Gesellschaft erbringt und erfüllt, gestärkt wird.
Daten von deren Eltern. Das unabhängig davon, ob diese Personen auch Mitglieder der Kirche sind, und unabhängig davon, ob sie als Ehepartner noch zusammen leben oder getrennt sind. Ich frage mich: Wozu? Was hat diese Datenübermittlung mit den Aufgaben und den Notwendigkeiten kirchlicher Arbeit zu tun? – Schlichtweg nichts!
Der Staatsvertrag greift auch in die Rundfunkfreiheit und in andere Staatsverträge ein. Sie formulieren z. B., dass Sie dazu beitragen wollen, dass die Kirchen eine angemessene Sendezeit für Zwecke der Verkündigung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk erhalten. Bei Änderung der Rundfunkverträge sind die Kirchen zu beteiligen. Auch das ist ein Novum, und auch das geht meiner Ansicht nach in dieser Form nicht, weil es z. B. dem Rundfunkstaatsvertrag in dieser Form widerspricht.
Wir sichern in diesem Vertrag 180 000 € jährlich mit Tarifsteigerung für die kirchenmusikalische Ausbildung zu. Ich frage: Warum machen wir das nicht selbst? Wir sichern über 7 Millionen € für Pfarrergehälter und Kirchenverwaltung zu. Das kann man alles machen, das war im Jahr 1803 sicherlich ein adäquates Mittel. Das war es vielleicht auch noch 1970, als das gemeinsame Protokoll unterzeichnet wurde, nämlich eine richtige Regelung. Aber die Gesellschaft hat sich geändert, und es ist eben nicht mehr so, dass wir eine oder zwei Religionsgemeinschaften haben, die über 90 % der Bevölkerung vertreten können, sondern mehr als 50 % der Berliner Bevölkerung fühlen sich durch die beiden großen Kirchen nicht mehr repräsentiert oder vertreten. Bei allen positiven Entwicklungen, die die Kirche aufweist, bei allem Positiven, was sie in dieser Gesellschaft tut – und das ist viel im Bereich der Pädagogik, der sozialen Versorgung, der Gesundheitsversorgung, auch des kulturellen Lebens –, muss man doch sehen, dass man zu einer Verhandlung auf Augenhöhe gelangt, dass nicht eine gesellschaftliche Gruppe – wenn auch eine sehr wichtige und relevante – so deutlich anders behandelt wird als alle anderen gesellschaftlichen Gruppen. Mit diesem Staatsvertrag in dieser Form sind Sie eher im Jahr 1970 als im Jahr 2006 angekommen.
Danke schön! – Für die Fraktion der SPD hat Frau Abgeordnete FugmannHeesing das Wort. – Bitte schön!
Herr Schruoffeneger! Als ich Ihren Redebeitrag gehört habe, habe ich mich gefragt: Was wollen Sie eigentlich?
Wollen Sie – und das ist mir nicht klar geworden in Ihren Ausführungen –, dass das Verhältnis zwischen dem Land Berlin und der Evangelischen Kirche weiterhin wie bisher als Provisorium geregelt ist? Wollen Sie keinen Staatskirchenvertrag? Oder wollen Sie andere Inhalte in diesem Vertrag? – Mir hat sich das jedenfalls nicht erschlossen, aber ich werde gleich zu den Punkten, die Sie kritisieren, kurz kommen.
Übrigens ist das Land Berlin eines der letzten Länder, das sich dazu durchringt und es schafft, einen Staatskirchenvertrag vorzulegen. Brandenburg ist es schon 1996 gelungen.
Es ist begrüßenswert, dass die Kirche nicht bei ihrer Haltung geblieben ist, dass sie wegen der Frage des Ethikunterrichts dem Staatskirchenvertrag nicht zustimmt und diesen nicht paraphiert. Wir haben zwar in der Frage des Ethikunterrichts keinen Konsens mit der Evangelischen Kirche erzielt. Wenn ich aber die Berichterstattung über die Anhörung im Schulausschuss nachlese und lese, dass dort eine neue Sachlichkeit eingetreten ist, ist auch das möglicherweise den Verhandlungen und diesem Ergebnis zu verdanken.
Was bringt – ich komme gleich zu den Inhalten, Herr Eßer, gedulden Sie sich noch ein wenig – dieser Vertrag? – Er bringt eine Anerkennung und Unterstützung der kirchlichen Bildungsarbeit, der diakonischen Arbeit und der kulturellen Aufgaben, die von der Kirche erfüllt werden. Er bringt eine Sicherung der Erteilung des Religionsunterrichts. Diese Sicherung wird im Schlussprotokoll weiter konkretisiert. Er bringt eine Sicherung der evangelisch-theologischen Fakultät an der Humboldt-Universität und sichert gleichzeitig zu, dass diese Aufgabe mit mindestens 11 Professuren erfüllt wird. Das ist übrigens ein ganz besonderes Merkmal dieses Vertrages. Ich wundere mich, dass Sie dieses nicht angesprochen haben, Herr Schruoffeneger. Das ist im Verhältnis zu den Universitäten schon eine ganz besondere Regelung, die wir in keinem anderen Fall kennen. Aber last, but not least bringt dieser Vertrag vor allem auch eine Sicherung der finanziellen Ausstattung. Das, Herr Schruoffeneger, haben Sie angesprochen und
Damit haben wir hier keine mittelfristige Absicherung über eine Laufzeit von fünf Jahren, sondern eine unkündbare, von uns nicht beeinflussbare dauerhafte Regelung. So lange, wie die Kirche verneint, haben wir auch im Jahr 2010, 2011, 2012 keine Möglichkeit, hier zu anderen Zahlen und zu einer Absenkung zu kommen. Das ist etwas, was gesellschaftliche Entwicklungen nicht mehr nachvollziehbar macht. Solche Formulierungen sollte man nicht treffen.
Natürlich gibt es Dynamisierung! Schauen Sie doch einmal hin! Dort steht etwas über Tarifanpassung. Soll ich Ihnen die Fußnote vorlesen?
solche mittelfristige Sicherung gibt, die bis zum Jahr 2009 durch den Gesamtzuschuss festgeschrieben ist.
Herr Eßer sagt schon nein. – Dazu kann man auch nur nein sagen. Wir haben natürlich auch andere Verträge im Land Berlin, die Finanz- und Planungssicherheit für einen mittelfristigen Zeitraum gewähren. Vor dem Hintergrund ist es auch im Sinne des Landes Berlin positiv, dass wir diesen Weg mit den Kirchen gehen und damit eine Situation ablösen, die sich durch eine sehr komplizierte und detaillierte Regelung auszeichnet, die zudem zu variablen Zuschüssen führt. Hier sind wir ein wesentliches Stück weiter gekommen.
Ich möchte abschließend kurz darauf hinweisen, dass dieser Vertrag auch für das Land Positives bringt. Er bringt Klarheit und Planbarkeit sowie eine gesicherte Grundlage für die Beziehung mit der Kirche. Wir sollten froh darüber sein, dass es hier zwei Partnern gelungen ist, die wichtigen Fragen für diese Partnerschaft im Interesse der Menschen in diesem Land zu regeln. Es sind zwei Partner, die von einem ganz unterschiedlichen Ausgangspunkt her kommen, das Land Berlin, das zur religiösen und weltanschaulichen Neutralität verpflichtet ist, und die Kirchen, die eine wichtige Aufgabe in diesem Land erfüllen, die religiöse Orientierung geben, aber – das ist die Grundlage dieses Vertrages – auch wichtige gesellschaftspolitische Aufgaben erfüllen und viel für die Menschen in dieser Stadt tun. Dafür schafft dieser Vertrag die erforderliche
Wir sollten ihn in den nächsten Wochen in den Ausschüssen behandeln und diesem Vertrag auch zustimmen. – Danke.
Danke schön! – Das Wort für eine Kurzintervention hat der Abgeordnete Herr Schruoffeneger. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Frau Fugmann-Heesing! Sie haben natürlich Recht. Es gibt viele mittelfristige Absicherungen. Hier haben wir eine Absicherung, die in der Summe für die Jahre 2005 bis 2009 beschrieben ist. Was es aber nicht gibt, ist eine Formulierung, die im Protokoll steht – das Protokoll ist Teil des Vertrages –: