zierung wird das LISUM herangezogen, und es ist richtig, dass wir einmal generell darüber diskutieren, welche Aufgaben das LISUM eigentlich hat. Aber auch hier meine Kritik: Wieso nur das Budget für Fort- und Weiterbildung, wieso kein Globalbudget? Das wäre eine wirkliche Eigenständigkeit. Aber auch hier gibt es nur sehr zögerliche Schritte Ihrerseits.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Die Grünen haben zwei Anträge geliefert, die durchaus in die richtige Richtung weisen, aber mehr nicht. Es fehlt an Konsequenz, an Mut, den Weg zur Eigenständigkeit von Schule zu beschreiten. Es genügen keine Trippelschritte mehr. Wir brauchen Mut, um die Schulen in die Freiheit zu entlassen. – Danke!
Vielen Dank, Frau Kollegin Senftleben! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu beiden Anträgen empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport sowie an den Hauptausschuss. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so und bleiben bei dem Thema Schule.
Für die Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die FDP. Der Kollege Meyer hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Fokus der aktuellen Diskussion um jugendliche Straftäter steht zurzeit der eine Pol des Täterspektrums, der Intensiv- oder Mehrfachtäter. Die Debatte um den richtigen Umgang und eine Verschärfung von rechtlichen Rahmenbedingungen lässt dabei den anderen Pol von jugendlichen Tätern, den Ersttäter, oftmals außer Acht. Genau um diesen geht es aber in unserem vorliegenden Antrag. Er befasst sich mit praktischen Reaktionsmöglichkeiten der Gesellschaft auf minderschwere Straftaten von Jugendlichen.
Die Idee von Schülergerichten ist dabei nicht neu. In Bayern gibt es unter Federführung des Justizministeriums bereits seit fünf Jahren äußerst erfolgreiche Versuche mit diesem Modell. In enger Zusammenarbeit mit sozialen Trägern und unter wissenschaftlicher Begleitung werden hier typische Jugenddelikte wie Ladendiebstahl, Schwarzfahren, Fahren ohne Fahrerlaubnis oder Sachbeschädigung von gleichaltrigen Schülern beurteilt und eine erzieherische Maßnahme als Strafe vorgeschlagen. Die Staatsanwaltschaft wählt dabei unter Mitarbeit der Polizei ge
eignete Fälle aus. Weitere Voraussetzung ist, dass der Täter geständig und mit der Behandlung durch das Schülergericht einverstanden ist.
Die Arbeit der bestehenden Schülergerichte hat gezeigt, dass hier ein Weg zu einem besseren Umgang mit den Tätern unter Berücksichtigung des jeweiligen Tätercharakters gefunden wurde. Im Mittelpunkt steht dabei die intensive Auseinandersetzung des Täters mit der eigenen Tat und deren Folgen. Die Meinung von Gleichaltrigen ist Jugendlichen oft besonders wichtig. Missbilligende Reaktionen von Altersgenossen sind daher besser geeignet, den jugendlichen Täter zur Selbstreflexion zu bringen und schließlich vom Unrecht seiner eigenen Tat zu überzeugen, als dies eine Verfahrenseinstellung oder ein Zehn-Minuten-Prozess vor einem Jugendgericht, der ein paar Stunden Sozialarbeit als Ergebnis hat, jemals tun könnte. Schülergerichte können Sanktionen aus einem breiteren Spektrum an erzieherischen Maßnahmen wählen, als dies Gesetze jemals könnten. Dieser Dreiklang zwischen freiwilliger Teilnahme, intensiver Auseinandersetzung mit der Tat in einem längeren Gespräch mit Gleichaltrigen und der Vereinbarung von individuellen erzieherischen Maßnahmen hat gezeigt, dass ein Jugendlicher so schneller bereit ist umzudenken, und ein Umdenken ist die beste Garantie dafür, dass aus einem Ersttäter kein Wiederholungstäter wird.
Schülergerichte sind auch keine Kuschelpädagogik. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren bleibt in der Hand der Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft entscheidet, ob von einer Strafverfolgung abgesehen werden kann. Die Entscheidung des Schülergremiums und die Reaktionen des Beschuldigten darauf spielen für die Staatsanwaltschaft zwar eine zentrale, aber keine abschließende Rolle. Maßnahmen wie Computer- oder Fernsehentzug, Aufsätze über das Vergehen oder die getätigte Entschuldigung bei dem Geschädigten treffen den Jugendlichen oft härter als eine Entscheidung des Jugendgerichts.
Sicherlich kann man die Ergebnisse aus bayerischen Kleinstädten nicht eins zu eins auf eine Millionenstadt wie Berlin übertragen, bei all den Verwerfungen, die es in unseren Bezirken gibt. Wir glauben aber, es ist einen Versuch wert, einen ersten Schritt in diese Richtung zu gehen, um die Lücke zwischen folgenlosem Fingerzeig und formellem Gerichtsverfahren etwas zu schließen. Wir bitten um Ihre Unterstützung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die so genannten Schülergerichte oder – wie es im angelsächsischen Sprachraum heißt – teen courts sind sicherlich eine interessante Idee, mit der auseinanderzusetzen es sich auch in Berlin lohnt. Ich bin sicher, dass wir diese Idee im Rechtsausschuss sachgerecht und wohlwollend prüfen werden. Sie ist für Berlin zunächst
einmal neu, sie ist in gewisser Weise auch dem, was üblicherweise im deutschen Rechtssystem praktiziert wird, etwas fremd. Der amerikanisch-englische Gedanke, dass die sozial Gleichgestellten, die „peers“, sich an der Rechtsprechung beteiligen oder diese verantwortlich in die Hände nehmen, spielt sicherlich eine große Rolle. Das heißt aber nicht, dass sich so etwas nicht auch bei uns einführen ließe, wo es sinnvoll ist und gute Ergebnisse bringt.
Als Einrichtung könnten diese Schülergerichte – sowohl was Aufklärungs- und Aha-Effekte in Bezug auf das Rechtssystem angeht als auch bezüglich konkreter Ergebnisse – eine Lücke schließen zwischen den Jugendgerichtshäusern, von denen wir drei in Berlin haben und die eine ausgezeichnete Aufklärungsarbeit in der Jugendszene machen, und dem eigentlichen Strafverfahren, das dem Verständnis junger Menschen oft weitgehend enthoben ist. Trotzdem gilt es natürlich, dabei das notwendige Augenmaß einzuhalten. Bestimmte Dinge gehen nicht, und auch die Vorstellung, dass Schüler über Gleichaltrige richten, ist im eigentlichen Sinne nicht haltbar und funktioniert so ja auch in Bayern nicht, wie mir Herr Meyer sicherlich bestätigen wird.
Es ist wohl klar, dass solche Schülergerichte einen echten Richter nicht ersetzen können, nicht ersetzen dürfen, sondern dass es darum geht, Bedingungen zu formulieren, unter denen solche Gerichte sich sinnvoll einbringen könnten. Dazu gehört, dass der Sachverhalt absolut klar sein muss – es kann nicht noch Ermittlungstätigkeit notwendig werden –, dazu gehört die Freiwilligkeit aller Beteiligten. Nicht nur die Schülerinnen und Schüler, die zu Gericht sitzen, sondern auch diejenigen, die sozusagen vor Gericht stehen, müssen mit den Ergebnissen und dem Verfahren an sich einverstanden sein, und es gehört unbedingt dazu, dass die Staatsanwaltschaft zu jedem Zeitpunkt die Hoheit über das Verfahren behält, denn nur die Staatsanwaltschaft kann entscheiden, ob die Ergebnisse dergestalt sind, dass sie nach der geltenden Rechtslage das Verfahren einstellen kann. Das sind Grundbedingungen, um die man nicht herumkommt.
Außerdem gilt zu prüfen, ob das Verfahren als solches besser geeignet ist als Verfahren, die wir in Berlin bereits praktizieren, insbesondere die Diversion, also der konkrete Zugriff auf den Straftäter mit einer bestimmten Auflage, mit einer bestimmten Wiedergutmachungsmaßnahme, die ebenfalls unter der Oberhoheit der Staatsanwaltschaft steht. Diese ist sicherlich auch ein geeignetes Mittel, und auch da gilt es im Einzelfall zu entscheiden, was das bessere Mittel wäre.
Schließlich müssen wir auch einen Blick auf die Kosten richten, Herr Meyer, da werden Sie mir zustimmen. Wir können kein System einrichten, das unvertretbar hohe neue Kosten für die Berliner Justiz produzieren würde.
Wenn alle diese Fragen geklärt sind – und wir werden sie im Ausschuss diskutieren –, kann ich mir vorstellen, dass wir in Berlin einen solchen Versuch wagen. Das
werden wir unter den Rechtspolitikerinnen und Rechtspolitikern dieser Stadt zu entscheiden haben. Wenn wir der Auffassung sind, dass diese Ergänzung der Jugendgerichtshäuser und der Strafverfahren sinnvoll wäre, können die Schülergerichte etwas sein, von dem alle Beteiligten profitieren – sowohl diejenigen, die auf der Entscheiderseite daran beteiligt sind, weil sie ein tieferes Verständnis für ein Strafverfahren wie auch für die Ansprüche bekommen, die das Recht an alle Beteiligten stellt, und auch diejenigen, die vor Gericht stehen, weil sie möglicherweise das Gefühl haben, weniger ausgeliefert zu sein und ein Urteil von Personen zu erhalten, die die Dinge ähnlich wie sie selbst beurteilen. Wir werden das diskutieren, das ist eine interessante Anregung, ich bin selbst gespannt, was dabei herauskommt. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Dr. Felgentreu! – Die CDU setzt fort, und das Wort hat die Kollegin Frau Richter-Kotowski! – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Felgentreu! Ich könnte jetzt sagen, so furchtbar viel hat sich in den letzten Jahren nicht geändert, die Sozialdemokraten sind wieder einmal die Bedenkenträger!
Ich könnte es mir auch ganz einfach machen und sagen, die CDU-Fraktion unterstützt diese Initiative grundsätzlich. Das hat natürlich nicht nur damit zu tun, dass die Idee aus Amerika stammt und schon in Bayern und Hamburg erfolgreich umgesetzt wurde, sondern auch mit der Idee an sich, ist es doch bekannt, dass Jugendliche über die Ahndung von Rechtsbrüchen meist gradliniger und schnörkelloser denken als Erwachsene. Gerade auch bei jugendlichen Ersttätern muss möglichst schnell und unbürokratisch reagiert werden. Die missbilligende Reaktion von Altersgenossen bringt nach den Erfahrungen der beiden anderen Bundesländer den einen oder anderen mehr dazu, sich zum Umdenken bewegen zu lassen. Außerdem sind davon meist Täter in der Pubertät betroffen, die gerade in dieser Zeit ihrer Entwicklung eine Antihaltung gegenüber Erwachsenen haben, und dies sollte man an dieser Stelle ausnutzen können.
Der Antrag der FDP-Fraktion hat aber zwei kleine Mängel. Lassen Sie mich aus meiner Erfahrung sagen, dass gute kurze Anträge mit zweiseitigen Begründungen meist nur unzureichend umgesetzt werden, selbst wenn sie die Mehrheit im Parlament finden. Lassen Sie uns im Ausschuss konkrete Vorgaben für das Modellprojekt formulieren, damit es dann auch erfolgreich ist. Ich meine beispielsweise, dass die wissenschaftliche Begleitung und deren Finanzierung mit in den Antrag gehört, um die anschließende Ausweitung des Modells zu gewährleisten. Zum anderen hat der Antrag einen zweiten Fehler: Er ist nicht von uns. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau RichterKotowski! – Es folgt die Linkspartei.PDS, und das Wort hat die Kollegin Frau Dr. Barth. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Neue Wege im Umgang mit Jugendkriminalität, Modellversuch Schülergerichte“ – ich möchte mich zu diesem Antrag der FDP ganz bewusst aus jugendpolitischer Sicht äußern.
Zunächst finde ich es sehr interessant, dass uns heute – nach vielen Debatten über Maßnahmen der Verschärfung des Jugendstrafrechts – ein Antrag von der FDPFraktion vorliegt, der in eine etwas andere Richtung geht. Das begrüßen wir sehr deutlich. Für die in mehreren Kommunen bereits praktizierte Idee, Schülerinnen und Schüler in die Verfahren gegen straffällig gewordene Mitschüler und Mitschülerinnen einzusetzen, ist meine Fraktion der Linkspartei.PDS grundsätzlich offen. Dies muss allerdings mit den gesetzlichen Regeln und den gerichtlichen Verfahrensvorschriften kompatibel sein. In jedem Fall ist zu prüfen, worin der Sinn solcher Schülergerichte liegt und wo und wann sie einzusetzen sind. Aus unserer Sicht könnte sich die Einbeziehung von Gleichaltrigen auf Täter oder Täterin dahin gehend positiv auswirken, dass er oder sie ein Urteil von Mitschülerinnen und Mitschülern eher annimmt als ein von Erwachsenen gesprochenes. Gerade bei geringfügig eingestuften Straftaten, bei denen junge Menschen den Unrechtsgehalt ihres Verhaltens nicht immer ohne weiteres einsehen, kann das Urteil Gleichaltriger im positiven Sinne wirken und die Rückfallquote nachhaltig senken.
Es muss klar sein, dass bestimmte Stufen des Verfahrens und eine bestimmte Schwere von Straftaten für ein solches Schülergericht ausscheiden. Sinnvoll scheint ihr Einsatz in den Fällen, die auch für eine Diversion in Frage kommen. Wir haben in Berlin gute Erfahrungen mit den Diversionsmittlern gemacht, die in enger Kooperation mit den Polizeiabschnitten wirken. Im letzten Jahr wurden außergerichtlich etwa 750 Fälle bearbeitet. Es waren etwa 470 Schüler und Schülerinnen dabei. In die Diversion junge Menschen einzubeziehen wäre eine Möglichkeit, die zu prüfen ist und bei der im Rahmen eines Modellversuchs aus unserer Sicht Erfahrungen gesammelt werden könnten. In jedem Fall werden wir bei der Entscheidung für einen solchen Modellversuch genau hinsehen, welche Erfahrungen dabei andere Länder und Kommunen gemacht haben, die bereits Schülergerichte etabliert haben.
Ganz besonders werden wir uns auch die Auswertung des Berichts der Universität München ansehen. Für uns ist das besonders wichtig. Die Universität München hat diesen Prozess wissenschaftlich begleitet. Es muss dabei auch beachtet werden, dass solche Modelle selten 1:1 übertragbar sind, schon weil die regionalen Bedingungen und Besonderheiten etwas anders sind. Wir sind also offen für einen solchen Modellversuch. Natürlich liegt der Teufel im Detail. Deshalb müssen wir uns noch einmal
auf die Rahmenbedingungen konzentrieren. So muss die Staatsanwaltschaft jeder Zeit Herr des Verfahrens bleiben.
Wir werden diesen Antrag auch in unserem Ausschuss und in anderen Ausschüssen diskutieren. Dann werden wir damit ein Stück weiter kommen. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man fühlt sich bei dieser Diskussion ein wenig an Herbert Grönemeyer erinnert: Dem Trübsinn ein Ende – Kinder an die Macht! – Hier sollte es vielleicht besser heißen: Jugendliche an die Macht. Das ist letztlich der Hintergrund dieses Antrages oder Vorschlages in dieser Situation, mit Jugendlichen auf bestimmtes kriminelles, strafrechtlich relevantes Verhalten von Jugendlich zu reagieren. Klar ist, dass hier keine neuen Gerichte eingerichtet werden sollen. Hier soll – das hat Frau Dr. Barth richtig gesagt – etwas ausgebaut werden, was wir in Berlin eigentlich schon haben. Das ist die Diversion.
Ich kann mich noch gut daran erinnern – 1998 war es, beinahe hätte ich gesagt: unter dem seligen Herrn Körting, aber es muss heißen: unter dem ehemaligen Justizsenator –, dass eine heftige Diskussion darüber entbrannt ist, was wir mit den Diversionen machen, mit der Möglichkeit, hier anders auf jugenddelinquentes Verhalten als mit einem formellen Strafverfahren zu reagieren. Es sind Richtlinien erlassen worden, die noch Anwendung finden. Letztlich ist es nichts anderes als eine besondere Form der Diversion, die wir sehr leicht einführen und implementieren können in das, was wir in Berlin haben. Deswegen brauchen wir gar keine lange Diskussion über Verfahrenssicherungen. Wir haben ein Modell. Wir müssen es in diesen Bereich implementieren. Klar ist, dass im Rahmen des § 45 JGG der Staatsanwalt dann die Möglichkeit hat, Verfahren einzustellen.
Die Diskussion um die so genannten teen courts hat noch zwei Aspekte, die man sich ziemlich gut anschauen sollte. Sie zeigen zum einen, dass Innovation im Bereich des Jugendstrafrechts dringend notwendig ist. Sie ist, Herr Meyer, nicht so notwendig, wie Sie es in Ihrem Antrag in der Begründung geschrieben haben. Die Wissenschaft und die Diskussion, die es derzeit gibt, beschäftigt sich hauptsächlich damit, dass man Strafaltersgrenzen absenken sollte, dass man mehr strafrechtliche Instrumentarien in die Jugendgerichtsbarkeit packen sollte. Das ist aber gar nicht unser Problem. Unser Problem ist, jenseits dieser Verfahren etwas zu finden, wie wir eher an die Jugendlichen herankommen und wie wir das, was Jugendstrafverfahren eigentlich leisten sollten, einen Effekt bei den Jugendlichen zu erzielen, tatsächlich umsetzen können.
Herr Schoch hat formuliert, dass dem Projekt die Hypothese zu Grunde liege, dass jugendliche Straftäter durch missbilligende Reaktionen von Altersgenossen eher zur Einsicht gebracht würden als durch ein herkömmliches Jugendstrafverfahren. Das muss eigentlich noch in einer anderen Hinsicht nachdenklich machen. Darauf basierend müssen wir uns die Frage stellen, wo der Fehler in unserem eigenen Jugendstrafverfahren liegt, warum wir die Täter nicht mehr erreichen mit dem, was wir machen. Es ist doch ein Armutszeugnis für uns, wenn wir zugeben, dass letztlich die teen courts eher in der Lage sind, die Jugendlichen zu erreichen und letztlich delinquentes Verhalten in irgendeiner Art und Weise zu ahnden als das, was wir bisher an Jugendstrafverfahren haben.
Sie sagen zu Recht, dass es nicht um die Intensivtäter geht. Natürlich geht es nicht um diese. Das wäre eine viel zu schwierige Materie. Ich muss doch aber diese genauso erreichen wie diejenigen, die nur einen Kaugummi geklaut haben oder schwarz gefahren sind. Auch diejenigen, die schwerwiegendere Delikte verübt haben, will ich genauso erreichen. Bei denen will ich auch ein Umdenken erzielen und sie aus den kriminellen Karrieren herausholen. Wenn ich mir von dem leitenden Oberstaatsanwalt Schweitzer anhöre, dass er eine Liste mit 375 Intensivtätern und 50 % von denen derzeit in Verfahren hat, frage ich mich, was wir tun, um die anderen 50 % gar nicht erst wieder in Verfahren hineinzubekommen. Darin liegt meiner Ansicht nach der Fehler.
Wir müssen es endlich erreichen, dass die Justiz nicht mehr das Ende der Fahnenstange mit ihren Möglichkeiten bedeutet, sondern dass sie bereits vorher in das Lebensumfeld von Jugendlichen einbezogen und in Projekte hineingeholt wird, um mit ihnen zusammenzuarbeiten. Das Raumschiff Moabit ist nicht mehr in der Lage, die Jugendlichen zu erreichen. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Jugendgerichtsbarkeit in dieser Stadt umorganisieren können. Wir müssen Mut haben, andere Wege zu gehen, damit wir die Jugendlichen nicht immer nach Moabit schicken und sie dort nach Verlassen alles Gewesene vergessen, weil sie wieder in ihre alten Strukturen zurückkommen.
Wir müssen über Veränderungen nachdenken, damit auch nachhaltige Ergebnisse erzielt werden. Das ist eine lohnende Diskussion, die nicht im Rahmen Ihres Antrages geführt werden muss. Es ist ein richtiger Ansatz, den wir in der Form auch unterstützen. Wir dürfen jedoch nicht darin verharren. Wir müssen weiter gehen und die sich daran anknüpfenden Fragen weiter diskutieren. Dann wären wir auf einem guten Weg, tatsächlich etwas zu tun. Es geht nicht darum, in der Jugendgerichtsbarkeit etwas zu ahnden, sondern zu vermeiden, dass Jugendliche weiter in diese Verfahren hineingezogen werden. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Ratzmann! – Es wird die Überweisung federführend an den Ausschuss für Verfassung und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung und mitberatend an