Dr. Husung, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Paus! Zu Ihrer ersten Frage verweise ich auf die Antwort auf Ihre Mündliche Anfrage vom 16. Juni. Dort haben wir bereits ausgeführt, dass die Charité die Auffassung vertritt, dass mit dem betreffenden Arbeitnehmer eine Probezeit vereinbart wurde und die Kündigung rechtens gewesen ist. Noch gibt es in der Streitfrage kein rechtskräftiges Urteil. Sollte mit einem solchen rechtskräftigen Urteil die Position der Charité bestätigt werden, gäbe es für eine Regressprüfung und Haftungsansprüche ohnehin keinen Anlass. Sollte der Charité aus einem rechtskräftigen Urteil ein Schaden erwachsen, werden wir hier wie auch bei anderen vergleichbaren Schadensfällen prüfen, ob eine Regressforderung gegen Verantwortliche erstens berechtigt und zweitens erfolgreich geltend gemacht werden kann.
Zu Ihrer zweiten Frage: Unabhängig davon, dass auf Grund eines noch nicht rechtskräftigen Urteils des erstinstanzlichen Arbeitsgerichts Regressanforderungen nicht gerechtfertigt sind und deshalb auch nicht durchzusetzen wären, ist der Senat der Auffassung, dass eine Berücksichtigung von potentiellen Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit der Gewährung der leistungsorientierten Vergütung nur dann erfolgen kann, wenn die Kriterien der leistungsbezogenen Gehaltsbestandteile des betreffenden Vorstandsmitglieds dies erlauben. Eine pauschale Kürzung des Gehalts aller Vorstandsmitglieder wäre willkürlich und arbeitsgerichtlich angreifbar. Im Übrigen müsste auch die persönliche Verantwortung des betreffenden Vorstandsmitglieds im Rahmen seines Aufgaben- und Kompetenzbereichs festgestellt werden.
tig. Die Charité hat zwar im Vorfeld angekündigt, sie werde auf jeden Fall in die zweite Instanz gehen, aber nach dem gestrigen Urteil klang das bei der Charité wieder etwas anders. Das Urteil war insofern eindeutig, dass klar gesagt wurde, dass die Probezeit weder schriftlich noch mündlich ausgesprochen worden ist, es jedenfalls vor Gericht nicht nachweisbar ist.
Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Wollen Sie wirklich weitere Gerichtskosten, die zusätzlich entstehen, abwarten, oder sind Sie nicht der Auffassung, dass Sie jetzt schon prüfen könnten, inwieweit die Kriterien der leistungsbezogenen Gehaltsbestandteile, die Sie erwähnt haben, es tatsächlich zulassen, entsprechende Forderungen an die Charité zu stellen?
Dr. Husung, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur: Sie haben es bereits erwähnt: Die mündliche Verhandlung war gestern. Ein Vergleich ist nicht geschlossen worden. Das Gericht hat in mündlicher Verhandlung die Kündigung für unwirksam erklärt. Solange allerdings keine schriftliche Urteilsbegründung vorliegt, handelt es sich um ein nicht abgeschlossenes Verfahren, zu dem ich hier und heute nicht weiter Stellung nehmen kann.
Im Übrigen gilt ein Urteil erst dann als rechtskräftig, wenn keine weiteren Rechtsmittel mehr möglich sind bzw. darauf verzichtet wird. In diesem Zusammenhang bitte ich meine Antwort auf Ihre zweite Frage einzuordnen.
Danke schön, Herr Staatssekretär! – Jetzt ist der Kollege Schruoffeneger mit einer Nachfrage dran und hat dazu das Wort!
Herr Staatssekretär! Nun fragen wir hier nicht die Charité, sondern den Senat, auch als Aufsichtsbehörde für die Charité. Welche Position wird der Senat gegenüber der Charité einnehmen und welche Empfehlungen bezüglich des laufenden Klageverfahrens aussprechen? Welche Einschätzung hat der Senat bezüglich der Rechtmäßigkeit des bisherigen Verfahrens?
Dr. Husung, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur: Wie in unseren Antworten auf frühere Anfragen schriftlich und mündlich
bereits ausgeführt, ist dieses Verfahren von Anfang an in der Verantwortung des Vorstands durchgeführt worden. Unsere Verwaltung war zu keinem Zeitpunkt involviert und hatte deshalb auch mangels Kenntnis keinen Anlass, beim Einstellungsverfahren etwa rechtliche Bedenken anzumelden oder Prüfungen vorzunehmen. Insofern werden wir, wie von mir schon ausgeführt, die Charité in ihrer eingeschlagenen Strategie ihre Verantwortung wahrnehmen lassen
und ein rechtskräftiges Urteil abwarten, weil das die Handlungsgrundlage ist, auf der wir dann als Senat und als Aufsichtsbehörde weitere Schritte zu prüfen haben.
Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage der Frau Abgeordneten Senftleben von der Fraktion der FDP zum Thema
1. Wie stellt sich der Senat zum vernichtenden Urteil der Bundesvereinigung des Fachverbands Ethik, der dem Senatskonzept „erhebliche fachliche Defizite“ bescheinigt?
2. Geht der Senat ernsthaft davon aus, dass das Berliner Bildungssystem dadurch gestärkt werden kann, wenn nach Aussage des niedersächsischen Fachverbandes „Werte und Normen“ Lehrpläne aufgestellt werden, die im „Niveau weit hinter dem der anderen bundesdeutschen Ethikfächer“ hinterherhinken?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Senftleben! Zunächst einmal geht der Senat selbstverständlich davon aus, dass Rahmenlehrpläne in jedem Fach diskussionsfähig und diskussionswürdig sind. Sonst bräuchten wir nicht einen Vorentwurf zur Diskussion zu veröffentlichen. Dies gilt insbesondere für ein neues Fach mit dem Namen Ethik, das als Lernziel den Schülern diskursives Denken vermitteln will. Also muss man sich auch selbst einem Diskussionsprozess stellen. Das ist banal und selbstverständlich.
Die Kritik des Fachverbands Ethik unterstellt ganz offensichtlich ein Verständnis von Philosophie, das nicht der Begrifflichkeit entspricht, die die Rahmenlehrplan
kommission hat. Sie besteht aus hochkompetenten Persönlichkeiten, unter anderem Lehrstuhlinhaber an der Humboldt-Universität. Es wird vom Fachverband kritisiert, dass die Ausrichtung auf die Philosophie zu seinseitig sei. Ethik ist aber seit ihren Anfängen vor 2 500 Jahren eine zentrale Teildisziplin der Philosophie. Der Rahmenplan Ethik beruft sich ausdrücklich auf die heute vorherrschende Auffassung, dass unter Philosophie eine Sensibilisierung gegenüber der Lebenswelt und ein methodisch geleitetes Nachdenken über grundlegende Fragen des Menschseins und die dafür in der menschlichen Kultur vorgeschlagenen Antworten zu verstehen ist. In diesem Sinn ist die Philosophie die ideale Bezugswissenschaft für das Fach Ethik, da sie auch die Grundlage für Sozial-, Kultur- und Religionswissenschaften darstellt.
Es wird das Fehlen sozial- und religionskundlicher Anteile bemängelt. Hier liegt, Frau Kollegin, offensichtlich ein Lesefehler der Kritiker vor. Der Plan schreibt gerade vor, dass alle Themen auch unter der ideengeschichtlichen Perspektive behandelt werden sollen. Hier wird ausdrücklich auf Religions- und Kulturwissenschaften verwiesen.
Zu Frage 2: Ich möchte Ihnen antworten, dass diese Aussage insofern ganz besonders merkwürdig ist, da die Kommission von einem Mitautor des Rahmenlehrplans Niedersachsen eine positive Rückmeldung bekommen hat. Offensichtlich ist die ethische Disziplin diskursiven Denkens bei dieser Kommission in Niedersachsen nicht so hoch ausgebildet, wie ich mich auch nicht des Eindrucks erwehren kann, dass die Festigkeit von Urteilen, um nicht zu sagen „vernichtenden Urteilen“, sehr häufig nicht einhergeht mit einer fundierten empirischen Kenntnis. Man müsste schon den Plan gelesen haben, bevor man ihn kritisiert. Das ist vielleicht ein nicht ganz hohes, aber deutliches Ziel von Ethik, dass man, wenn man etwas kritisiert, auch das zu Kritisierende vorher studiert, Argumente abwägt und dann zu einem Urteil kommt. Ich sage Ihnen noch einmal, dass wir diese Kritik durchaus ernst nehmen, da sie zu einem solchen Fach gehört, dass aber die eine oder andere Überspitzung meines Erachtens deutlich über das Ziel hinausschießt.
Zum Prozess selbst möchte ich Ihnen noch sagen, dass wir diesen Rahmenplan veröffentlicht haben. Er wird jetzt in den dafür vorgesehenen Gremien diskutiert. Aber selbstverständlich ist auch eine breite öffentliche Diskussion interessant. Auch die Curriculum-Kommission wird sich mit dieser Kritik im Einzelnen beschäftigen.
Danke schön, Herr Senator! – Jetzt gibt es eine Nachfrage von Frau Kollegin Senftleben. – Sie haben das Wort!
Herr Senator! Sie sagten eben, dass Sie die Kritik ernst nähmen. Ich könnte aus der Kritik des niedersächsischen Fachverbandes zitieren. Das will ich jetzt aber nicht tun. Das Entscheidende ist, dass die Kritik ernst genommen wird.
Jetzt frage ich Sie: Ist denn auf Grund dieser Kritik, die nicht nur von Seiten der Fachverbände erfolgte, sondern auch auf der Veranstaltung, die hier Anfang der Woche durchgeführt wurde, thematisiert wurde, damit zu rechnen, dass Sie Experten zu der weiteren Entwicklung des Curriculums für den Ethikunterricht hinzuziehen, also Sachverstand auch von außerhalb dieses Landes holen, zum Beispiel aus Niedersachen, wo dieses Fach Ethik schon seit längerem unterrichtet wird?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Kritik ernst nehmen heißt nicht, Kritik eins zu eins umsetzen, sondern sich mit einer Kritik auseinander zu setzen. Ich habe schon mit meinen bescheidenen Mitteln versucht, auf das eine oder andere Fehlurteil hinzuweisen. Je stärker die Sprache und die Polemik, desto dünner die empirische Substanz, so habe ich das, glaube ich, gesagt.
Was im Übrigen die Fachkompetenz betrifft, so erlaube ich mir, einmal vorzulesen, wer die Mitglieder dieser Kommission waren: Professor Volker Gerhard, Lehrstuhlinhaber für Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin, Professor Dr. Gerhard de Haan, Arbeitsbereich Erziehungswissenschaftliche Zukunftsforschung an der Freien Universität zu Berlin, Dr. Hector Wittwer, Assistent an der HUB am Institut für Philosophie, Dr. Walter Pfannkuche, Privatdozent am Institut für Philosophie, Wissenschaftstheorie, Wissenschafts- und Technikgeschichte der TU Berlin und Privatdozent an der Universität Magdeburg, Frau Katrin Faske, Frau Anita Mächler und Herr Reiner Haag, alle drei Lehrkräfte, die in dem Fach Ethik/Philosophie an Haupt- und Realschulen, am Gymnasium konzeptionelle und praktische Erfahrungen sammeln können; Herr Manfred Zimmermann ist bei mir für die Fachaufsicht Ethik/Philosophie zuständig. Ich darf nun in allem Ernst feststellen: Das sind sehr wohl ausgezeichnete und kompetente Fachleute. Ich darf Ihnen sagen, in Sachen Philosophie und Ethik haben wir Ratschläge aus Niedersachsen, die mehr Schläge als Rat sind, nicht nötig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat, ich meine natürlich die zuständige Senatorin:
1. Wie ist der Bearbeitungsstand der verbindlichen Bauleitplanung für die städtebauliche Entwicklung am Alexanderplatz?
2. Welchen Zeitraum hält der Senat für eine Umsetzung der angestrebten städtebaulichen Entwicklung am Alexanderplatz einschließlich der geplanten Hochhausbebauung für realistisch?